Jochen Steffen

Jochen Steffen
Jochen Steffen (1973)
Jochen Steffen im Gespräch mit Helmut Schmidt, 1973

Karl Joachim Jürgen Steffen (* 19. September 1922 in Kiel; † 27. September 1987 ebenda) war ein schleswig-holsteinischer Politiker (SPD). Unter anderem war er Landesvorsitzender seiner Partei. Über seine politische Tätigkeit hinaus erlangte er Bekanntheit als Kabarettist mit seiner Figur Kuddl Schnööf.

Inhaltsverzeichnis

Studium und Beruf

Jochen Steffen studierte ab 1946 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel die Fächer Literaturwissenschaft, Philosophie, Psychologie und Soziologie. Nach sieben Semestern beendete er sein Studium ohne Abschluss. Trotzdem beschäftigte ihn Michael Freund als seinen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Seminar für Wissenschaft und Geschichte der Politik. Durch diese Tätigkeit war Jochen Steffen ein Kollege von Gerhard Stoltenberg, seinem späteren politischen Gegner. Danach arbeitete Steffen als Redakteur in der SPD-Presse, etwa für das Wochenblatt Flensburger Presse, die Kieler Volkszeitung und andere.

Seit Herbst 1974 zählte Steffen zum Beratergremium des neu gegründeten Magazins Technologie und Politik, dessen Herausgeber Freimut Duve war.

Politische Mandate

Jochen Steffen wurde 1954 zum Landesvorsitzenden der Jungsozialisten gewählt. Von 1958 bis 1977 war er Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtages. 1965 wählte der Landesparteitag ihn zum Vorsitzenden der SPD in Schleswig-Holstein.

In der Zeit von 1966 bis 1973 war Steffen als Oppositionsführer im Landtag tätig und trat zweimal erfolglos als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten an (1967 und 1971). Im Wahlkampf 1970/71 wurde die schleswig-holsteinische SPD von der „Wählerinitiative Nord“ (Siegfried Lenz, Günter Grass, Eberhard Jäckel) unterstützt. Nach der Wahlniederlage 1971 gegen Gerhard Stoltenberg (CDU) zog er sich schrittweise aus der Politik zurück.

Der „rote Jochen“ — so genannt nicht wegen seiner Haarfarbe, wie er augenzwinkernd sagte, sondern wegen seines „linken“ politischen Standorts — brach mit der Wachstumsideologie und trat gegen Kernkraftwerke und für Naturschutz ein. 1973 legte er den Vorsitz der SPD-Fraktion im Kieler Landtag nieder. Als sein Nachfolger wurde Klaus Matthiesen gewählt. 1975 trat Steffen vom Vorsitz des SPD-Landesverbandes zurück und schied auch aus der SPD-Grundwerte-Kommission aus. 1977 verzichtete er auf sein Landtagsmandat und den Sitz im SPD-Bundesvorstand. 1980 verließ er die Partei aus Enttäuschung über den seiner Meinung nach zu kapitalismusfreundlichen Kurs der Partei.

„Wir sind trotz unserer erheblichen grundlegenden Meinungsverschiedenheiten Freunde geblieben. Jeden Sommer ist er mit seiner Frau an den Brahmsee gekommen und hat mich besucht. Er war ein anständiger Junge. Aber sein Marxismus war in meinen Augen dummes Zeug.“ (Helmut Schmidt im Zeitmagazin Nr. 38, 2010).

Nach seiner Tätigkeit als Politiker wirkte Jochen Steffen als Kabarettist.

Kabarettistisches Wirken

Jochen Steffen alias Kuddl Schnööf hielt kabarettistische Vorträge im Kieler Missingsch. Häufig wurde er mit der Figur des Adolf Tegtmeier verglichen, unterschied sich von dieser vordergründig eher unpolitischen Figur jedoch durch sein starkes politisches und kritisches Bewusstsein. Heute dürfte der Kabarettistenname Kuddl Schnööf fast bekannter sein als der Politikername Jochen Steffen.

