Thaumaturgie

Thaumaturgie

Thaumaturgie (griech. θαυματουργος „Wundertäter“ - thauma „Wunder“ und ergon „Arbeit“) bedeutet so viel wie das Vermögen, Wunder bewirken zu können. Thaumaturg ist der Beiname mehrerer griechischer Heiliger, zum Beispiel von Nikolaus dem Wundertäter. Ganz allgemein werden damit auch Wunder bewirkende Menschen bezeichnet. Die Thaumatologie ist in der Theologie die Lehre von den Wundern.

Jesus Christus wird in der Bibel als Wunderbringer beschrieben und von vielen Christen als solcher verehrt.

Berühmte Thaumaturgen

Könige als Thaumaturgen

Bis weit in die Neuzeit hinein wurden die französischen und englischen Könige als Wunderheiler verehrt. Der Beginn wird allgemein in Frankreich in der Regierungszeit Philipps I. gesehen und in England bei Eduard dem Bekenner.

Diese Wunderkraft der Könige war eine Heilungskraft, die sich nur auf eine ganz bestimmte Krankheit, die Skrofulose (Scrofeln), bezog. Diese sollte der König durch bloßes Handauflegen heilen können. Der Begriff Skrofel leitet sich vom lateinischen Wort scrofula ab, welches so viel wie „Halsdrüsengeschwulst“ bedeutet. Darunter wurden im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit Entzündungen der Lymphknoten, sowie alle anderen Krankheiten am Hals bezeichnet, die sich durch Entzündungen und Vereiterungen zeigten.

Die erste Nennung eines französischen Heilkönigs findet sich in der Epitoma Vitae Regis Rotberti Pii des Helgaud von Fleury über Robert den Frommen. Da dieses Werk allerdings den hagiographischen Mustern der damaligen Zeit folgt, ist nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass sich die Nennung von königlichen Wunderheilungen auf real Existierendes bezieht.

Die erste in dieser Hinsicht direkte Quelle stellt die Schrift De Pignoribus Sanctorum von Guibert, Abt von Nogent-sous-Coucy dar. In diesem Werk fällt folgender Absatz:

Quid quod dominum nostrum Ludovicum regem consuetudinario uti videmus prodigio? Hos plane, qui scrophas circa jugulum, aut uspiam in corpore patiuntur, ad tactum eius, superadit crucis signo, vidi catervatim, me ei coherente et edam prohibente, concurrere. Quos tamen ille ingenita liberalitate, serena ad se manus obuncans, humillime consignabat. Cuius gloriam miraculi cum Philippus pater ejus alacriter exerceret, nescio quibus incidendbus culpis amisi.
Was sage ich? Haben wir nicht gesehen, wie unser Herr, der König Ludwig, das gewohnte Wunder vollbrachte? Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Kranke, die am Hals oder an anderen Teilen des Körpers von den Skrofeln befallen waren, in Massen herbeiströmten, um sich von ihm berühren zu lassen und das Kreuzeszeichen von ihm zu empfangen. Ich stand dort ganz nahe bei ihm und suchte sie sogar von ihm abzuhalten. der König jedoch zog sie in seiner angeborenen Großmut mit der erlauchten Hand zu sich heran und bekreuzigte sie überaus demütig. Sein Vater Philipp hatte ebenfalls mit Eifer von dieser wunderbaren Kraft Gebrauch gemacht, doch verlor er sie durch mir unbekannte Sünden, die er auf sich lud.

Dieser Absatz gibt zweierlei an: einerseits handelt es sich bei der Heilung um ein gewohntes (consuetudinario) Wunder und andererseits hat es schon sein Vater (Philipp I.) vollbracht. Ab spätestens diesem Zeitpunkt, also ca. 70 Jahre nach Robert dem Frommen, gibt es dieses Wunder wirklich, das man zu sehen gewohnt ist und welches vererbt wird.

In England entsteht der Glaube an königliche Heilungskraft zu etwa der gleichen Zeit, wurde jedoch von den Zeitgenossen gerne bis in die Herrschaftszeit Eduard des Bekenners zurückverlegt. Hinweise darauf gibt Wilhelm von Malmesbury in seiner Gesta regum Anglorum, indem er schreibt, dass der Glauben, die Heilkraft Eduards habe in seinem königlichen Blut gelegen, ein Irrglauben sei. Dies wiederum gibt Aufschluss darüber, dass zu Wilhelms Zeiten dieser „Irrglaube“ verbreitet gewesen zu sein scheint.

Allgemein kann es sich so abgespielt haben, dass in England und Frankreich jeweils der „heilige“ König der Ausgangspunkt war. Diese Heilkraft, die zuanfangs als persönliche Gabe durch besondere Heiligkeit verliehen wurde, entwickelte sich zu einer „skrofelspezialisierten Amtsheiligkeit“, die mit dem königlichen Blute weitervererbt wurde.

Das Ende der Ausübung des Heilkultes und damit auch das Ende des Glaubens kam in England mit der Herrschaft des Hauses Hannover (seit 1714) und in Frankreich mit der Französischen Revolution.

Literatur

Aufsätze über Königen als Thaumaturgen:

  • Werner Tietz: Rex humillimus. Heiligkeit bei Helgaud von Fleury in: Hagiographica; Journal of Hagiographie and Biographie of Società internazionale per lo studio del Medio Evo Latino; Band IV, Florenz (1997), S. 113-132.
  • Joachim Ehlers: Der wundertätige König in der monarchischen Theorie des Früh- und Hochmittelalters in: Heinig, P.; Jahns, S.; u.a. (hg): Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw; Berlin (2000), S. 3-19.

Neuestes deutschsprachiges Buch über dieses Thema, das im ersten Kapitel auch auf Könige als Thaumaturgen eingeht:

  • Franz-Reiner Erkens: Herrschersakralität im Mittelalter. Von den Anfängen bis zum Investiturstreit Stuttgart (2006).

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