Hans Julius Zassenhaus

Hans Julius Zassenhaus
Hans Julius Zassenhaus

Hans Julius Zassenhaus (* 28. Mai 1912 in Koblenz; † 21. November 1991 in Columbus, Ohio) war ein deutscher Mathematiker, berühmt durch Arbeiten zur Algebra und als Pionier der Computeralgebra.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Titelblatt der Dissertation aus dem Jahr 1934 (Sonderdruck der Zeitschrift)

Zassenhaus war Rheinländer aus Koblenz, die Familie zog aber 1916 nach Hamburg um. Seinen ursprünglichen Wunsch, Physiker zu werden, verwarf er und wurde stattdessen Student von Erich Hecke und Emil Artin in Hamburg, bei dem er 1934 seine Doktorarbeit mit dem Titel Kennzeichnung endlicher linearer Gruppen als Permutations-Gruppen schrieb. Darin führte er Permutationsgruppen ein, die „Zassenhaus-Gruppen“, die eine wichtige Rolle in der späteren Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen spielen (Arbeiten von Suzuki u.a.). Im gleichen Jahr veröffentlichte er einen neuen Beweis des Satzes von Jordan-Hölder in der Gruppentheorie (mit einem nach ihm benannten Lemma). Auch der gruppentheoretische Satz von Schur-Zassenhaus ist mit seinem Namen verbunden. 1934 bis 1936 war er an der Universität Rostock, wo er sein Gruppentheorie-Lehrbuch schrieb, wie van der Waerden in seiner Algebra nach Vorlesungen von Emil Artin. 1936 habilitierte er sich als Artins Assistent in Hamburg mit einer Arbeit über Lieringe über Körpern mit Primzahlcharakteristik (modulare Liealgebren). Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete er neben seiner Universitätsarbeit in der Marine für die Wettervorhersage (und nicht, wie eigentlich naheliegend, in der Kryptographie[1]) und war am Widerstand beteiligt.[2]

1943 wurde ihm eine Professur in Bonn angeboten, die er aber ablehnte – er bat, die Entscheidung „bis nach dem Krieg“ zu verschieben. 1948/49 war er in Glasgow, und danach von 1949 bis 1959 war er dann Professor an der McGill University in Montreal. Anschließend arbeitete er fünf Jahre lang an der University of Notre Dame und wechselte 1964 an die Ohio State University, wo er bis zu seiner Emeritierung blieb.

Er entwickelte mehrere Algorithmen in der Algebra und der algebraischen Zahlentheorie (Berechnung von Klassengruppen, Galoisgruppen, Einheiten u.a.). Nach ihm benannt wurde der Zassenhaus-Algorithmus zur Bestimmung von Schnitt- und Summenbasen von zwei Teilräumen in der Linearen Algebra. Er war ein Pionier in der Anwendung von Computern in den 1960er Jahren (teilweise in Zusammenarbeit mit Olga Taussky-Todd).

Er kehrte später noch mehrmals zur anfangs von ihm studierten theoretischen Physik zurück, so in einer Reihe von Arbeiten mit Jiři Patera und Pavel Winternitz über die Untergruppen-Struktur in der Physik wichtiger Lie-Gruppen und in Beiträgen zu den Kolloquien Group theoretical methods in physics. Er arbeitete auch über Algorithmen zur Klassifikation kristallographischer Raumgruppen und in der Geometrie der Zahlen. Auf mathematisch-historischem Gebiet gab er die Briefe Hermann Minkowskis an David Hilbert heraus und schrieb auch über den mathematischen Gegensatz der beiden, wobei er selbst sich natürlich eher in der Folge Minkowskis sah. Zassenhaus machte sich in verschiedenen Aufsätzen auch über pädagogische Fragen Gedanken.

Er war der ältere Bruder der Ärztin und Autorin Hiltgunt Zassenhaus. Zassenhaus war seit 1942 verheiratet und hatte drei Kinder.

Sein mathematischer Nachlass wird vom Zentralarchiv für Mathematiker-Nachlässe an der Universitätsbibliothek Göttingen aufbewahrt.

