D. Stempel

D. Stempel

Die D. Stempel AG war eine deutsche Schriftgießerei. Neben Unternehmen wie der H. Berthold AG, der Bauerschen Gießerei sowie der Gießerei Gebr. Klingspor gehörte sie zu den bedeutenden Schrifthäusern des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen wurde am 15. Januar 1895 von David Stempel (1869–1927) in Frankfurt am Main als Offene Handelsgesellschaft (OHG) gegründet. Sie beschäftigte sich vorerst mit dem Guss von Ausschluss und Füllmaterial sowie der Herstellung von Walzenmasse und Walzen für den Buchdruckereibedarf. 1898 werden David Stempels Schwager, der Ingenieur Wilhelm Cunz (1869–1951), sowie der Schriftgießer Peter Scondo (1854–1908) Teilhaber. Im gleichen Jahr wird die Schriftgießerei Juxberg-Rust aus Offenbach übernommen, damit beginnt die Produktion von Schriften. Es werden Handstempelschneiderei, Hausdruckerei, Buchbinderei und eine eigene Maschinenfabrik zur Herstellung von Spezialmaschinen und Hilfsapparaten für die eigene Gießerei eingerichtet.

1900 wurde Stempel exklusiver Schriftenlieferant für die von der deutschen Linotype-Gesellschaft vertriebenen Matrizen für die Linotype-Setz- und Gießmaschine. Bis 1974 erscheinen jedoch fast alle Schriften auch für den Handsatz.

Über den Zwischenschritt einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 1901 wird das Unternehmen 1905 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Mehrere Übernahmen, wie 1919 die Bestände der Schriftgießerei W. Drugulin, bescheren der Stempel AG zahlreiche wertvolle Originalmatrizen vergangener Jahrhunderte. Aus diesen Beständen werden in den folgenden Jahren unter gewissenhafter Anpassung immer wieder Klassiker in die Moderne gerettet. Zu einer solchen Neuauflage möglichst nah am Original gehören auch die auf Drucken Claude Garamonds sowie Andreas Weichsels basierenden Schriften der Garamond-Familie, die als Stempel Garamond ab 1925 bei der D. Stempel AG erscheinen.

1941 wird Linotype (Mergenthaler Linotype Company, Brooklyn, USA) über die Mergenthaler Setzmaschinenfabrik Berlin Mehrheitseigner.

In den Jahren ab 1950 erscheinen einige der wichtigsten Schriften Hermann Zapfs. So 1950 die Palatino und Gilgengart, 1952 Virtuosa und Melior, 1953 die Schmuckschrift Saphir und 1958 dann der Klassiker Optima. Beispielsweise mit der Diotima-Gruppe ab 1953 veröffentlicht auch Zapfs Frau Gudrun Zapf-von Hesse bei Stempel.

1954 wird die D. Stempel AG durch die Übernahme der H. Berthold AG gehörender Anteile Mehrheitseigner der Haas'schen Schriftgiesserei. Die Verbindung von Stempel und Haas geht bis 1927 zurück, dem Jahr der Beteiligung der D. Stempel AG an der Haas'schen Schriftgiesserei.

Angefangen 1917 mit der Vereinbarung einer Interessengemeinschaft mit Gebr. Klingspor erweitert Stempel sein Engagement in den folgenden Jahren bei Klingspor immer mehr. 1956 dann wird der Rest des Unternehmens und ihres Schriftprogramms übernommen.

Mittlerweile ein Klassiker und eine der meistverbreiteten Schriften erscheint 1961 bei der Stempel AG: bei Haas als Neue Haas-Grotesk von Max Miedinger entworfen und nach der Übernahme seither unter dem Namen Helvetica weltweit vertrieben.

1967 wird mit Jan Tschicholds von manchen immer noch als idealtypische Garamond bezeichnete Sabon vorgestellt. Sie ist eine Gemeinschaftsarbeit von Stempel, Linotype und Monotype, da die deutschen Drucker nach einer Schrift verlangten, die ohne Anpassungen auf beiden Typen von Setzmaschinen läuft.

1968 beginnt mit Aufnahme der Schriftträgerfertigung für die Linotype-Fotosatzmaschinen der Umstieg auf die neue Technik. Im gleichen Jahr erscheint auch die Syntax Hans Eduard Meiers, der bereits 1955 mit der Arbeit an der Schriftfamilie begann.

Originalabzug der Bleisatzschrift Present

1974 erscheint mit der Present Stempels letzte Handsatzschrift. 1977 beginnt die Herstellung eigener Fotosatzgeräte wie der Stempel typomatic und digitaler Fonts für beispielsweise die Linotype CRtronic. Dies erfolgt jedoch erst um einiges später als beim Rest der Industrie. Ein Jahr später wird die Schriftgussabteilung von Berthold & Stempel an Haas übergeben. 1983 wird die Fertigung von Linotype-Matrizen eingestellt.

