Mathäser

Mathäser
Mathäser, Mai 2003

Der Mathäser, auf dem Logo (m)athäser., ist ein Gebäudekomplex in der Bayerstraße in zentraler Lage Münchens, zwischen Hauptbahnhof und Stachus. Über Jahrhunderte befand sich hier ein Bierausschank, der zeitweise der größte der Welt war.

Bierbrauerei zum bayrischen Löwen vormals Mathäser, München, Architekt Exter aus München, Tafel 15, Kick Jahrgang I

Die Konstituierung des Arbeiter- und Soldatenrates im Mathäser im November 1918 war die Geburtsstunde der Münchner Räterepublik. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde neben den Gaststättenräumen ein Kinocenter errichtet, in dem auch zahlreiche Premieren stattfanden. Nach dem Gesamtabbruch des Gebäudekomplexes wurde an der Stelle am 21. Mai 2003 das Mathäser Multiplex Kino eröffnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung des „Mathäser“

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1690 öffnete der erste Bierausschank auf dem Gelände des heutigen Mathäser. 1818 ersteigerte der Brauer Georg Hartl, Besitzer des Bierausschanks Zum Kleinen Löwengarten an der damaligen Landsberger Straße (heute Bayerstraße) das im 15. Jahrhundert gegründete Fuchsbräu. In den Jahren zuvor hatte Hartl durch Tausch und Kauf bereits mehrere angrenzende Grundstücke rund um seinen Löwengarten erworben. Damit nahm sein Grundbesitz bereits fast den kompletten Bestand des späteren Mathäser ein. Mit Hilfe der Fuchsbräugerechtsame plante Hartl die Gründung einer neuen Brauerei auf seinem Grund und die Stilllegung des ursprünglichen Braubetriebs des Fuchsbräus in der Schwabinger Gasse. Noch im gleichen Jahr erhielt er eine Konzession zur Eröffnung seiner Hartlischen Brauerei auf dem Löwengarten-Areal und begann mit dem Bau der neuen Brauereigebäude. Die Räume des alten Löwengartens dienten dabei anfangs als Bierausschank. Hartl betrieb das Geschäft bis zu seinem Tod 1825, danach ging es bis 1829 an seine Erben über. Von 1829 bis 1832 führte Max J. Boshart das Härtlische Brauhaus, 1832 bis 1844 befand es sich im Eigentum des „Braugrafen“ Theobald Graf von Buttler-Haimhausen und wurde Buttler-Bräu genannt. Buttlers Erben verpachteten das Brauhaus von 1847 bis 1855 an Anton Köck, danach bis 1857 an Ludwig Brey. 1858 erwarb schließlich Georg Mathäser das Anwesen. Er stellte die Brauerei zunächst ein und setzte nur den Gastwirtschaftsbetrieb fort. 1872 nahm er unter dem Namen Mathäser-Bräu auch den Braubetrieb wieder auf. Nach seinem Tod 1874 führte seine Witwe Anna Mathäser den Betrieb weiter, wobei die Brauerei von 1874 bis 1884 neben der Bezeichnung Mathäser-Bräu auch den ehemaligen Namen in Form der Benennung Zum bayerischen Löwen wieder aufnahm. 1884 erfolgte die Umwandlung in die Aktienbrauerei zum bayerischen Löwen, vorm. A. Mathäser, 1892 wurde ein Neubau der Brauerei erstellt. 1907 kaufte die Löwenbräu AG den bereits zu einer bekannten Münchener Institution gewordenen „Mathäser“ und baute ihn mit drei Bierhallen, einem Festsaal und einem Biergarten mit rund 4000 Sitzplätzen zum damals größten Bierausschank der Welt aus.

Hauptquartier der Revolution in München 1918–1919

Kurt-Eisner-Stele am Ort des früheren Mathäserbräus

Am Ende des Ersten Weltkrieges konstituierte sich im Mathäser-Bräu unter dem Vorsitz von Kurt Eisner in der Nacht vom 7. zum 8. November 1918 ein Arbeiter- und Soldatenrat.

Bundesarchiv Bild 146-2006-0043, Revolution in Bayern, Dach Mathäser-Bräu

Dies war die Geburtsstunde der Münchner Räterepublik. Der Standort Mathäser wurde wohl aufgrund seiner Geräumigkeit, seiner Beliebtheit und der zentralen Lage zwischen Hauptbahnhof, Wittelsbacher Palais, Landtagsgebäude, Außenministerium, Residenz und Polizeipräsidium gewählt, er diente in der Folgezeit als Hauptquartier der Revolutionsbewegung. Nach der Niederschlagung der Revolution kehrte der Mathäser wieder zu seiner ursprünglichen Funktion als Bierlokal zurück.

Oskar Maria Graf

Der Münchner Künstler und überzeugte Kommunist rief nach dem Krieg zur Revolution auf, dafür mietete er den Mathäser, leider erschien niemand zur Revolution.

