Mediatisierung

Mediatisierung

Mediatisierung („Mittelbarmachung“) ist ein Begriff aus der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches. Im Reich gab es weltliche Gebiete, die nur noch den Kaiser über sich hatten und daher reichsunmittelbar waren. Andere unterstanden einem Landesherrn. Mediatisierung hieß, dass ein zuvor reichsunmittelbares Gebiet mittelbar wurde, also einen Landesherrn bekam.

Schon früh war es ab und zu mächtigen Reichsständen gelungen, kleinere Mitstände – vor allem wenn deren Besitzungen in ihren eingeschlossen waren – in ein solches Abhängigkeitsverhältnis zu bringen. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 setzte die Mediatisierung reichsunmittelbarer Stände in größerem Maßstab ein. Dieser hatte einer Anzahl deutscher Reichsfürsten als Entschädigung für die Abtretung von Besitzungen auf dem linken Rheinufer an Frankreich gewisse, bis dahin reichsunmittelbare, Gebiete zugewiesen. Diese kamen dadurch in ein, wenn auch etwas modifiziertes, Untertanenverhältnis.

Bei von geistlichen Fürsten regierten Gebieten, wie beispielsweise den Erzstiften, heißt ein ähnlicher Vorgang Säkularisation. Das war auch für katholische Landesherren interessant, denn in den evangelischen Gebieten war der Landesherr bereits Herr der Landeskirche.

Es wurden 45 der 51 noch bestehenden Freien Reichsstädte mediatisiert und benachbarten Fürstentümern eingegliedert. Lediglich Augsburg, Nürnberg, Frankfurt am Main, Bremen, Hamburg und Lübeck behielten den Status mit verminderten Rechten. Von den (bis 1789) 300 Territorien mit Reichsstandschaft und den etwa 1400 ohne Reichsstandschaft blieben nur noch 39 Territorien mit Reichsstandschaft. Augsburg und Nürnberg wurden 1805/1806 von Bayern mediatisiert. Mit der Rheinbundakte von 1806 kam es zur Aufhebung fast aller Adelsherrschaften und Reichsgrafschaften.

Die Deutsche Bundesakte von 1815 übernahm entsprechende Regelungen der Rheinbundakte, überließ aber den mediatisierten Fürsten als Standesherren einige Sonderrechte (u. a. die niedere Gerichtsbarkeit). Dies blieb so bis zur Revolution von 1848/49 und zum Teil darüber hinaus. Die mediatisierten Fürsten waren den regierenden Häusern im Rang gleichgestellt (siehe Ebenbürtigkeit). Nach 1815 gab es nur noch vier Freie Städte: Hamburg, Bremen, Lübeck und Frankfurt am Main.

Heute wird unter Mediatisierung im Völkerrecht die (Interessen-)Vertretung innerstaatlicher Akteure durch den Staat verstanden.

Literatur

  • Heinz Gollwitzer: Die Standesherren. Die politische und gesellschaftliche Stellung der Mediatisierten 1815-1918. 2. durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1964.
  • Daniel Hohrath (Hrsg.): Das Ende reichsstädtischer Freiheit 1802. Zum Übergang schwäbischer Reichsstädte vom Kaiser zum Landesherrn. Begleitband zur Ausstellung „Kronenwechsel“. Kohlhammer, Stuttgart 2002, ISBN 3-17-017603-X.
  • Klaus-Peter Schroeder: Das alte Reich und seine Städte. Untergang und Neubeginn. Die Mediatisierung der oberdeutschen Reichsstädte im Gefolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1802/03. Beck, München 1991, ISBN 3-406-34781-9.
  • Horst Tilch (Hrsg.): Münchener Rechts-Lexikon. Beck, München 1987, ISBN 3-406-31090-7.

Weblinks


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