Foto- und Computersatz ließen den Markt für Bleisatzschriften erheblich schrumpfen. 1985 wird die Auflösung durch den Mehrheitseigner Linotype GmbH beschlossen und die Schriftträgerfertigung geht in ihr auf. 1986 ziehen die Maschinen und sonstigen Geräte der Gießerei von Frankfurt nach Darmstadt in das Haus für Industriekultur um. Der Vertrieb von Bleisatzschriften wird nun durch den Schriftenservice D. Stempel GmbH übernommen. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen der Firma Schriftenservice D. Stempel GmbH kann derzeit kein Bleisatz geliefert werden, allerdings soll die Auslieferung ab ca. Ende November 2011 wieder beginnen. [1] Die digitalen Schriften werden durch die Linotype GmbH in Bad Homburg vor der Höhe vertrieben.

Literatur

  • Ronald Schmets: Vom Schriftgießen. Porträt der Firma D. Stempel. TH Darmstadt, Darmstadt 1987, ISBN 3-88607-050-6.
  • Manfred Raether: Linotype – Chronik eines Firmennamens. e-Buch. Schöneck 2009. (online, PDF-Datei; 2,6 MB)

Weblinks

Quellen

  1. Telefongespräch am 26. Oktober 2011 mit Schriftenservice D. Stempel GmbH.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stempel (Papier) — Stempel Stempelkarussell …   Deutsch Wikipedia

  • Stempel — (v. althochdt. stemphil „Stößel“) bezeichnet ein Gerät zum Aufdrucken eines Siegels, Symbols oder kurzen Textes auf Papier: Stempel (Papier) ein solches Gerät bei der Post sowie dessen Abdruck, siehe Poststempel das durch einen Stempel… …   Deutsch Wikipedia

  • ştempel — ŞTÉMPEL, ştempele, s.n. 1. (tipogr.) Vârf de oţel gravat cu care turnătorul de litere bate matriţa în aramă. 2. (reg.) Pecete, ştampilă. – Din germ. Stempel. Trimis de LauraGellner, 03.05.2004. Sursa: DEX 98  ŞTÉMPEL s. v. marcă, patriţă, pecete …   Dicționar Român

  • Stempel — Stempel: Die Gerätebezeichnung mhd. stempfel »Stößel, ‹Münz›prägestock«, spätahd. stemphil »Stößel« gehört zu der unter ↑ stampfen behandelten Wortgruppe. Im Nhd. drang Ende des 17. Jh.s die niederd. Form durch (mnd. stempel, entsprechend niederl …   Das Herkunftswörterbuch

  • stempel — {{/stl 13}}{{stl 8}}rz. mnż III, D. stempelpla; lm D. stempelpli {{/stl 8}}{{stl 20}} {{/stl 20}}{{stl 12}}1. {{/stl 12}}{{stl 7}} przyrząd z wypukłym albo wklęsłym obrazem jakiegoś rysunku lub napisu służący do odbijania go na czymś; pieczęć;… …   Langenscheidt Polski wyjaśnień

  • Stempel — is the Name of the following people:* Herbert Stempel, a television game show contestant * Robert Stempel, a Manager and ChairmanStempel may also refer to the D. Stempel AG type foundry …   Wikipedia

  • Stempel — Stempel, Stampiglien, Vorrichtungen, mit denen Aufdrucke in Worten, Ziffern und sonstigen Schriftzeichen hergestellt werden. In einem andern Sinn versteht man unter S. auch die durch dieses Verfahren hergestellten Aufdrucke selbst. Im… …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Stempel — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Auch: • stempeln Bsp.: • Der Stempel im Bibliotheksbuch trägt das Datum vom 12. Januar 1996 …   Deutsch Wörterbuch

  • Stempel [1] — Stempel, 1) ein Werkzeug zum Stoßen, so die Mörserkeule; 2) so v.w. Stampfe u. Pochstempel; 3) Durchschlag, womit die Löcher in die Hufeisen u. Wagenschienen gemacht (gestempt) werden; 4) Werkzeug, welches auf der einen Fläche mit erhabenen (od.… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Stempel [2] — Stempel, eine besondere Art von Gebühr, welche bei gewissen Vorgängen, die eine schriftliche Aufzeichnung nothwendig machen, dadurch erhoben wird, daß entweder nur eine bestimmte Sorte Papier (Stempelpapier, Stempelbogen), welches der Staat… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Stempel [1] — Stempel, Werkzeug aus Stahl, Messing, Zink, Kautschuk, Leder, das auf der einen Fläche mit Figuren, Buchstaben u. dgl. versehen ist, um diese mittels ausgetragener Farbe abzudrücken oder vermittelst eines Druckes einzudrücken, z. B. zur… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”