Schirn Kunsthalle Frankfurt

Schirn Kunsthalle Frankfurt
Lage der Kunsthalle inmitten der Altstadt, zwischen Römerberg (vorne) und Dom (hinten).
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Blick auf das Rondell der Schirn
Blick über den Historischen Garten auf Langhaus und Rotunde der Schirn
Glaskuppel der Rotunde

Die Schirn Kunsthalle Frankfurt (im folgenden Schirn genannt) in Frankfurt am Main zählt zu den renommiertesten Ausstellungshäusern Europas. Die Schirn wurde 1986 eröffnet und hat seither über 150 Ausstellungen realisiert. Sie verfügt über keine eigene Sammlung, sondern organisiert befristete Ausstellungen und Projekte zu ausgewählten Themen oder zum Werk einzelner Künstler. Als Kunsthalle genießt die Schirn nationales und internationales Renommee, das sie sich durch Eigenproduktionen, Publikationen und Ausstellungskooperationen mit Häusern wie dem Centre Pompidou, der Tate Gallery, dem Solomon R. Guggenheim Museum, der Eremitage in Sankt Petersburg oder dem Museum of Modern Art in New York erworben hat.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Architektur

Der Entwurf zur Kunsthalle Schirn entstand ab 1983 durch das Architekturbüro BJSS (Dietrich Bangert, Bernd Jansen, Stefan Jan Scholz und Axel Schultes). Die Eröffnung fand am 28. Februar 1986 statt. Die Kunsthalle ermöglicht eine Ausstellungsfläche von insgesamt 2.000 Quadratmetern.

Die Schirn steht inmitten der Frankfurter Altstadt. Der in Ost-West-Richtung sehr langgestreckte Bau liegt zwischen den kriegszerstörten, nach 1945 völlig neu gestalteten und parallel verlaufenden Altstadtstraßen Bendergasse im Norden und Saalgasse im Süden. Das westliche Ende des Baus liegt nahe der Nikolaikirche und dem Römerberg, ziemlich genau dort, wo sich bis zur Zerstörung im Bombenkrieg das Fünffingerplätzchen befand. Das östliche Ende befindet sich unmittelbar am Südportal des Turms des Kaiserdoms.

Die mit hellem Sandstein verkleidete Kunsthalle besteht aus mehreren ineinander verschachtelten Baukörpern, die in sich jeweils einen geometrischen Grundriss aufweisen. Der markanteste Bauteil ist eine in Ost-West-Richtung verlaufende, etwa 140 Meter lange und 10 Meter breite fünfgeschossige Halle, der eigentliche Ausstellungsbau. Zur Bendergasse hin sind die Erdgeschosse dieses Langhauses als offener Säulengang ausgebildet, eine strenge Reihung schmuckloser quadratischer Pfeiler. Da die Bendergasse nach Osten hin abfällt und über Treppenstufen geführt wird, ist dieser Laubengang im Bereich der Rotunde ein Stockwerk, am Dom jedoch zwei Stockwerke hoch.

Diese Arkaden bilden die südliche Einfassung des Archäologischen Gartens, in dem die Fundamente der frühmittelalterlichen Königspfalz Frankfurt zu besichtigen sind. Seine östliche Begrenzung ist der Domturm, seine nördliche das Technische Rathaus.

Etwas westlich von der Mitte dieses Langhauses sind entlang einer gedachten Querachse weitere Bauteile angeordnet: im Süden, zur Saalgasse, ein mehrgeschossiger Kubus auf rechteckigem Grundriss (etwa 18 x 24 m), daran anschließend, parallel zur Langhaus eine langrechteckige Aufweitung für diese. Auf der nördlichen Seite der Hauptachse folgt der neben der Haupthalle markanteste Bauteil der Schirn, die von einer Glaskuppel gekrönte Rotunde, die mit rund 20 Metern Durchmesser den monumentalen Haupteingang bildet. Sie ist der höchste Bauteil der Schirn, besitzt aber keine Stockwerke, sondern bildet einen einzigen offenen Raum.

Durch die Rotunde hindurch führt eine in das Gebäude eingeschnittene Schlucht im Verlauf der alten Bendergasse, der Zugang zur Rotunde. Nördlich jenseits der Gasse schließt sich ein weiterer halbrunder Bauteil an, der bei etwas mehr als doppeltem Radius denselben Kreismittelpunkt wie die Rotunde aufweist. Dieser von der eigentlichen Ausstellungshalle durch die Bendergasse getrennte Bauteil beherbergt das Schirn-Café. In das östliche Ende dieses Bauteils ist schließlich eine rechteckige Öffnung eingeschnitten, in der auf Straßenniveau ein etwa zwei Stockwerke hoher, überdimensionaler, aber zweckfreier Tisch steht.

Gemeinsam mit der Kunsthalle wurden, direkt südlich angrenzend, also auf der nördlichen Straßenseite der Saalgasse, zwei durch den südlichen Schirn-Kubus voneinander getrennte Häuserzeilen errichtet. Die Häuser weisen altstadttypische Proportionen und Grundstücksgrößen auf, sind aber durchweg im Stil der 1980er Jahre, in einer teilweise sehr bunten Postmoderne, gestaltet. Kunsthalle und Häuserzeilen gruppieren sich um zwei halböffentliche (d.h. zugängliche, aber nicht öffentlich genutzte) Innenhöfe, die den Höhenunterschied zwischen Bender- und Saalgasse (Domhügel) ausgleichen: der Zugang von den Saalgasse-Häusern in den Innenhof erfolgt über das 1. Obergeschoss.

