Beatmusik

Beatmusik

Beatmusik (von engl. to beat: schlagen) war der im deutschen Sprachraum von Anfang der 1960er Jahre bis Anfang der 1970er Jahre gebräuchliche Begriff für frühen, auf Gitarrenspiel basierenden Pop-Rock. Als musikalische Vorbilder dienten der amerikanische Rock ’n’ Roll und britische Skiffle, meistens gespielt von Bands mit zwei bis drei E-Gitarren, einem E-Bass und einem Schlagzeug. Die bekannteste Gruppe, die diesen Stil entwickelte und populär machte, waren die Beatles.

Inhaltsverzeichnis

Musikalische Merkmale

Der Beat hat fünf wichtige Merkmale:

  • den (oft) zwei- oder dreistimmigen Gruppengesang
  • zwei E-Gitarren (Lead- und Rhythmusgitarre)
  • die Verwendung des E-Bass (Bassgitarre)
  • eine zwei- bis dreiteilige Liedform
  • den 4/4-Takt

Geschichte

Zuerst in England, vorwiegend in London und Liverpool, fanden sich Schülerbands zusammen, die ihre ersten Auftritte in kleinen Clubs und Pubs hatten. Im Gegensatz zum Rock ’n’ Roll der 1950er Jahre spielten sie nicht in feinen Kostümen, sondern, aus Geldmangel, in ihrer Straßen- oder Arbeitskleidung. Da im Gegensatz zum Rock ’n’ Roll der erste Beat im 4/4-Takt betont und geschlagen wurde, entstand eine andere Rhythmusfolge, die Musik wurde gleichförmiger und homogener. Sie kam bei der Jugend an, und es fanden die ersten Beatkonzerte statt. Die britische Radiostation BBC wurde auf die neue Art der Musik aufmerksam. Einige Bands wurden eingeladen und die ersten Live-Übertragungen der neuen Musikrichtung fanden statt. Über die BBC und den angeschlossenen Soldatensender BFBS wurde die Beatmusik in alle Sendegebiete der Welt übertragen. Als einer der ersten nicht-britischen Radiosender Europas griff dann Radio Luxemburg Beatmusik auf.

Bei Erwachsenen war der Begriff Beatmusik negativ besetzt, stand er doch für Rebellion, lange Haare und große Lautstärke.

In der Bundesrepublik wurde die Idee aufgegriffen, als der Fernsehsender Radio Bremen (damals noch in Schwarzweiß) begann, britische Musikgruppen einzuladen und 1965 den Beat-Club ins Leben rief. Unter dessen Moderatoren ragte Uschi Nerke heraus, die von 1965 bis 1972 die Musik präsentierte – und so neben dem auch als „Mister Pumpernickel“ bekannten Briten Chris Howland – zu den bekanntesten Moderatoren jener Zeit gehörte. Es bildeten sich in den Großstädten die ersten Beat-Gruppen, zum Beispiel The Lords in Berlin und The Rattles in Hamburg. Aber auch auf dem platten Land, so etwa The Petards aus Schrecksbach im heutigen Schwalm-Eder-Kreis. Auch die Kirchen entdeckten die Beatmusik, es wurden Beat-Gottesdienste für die Jugend abgehalten.

Auch in der DDR formierten sich zahlreiche Beat-Gruppen wie die Sputniks oder das Franke Echo Quintett, bis Beatmusik von der SED-Regierung verboten wurde. Diese Verbote führten zur Leipziger Beatdemo am 31. Oktober 1965.

Von den Niederlanden aus stachen Schiffe in See, die außerhalb der Legalität Beatmusik mit Werbung sendeten, die so genannten Piratensender wie Radio Veronica, Radio Caroline oder Radio Nordzee. Sie hatten ein breites Publikum in den Beneluxländern und auch in Deutschland bis ins Ruhrgebiet. Nach deren Ende übernahm Hilversum 3 die Ausstrahlung von Beatmusik.

Bekannte britische Vertreter der Beatmusik waren unter anderem The Beatles, The Rolling Stones, The Who, The Animals, Manfred Mann, The Hollies, Small Faces, Herman’s Hermits, The Kinks oder The Shadows, in Deutschland The Rattles, The Lords, The Petards, Sänger wie Drafi Deutscher, auch US-amerikanische Gruppen wie The Monkees und The Beach Boys. Aus Australien kamen The Easybeats.

In Frankreich wandten sich zunächst Rock ’n’ Roller wie Richard Anthony, Johnny Hallyday, Claude Piron alias Danny Boy et ses Pénitents erfolgreich der Beatmusik zu und läuteten damit die „période yéyé“ ein. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie Johnny Hallyday, der 1966 gemeinsam mit den Rattles eine Platte auf deutsch aufnahm, blieb der Erfolg des Franco-Beat vorwiegend auf den französischen Markt beschränkt.

Ende der 1960er Jahre ging Beatmusik mehr und mehr in die Rockmusik über, Elemente von Orchestern kamen dazu, die Elektronik hielt Einzug. Die Haare wurden länger, Proteste gegen Missstände in der Welt wie den Vietnamkrieg stärker.

Im Zuge einer Retrowelle zu Beginn dieses Jahrhunderts wurden auch Elemente der Beatmusik in der Rock- und Popmusik von Bands wie The Libertines, The White Stripes, The Hives und anderen aufgegriffen.

Siehe auch

Literatur

  • Heinz Dietz, Mathias Buck: Die deutschen Beatbands. 2. Auflage. Eigenverlag, Frankfurt am Main, Butzbach 2002.
  • Ulli Günther: Ansichten eines Lords. Zum 40jährigen Bühnenjubiläum. Kulturbuch, Berlin 2002.
  • Hans-Jürgen Klitsch: Shakin’ All Over. Die Beatmusik der Bundesrepublik Deutschland 1963–1967. 2. Auflage. High Castle, Erkrath 2001.
  • Volker Ladenthin: Musikalische Archäologie: Beat in Deutschland. In: Volker Ladenthin (Hrsg.): Musik~Bildung~Schule. Themenheft von PÄD Forum 27, H. 2, 2008, S. 93–99.
  • Samuel Mumenthaler: BeatPopProtest. Der Sound der Schweizer Sixties. Edition Plus Sàrl, Lausanne 2001.
  • Michael Rauhut: Beat in der Grauzone. DDR-Rock 1964–1972. Basisdruck, Berlin 1993.
  • JMM: Rollender Steinschlag um ein Orchester. In: Die Zeit, Nr. 39/1965
  • In Liverpool ist etwas passiert. In: Die Zeit, Nr. 52/1965
  • The Unbarbershopped Quartet. In: Time, 21. Februar 1964

Weblinks


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