Didaktik

Didaktik

Die Didaktik (von griechisch: didáskein „lehren“) im engeren Sinn beschäftigt sich mit der Theorie des Unterrichts, im weiteren Sinne mit der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens. Nach Johann Amos Comenius (1592–1670) ist Didaktik „Lehrkunst“, während die „Lernkunst“ Gegenstand der Mathetik ist.[1][2] Wolfgang Klafki unterscheidet die Didaktik als theoretische Wissenschaft strikt von der Methodik, die sich mit den praktischen Verfahren des Lehrens und Lernens (dem Wie des Lernens gegenüber dem Was) befasst. Ein weiterer fundamentaler Gegenbegriff zur Didaktik als „Lehre durch Unterweisung“ ist die Mäeutik (auch Sokratische Methode) als „Lehre durch Gespräch“ oder „Lehre durch Selbsterkenntnis“.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsbestimmung, Einordnung und Abgrenzung

Didaktik ist eine Disziplin der Pädagogik und wird von einigen als ihr Herzstück bezeichnet. Sie arbeitet mit den durch die ausgewählte Bildungstheorie selektierten Inhalten und Zielen, ist jedoch unabhängig davon auf mehrere Bildungstheorien anwendbar. Im Gegensatz dazu ist sie abhängig von der gewählten Lerntheorie, d.h. je nachdem, welche Ansicht man über den Prozess des Lernens vertritt, wird man die Wissenselemente derart auswählen, reduzieren und reihen, dass der Prozess optimal unterstützt wird.

Im engeren Sinne versteht man unter Didaktik die Wissenschaft vom Lehren, in Abgrenzung von der Mathetik, die sich als Wissenschaft vom Lernen versteht.

„Beide sind aber untrennbar miteinander verbunden, weil man nach heutigem Verständnis nichts erfolgreich lehren kann, ohne sich gleichzeitig zu fragen: Wie lernen Schüler?“

R. Winkel[3]

Als „Allgemeine Didaktik“ beschäftigt sie sich unabhängig von spezifischen Lerninhalten mit der Gestaltung von Lernangeboten und der Lerntechnik. Mit dem Lehren und Lernen bestimmter Lehr-Inhalte beschäftigt sich die Fachdidaktik, das Lernen in bestimmten Schulstufen wird in Stufendidaktiken thematisiert. Das Lernen mit mediengestützten Lernangeboten wird in der Mediendidaktik bearbeitet.

Lange Zeit bezog sich Didaktik allein auf schulischen Unterricht und galt als Bezugsdisziplin für das Handeln von Lehrer/innen vor allem der Primar- und Sekundarstufe. Andere Lernkontexte, wie Erwachsenen- und Weiterbildung, Lernen in beruflichen Kontexten oder der Hochschule wurden ausgeblendet oder vernachlässigt. Die Fixierung auf das Handeln der Lehrenden ist in den 90er Jahren durch die Diskussion über den Konstruktivismus relativiert worden. Didaktik ist nicht mehr (allein) Handlungswissenschaft für Lehrer/innen, sondern beschäftigt sich ganz allgemein mit allen lernförderlichen Arrangements, wie es vor allem die Konstruktivistische Didaktik betont. So hat in den 90er Jahren etwa die Mediendidaktik ganz wesentliche Impulse für die Didaktik-Diskussion gebracht. Mit der zunehmenden Bedeutung verschiedener Lernkontexte außerhalb von Schule konstituiert sich Didaktik als kontextübergreifende Disziplin, die sich mit der Gestaltung von Lernangeboten beschäftigt.

Nach Werner Jank und Hilbert Meyer, Didaktische Modelle (1994. S. 16.), befasst sich Didaktik mit der Frage: „Wer was von wem wann mit wem wo, wie, womit und wozu lernen soll?“. Didaktik wird definiert als „Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens“. Diese Auffassung korrigiert die in der Lehrerausbildung weitverbreitete „Vulgärdefinition“ [Jank/Meyer, a. a. O.], der zufolge sich Didaktik nur um das Was kümmere, in Abgrenzung zur Methodik, die sich mit dem Wie des Unterrichtens befasst. Sachgerechter erscheint es, (Klafki folgend) Methodik als eine Teildisziplin der Didaktik zu verstehen.

