Benelux

Benelux
Flagge der Beneluxländer
Lage der Beneluxländer

Benelux ist die Kurzform für die Sammelbezeichnung der Beneluxländer, auch Beneluxstaaten, aus Belgien, den Niederlanden (Nederland) und Luxemburg. 1944 wurde eine Zollunion zwischen den Ländern vereinbart, die mit dem Inkrafttreten des Benelux-Vertrags 1960 weitgehend in die Tat umgesetzt wurde. Die europäische Einigung machte die Vereinbarungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwar weitgehend hinfällig, weiterhin bedeutend sind hingegen Aspekte der politischen Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten.

Inhaltsverzeichnis

Organe von Benelux

Das Ministerkomitee, das aus den drei Außenministern gebildet wird, ist das höchste Organ der Benelux-Gemeinschaft.

Weitere Organe sind

  • Rat der Wirtschaftsunion
  • Benelux-Parlament (mit je 21 belgischen und niederländischen sowie 7 luxemburgischen Abgeordneten)
  • Wirtschafts- und Sozialbeirat
  • Generalsekretariat in Brüssel
  • Benelux-Gerichtshof (mit Vertrag vom 31. März 1965 errichtet)

Geschichte

Vorgeschichte

Geschichte der Benelux-Staaten
Fränkisches Reich
≈800–843
Mittelreich (Lotharii Regnum)
843–855
Lotharingien
855–977
verschiedene adlige Besitztümer
977–1384
Wapen Prinsbisdom Luik.png
Bistum Lüttich
985–1795

Burgundische Niederlande (Haus Burgund)
1384–1477

Burgundische Niederlande (Haus Habsburg)
1477–1556
Flag of New Spain.svg
Spanische Niederlande
1556–1581
Prinsenvlag.svg
Republik der Sieben Vereinigten Niederlande
1579/1581–1795
südliche Spanische Niederlande
1581–1713
Österreichische Niederlande
1713–1795
Flag of the Netherlands.svg
Batavische Republik
1795–1806
Flag of France.svg
Frankreich (Erste Republik)
1795–1805
Königreich Holland
1806–1810
Flag of France.svg
Frankreich (Erstes Kaiserreich)
1805–1815
Flag of the Netherlands.svg
Vereinigtes Königreich der Niederlande
1815–1830
Flag of the Netherlands.svg
Königreich der Niederlande
Flag of Belgium.svg
Königreich Belgien
Flag of Luxembourg.svg
Großherzogtum Luxemburg

Die drei Länder waren von 1815 bis 1839 unter der Krone des niederländischen Königs vereint, bis Belgien unabhängig wurde. Bis 1890 war der niederländische König auch Großherzog Luxemburgs.

Vorläufer des Benelux-Vertrages waren die am 25. Juli 1921 zwischen Luxemburg und Belgien geschlossene Wirtschaftsunion (UEBL) mitsamt Währungsunion. 1930 gab es dann in Oslo eine Konferenz, auf der die Niederlande und die skandinavischen Staaten ihre gegenseitige Absicht kundtaten, einander bezüglich ihrer Handelspolitik zu informieren. In diesem Geiste unterzeichneten 1932 die Niederlande zusammen mit Belgien und Luxemburg die Konvention von Quichy, die die Senkung von Handelstarifen anstrebte. Beide Übereinkünfte erlangten keine große praktische Bedeutung.[1][2]

Provinzen in den Benelux-Staaten

Gründung 1944/1948

Im Zweiten Weltkrieg regte die Exilregierung von Belgien eine weitere Zusammenarbeit von „Benelux“ an, doch der niederländische Außenminister Van Kleffens war zurückhaltend. Er und seine Kabinettskollegen orientierten sich außenwirtschaftlich mehr auf die atlantische Zusammenarbeit (d.h. mit dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten) und Handelsliberalisierung. Dieser Standpunkt änderte sich aufgrund personeller Veränderungen im Kabinett im Sommer 1943, und im Oktober 1943 unterzeichneten die drei Exilregierungen in London eine Übereinkunft, die sich einen freien Valutaverkehr zwischen Belgien, den Niederlanden und Luxemburg zum Ziel machte.[3] Am 5. September 1944 beschlossen die Exilregierungen die Gründung der Benelux-Zollunion.

Am 1. Januar 1948 trat der gemeinsame, ziemlich niedrige Außenhandelstarif in Kraft, was die finanzielle Situation der Niederlande nicht verbesserte.[4] Der Beschluss vom Juni 1948, die Benelux-Währungen vollständig konvertibel zu machen, störte den Handel. Das Währungsproblem wurde erst 1950 im Rahmen der Europäischen Zahlungsunion gelöst.[5]

Benelux-Vertrag von 1958

Der Benelux-Vertrag wurde am 3. Februar 1958 von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg unterzeichnet. Darin wurde die Errichtung einer Wirtschaftsunion vereinbart, die alle drei Länder umfassen sollte. Für die Dauer von 50 Jahren wurde gegenseitiger freier Austausch von Gütern, Arbeitskräften, Dienstleistungen und Kapital vereinbart. Der Staatsvertrag trat am 1. November 1960 in Kraft. Damit gab es praktisch keine Handelsbeschränkungen mehr zwischen den drei Staaten. 1969 folgte das Protokoll zur Beseitigung von Kontrollen und Formalitäten an den Binnengrenzen sowie von Behinderungen des freien Verkehrs sowie die Konvention über die Vereinheitlichung des Zollgebiets Benelux.

