Prager Eltern-Kind-Programm

Prager Eltern-Kind-Programm

Das Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP) ist ein Konzept für die Gruppenarbeit mit Eltern und ihren Kindern im ersten Lebensjahr, das im Rahmen einer Krabbelgruppe den Prozess des Zueinanderfindens unterstützen soll und auf eine Frühförderung der Babys, sowie einen Erfahrungsaustausch der Eltern, abzielt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Basierend auf seinen Forschungen zur Begleitung von Säuglingen in der häuslichen und außerhäuslichen Betreuung entwickelte der Prager Psychologe Jaroslav Koch Bewegungs- und Spielanregungen für das Baby. Darauf aufbauend konzipierten die Psychologin Christa Ruppelt und der Sozialwissenschaftler Hans Ruppelt das sozialpädagogische Gruppenprogramm für junge Eltern. Seit 1978 bot der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit die Fortbildung für pädagogische Fachkräfte nach dem PEKiP-Konzept an. Im Jahre 1988 gründete sich der Verein PEKiP e. V., der seitdem PEKiP-Fortbildungen durchführt und eine Bild-/Wortmarke angemeldet hat, die von vielen Anbietern verwendet wird. [1].

Bezüge

Das PEKiP-Konzept ist eng mit den gruppenpädagogischen Leitlinien der Themenzentrierten Interaktion verbunden. Darüber hinaus begleiten die PEKiP-Gruppenleiter die Teilnehmer im Sinne der personenzentrierten Gesprächsführung nach C. R. Rogers. Ein weiterer Bezug ist das der Bindungstheorie entlehnte Konzept der elterlichen Feinfühligkeit. Die soziale Gruppenarbeit mit den jeder sozialen Gruppe innewohnenden dynamischen Prozessen dient als Basis.

Methode

Im Mittelpunkt stehen in der Gruppenarbeit die PEKiP Spiel-, Bewegungs- und Sinnesanregungen für Eltern und Kinder. Generationsübergreifend sind Eltern und Kinder gemeinsam spielend tätig. Eine Gruppenleiterin begleitet den Austausch und das Lernen der Teilnehmenden untereinander, indem sie ein Klima des Vertrauens und der Toleranz fördert. In der Gesprächsführung verbalisiert sie Befindlichkeiten, Absichten und Erlebnisse der Teilnehmer. Sie informiert Eltern über die frühkindliche Entwicklung ihres Kindes und ist Modell für Eltern und Kinder im miteinander spielen. Die grundlegenden Lernziele sind Kooperationsbereitschaft und Einfühlungsvermögen für alle Teilnehmer.

Die Gruppenleitung achtet darauf, durch behutsame Gesprächsführung zu erreichen, dass Eltern auf Unterschiede zwischen gleichaltrigen Baby nicht mit Wertung, Besorgtheit oder Konkurrenz reagieren, sondern die natürliche Vielfalt der Entwicklungen als Besonderheiten der Kinder schätzen lernen. Zugleich leistet die Kursleiterin einen Beitrag zur Gesundheit des Kindes, indem sie bei körperlichen oder verhaltensbezogenen Auffälligkeiten, die ihr aufgrund ihrer Erfahrung ungewöhnlich erscheinen, den Eltern anrät, den Kinderarzt auf diese Besonderheit aufmerksam zu machen.

Typischerweise sind die Babys in PEKiP-Treffen völlig nackt, weil sich nackte Babys freier bewegen können. Ausnahmen aus praktischen Gründen sind möglich, so wird eine Mutter, die ihr Baby stillen will, ihm zuvor meist eine Windel anlegen. Damit die Babys nicht auskühlen, wird der Raum besonders warm aufgeheizt. Die den Kurs leitende Person bringt ausgewählte, einfache Spielmaterialien mit, die das Kind zum Ausprobieren anregen können, um den Eltern Beispiele zu geben, wie man auch zuhause einfachste oder alltägliche Gegenständen zum Spielen mit dem Baby verwenden kann.

Berufliche Fortbildung

Das Ziel einer beruflichen PEKiP-Fortbildung ist es, dass sozialpädagogische Fachkräfte sich befähigen, eine PEKiP-Gruppe entsprechend der Methode, der Standards und der Umgebung zu leiten. Dazu erarbeiten sich die Teilnehmer grundlegend Theorie, Praxis, Methodik und Didaktik. Darüber hinaus werden sie in der Zeit ihrer ersten Gruppenleitung durch PEKiP-Ausbilder supervidiert.

Kritik

Kritiker reihen PEKiP in den Bereich des sogenannten Frühförderwahns ein, um den sich ausgehend von den USA ein privater Bildungsmarkt etabliert hat. Kritisch diskutiert wird, dass durch die Teilnahme an Frühförderungen wie PEKiP der soziale Wettbewerb vorverlegt würde und das Kleinkind bei Teilnahme an mehreren Förderprogrammen durch zu viele Reize überflutet würde.[2]

Literatur

  • Jaroslav Koch: Psychologie a pedagogika dítĕte (Prag, 1960, mit Zdeněk Matějček)
  • Jaroslav Koch: Total baby development (New York 1978, ISBN 0-671-22408-5. Tschechischer Originaltitel: Výchova kojence v rodině. Ausgabe London 1982 unter dem Titel: Superbaby)
  • Dieter Höltershinken, Gertrud Scherer: PEKiP Das Prager-Eltern-Kind-Programm, theoretische Grundlagen: Ursprung und Weiterentwicklung, Dortmunder Beiträge zur Pädagogik, Bochum/Freiburg 2011 (4., erweiterte Aufl.), ISBN 978-3-89733-221-8
  • Anne Pulkkinen: PEKiP: Babys spielerisch fördern, Gräfe und Unzer 1999 / 96 Seiten, ISBN 3-7742-7418-5 (PEKiP-Spiele, farbiges Poster, Tabelle zur Entwicklung, Spielmaterial zum Selbermachen, Fotos)
  • Monika Thiel: Babyspaß mit PEKiP-Spielen, Urania-Verlag 2002, 128 Seiten, ISBN 3-332-01308-4 (Viele PEKiP-Spiele, viele PEKiP-Anregungen und Hinweise, wie Eltern und Babys miteinander kommunizieren können. Über 60 PEKiP-Bilder in Farbe.)
  • Michael K. Meyerhoff: A Parents' Guide to Avoiding the Superbaby Syndrome, Verlag William Gladden Foundation, Dezember 1992, in englischer Sprache, ISBN 1-56456-136-4

Quellen

  1. Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts, Aktenzeichen 2011611.
  2. Der Frühförderungswahn. Säuglinge mit Mammut-Programm

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: PEKiP – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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