Geschichte der Didaktik

Siehe auch Geschichte der Pädagogik

Jan Amos Komenský (Comenius) entwickelte die erste Didaktik der Neuzeit.

Frühe didaktische Modelle sind die Anschauungspädagogik des 19. Jahrhunderts und die Arbeitspädagogik des 20. Jahrhunderts als Teil der Reformpädagogik.

Ziele der Didaktik

Didaktik soll in der Regel das aus den jeweiligen Fachwissenschaften herausfiltern, das von allgemeiner, existentieller Bedeutung für das Leben (Überleben und menschenwürdiges Leben) ist und daher als lehrnotwendig legitimiert gelten kann (Wolfgang Hilligen 1991). Ein Missverständnis von Didaktik ist die so genannte „Abbilddidaktik“, nach der es nur darum gehe, die Ergebnisse der Fachwissenschaft auf welche Weise auch immer in die Schülerköpfe zu transportieren. Die Fachwissenschaften sind nur ein Bezugspunkt der Didaktik, andere sind die Gesellschaft und die Bedürfnisse des Schülers selbst.

Allgemeindidaktik: Didaktische Modelle

Als ein allgemeindidaktisches Modell bezeichnen Jank/Meyer nach Blankertz (1969) ein „auf Vollständigkeit zielendes Theoriegebäude zur Analyse und Planung didaktischen Handelns in schulischen und anderen Lehr- und Lernsituationen“ (Jank/Meyer, S. 17) (siehe auch Modell). Zunehmend an Bedeutung gewinnen didaktische „Konzepte“ (geringerer Reichweite), die sich auf die empirische Lehr-Lernforschung und die Forschung auf Didaktisches Design beziehen.

Die folgenden „didaktischen Modelle“ wurden lange in Deutschland diskutiert:

  • bildungstheoretische Didaktik, erneuert als kritisch-konstruktive Didaktik,
  • lerntheoretische Didaktik,
  • informationstheoretisch-kybernetische Didaktik,
  • konstruktivistische Didaktik sowie
  • kommunikative Didaktik.

Hinzugekommen sind die

  • Evolutionäre Didaktik (A. Scheunpflug) und die
  • Subjektive Didaktik (Edmund Kösel).

Diese zwischen 1930 und 1990 im deutschsprachigen Raum entstandenen Ansätze verstanden sich jeweils als konkurrierende Richtungen, die auf dem Hintergrund der Lehrerausbildung entstanden und jeweils die Bildung einer eigenen „Schule“ zu etablieren versuchten. Mit der Fokussierung auf diese „didaktischen Modelle“ und „Schulen“ blieb die Diskussion in Deutschland bis in die 90er Jahre von der internationalen Forschung weitgehend abgeschnitten. Erst Ende des 20. Jahrhunderts fand die Forschung Anschluss an die internationale Diskussion und die Forschung zum Vermittlungsdesign. Statt der „Schulenbildung“, die die deutsche Diskussion lange Zeit geprägt hat, entwickelt sich Didaktik zunehmend zu einer interdisziplinären Wissenschaft mit einem hohen empirisch fundierten Anteil. Die theoretischen Grundlagen dazu wurden aus den Bereichen der Gehirnforschung, aus neueren Gesellschaftstheorien, dem Konstruktivismus, der Kommunikationstheorie und der Theorie lebender Systeme (Autopoiesis) gewonnen.

Bildungstheoretische Didaktik

Vertreter der Bildungstheoretischen Didaktik sind: Wolfgang Klafki, Eduard Spranger, Herman Nohl, Wilhelm Flitner, Erich Weniger, Theodor Litt, Claus Gnutzmann.

Die Bildungstheoretische Didaktik wurde 1958 von Wolfgang Klafki spezifisch weiter entwickelt. Auf ihn geht die These vom „Primat der Didaktik“ zurück, dem die Methodik nachgeordnet sei. Aufgrund der aktuellen Diskussionen und wissenschaftstheoretischen Neuorientierungen hat Wolfgang Klafki sein System zur kritisch-konstruktiven Didaktik weiterentwickelt.

