Nuklearanlage Marcoule

Nuklearanlage Marcoule

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Nuklearanlage Marcoule
Nuklearanlage Marcoule (Frankreich)
Nuklearanlage Marcoule
Koordinaten 44° 8′ 34,3″ N, 4° 42′ 21,8″ O44.1428611111114.7060555555556Koordinaten: 44° 8′ 34,3″ N, 4° 42′ 21,8″ O
Land: Frankreich
Daten
Eigentümer: Areva/CEA
Betreiber: Areva/CEA

Die Nuklearanlage Marcoule ist eine kerntechnische Anlage an der Rhône, etwa 30 Kilometer nördlich von Avignon in der französischen Region Languedoc-Roussillon.

Auf dem Gelände der Anlage waren vormals zwei Kernkraftwerke mit insgesamt sechs Reaktoren in Betrieb, heute finden dort noch Reinigung und Rückbau der Anlagen, Wiederaufarbeitung von Brennelementen und Forschung statt. Nach der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ist jene in Marcoule das zweitgrößte französische Zentrum für die Behandlung von radioaktivem Abfall.

Inhaltsverzeichnis

Betreiber

Betrieben wurde die Nuklearanlage Marcoule, die im Jahr 1955 primär für die militärische Nutzung der Kernenergie gegründet wurde, anfangs vom Energiekonzern Électricité de France (EDF) und dem Commissariat à l’énergie atomique (CEA, frz. für ‚Kommissariat für Atomenergie‘).[1][2]

1976 ging die Firma Cogema (Silbenkurzwort aus Compagnie Générale des Matières Nucléaires, zu deutsch ‚allgemeine Gesellschaft für Nuklear-Material‘) aus einem Teil der CEA hervor und übernahm den Betrieb der Nuklearanlage. 2001 entstand aus Cogema und anderen Firmen die Gruppe Areva, die als industrieller Partner der CEA² eng mit dem heutigen Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (‚Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien‘) zusammenarbeitet. Areva selbst gehört über mehrere Beteiligungen dem französischen Staat.

Einzelne Einrichtungen

Kernkraftwerk Marcoule

Hauptartikel: Kernkraftwerk Marcoule

1956 ging der erste UNGG-Reaktor dieses Kernkraftwerks in Betrieb, 1959 und 1960 folgten je ein weiterer. Sie dienten der Produktion von waffenfähigem Plutonium und lieferten auch Strom ins kommerzielle Stromnetz.

1968 und 1980 erfolgte die Abschaltung des jeweils ältesten Blocks, 1984 wurde auch der dritte Reaktor stillgelegt.[3]

Wiederaufbereitungsanlage UP 1

Von 1958 bis 1992 trennte die Wiederaufarbeitungsanlage UP1 per Lösungsmittelextraktion waffenfähiges Plutonium aus den Brennelementen der drei Reaktoren des Kernkraftwerkes Marcoule ab. Der Gesamtertrag wurde auf mehr als 2,5 Tonnen geschätzt. Der Rückbau der Anlage begann 1998.[4]

Celestin-Reaktoren

1967 und 1968 gingen die beiden Schwerwasserreaktoren Celestin 1 und 2 in Betrieb, die Tritium für das französische Wasserstoffbombenprogramm produzierten und auch Plutonium waffenfähig herstellen konnten (Siehe auch: Force de frappe). Sie wurden 1993 abgeschaltet.[5]

Kernkraftwerk Phénix

Nuklearanlage Marcoule
Hauptartikel: Kernkraftwerk Phénix

Seit Dezember 1973 war in diesem Kraftwerk ein Brutreaktor in Betrieb, ab 1990 mit mehrjährigen Unterbrechungen. Dieser schnelle Brüter war der Prototyp für den später erbauten, mehrere hundert Kilometer flussaufwärts gelegen Superphénix und wurde nach dessen Abschaltung wieder zu Forschungszwecken umgebaut und 2004 bis zur Stilllegung im Februar 2010 betrieben.

MOX-Brennelemente

Hauptartikel: Melox

Die ab 1985 geplante, ab 1990 gebaute und 1995 in Betrieb gegangene Recyclinganlage für Brennelemente Melox hat sich bis heute zum Weltmarktführer in diesem Segment entwickelt. Sie liefert für französische, deutsche und weitere ausländische Leichtwasserreaktoren die MOX-Brennelemente. Das dafür benötigte Plutonium kommt heutzutage aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague.

Verglasungsbetrieb Marcoule

In diesem Betrieb wurden von 1978 bis zur Schließung 1999 insgesamt 1900 m³ hochradioaktiver Abfall zu Glasblöcken verarbeitet.

Weitere Einrichtungen

Außerdem gibt es in der Nuklearanlage noch das Forschungslabor Atalanta sowie das Werk Centraco (Silbenkurzwort aus centre nucléaire de traitement et de conditionnement des déchets faiblement radioactifs, zu deutsch ‚Nuklearzentrum für Behandlung und Wiederaufbereitung von schwach radioaktivem Material‘) der Gesellschaft für Verpackungsabfälle und industrielle Abwässer (Socodei).[6]

Bekannte Vorfälle

Am 12. September 2011 explodierte ein Verbrennungsofen auf dem Gelände des Centraco-Werks, bei der laut der französischen Atomsicherheitsbehörde ASN ein Mensch ums Leben kam und vier weitere verletzt wurden.[7] Die Ursache der Explosion war unbekannt.[8]

Siehe auch

Quellen

  1. Peace and Conflict Monitor (englisch)
  2. Areva-Webseite: History plant of Marcoule (englisch)
  3. Power Reactor Information System der IAEA: France (French Republic): Nuclear Power Reactors (englisch)
  4. nuclearweaponarchive.org: France Facilities (englisch)
  5. Roland Kollert: Die Politik der latenten Proliferation: militärische Nutzung "friedlicher" Kerntechnik in Westeuropa, DUV, 1994, Seite 221f.
  6. Süddeutsche Zeitung: Gemischtwarenladen für Atomtechnik, 12. September 2011
  7. Pressemitteilung der ASN: End of the event in Centraco (Gard) : press release #2 (12. September), zuletzt geprüft am 18. September 2011
  8. Tagesschau Eilmeldung vom 12. September 2011. Auf: tagesschau.de, aufgerufen am 12. September 2011. Vgl. Explosion in Atomkraftwerk. Auf: focus.de, aufgerufen am 12. September 2011.

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