X-tausendmal quer

X-tausendmal quer

X-tausendmal quer ist ein bundesweites, besonders in Niedersachsen vertretenes Kampagnennetzwerk gegen Atommülltransporte. Es hat die Proteste gegen die Castortransporte nach Gorleben zu seinem Aktionsschwerpunkt erhoben und bildet seit Mitte der 1990er Jahre neben lokalen Bürgerinitiativen den Kern der deutschen Anti-Atomkraft-Bewegung.[1] Bedingung einer Aktion von X-tausendmal quer ist, dass alle Teilnehmer basisdemokratisch und gewaltfrei handeln.

Das Netzwerk entstand 1996, als sich mit den ersten Castortransporten nach Gorleben die Anti-Atomkraft-Bewegung neu formierte. An den von X-tausendmal quer mitorganisierten Blockadeaktionen gegen die Transporte beteiligten sich regelmäßig mehrere Tausend Menschen. Das Netzwerk gründete oder unterstützte außerdem mehrere Medienkampagnen für den Atomausstieg und bietet Beratung zu juristischen Fragen in Zusammenhang mit Protestaktionen an. Die zahlenmäßig größte Aktion war eine mehrtägige Sitzblockade vor dem Verladekran in Dannenberg im März 1997. Fünf- bis zehntausend Personen hatten sich unter schriftlicher Selbstverpflichtung auf Gewaltfreiheit vor dem Verladekran versammelt und die Transportstrecke blockiert.

Jochen Stay, einer der Gründer und bis 2009 Sprecher der Initiative, wurde im Jahr 2001 im Vorfeld des Castortransportes nach Gorleben für drei Tage in Polizeigewahrsam genommen. Hiermit sollte lt. Aussage der Polizei „die bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat“ verhindert werden.[2] Stay hatte, so die Begründung weiter, „zwar verklausuliert, aber für jeden verständlich zum Landfriedensbruch (§ 125 StGB), nämlich einer Schienendemontage“ aufgerufen sowie „in der Vergangenheit mehrfach zu Straftaten aufgerufen“; dies nicht in einer Eigenschaft als „untergeordnetes Mitglied der Aktion x-tausendmal-quer“, sondern als „Hauptinitiator“. Stay hatte in einer Rede anlässlich einer Demonstration im Vorfeld des Castor-Transports in Lüneburg zur Teilnahme an Sitzblockaden aufgerufen, welche nach Definition von X-tausendmal quer als Ziviler Ungehorsam anzusehen sind.

Das Oberlandesgericht Celle erklärte diese Ingewahrsamnahme, welche zunächst durch das Landgericht Lüneburg verfügt worden war, rückwirkend für rechtswidrig[3]. Begründet wurde dies u.a. damit, dass „die Bezirksregierung (als Polizeibehörde) in der Begründung für die Ingewahrsamnahme den Inhalt von Stays Rede bei der großen Anti-Castor-Kundgebung am 24. März in Lüneburg nur auszugsweise und aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben“ hatte, dass „das Landgericht sich bei der Prüfung von Stays Beschwerde nicht die Mühe gemacht, das Videoband mit dem Redebeitrag anzuschauen, um zu überprüfen, ob die Zusammenfassung der Bezirksregierung richtig ist“ und dass „das wiedergegebene Redezitat den Tatbestand des Aufrufs zum Landfriedensbruch nicht erfüllt“.

Seitens der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wird die Gruppierung als „linksextremistisch beeinflusst“ oder „anarchistisch“ bezeichnet.[4]

Weblinks

Quellen

  1. Roland Roth, Dieter Rucht: Die Sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945: Ein Handbuch. Campus Verlag, 2008, ISBN 3593383721, S. 260–264
  2. http://www.luene-info.de/thema/castor/castor27.html
  3. http://www.castor.de/material/gorlebenrundschau/2001/november/november.html#Ingewahrsamnahme%20von%20Jochen%20Stay%20juristisch%20fraglich
  4. Verfassungsschutzbericht 2006, S. 204

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