Im Mittelpunkt dieses didaktischen Modells steht der Inhalt des Unterrichts: Womit müssen sich junge Menschen auseinandersetzen, um sich zu bilden und mündig zu werden? Zur Antwort führt die „Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung“ (1963) mit Teilfragen an den erwogenen Stoff: Welche fundamentale, gegenwärtige, zukünftige, exemplarische Bedeutung hat der zu vermittelnde Stoff? Weiterhin fragt die Bildungstheoretische Didaktik nach der Zugänglichkeit aus Sicht der Schüler und der Sachstruktur der Inhalte des Unterrichts. Im Kern geht es also immer um die begründete Auswahl und Anordnung der Gegenstände, durch die Lernprozesse initiiert werden sollen. Klafki fordert, dass die dazu notwendigen Entscheidungen in der „Didaktischen Analyse“ zu erarbeiten sind.

Die Bildungstheoretische Didaktik zielt auf die Bildung des Menschen im Ganzen ab, nicht nur auf spezielle und nützliche Eigenschaften und Fähigkeiten. Dies soll durch die Synthese von materialer Bildung (breites Wissen, Klassiker-Wissen) und formaler Bildung (geistige Potenzialausschöpfung, Methodenkompetenz und instrumentelle Fähigkeiten) erreicht werden. Die dialektische Einheit von materialer und formaler Bildung fasst Klafki unter dem Begriff der „Kategorialen Bildung“. Die Idee ist, dass das Problem der Auswahl geeigneter Lehrinhalte durch exemplarische Gegenstände gelöst werden kann, an denen sich die universellen Gesichtspunkte (Kategorien) der geistigen Ordnung der Welt erwerben lassen.

Lerntheoretische Didaktik

Die lerntheoretische Didaktik wurde im „Berliner Modell“ von Heimann entwickelt. Sie ist ein Instrument zur Analyse und Planung von Unterricht. Es wird davon ausgegangen, dass Unterricht immer formal strukturiert ist, jedoch ist er inhaltlich variabel und situationsabhängig. Es gibt 4 Elementarstrukturen des Lehr- und Lerngeschehens, die immer gegeneinander abgewogen und in Einklang gebracht werden müssen. Dies sind die Intention, also das Wozu, die Inhalte, das Was, die Methode, das Wie und das Medium, das Womit. Jedes Element steht in Abhängigkeit vom anderen. Dieses Vierergefüge steht wiederum in Abhängigkeit von den sozial-kulturellen und anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen, die sich auf das System auswirken und sozial-kulturelle und anthropologisch-psychologische Folgen nach sich ziehen, die in der nächsten Lehr-/Lernphase die neuen Voraussetzungen sind. Somit entsteht ein ewiger Kreislauf. Die Prinzipien der Interdependenz, der Variabilität und der Kontrollierbarkeit liegen der Unterrichtsplanung zu Grunde. Die Interdependenz ist die widerspruchsfreie Wechselwirkung und Kombination der Strukturelemente. Die Variabilität soll eine elastische Planung und Durchführung ermöglichen. Die Kontrollierbarkeit ermöglicht eine professionelle Auswertung des Unterrichts.

Curriculare Didaktik

Siehe Hauptartikel: Curriculare Didaktik.

Informationstheoretisch-kybernetische Didaktik

Hauptartikel: Kybernetische Didaktik.

Die Informationstheorie, 1948 mit dem Aufsatz von Claude Shannon begründet, ist ein Untergebiet der Nachrichtentechnik. Unter dem Namen Kybernetik hat insbesondere Norbert Wiener Anwendungen weit über die Technik hinaus vorgeschlagen. Grundlegendes Modell ist der Regelkreis. Ein typischer informationstechnischer Begriff, der dauerhaft in die Geisteswissenschaften übergetreten ist, ist die Redundanz.

Die Anwendung auf die Didaktik geht zurück auf Helmar Frank, Felix von Cube, Milos Lansky

Der Ansatz ist nur mehr von historischer Bedeutung und hat keine „bekennenden“ Anhänger in der Didaktik.

Konstruktivistische Didaktik

Hauptartikel: Konstruktivistische Didaktik.