Schriften

Literatur

  • Horst Tietz: Erlebte Geschichte, Mitteilungen Deutsche Mathematiker-Vereinigung 1999, Nr. 4 (Zassenhaus im Zweiten Weltkrieg)
  • Wilhelm Plesken: Hans Zassenhaus. In: Jahresbericht Deutsche Mathematiker-Vereinigung, Band 96, 1994, S. 1–20

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vielleicht auch deswegen, weil dort sein Hamburger Kollege Ernst Witt arbeitete, von dessen nationalsozialistischer Einstellung er vollkommen differierte
  2. Erinnerungen von Horst Tietz und von der Schwester von Zassenhaus. Um sich und andere zu decken, war er offiziell Parteimitglied.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hans Julius Zassenhaus — en 1987 Hans Julius Zassenhaus (né le 28 mai 1912 à Coblence, mort le 21 novembre 1991 à Columbus, dans l’Ohio, aux États Unis) est un …   Wikipédia en Français

  • Hans Julius Zassenhaus — (28 May 1912 ndash;21 November 1991) was a German mathematician, known for work in many parts of abstract algebra, and as a pioneer of computer algebra.He was born in Koblenz ndash;Moselweiss, and became a student and then assistant of Emil Artin …   Wikipedia

  • Hans Zassenhaus — in der Mitte Hans Julius Zassenhaus (* 28. Mai 1912 in Koblenz; † 21. November 1991 in Columbus, Ohio), war ein deutscher Mathematiker, berühmt durch Arbeiten zur Algebra und als Pionier der …   Deutsch Wikipedia

  • Zassenhaus — steht für: Brauerei Zassenhaus, eine deutsche Brauerei in Velbert Zasssenhaus ist der Familienname folgender Personen: Hans Julius Zassenhaus (1912–1991), deutsch amerikanischer Mathematiker Hiltgunt Zassenhaus (1916–2004), deutsch amerikanische… …   Deutsch Wikipedia

  • Zassenhaus group — In mathematics, a Zassenhaus group, named after Hans Julius Zassenhaus, is a certain sort of doubly transitive permutation group very closely related to rank 1 groups of Lie type. Definition A Zassenhaus group is a permutation group G on a finite …   Wikipedia

  • Zassenhaus lemma — In mathematics, the butterfly lemma or Zassenhaus lemma, named after Hans Julius Zassenhaus, is a technical result on the lattice of subgroups of a group. Lemma: Suppose (G, Omega) is a group with operators and A and C are subgroups. Suppose:B… …   Wikipedia

  • Hiltgunt Zassenhaus — Hiltgunt Margret Zassenhaus (nach ihrer Emigration in die USA meist: H. Margret Zassenhaus, * 10. Juli 1916 in Hamburg; † 20. November 2004 in Baltimore) war eine amerikanische Ärztin und Autorin deutscher Herkunft. Durch ihre Unterstützung… …   Deutsch Wikipedia

  • Satz von Schur-Zassenhaus — Der Satz von Schur Zassenhaus ist ein mathematischer Satz in der Gruppentheorie. Der nach Issai Schur und Hans Julius Zassenhaus benannte Satz lautet[1]: Für eine endliche Gruppe G und einen Normalteiler mit existiert eine Untergruppe mit …   Deutsch Wikipedia

  • Algorithme de Cantor-Zassenhaus — L algorithme de Cantor Zassenhaus est un algorithme de factorisation des polynômes à coefficients dans un corps fini Il a été découvert par David Cantor et Hans Julius Zassenhaus en 1981. Un autre algorithme effectuant cette opération est l… …   Wikipédia en Français

  • Projet:Mathématiques/Liste des articles de mathématiques — Cette page n est plus mise à jour depuis l arrêt de DumZiBoT. Pour demander sa remise en service, faire une requête sur WP:RBOT Cette page recense les articles relatifs aux mathématiques, qui sont liés aux portails de mathématiques, géométrie ou… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”