Casalbruderschaft

Casalbruderschaft

Die Casalbruderschaft, auch Kasalbruderschaft, war ein Ritterbund in Bremen im 14. Jahrhundert, der nach Unruhen um den Mord an einem Ratsherren 1349 aus der Stadt vertrieben wurde.

Inhaltsverzeichnis

Die Bruderschaft

Die Bezeichnung Casalbruderschaft leitet sich von dem Versammlungsort der Mitglieder des Bundes ab, dem Casal (von lat. Casa ‚Haus‘) der Familie von Gröpelingen, einem befestigten, steinernen Wohnturm in der Obernstraße Ecke Kreyenstraße.[1] Anführer der Gruppe waren Conrad (auch Cordt oder Curdt genannt) von Gröpelingen der Ältere, der aus einem ritterlichen Ministerialen-Geschlecht stammte und Eigentümer des Casal war, sein Vetter Conrad von Gröpelingen der Jüngere und Johann Duckel[2]. Über Zweck und Zeitpunkt der Gründung der Bruderschaft liegen keine Aufzeichnungen vor, wahrscheinlich handelte es sich ursprünglich um eine Gemeinschaft von Patriziern zur Einübung ritterlicher Fähigkeiten für Turniere.[3] Die Mitglieder entstammten Familien, die im Dienste des Bremer Erzstifts zu Reichtum und Macht gelangt waren. Diese einflussreichen Geschlechter gerieten im 14. Jahrhundert zusehends in einen machtpolitischen Gegensatz zur Mehrheit im Bremer Rat – ein Konflikt, der bereits 1304, nach der Ermordung von Arnd von Gröpelingen (einem Verwandten Conrads des Älteren und des Jüngeren), zu Unruhen in der Stadt geführt hatte.

Der Mordfall und die Folgen

In Laufe der Zeit eigneten sich die Casalbrüder darüber hinaus einen schlechten Ruf an, da ihnen „gewaltthätiger Frevel mancher Art“[3] nachgesagt wurde und sie von ihren Gegnern in der bürgerlichen Oberschicht „als nicht echt bürgerlichen Blutes und Sinnes“ verdächtigt wurden.[4] Die Spannungen spitzten sich zu, als in der Nacht des 25. Februar 1349[5] der Casalbruder Otto Lange Mertens (auch Langemertens geschrieben, Sohn eines Ratsherrn[6]) an der Balgebrücke seinen Onkel Berend Vogt – mit dem er im Streit lag – auflauerte. Als sich im Dunkeln ein Mann der Brücke näherte, griff Lange Mertens diesen an, verletzte ihn im Verlauf eines Kampfes tödlich und floh. Bei dem Opfer handelte es sich jedoch nicht um Berend Vogt, sondern um den Ratsherrn Hinrich Grove[7][6], den Lange Mertens wohl im Glauben attackierte, Vogt vor sich zu haben. Am Tatort wurden am nächsten Morgen neben dem Opfer die Heuke (ein Umhang) und die Gugel (eine Kapuze) des Angreifers gefunden, die er während des Überfalls offenbar verloren hatte. Sie wurden auf eine Stange gehängt und durch die Stadt getragen und führten so zur Identifizierung und Ergreifung des Casalbruders.

Als Lange Mertens wegen des Mordes an Grove im Rathaus vor ein Blutgericht gestellt werden sollte, stürmten Mitglieder der Casalbruderschaft, angeführt von Johann Duckel, bewaffnet in das Rathaus um seine Freilassung zu erzwingen. In der Folge kam es zu einem Handgemenge bei dem Ratsherr Richard Reme verletzt wurde. Der Rat ließ die Sturmglocke läuten, woraufhin eine große Zahl bewaffneter Bürger herbei eilte. Die Casalbrüder inklusive Otto Lange Mertens flohen aus der Stadt. Der Casal der Familie von Gröpelingen wurde niedergerissen und am 27. Februar die Casalbrüder Conrad von Gröpelingen der Ältere, Conrad von Gröpelingen der Jüngere, Johann Duckel sowie seine vier Brüder Gerd, Evert, Hinrich und Frank Duckel friedlos gelegt (geächtet) und ihnen bei Verlust des Kopfes verboten, in die Stadt zurückzukehren. Außerdem wurde der Ratsherr Albert Paal (auch Yspal geschrieben) – der wohl Partei für die Casalbrüder ergriffen hatte – aus dem Rat verwiesen.

Das Nachspiel

Einige Zeit später wurde der Casalbruder Hinrich Duckel, der der Ächtung zum Trotz nach Bremen zurückgekehrt war, beim Paulskloster aufgegriffen und erschlagen. Im Jahr 1363 wurde der Ratsherr Marten Lange Martens, ein Bruder von Otto Lange Mertens, zum Tode durch Verbrennung verurteilt, als er versuchte in den Besitz des Grundstück der Familie von Gröpelingen an der Obernstraße mittels einer gefälschten Handfeste (einer Urkunde) zu gelangen.[8] Im 15. Jahrhundert bewohnte dieses Grundstück dann der Eltermann Burchard Lösekanne.[6]

Literatur

  • Gerd Rinesberch, Herbord Schene: Bremer Chronik. In: Bremen. Die Chroniken der niedersächsischen Städte. 37. Band, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Hermann Meinert (Hg.), Carl Schünemann Verlag, Bremen 1968.

Einzelnachweise

  1. Franz Buchenau: Die Freie Hansestadt Bremen und ihr Gebiet: ein Beitrag zur Geographie und Topographie Deutschlands. Dritte, völlig umgearbeitete Auflage. Verlag von G. A. v. Halem, Bremen 1900, S. 160.
  2. The Duckel Family. Abgerufen am 6. März 2011.
  3. a b Carsten Miesegaes: Chronik der freyen Hansestadt Bremen. Band 3, Bremen 1833, S. 161.
  4. Johann Hermann Duntze: Geschichte der freien Stadt Bremen. Band 1, Heyse, Bremen 1845, S. 411.
  5. Gerd Rinesberch, Herbord Schene: Bremer Chronik. In: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Band 37, Carl Schünemann Verlag, Bremen 1968, S. 128.
  6. a b c Gerd Rinesberch, Herbord Schene: Bremer Chronik. In: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Band 37, Carl Schünemann Verlag, Bremen 1968, S. 127.
  7. Stefan Pätzold: Bischof und Bürger. Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, S. 108.
  8. Carsten Miesegaes: Chronik der freyen Hansestadt Bremen. Band 3, Bremen 1833, S. 162.

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