Als Grundannahme gilt der Befund, dass im Prozess der Wahrnehmung keine Realität abgebildet, sondern vielmehr eine relative und subjektive Wirklichkeit geschaffen (konstruiert) wird. Eine konstruktivistisch orientierte Didaktik geht in diesem Sinne von folgenden Annahmen aus: „Wissen kann nie als solches von einer Person zur anderen übermittelt werden. […] Die einzige Art und Weise, in der ein Organismus Wissen erwerben kann, (besteht darin), es selbst aufzubauen oder für sich selbst zu konstruieren. […] Die Tätigkeit des Lehrens (sollte) als ein Versuch angesehen werden […], die Umwelt eines Schülers so zu verändern, dass dieser möglichst jene kognitiven Strukturen aufbaut, die der Lehrer vermitteln möchte“ (Ernst von Glasersfeld 1987, 133). Im Gegensatz zu gängigen ‚Eintrichterungstheorien‘ wird eine KD das Lernen als einen Prozess der Selbstorganisation von Wissen verstehen, das sich auf der Basis der Wirklichkeits- und Sinnkonstruktion jedes einzelnen Lernerindividuums vollzieht und damit relativ individuell und unvorhersagbar ist. Als Lehrer sollte man möglichst reichhaltige, multimodale, interessante und kommunikationsorientierte Umgebungen schaffen, welche die subjektiven Erfahrungsbereiche ansprechen und gleichzeitig neue ‚Rätsel‘ beinhalten, die pragmatisch, interaktiv und kreativ zur Selbstorientierung einladen. Kooperation, Kommunikation und Interaktion dienen der Problemdefinition und Problemlösung, wobei der Bedeutungsaushandlung eine große Rolle zukommt. Stärker kulturtheoretisch ausgerichtet ist in der konstruktivistischen Didaktik der Ansatz von Kersten Reich, der auch ein weit verbreitetes Lehr- und Studienbuch zum Thema der konstruktivistischen Didaktik verfasst hat. Der Konstruktivismus gewinnt bei Edmund Kösel (Band III: Die Konstruktion von Wissen. Eine didaktische Epistemolgie. SD Verlag, 2007.) eine grundlegende Bedeutung in der Generierung von Wissen im Vermittlungsprozess zwischen Lehrenden und Lernenden.

Siehe: Pragmatischer Konstruktivismus.

Kommunikative Didaktik

Ältere kommunikative Didaktik

Die Vertreter dieser Didaktik reagieren auf die in der kognitiven Didaktik vorherrschende Fixierung auf den Lerngegenstand und betrachten Unterricht als ein kommunikatives Geschehen. Sie lenken den Blick auf das Beziehungsgeschehen in der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden. Auch wie miteinander kommuniziert wird, beeinflusst das Lernen. Aus diesem Grund betont die kommunikative Didaktik besonders die Gestaltung der Beziehungsebene. Inhaltliche Bezüge: Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick, Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas. Begründer der kommunikativen Didaktik sind Karl-Hermann Schäfer und Klaus Schaller.

Subjektive Didaktik

Die Theorie der Subjektiven Didaktik bezieht ihre Grundaxiome aus der Erkenntnis, dass jeder Mensch ein in sich geschlossenes einmaliges System mit einer eigenen Bewusstseins- und Verhaltenstruktur ist. Die Vermittlung von Wissen und Erfahrung geschieht ausschließlich durch die Selbstorganisation des Individuums. Die Vermittlung von Wissen kann nur über eine gegenseitige Kommunikation erfolgen und sie wird niemals eine 1:1-Abbildung beim anderen erreichen. Durch einen interdisziplinären Ansatz wird eine Ausrichtung der Didaktik entwickelt, die sowohl gesellschaftliche, als auch anthropologische und individualgeschichtliche Dimensionen enthält. Theoretische Grundlagen sind die Theorie lebender Systeme (Autopoiesis), die Systemtheorie (Didaktik in Systemen), der Konstruktivismus (Wissenkonstruktion), Ergebnisse aus der Hirnforschung (Bewusstseinssysteme von Lehrenden und Lernenden) und eine eigene didaktische Handlungstheorie. Das Feld der Vermittlung wird als Driftzone zwischen Lehrenden und Lernenden gekennzeichnet. Die Darstellung von Wissenskonstruktionen und die Entwicklung postmoderner Lernkulturen sind grundlegend für jede allgemeine Didaktik.