Russenmaß

Um die Soldatenräte der Roten Truppen (Kommunisten), die den Mathäser besetzt hielten, länger Einsatzfähig zu halten, wurde das im Mathäser vorrätige Weißbier mit Zitronenlimonade „gestreckt”. Daraus ließ sich im Volksmund die Russenmaß ableiten.

Ab 1957: die „Mathäser-Bierstadt“

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Mathäser bei Luftangriffen der Alliierten total zerstört. Erst im Dezember 1957 konnte auf dem 8100 Quadratmeter großen Areal die neu erbaute Mathäser-Bierstadt eröffnet werden. Ernst Eckstein, der leitende Architekt der Löwenbrauerei, hatte entlang der Bayerstraße in Stahlbetonbauweise einen fünfgeschossigen, zweigiebeligen Baukörper realisiert, der eine Einkaufspassage, die Bierstadt mit 16 recht unterschiedlich ausgestatteten Lokalen mit Sitzplätzen für insgesamt über 5000 Gäste, den Mathäser-Filmpalast (als 129. Kino der Landeshauptstadt) mit einem 340 Quadratmeter großen Foyer, 1200 Plätzen im Kinosaal und der mit 21 auf achteinhalb Metern zur Bauzeit größten Leinwand Deutschlands, 4600 Quadratmeter Einzelhandels- und Bürofläche sowie eine Tiefgarage für 180 Fahrzeuge umfasste.
Eine Presseerklärung erläuterte die Absicht des Bauvorhabens: „[...]Bewußt aber wurde der Mathäser nicht als modisch vergänglicher Glasbau gestaltet, sondern im Sinne der Bautradition unseres alpenländischen Raumes. Der Bau soll in seinem Äußeren und Inneren nicht nur einem kleinen Kreis, sondern möglichst Vielen gefallen und zum Verweilen einladen. Er soll auch die Fremden anziehen, die unsere Münchner Stadt besuchen.“

Der Weißbierkeller mit 500 Sitzplätzen stand unter der Leitung des Pächterehepaares Reinbold, das Pächterehepaar Georg und Rosa Reiss führte das Kino und die übrigen Lokale: die Schwemme neben dem Haupteingang mit einer Glasküche, die den Appetit der Gäste anregen sollte, bot 280 Sitzplätze, das Gewölbe hatte 260 Sitzplätze, die Bartl-, Soldaten-, Tölzer-, Mathäser- und Steyrer-Hanns-Stuben verfügten über insgesamt 170 Sitzplätze, die Schänke hatte 30 Plätze, die Arkaden 130, die Schießstand-Stuben 27, die Bierhalle, Münchner Stuben und das Zunftstüberl insgesamt 1.055 Sitzplätzen, der Kleine Festsaal bot 335 Gästen Platz, der Große Festsaal 1450 Plätze und schließlich gab es noch einen Biergarten mit 450 und die Terrassen mit 648 Sitzplätzen.

Der Trakt an der Schlosserstraße war 105 Meter lang und verfügte über Keller, Erdgeschoss und zwei Obergeschosse. Der Große Festsaal hatte eine Größe von 1100 Quadratmetern und einem umlaufenden Balkon, außerdem lagen dort verschiedene kleinere Säle, Nebenzimmer und Schänken sowie die zentrale Großküche. Besonders stolz war man damals auf die erste und modernste vollautomatische Geschirrspülmaschine in Deutschland, die in einer Stunde bis zu 20.000 Teller und Tassen reinigen, auf Hochglanz polieren und vorgewärmt auf 80 °C bereitstellen konnte. Der „neue“ Mathäser verfügte auch über zwei eigene Metzgereien, insgesamt fünf Küchen und sieben Schänken und bot 470 Angestellten einen Arbeitsplatz. In der Bierstadt wurden pro Woche durchschnittlich 52.000 Liter Bier, 42.000 Essensportionen, 15.000 Weißwürste, 9.000 Bratwürste und 22.000 Paar Schweinswürste konsumiert.

Das Eröffnungsprogramm im Festsaal lief vom 21. Dezember 1957 bis 15. Januar 1958. 1958 war der Mathäser durch die Betreiber- und Pächterfamilie Reiss mit dem Restaurant Oberbayern auf der Weltausstellung in Brüssel vertreten. In den folgenden knapp 40 Jahren erlebte die Bierstadt viele rauschende Feste. 1962 veranstaltete die Löwenbrauerei in Bordighera an der italienischen Riviera ein „oberbayerisches Bierfest“, das zu einem vollen Erfolg wurde, als Dank schickte die Stadt Bordighera im Folgejahr fünftausend Nelken zur Ausschmückung des „Frühlingsfests“ im Festsaal der Bierstadt. 1968 folgte forciert durch die Löwenbräu AG das Engagement im deutschen Pavillon.


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