Seit 2002 hat die Schirn ein neues Inneres, das das Architekturbüro Kühn Malvezzi gestaltete. Es taucht das Foyer in changierende Farben mittels moderner RGB-Lichttechnik.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Abriss des nahegelegenen Technischen Rathauses schlug der Architekt Christoph Mäckler vor, auch Teile der Schirn abzureißen, um so den historische Krönungsweg vom Dom zum Römerberg (Alter Markt) wieder mit Gebäuden einfassen zu können. Nachdem sich Bangert zur Verteidigung seines Werks zunächst auf sein Urheberrecht berief, stimmte er später einem Kompromiss zu, der einen Abriss des großen Tischs an der Nordseite des Bauwerks vorsieht.

Geschichte

Der Name „Schirn“ leitet sich aus der Geschichte ihres Standortes ab. Das Wort bezeichnet ursprünglich einen „offenen Verkaufsstand“ und stammt vom althochdeutschen „scranna“, wurde zum mittelhochdeutschen „Schranne“ und später zu „Scherne“ oder „Schirn“. Wo sich heute die Schirn Kunsthalle befindet, war bis zur Zerstörung am 22. März 1944 das Zentrum der dichtbesiedelten Altstadt. Noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lagen in den engen Gassen zwischen der heutigen Schirn und dem Main die Verkaufsstände der Frankfurter Metzgerzunft.

Nach mehreren missglückten Versuchen wurde dieser Teil der Altstadt erst Anfang der Achtziger Jahre wieder bebaut. Wegen ihrer die historischen Proportionen sprengenden und die Sichtachsen des Doms und des Römerberges missachtenden Architektur war die Planung für die Schirn dabei von Anfang an umstritten. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass in der gegenwärtig erneut geführten Diskussion über die künftige Bebauung der Altstadt, die wahrscheinlich zum Abriss oder zur grundlegenden Umgestaltung zahlreicher Nachkriegsbauten führen wird, auch die Schirn wieder zur Disposition steht.

Leiter der Schirn war von 1985 bis 1993 Christoph Vitali, der zugleich Geschäftsführer der Kulturgesellschaft Frankfurt mbH war. Er etablierte die Schirn als Ausstellungsort. Sein Nachfolger war Hellmut Seemann, der im Juni 2001 als Präsident der Klassik Stiftung nach Weimar ging. Die Schirn leitet seit Oktober 2001 der Österreicher Max Hollein, der im Januar 2006 auch die Leitung des Städels und des Liebieghauses übernommen hat. Mit provokanten Titeln, außergewöhnlichen Ausstellungen und verbesserter finanzieller Ausstattung hat er die Publikumszahlen der Schirn verdreifacht.

Ausstellungen

Einlasskarte

In der Schirn wurden seit ihrer Eröffnung große Übersichtsausstellungen zum Beispiel zum Wiener Jugendstil, Expressionismus, Dada und Surrealismus, zur Geschichte der Fotografie oder zu aktuellen Positionen in der Soundart, zu Themen wie Shopping – Kunst und Konsum, der visuellen Kunst der Stalinzeit, den Nazarenern oder der neuen Romantik in der Kunst der Gegenwart präsentiert. Künstler wie Wassily Kandinsky, Marc Chagall, Alberto Giacometti, Frida Kahlo, Bill Viola, Arnold Schönberg, Henri Matisse, Julian Schnabel, James Lee Byars, Yves Klein und Carsten Nicolai wurden in großen Einzelausstellungen vorgestellt. Bis heute haben über 5 Millionen Menschen die Schirn besucht.

Zu den erfolgreichsten und besucherstärksten Ausstellungen zählen „Wassily Kandinsky – Die erste sowjetische Retrospektive“ (1989), „Pietro Donzelli. Das Licht der Einsamkeit - The Light of Solitude“ (1990), „Henri Matisse – Mit der Schere zeichnen“ (2002), „Die nackte Wahrheit – Klimt, Schiele, Kokoschka und andere Skandale“ (2005) und „Impressionistinnen – Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond“ (2008).

Kunstraub in der Schirn

Am 28. Juli 1994 wurden aus der Schirn bei einem Kunstraub drei Gemälde der Ausstellung „Goethe und die Kunst“ gestohlen. Die Werke waren Licht und Farben und Schatten und Dunkelheit von William Turner (eine Leihgabe der Tate Gallery London), sowie das Ölgemälde Nebelschwaden von Caspar David Friedrich (eine Leihgabe der Hamburger Kunsthalle). Die Bilder hatten einen versicherten Gesamtwert von 70 Millionen DM (35,8 Millionen Euro). Drei Täter wurden 1999 zu Haftstrafen von bis zu elf Jahren verurteilt. 1999 tauchten die beiden Bilder von Turner wieder auf, im Jahr 2003 konnte auch das Bild von C.-D. Friedrich wieder an die Hamburger Kunsthalle zurückgegeben werden.

Weblinks

Literatur

  • Laura J Gerlach: Der Schirnerfolg. Die „Schirn Kunsthalle Frankfurt“ als Modell innovativen Kunstmarketings. Konzepte – Strategien – Wirkungen. ISBN 978-3-89942-769-1

Einzelnachweis

  1. Körper, Spektakel, Erinnerung, Archiv in FAZ vom 12. August 2011, Seite 46
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