Neuere kommunikative Didaktik

Im Zuge der Lernerorientierung wird der Blick auf die Schülerinteraktionen gerichtet. Der Lehr-/Lernprozess wird nicht mehr als Vermittlung von Wissen durch eine Wissensquelle (Lehrer) an die Gruppe gesehen, sondern als gemeinsame Konstruktion von Wissen. Hier spielen die Lernergruppe und ihre Interaktionen eine zentrale Rolle. Zur kollektiven Konstruktion von Wissen gehört, dass die Lerner die Fähigkeit erwerben, miteinander intensiv und sachbezogen zu kommunizieren (vgl. Kollektive Intelligenz). Dies geschieht im Rahmen offener Unterrichtsmethoden. Diese Entwicklung steht am Anfang, denn durch die Verbreitung des Internets werden immer höhere Ansprüche an die kommunikative Kompetenz der Menschen gestellt. Die Aufgabe von Schulen und Universitäten wird sein, Schüler und Studenten auf diese neuen Herausforderungen adäquat vorzubereiten.

Siehe auch: Kritisch-kommunikative Didaktik, Handlungsorientierter Unterricht, Handlungsorientierung (Fremdsprachenunterricht), Lernorientierung (Fremdsprachenunterricht), Lernen durch Lehren.

Methoden

Eine Methode ist ein kohärentes Ganzes aus theoretischem Gerüst und praktischer Umsetzung.

Lernen durch Lehren

Anwendung von LdL im Sprachunterricht: Schülerin führt neuen Wortschatz ein
Hauptartikel: Lernen durch Lehren.

Seit dem Anfang der 80er Jahre hat sich eher abseits der etablierten Didaktik die Methode Lernen durch Lehren (LdL) entwickelt. Das Konzept wurde beispielsweise im Französischunterricht des Gymnasiums durch Jean-Pol Martin erprobt und verbreitet. Gegenwärtig wird die Übertragung von Lehrfunktionen auf Schüler in allen aktuellen Didaktik-Konzepten (zum Beispiel offener Unterricht, subjektive Didaktik, konstruktivistische Didaktik, kommunikative Didaktik, Handlungsorientierung) aufgegriffen und integriert. In dem Handbuch zur Französischdidaktik von Nieweler (2006) wird LdL im Glossar als „radikale Form der Schüler- und Handlungsorientierung“ definiert.[4] Von der Pädagogik wird eine praktische und theoretische Fundierung gewünscht (siehe u. a.: Alexander Renkl 2006),[5] obwohl beides seit 1994 vorliegt (Bibliografie u. a. in: Martin/Oebel 2007).[6] In Deutschland wird die Methode von Grzega[7] theoretisch und praktisch weiterentwickelt und in Japan wird LdL seit den 90er Jahren von Guido Öbel umgesetzt und verbreitet.[8]

Im Hinblick auf die Verbreitung kollektiver Wissenskonstruktion im Netz bietet sich LdL als Methode an, die in besonderem Maße zur Entwicklung von Empathie und Netzsensibilität beiträgt.

Weitere Begriffe

Didaktisches Handeln

Das Didaktische Handeln ist nicht Theorie, sondern in erster Linie Alltagshandeln mit Alltagsmechanismen (Gewöhnung, Typisierung, Paradoxien, Machtverhältnisse etc) in einer Hier und Jetzt- Situation (H 1), die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Darüber hinaus ist didaktisches Handeln meist zurückgebunden auf Gewohnheitsbildung (H2), Reflexion (H3) und der Rückgriff auf empirische und theoretische Befunde (H4), sind Ausnahmefälle.