Weitere Entwicklung

Die Beneluxländer sind Mitglieder der EU sowie der Eurozone, so dass die wirtschaftliche Bedeutung, nicht aber die politische Bedeutung des Benelux-Vertrags heute eher gering ist. Das Kollegium des Generalsekretariats verfügt seit 1975 über das Initiativrecht für den Erlass von Direktiven. Mit Admiral Benelux gibt es seit 1996 eine weitreichende militärische Zusammenarbeit der Staaten. 2004 wurde ein weiterer Vertrag unterzeichnet, der Maßnahmen gegen grenzüberschreitende Kriminalität umfasst. Polizisten aus den Beneluxländern können ohne Zustimmung der anderen Länder deren Staatsgebiet im Dienst betreten. Dies geht noch weiter als das Schengener Abkommen.

Im Juni 2007 wurde offiziell, dass sich die Benelux-Staaten als politische Einheit für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 bewerben.[6]

Im Jahr 2008 ist eine unbefristete Neufassung des 2010 auslaufenden Vertrags unterschrieben worden, wobei der neue Vertrag eine engere Kooperation mit Nordrhein-Westfalen, Französisch-Flandern und Champagne-Ardenne vorsieht. In dem Vertrag werden wirtschaftliche Zusammenarbeit, nachhaltige Entwicklung, Justizkooperation und die Angleichung der Innenpolitik behandelt.

Bedeutung von Benelux für die Einigung Europas

Die Beneluxländer

Duco Hellema zweifelt an dem Bild, dass die Benelux-Verträge aus dem Geist des europäischen Gedanken stammten, wie der Krieg ihn gefördert habe, und die Benelux-Verträge ein Schritt in diese Richtung sei, ein Experimentierfeld für die spätere EWG. Die Verträge gingen weiterhin vom Status der Niederlande und Belgiens als Kolonialmächte aus; inhaltlich blieben die Übereinkünfte vage und banden die drei Staaten kaum konkret.[3]

Ein niederländischer hoher Beamter nannte Benelux ein „Reklameprojekt“, womit man sich erfolgreich für Marshallplan-Hilfen bewarb; J.J.C. Voorhoeve meint, durch Benelux habe sich der Gedanke der wirtschaftlichen Integration über Westeuropa verbreitet, und wichtige Lektionen für die spätere europäische Integration seien gelernt worden. Skeptischer war der Historiker A.J. Boekestijn, der darauf verwies, dass die nationalen Interessen immer im Vordergrund standen.[7]

In der Nachkriegszeit hatte „Benelux“ den diplomatischen Nutzen, gemeinsam international stärker auftreten zu können, sowohl beim Marshallplan als auch beim Brüsseler Pakt und nicht zuletzt gegenüber Deutschland. Die wirtschaftliche Not zwang Benelux dazu, statt Schadensersatz und Genugtuung nach größerer wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Deutschland zu streben. Im November 1947 wurde gemeinsam auf die Wichtigkeit hingewiesen, dass die deutsche Wirtschaft wiederaufgebaut werde und die Handelsbeziehungen liberalisiert würden, bei gleichzeitiger Kontrolle und dauernder Besetzung Deutschlands.[8] Im Februar 1948 kam es zur Londoner Sechsmächtekonferenz, unter Einschluss der drei Benelux-Länder. Nun wurde eine Teilung Deutschlands und der Aufbau eines westdeutschen Staates für unvermeidlich angesehen; aus wirtschaftlicher Sicht war das für Benelux ein durchaus positives Signal.[9]

Doch die Niederlande und Belgien hatten unterschiedliche Ausgangspositionen. Die Niederlande waren arm an Rohstoffen und in den Indonesischen Unabhängigkeitskrieg (1945-49) verwickelt. Das Land stand auch finanziell „mit leeren Händen“ da, wie Hellema schreibt. Belgien hingegen war industrialisierter und weniger zerstört als die Niederlande und konnte mit seiner Kohlegewinnung Valuta einfahren. Die Zahlungsbilanz zwischen den beiden Ländern kippte, und Belgien wurde zum großen Kreditgeber für die Niederlande. Die Niederlande mussten befürchten, dass eine Ausführung der Benelux-Bestimmungen diesen Zustand noch verschlimmern würde. Gleichzeitig näherte Belgien sich wieder Frankreich an.[10]

Ein gemeinsamer Plan der Benelux für eine stärkere europäische Integration (Frühjahr 1955) wurde im Juni 1955 auf der Konferenz von Messina durch die übrigen Mitglieder der EGKS akzeptiert. Die Messina-Verhandlungen führten schließlich im März 1957 zur Unterzeichnung der Römischen Verträge.

Literatur

  • Albert Bleckmann: Die Benelux-Wirtschaftsunion. In: ZaöRV 22, 1962, S. 239–295
  • Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutschlandfunk: Freier Handel gegen die Rezession, 20. Juni 2007.
  2. Siehe: Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 87/88.
  3. a b Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 117.
  4. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 132.
  5. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 160/161.
  6. Benelux countries launch 2018 World Cup bid. In: ESPN, 27. Juni 2007. Abgerufen am 29. Oktober 2007. 
  7. Nach Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 161.
  8. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 129/130.
  9. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 130/131.
  10. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen, Utrecht: Spectrum, 2001, S. 131/132.

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