Lindentunnel

Lindentunnel
Der Lindentunnel Anfang 1950
Die Decke des Lindentunnels während Sanierungsarbeiten im Jahr 2005
Plan 1914

Der Lindentunnel ist ein inzwischen teilweise zugeschütteter Tunnel unter der Straße Unter den Linden in Berlin-Mitte. Er diente ursprünglich der Straßenbahn als Unterführung des Boulevards.

Geschichte

Der Straßenbahntunnel wurde zwischen 1914 und 1916 auf Veranlassung Kaiser Wilhelm II. erbaut, der sich gegen eine Beeinträchtigung des Bildes der Prachtstraße durch oberirdisch kreuzende Straßenbahnen gewehrt hatte.

Er begann im Norden an der Dorotheenstraße, führte zwischen Universität und Sing-Akademie zu Berlin, in der sich heute das Maxim-Gorki-Theater befindet, zur Straße Unter den Linden, unter der er sich teilte. Südlich der Linden führte der westliche Zweig zum Platz am Opernhaus, der östliche kam zwischen Staatsoper und Prinzessinnenpalais, dem heutigen Opernpalais, an die Oberfläche.

Der westliche Teil des Tunnels wurde am 17. Dezember 1916 in Betrieb genommen. Folgende Linien benutzten ab diesem Tag den Tunnel:

  • Berliner Elektrische Straßenbahnen AG (BESTAG)
    • Linie: Pankow, Damerowstraße Ecke Mendelstraße – Treptow, Graetzstraße Ecke Plesserstraße
    • Linie: Buchholz, Kirche – Treptow, Graetzstraße Ecke Plesserstraße
  • Städtische Straßenbahnen Berlin (SSB)
    • Ostring

Am 19. Dezember 1916 wurde der östliche Teil durch folgende Linien in Betrieb genommen:

  • Große Berliner Straßenbahn (GBS)
    • Linie 33: Weißensee, Prenzlauer Promenade – Bahnhof Witzleben
    • Linie 40: Gesundbrunnen, Swinemünder Straße Ecke Ramlerstraße – Schöneberg, Eisenacher Straße Ecke Hauptstraße
    • Linie 42: Wedding, Seestraße Ecke Amrumer Straße – Kreuzberg, Friesenstraße Ecke Schwiebusser Straße
    • Linie 44: Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee Ecke Gleimstraße – Tempelhof, Hohenzollernkorso Ecke Deutscher Ring
    • Linie 53: Prenzlauer Berg, Danziger Straße Ecke Weißenburger Straße – Rixdorf, Steinmetzstraße
    • Linie 54: Prenzlauer Berg, Nordkapstraße Ecke Bornholmer Straße – Siemensstadt, Verwaltungsgebäude
    • Linie 55: Prenzlauer Berg, Danziger Straße Ecke Weißenburger Straße – Britz, Rathaus

Außerdem führte die GBS ab diesem Tage folgende Linien durch den westlichen Tunnel:

  • Linie 12: Plötzensee – Görlitzer Bahnhof
  • Linie 18: Siemensstadt, Verwaltungsgebäude – Görlitzer Bahnhof
  • Linie 32: Reinickendorf, Rathaus – Görlitzer Bahnhof
  • Linie 43: Wedding, Seestraße Ecke Müllerstraße – Schöneberg, Mühlenstraße

Mit 15 Linien (westlicher Tunnel 7, östlicher Tunnel 8) war der Lindentunnel eine stark benutzte Straßenbahnverbindung. Er erreichte für den Nord-Süd-Verkehr allerdings nie die Bedeutung wie der Alexanderplatz oder Potsdamer Platz.

Infolge der Inflation wurden in Berlin am 8. September 1923 alle Straßenbahnlinien eingestellt. Erst am 10. September 1923 wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Der westliche Tunnel wurde nie wieder im Linienbetrieb genutzt. Auf dem östlichen Ast wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Nachdem der Tunnel im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde, konnte erste am 26. Mai 1950 wieder der Betrieb in dem Lindentunnel mit der Ost-Berliner Linie 46 (Nordend, Straßenbahnhof – Mitte, Dönhoffplatz) aufgenommen werden. Dieser wurde am 2. September 1951 beendet. Seitdem hat dieser Tunnel seine Bedeutung für die Straßenbahn verloren.

In den folgenden Jahren wurde der Tunnel mit den Anbauten der Staatsoper überbaut. Der Magistrat von Berlin baute den Lindentunnel in den siebziger Jahren aus. Die Einfahrt und der Tunnel wurden betoniert, im Tunnel wurde moderne Beleuchtung und eine Notstromanlage installiert, die Wände wurden weiß gestrichen und die Regenwasserpumpen links am Ende der Tunnel überholt. Nach Abschluss der Bauarbeiten diente der Lindentunnel zur Einlagerung der Haupttribüne und der zwei Nebentribünen.

Die Staatsoper beabsichtigte den Lindentunnel als Lager zu nutzen. Nach der Wende wurde der Tunnel für die Öffentlichkeit wiederentdeckt, Ben Wagin nutzte ihn 1994–1998 für eine Ausstellung. 1999 wurde auch die nördliche Zufahrtsrampe zugeschüttet, es blieb nur noch ein Treppeneinstieg auf dieser Seite.

Im Jahr 2000 gab es noch einen „Wiederbelebungsversuch“ – der Lindentunnel sollte wieder als Ausstellungsfläche genutzt werden. Initiator für eine Neunutzung des Tunnels als Berlinmuseum war Wieland Giebel. Dieses Projekt scheiterte jedoch.

Literatur

  • Der Straßenbahn-Tunnel Unter den Linden in Berlin. In: Deutsche Bauzeitung. Heft 30 vom 12. April 1916, S. 157-159, 161-164, 173-176 und 405-407.
  • M. Dietrich: Der Straßenbahn-Tunnel "Unter den Linden" in Berlin. In: Deutsche Straßen- und Kleinbahnzeitung. 1917, S. 269-274.
  • Hans-Joachim Pohl: Der Lindentunnel. In: Verkehrsgeschichtliche Blätter. Heft 7, 1980, S. 134ff.
  • Rüdiger Hachtmann, Peter Strehlau: Der Straßenbahntunnel Unter den Linden. In: Berliner Verkehrsblätter. Heft 12, 1994, S. 239ff.

Weblinks

 Commons: Lindentunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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