Didaktische Kompetenz

Die Didaktische Kompetenz bezeichnet theoretisch die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Lehrenden, den Vermittlungsprozess und die Förderung des einzelnen Schülers in einem Schulsystem optimal zu fördern. Diese didaktische Kompetenz kann aufgegliedert werden in verschiedene Teilkompetenzen, wobei es unmöglich ist, jede von ihnen jederzeit und gleichwertig nebeneinander beim Lehrenden zu berücksichtigen. Sie können lediglich als Differenzierungsmöglichkeit, keinesfalls als präskriptive Vorgaben an die Lehrenden sein. Kompetenzen sind die Fähigkeiten eines Lehrenden, die sich - auf den Unterricht bezogen - darin zeigen, dass er die Balance zwischen den Ansprüchen und Erwartungen des einzelnen Lernenden, denen der Lern-Gruppe, den Voraussetzungen der Wissensarchitektur, den Forderungen des Lehrplans, den Möglichkeiten für die Entwicklung moderner Lernkulturen und seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen einrichten und erhalten kann, so dass ein möglichst positives Lernklima entsteht. Je nach Situation und Bedürfnissen der Beteiligten wird unterschiedliches Verhalten notwendig sein. Die Angemessenheit dieses Verhaltens wird dadurch gewährleistet, dass der Lehrende auf der Basis von Erfahrung, vielleicht professionellem Wissen und Theoriebewusstsein ein möglichst großes Repertoire von Teilkompetenzen und Verhaltensmustern entwickelt, um seinen oder externen Anforderungen gerecht werden zu können oder aber sich bei überbordenden Erwartungen abzugrenzen.

Didaktisches Dreieck

Das Didaktische Dreieck ist ein Bild für die Beziehung zwischen Lehrer, Schüler und Lerninhalt. Im Einzelnen werden folgende Beziehungen angesprochen:

  • Der Lerninhalt stammt aus der Fülle möglicher Lerngegenstände in der Welt.
  • Der Lehrer wählt den Inhalt aus und bereitet ihn auf, wobei er auch das Interesse der Gesellschaft vertritt, was gelernt werden soll (festgehalten z. B. in Lehrplänen).
  • Der Schüler soll den Lerninhalt erfassen, wenn keine Schwierigkeiten in seiner Person oder im Umfeld ihn daran hindern.

Der Didaktische Ort beschreibt die zeitliche Position eines Unterrichtselements (z. B. eine Gruppenarbeit) im zeitlichen Verlauf einer Unterrichtsstunde und im methodischen Verlauf einer Unterrichtseinheit, dem eine klare Rolle im Unterrichtsgeschehen zukommt.

Didaktischer Relativismus

In der sich anbahnenden Wissensgesellschaft im 21. Jahrhundert ist nach Edmund Kösel dem Begriff Wissen nicht mehr mit dem herkömmlichen ontologischen Wahrheitsanspruch zu begegnen. Wissen werde demnach künftig als Unterscheidung in vielerlei Hinsichten und Bezugssystemen gesehen. Jedes Thema oder Problem könne unter sehr verschiedenen und andersartigen Referenzen konstruiert werden und jede dieser Konstruktionen hat ihren je eigenen Sinn. Wissen basiert in erster Linie auf Begriffen, Wissensarten, Wissenskontexten, Wissenslogiken und Wissensfeldern.
Broy spricht sich für einen soliden didaktischen Relativismus aus, der davon ausgehe, dass Lehrende und Lernende einander ihre Bezugsysteme und die dahinter liegende Architektur (Referenzbereiche, Relationen, Dimensionen, Wissensarten, Wissenskonzepte, Wissenslogiken etc.) offen legen sollen. Die schon lange geführte Diskussion um die Reduktion von Komplexität in der Wissensvermittlung (Prinzip des Exemplarischen, des Klassischen, der Reduktion usw.) könne so im Medium einer didaktischen Epistemologie neu aufgearbeitet und operativ im Unterricht umgesetzt werden. Die Schule solle im Rahmen einer modernen Didaktik nicht nur reproduktives Wissen als Bildungsprodukt anbieten, sondern müsse dazu kommen, neue Bildungsprodukte wie Rekonstruktion, Neukonstruktion, Dekonstruktion von Wissen und Mustererkennung für gegenwärtige und eventuell zukünftige Kontexte und Situationen zu ermöglichen. Dazu wurde in jüngster Zeit ein Instrument der Wissenskonstruktion erarbeitet. (Kösel, 2007)

Die Didaktische Reduktion bezeichnet nach Manfred Broy die Vereinfachungen und Hilfen, die zum erleichterten Verständnis eines komplexen Lerngegenstandes vom Lehrenden für die Lernenden mit Rücksicht auf ihre Fähigkeiten und Vorkenntnisse vorgenommen werden. So können viele Aspekte gänzlich wegfallen. Typische didaktische Reduktionen sind Modelle, in denen das Wesentliche hervorgehoben wird: z. B. ein Globus, ein Atommodell, ein Kommunikationsmodell.

