Schlussbildung

Schlussbildung

Schlussbildung (Schlusskandenz, Finalkadenz) ist in der Musik am Ende eines Stückes die verwendete Akkordfolge, um das Stück ausklingen zu lassen. Folgende Kriterien sind für die Wirkung von Bedeutung: Der Akkord vor der Tonika darf mit diesem nicht klangverwandt sein, er sollte also aus möglichst anderen Tönen als der Schlussakkord bestehen. Somit sind zum Beispiel Dominantakkorde vor der Tonika sehr wirkungsvoll. Im Akkord vor der Schlusstonika sollte der Leitton enthalten sein. Die Schlusstonika sollte auf eine metrische Schwerzeit fallen.

Inhaltsverzeichnis

Ganzschluss

auch: authentischer Schluss, Vollschluss

Als Ganzschluss wird eine Schlusskandenz bezeichnet, die mit der Tonika endet, wobei vor der Tonika der dazugehörige Dominantklang (oder ein Vertreter) steht. Der Ganzschluss ist eine authentische Kadenz: T-S-D-T. Schlusskandenzen mit dieser Folge bezeichnet man als Vollschluss, hierbei wird zwischen zwei Typen unterschieden:

1. Vollkommener Ganzschluss: Die Oberstimme geht in die Oktave des abschließenden Grundtones. Das Ideal ist erreicht, wenn zuvor die Dominante in Terzlage steht.

2. Unvollkommener Ganzschluss: Die Oberstimme geht in die Terz oder die Quinte des abschließenden Grundtones. Das erzeugt eine schwächere Schlusswirkung.

Ganzschlüsse.jpg Der Leitton ist jeweils rot hervorgehoben.

Zum Notentext (hier Beispiel in A-Dur, d.h. E ist Dominante): 1. D-T Dominante in Terzlage mit darauffolgender Tonika in Oktavlage(Vollkommener Ganzschluss). 2. und 3. D-T Tonika einmal in Terzlage und Quintlage (Unvollkommener Ganzschluss). 4. D7-T Tonika in Oktavlage(Vollkommener Ganzschluss), ist noch vollkommener als 1, da die eingefügte Septime den Drang zur Tonika noch erhöht. 5. Dp-T Die Dp ist kaum dominantisch verwendbar, obwohl der Leitton enthalten ist.

Die kräftigste Form des Ganzschlusses ist eine zweiteilige Schlussbildung. Vor der Dominante steht noch eine zweite, die Tonart bekräftigende Funktion: S-D-T; Sp-D-T; DD-D-T; S-D7-T; ...

Trugschluss

auch: Kadenzflucht, Trugkadenz, Halbkadenz, Trugfortschreitung

Der Trugschluss ist ein Scheinschluss, bei dem die Dominante nicht zur Tonika, sondern in die Tonikaparallele oder einen anderen Akkord weitergeführt wird. Dies erzeugt eine verzögernde und aufhebende Wirkung. Außerdem wird die Dominantspannung verlängert. Vom Hörer wird dieser Schluss als Überraschung empfunden.

Trugschlusskriterien

1. Der in der Dominante enthaltene Leitton drängt zur Tonika. Daher sollte der Ton im Trugschlussakkord enthalten sein. Bei in der Tonikaparallelen endenden Trugschlüssen wird der Leitton in die 3 geführt. Bei plagalen Trugschlüssen hingegen (D-S oder D-Sp) wird der Leitton oft in die 5 geführt.

2. Nach der Dominante erfolgt keine vollkommene Lösung der Spannung durch einen Quintfall, sondern eine Steigerung durch einen Ganzton- oder Halbtonschritt im Bass nach oben. Hier gegen wirkt zwar die Leittonauflösung, aber dennoch bleibt ein Teil der Dominantspannung bestehen.

Die Weiterführung nach einem Trugschluss bestand bis zum Beginn der Romantik aus einer authentischen Kadenz in der entsprechenden Tonart. Ab dem Beginn der Romantik sieht man die durch den Trugschluss erreichte Tonart als Modulation an. Deshalb wurde auch ab diesem Zeitpunkt häufig mit der Kadenz der "neuen" Tonart fortgesetzt.

Klassischer Trugschluss

Der klassische Trugschluss endet auf der Tonikaparallelen (D-Tp). Hierbei ergeben sich oft Probleme in der Stimmführung, da es keine gemeinsamen Töne in der Dominante und der Tonika gibt. Wenn der Basston steigend ist sollten laut den Stimmführungsregeln die anderen Stimmen fallen. Dies ist jedoch unmöglich da die Richtung der Leittönigkeit befolgt werden muss. In diesem Fall sollten doch zumindest die anderen beiden Stimmen fallen.

Männlicher Schluss – Weiblicher Schluss

Man unterscheidet zwischen einem männlichen und einem weiblichen Schluss. Das wesentliche Kriterium hierbei ist, ob die Schlusstonika auf eine betonte oder unbetonte Zählzeit fällt. Fällt sie auf eine betonte Zählzeit, was in den meisten Fällen der Fall ist, so bezeichnet man den Schluss als männlichen Schluss. Selten jedoch erscheint der Schlussakkord auf einer unbetonte Taktzeit (weiblicher Schluss). Dieser tritt zum Beispiel bei Vorhaltsbildungen im 4/4-Takt auf. Diese Schlusstypenunterscheidung ist die einzige, die nicht harmonischer, sondern metrischer Natur ist.


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