Auszeichnung

Werke

  • Strukturelle Revolution. Von der Wertlosigkeit der Sachen., Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1974, ISBN 3-498-06105-4
  • Krisenmanagement oder Politik?, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1974.
  • Kuddl Schnööfs achtersinnige Gedankens und Meinungens von die sozeale Revolutschon und annere wichtige Sachens. Mit wat vornwech von Siegfried Lenz. Hoffmann und Campe, Hamburg 1972, ISBN 3-455-07420-0
  • Nu komms du!: Kuddl Schnööfs noie achtersinnige Gedankens un Meinungens. Hoffmann und Campe, Hamburg 1975.
  • Auf zum letzten Verhör. Erkenntnisse des verantwortlichen Hofnarren der Revolution Karl Radek. (Gemeinsam mit Adalbert Wiemers.) Bertelsmann, München 1977 ISBN 3570005615
  • Da kanns auf ab: Kuddl Schnööfs noieste achtersinnige Gedankens un Meinungens. Hoffmann und Campe, Hamburg 1981.

Medien

Literatur

  • Jens-Peter Steffen (Hrsg.): Jochen Steffen. Personenbeschreibung. Biographische Skizzen eines streitbaren Sozialisten. Agimos, Kiel 1997.
  • Uwe Danker: Wir machen die Zukunft wahr! - Landespolitik in den 70er Jahren, Ära Stoltenberg-Steffen. In Uwe Danker: Die Jahrhundert Story. Band 2, Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, Flensburg 1999, Seite 228-247.

Presse

  • Rudolf Augstein: Ist der Fortschritt immer rot? In: Der Spiegel, Nr. 17/1971, S. 28.
  • Hermann Schreiber: Und führe uns, wohin wir nicht wollen. In: Der Spiegel, Nr. 17/1971, S. 28.
  • (Titelgeschichte): Wahlen in Schleswig-Holstein. In: Der Spiegel, Nr. 17/1971, S. 28.
  • Stefan Appelius: Einen an den Latz hauen. In: Vorwärts, 10/1992, S. 20.

Diskographie

  • Jochen Steffen & Kuddl Schnööf. Schallplatte BASF 20 21789-2

Weblinks

 Commons: Jochen Steffen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Steffen — ist eine Variante von Stefan. Für Bedeutung und Träger dieses Vornamens siehe dort. Steffen als Familiennamen tragen folgende Personen: Albert Steffen (1884–1963), Schweizer Anthroposoph und Dichter Anthony Steffen (1929–2004), brasilianischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Steffen Jürgens — (Mitte) in dem Film Sonne über Deutschland Steffen Jürgens oder auch Steffen C. Jürgens (* 27. Juli 1967 in Braunschweig) ist ein deutscher Schauspieler, Filmregisseur und Drehbuchautor …   Deutsch Wikipedia

  • Jochen Gros — (* 1944 in Neuhof/Taunusstein) ist ein deutscher Designtheoretiker und Produktdesigner. Er prägte Mitte der 70er Jahre den Begriff des erweiterten Funktionalismus und entwickelte maßgeblich eine Theorie der Produktsprache (Offenbacher Ansatz).… …   Deutsch Wikipedia

  • Jochen Roggenbock — (* 18. April 1947 in Itzehoe) ist ein deutscher Politiker (SPD). Er war von 1977 bis 1987 Mitglied des Landtags von Schleswig Holstein. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Politik 3 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Christoph Friedrich Steffen von Plettenberg — zu Lenhausen Stockum (* 30. November 1698 in Plettenberg; † 17. März 1777 auf Haus Heyde bei Unna) nahm als Offizier im Dienste Friedrich des Großen an den drei Schlesischen Kriegen teil, zuletzt im Rang eines Generalleutnants. Er war Träger des… …   Deutsch Wikipedia

  • Kuddl Schnööf — Jochen Steffen (1973) …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Stef — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1971 — Landtagswahl 1971 & …   Deutsch Wikipedia

  • Bad Godesberger Parteitag — Das Godesberger Programm war von 1959 bis 1989 das Parteiprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Ein außerordentlicher SPD Parteitag in der Stadthalle von Bad Godesberg, heute ein Stadtbezirk Bonns, verabschiedete es mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Landtages (Schleswig-Holstein) (5. Wahlperiode) — Mitglieder des Landtages von Schleswig Holstein 1. ernannter Landtag (1946), 2. ernannter Landtag (1946–1947), 1. Wa …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”