Die Didaktische Rekonstruktion geht über die Didaktische Reduktion hinaus. Der Lehrende versucht, nicht nur die kognitive und eventuell die psychomotorische Dimension an Lernende in geeigneter Weise weiter zu geben, sondern bezüglich Verständnis und Sinnangebot neue oder im Wissenschaftsbetrieb nicht beachtete individuale und soziale Relationen (affektive Dimension) zu vermitteln; sie führt zu einem Mehrwert didaktischer Bemühungen.[9] Beispiele für diesen „Mehrwert“ sind etwa ethische Fragen zur Gewinnung und Verwendung bestimmter Messwerte, theoretische Vorannahmen, kontroverse Auffassungen oder fachübergreifende Ergebnisse.

Die Didaktische Transformation ist ein typischer Aufgabenbereich der Didaktik: Ein vorgegebener Inhalt wird strukturell analysiert und unter Berücksichtigung der kognitiven Struktur des Lernenden sowie dessen Lernzielen so zu Lehrzielen und -inhalten umkonstruiert, dass er mindestens das Elementare enthält und zu vorausgegangenen Lernprozessen nicht im Widerspruch steht.[10] Der Lehrende bleibt dabei nicht neutral, sondern bringt umfangreiches Wissen über Inhalt, Lehrmethodik und Lernprozess ein.

