Ahlener Programm

Ahlener Programm
Das bischöfliche Gymnasium St. Michael in Ahlen

Das Ahlener Programm ist ein am 3. Februar 1947 im Gymnasium St. Michael in Ahlen beschlossenes Wirtschafts- und Sozialprogramm der nordrhein-westfälischen CDU.

Das Programm trat an die Stelle des 1946 beschlossenen Neheim-Hüstener Programmes. Das Ahlener Programm ist in der Geschichte der CDU einmalig, da sie sich zum christlichen Sozialismus bekannte, der in der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts (christliche Soziallehre) wurzelte. Das Programm beginnt mit den Worten:

„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“

CDU: Ahlener Programm 1947

Es forderte eine teilweise Vergesellschaftung der Großindustrie und starke Mitbestimmungsrechte. Gleichzeitig sprach es sich gegen einen Staatssozialismus aus. Die Postulate des Ahlener Programmes sind nur aus dem historischen Kontext zu verstehen. Die damaligen westlichen Besatzungsmächte USA, Großbritannien und Frankreich standen der deutschen Industrie und den Großkonzernen wegen deren früherer Verbundenheit mit den Nationalsozialisten skeptisch bis ablehnend gegenüber. Zugleich drohten der CDU – innere Orientierung suchend – von Seiten der sich konstituierenden Sozialausschüsse heftige Flügelkämpfe. Der linke Flügel der CDU war von erheblicher Stärke; unter Führung von Jakob Kaiser verlangte er eine stärkere Ausrichtung auf einen „Sozialismus aus christlicher Verantwortung“. Diesem Begehr kam Adenauer mit einem von ihm schon am 7. Januar 1947 formulierten Entwurf entgegen, der später fast wortgleiche Wiedergabe im Ahlener Programm fand. In den Jahren nach der Verabschiedung des Ahlener Programms setzte sich innerhalb der CDU, maßgeblich vorangetrieben von Konrad Adenauer, eine wirtschaftspolitische Strategie durch, die sich an der sozialen Marktwirtschaft orientierte. Das Programm wurde durch die zwei Jahre später beschlossenen Düsseldorfer Leitsätze revidiert und weiterentwickelt.

Bleibende wirtschafts- und rechtshistorische Wirkung hat das Ahlener Programm auf die später im Grundgesetz aufgenommene Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Grundgesetz) und die Neuordnung des Verhältnisses von Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch Tarifautonomie, Betriebsverfassung und Unternehmensmitbestimmung.

Literatur

  • Rudolf Uertz, Das Ahlener Programm, Die Zonenausschusstagung der CDU der britischen Zone vom 1. bis 3. Februar 1947 und ihre Vorbereitungen, online unter Hinweis auf weitere Quellen
  • Henning Köhler, Adenauer, Eine politische Biografie, Bd. 1, Berlin 1997, S. 394 f.
  • Antonius John: Ahlen und das Ahlener Programm, Dokumente-Ereignisse-Erinnerungen, Druck- und Verlagshaus Everhard Sommer KG, Ahlen 1977
  • Antonius John: Das Ahlener Programm, sein Geist und seine politische Moral, zum 40. Jahrestag/3. Februar 1987, herausgegeben vom CDU Kreisverband Warendorf-Beckum, Warendorf 1987
  • Antonius John: Ahlener Programm und Bonner Republik, Vor 50 Jahren: Ideenwettlauf und Rivalitäten, Bouvier-Verlag Bonn 1997, ISBN 3-416-02673-X

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