Siehe auch

Literatur

  • Herwig Blankertz: Theorien und Modelle der Didaktik. Juventa, München 1969.
  • Bröcher, Joachim: Lebenswelt und Didaktik. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 1997.
  • Bröcher, Joachim: Anders unterrichten, anders Schule machen. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2007.
  • Karl-Heinz Flechsig: Kleines Handbuch didaktischer Modelle. Neuland, Eichenzell 1996.
  • Andreas Gruschka: Didaktik – Das Kreuz mit der Vermittlung. Elf Einsprüche gegen den didaktischen Betrieb. Pandora, Wetzlar 2002.
  • H. Gudjons und R. Winkel (Hg.): Didaktische Theorien. 10. Auflage. Bergmann & Helbig, Hamburg 1999.
  • Gerd Heursen: Ungewöhnliche Didaktiken. Bergmann & Helbig, Hamburg 1997.
  • Georg Hilger: Der Religionslehrer im Erwartungshorizont didaktischer Entwürfe. In: KatBl (Katechetische Blätter). 1978. S. 125–140.
  • Wolfgang Hilligen: Didaktische Zugänge in der politischen Bildung. Schwalbach 1991.
  • Werner Jank und Hilbert Meyer: Didaktische Modelle. 3. Auflage. Cornelsen, Berlin 1994.
  • Alexandra Kertz-Welzel: Didaktik of Music: A German Concept and its Comparison to American Music Pedagogy. International Journal of Music Education (Practice) 22 Nr. 3 (2004). S. 277–286.
  • Wolfgang Klafki: Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung. 3./4., durchgesehene und ergänzte Auflage. Beltz Verlag, Weinheim 1964.
  • Wolfgang Klafki: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik: Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. 2., erweiterte Auflage. Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1991.
  • Edmund Kösel: Die Modellierung von Lernwelten. Band I: Die Theorie der Subjektiven Didaktik. 4. Auflage. SD-Verlag, Bahlingen 2004. ISBN 3-8311-3224-0. – Band II: Die Konstruktion von Wissen. Eine didaktische Epistemologie. 2007. ISBN 978-3-00-020795-2. – Band III: Die Entwicklung postmoderner Lernkulturen. 2. Auflage. 2008. ISBN 978-3-00-020794-5.
  • Jean-Pol Martin: Vorschlag eines anthropologisch begründeten Curriculums für den Fremdsprachenunterricht. Gunter Narr, Tübingen 1994.
  • Jean-Pol Martin, Guido Oebel: Lernen durch Lehren: Paradigmenwechsel in der Didaktik?. In: Deutschunterricht in Japan. 12, 2007, 4–21. (Zeitschrift des Japanischen Lehrerverbandes. ISSN 1342-6575.)
  • Klaus Prange: Bauformen des Unterrichts. Eine Didaktik für Lehrer. J. Klinkhardt, Bad Heilbrunn 1983.
  • Kersten Reich: Konstruktivistische Didaktik: ein Lehr- und Studienbuch mit Methodenpool auf CD. 3. Auflage. Beltz Verlag, Weinheim 2006.
  • H. Ruprecht, H.-K. Beckmann, F. von Cube, W. Schulz: Modelle grundlegender didaktischer Theorien. Schroedel Verlag, Hannover 1972.
  • Karl-Hermann Schäfer und Klaus Schaller: Kritische Erziehungswissenschaft und kommunikative Didaktik. 3., durchgesehene Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg 1976.
  • Gerd Katthage: Didaktik der Metapher. Perspektiven für den Deutschunterricht. 2004.
  • Hans Glöckel: Vom Unterricht. Lehrbuch der Allgemeinen Didaktik. 4. Auflage. Bad Heilbrunn/Obb. 2003. ISBN 978-3-7815-1254-2.
  • Peter Menck: Unterricht – Was ist das? Eine Einführung in die Didaktik. Norderstedt (BoD) 2006. ISBN 3-8334-4871-7.
  • Maria Hallitzky und Norbert Seibert: Didaktische Konzepte und Modelle. In: H.-J. Apel/W Sacher (Hrsgb.): Studienbuch Schulpädagogik. 3. Auflage. Bad Heilbrunn: Kilnkhardt.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Didaktik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Johann Amos Comenius: Didactica magna in Opera didactica omnia (1657).
  2. Hartmut Mitzlaff (2004): Johann Amos Comenius (1592–1670) pansophischer Sachen-Unterricht. In: Kaiser & Pech (Hrsg.): Basiswissen Sachunterricht – Band 1: Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts. 2004. S. 41–46. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
  3. Winkel, R.: Didaktik versus Mathetik?, DLZ Nr. 10, 1995.
  4. Andreas Nieweler (Hrsg.)(2006): Fachdidaktik Französisch – Tradition|Innovation|Praxis. Klett, Stuttgart 2006. S. 318.
  5. Alexander Renkl: Lernen durch Lehren. In: Detlef Rost (Hrsg.): Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. 3. Auflage. Beltz Verlag, Weinheim 2006. S. 416–420: „Künftige Forschung sollte deshalb vor allem auf die praktisch wie theoretisch äußerst bedeutsame Frage abzielen, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssen, damit Lernen durch Lehren zu guten Lernresultaten führt“.
  6. Jean-Pol Martin, Guido Oebel: Lernen durch Lehren: Paradigmenwechsel in der Didaktik?. In: Deutschunterricht in Japan. 12, 2007, 4–21 (Zeitschrift des Japanischen Lehrerverbandes, ISSN 1342-6575.)
  7. Joachim Grzega: LdL in technischen und anderen Fächern der Fachhochschulen: Zutaten und Rezeptvorschläge. In: Didaktiknachrichten (DiNa). (im Druck)
  8. Oebel, Guido: Lernen durch Lehren (LdL) im DaF-Unterricht. Eine „echte“ Alternative zum traditionellen Frontalunterricht. In: Petra Balmus/Guido Oebel/Rudolf Reinelt (Hrsg.): Herausforderung und Chance. Krisenbewältigung im Fach Deutsch als Fremdsprache in Japan. 2005. ISBN 978-3-89129-404-8.
  9. U. Kattmann in: Fachdidaktik Biologie. Aulis Verlag, Köln 1993.
  10. Sinngemäß nach: Broy, M.: Informatik. Bd. 1. Springer, Heidelberg 1992.

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