Überbevölkerung

Überbevölkerung
Entwicklung der Weltbevölkerung

Unter dem Begriff der Überbevölkerung oder der Übervölkerung wird im Allgemeinen in sozial- und volkswirtschaftlichen Theorien der Zustand verstanden, wenn die Lebensbedingungen für eine bestimmte Menge der Bevölkerung zu deren Reproduktion nicht mehr ausreichen und die Tragfähigkeit des Lebensraums überschritten wird. Der Begriff wird in den Sozialwissenschaften verwendet und beschreibt eines der zentralen Themen der Demografie und der Bevölkerungsgeografie.

Inhaltsverzeichnis

Problematik

Die Überbevölkerung ist ein mehrdeutiger Begriff: Zum einen findet man Überbevölkerung auf verschiedenen Maßstabsebenen vor. Man spricht sowohl von globaler als auch von regionaler und lokaler Überbevölkerung. In einer anderen Dimension wird Überbevölkerung in Bezug auf die gerade noch möglichen Lebensbedingungen betrachtet: Man betrachtet hier die Tragfähigkeit eines bestimmten Raumes bzw. der gesamten Welt. Die Tragfähigkeit kann dabei absolut (in Form vom verfügbaren Nahrungsangebot) betrachtet werden oder differenzierter unter Wahrung bestimmter Lebensstandards.

Anhänger der Überbevölkerungstheorie betrachten den Zustand der Überbevölkerung als bereits eingetreten und als eines der zentralen Probleme der Menschheit. Sie führen Probleme wie Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit oder das Wachstum von Slums, die heute hauptsächlich in Entwicklungsländern auftreten, auf die dortige „Bevölkerungsexplosion“ bzw. auf starken Bevölkerungsdruck zurück. Auch Umweltprobleme und der globale ökologische Fußabdruck der Menschheit – der in Bereichen wie Flächenverbrauch, Erdölverbrauch, Überfischung, Entwaldung, Wasserverbrauch oder Schadstoffausstoß bereits zu hoch ist – werden im Zusammenhang mit dem Wachstum der Weltbevölkerung diskutiert.

In Bezug auf einzelne Länder oder Regionen ist umstritten, inwieweit von Überbevölkerung gesprochen werden kann bzw. anhand welcher Kriterien diese zu bemessen ist (diskutiert werden etwa Bevölkerungsdichte, Selbstversorgungsgrad, Flächenverbrauch, Umweltschäden oder Lebensqualität).

Situation

Derzeit sinken die Geburtenraten in vielen Ländern der Welt. Im Durchschnitt bekommt eine Frau noch 2,7 Kinder (2,1 Kinder wären nötig, um die Weltbevölkerung konstant zu halten; 2,7 Kinder bedeutet ein Wachstum der Weltbevölkerung). In den letzten 30 Jahren ging die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau in Asien von 5,1 auf 2,6 und in Lateinamerika von 5 auf 2,7 Kinder zurück.[1] Dieser Rückgang ist nicht zuletzt auf Bevölkerungspolitik der Regierungen, sowie auf die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, die den Frauen Zugangsmöglichkeiten zu sexueller Aufklärung und Verhütungsmittel eröffnet haben zurückzuführen. Relativ hohe Kinderzahlen gibt es heute nur noch in Afrika südlich der Sahara, wo die "Frauen durchschnittlich 5,1 Kinder zur Welt bringen.[1]

Obwohl heute weit mehr Paare Zugang zu Verhütungsmitteln haben als früher, ist noch heute (Stand 2011) weltweit jede dritte Schwangerschaft nicht nur ungeplant, sondern auch ungewollt. Noch immer haben 200 Millionen Frauen keinen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln.[2]

Besonders in Industrieländern, in denen ein Bevölkerungsrückgang stattfindet oder zu erwarten ist, werden dessen mögliche negative Folgen diskutiert (vgl. Überalterung). Aufgrund der Tatsache, dass sich die Geburtenraten in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern stark verringert haben, sprechen einige Wissenschaftler (wie zum Beispiel Phillip Longman) schon von der „leeren Wiege“ und befürchten, dass Untervölkerung in den Industrieländern zu Wohlstandseinbußen führen könne.[3] Andere (wie zum Beispiel Donella Meadows) warnen weiterhin vor den Folgen von Überbevölkerung.[4]

Die Proklamation von Teheran

In die Proklamation von Teheran wurde am 13. Mai 1968 von der Internationalen Menschenrechtskonferenz ein Passus aufgenommen, der besagte, dass jedem Paar das Grundrecht zugestanden werden solle, frei über die Anzahl der Kinder und die Abstände zwischen den Geburten zu entscheiden.[5] Dies wurde in den Aktionsprogrammen der Weltbevölkerungskonferenzen von 1974 (Bukarest), 1984 (Mexiko-Stadt) und 1994 (Kairo) bekräftigt.[6] Im Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Frauenkonvention) wurde das Recht auf Familienplanung 1979 erstmals verbindlich verbrieft.[7] Ob es gelingt, das Bevölkerungswachstum auch in den ärmeren Entwicklungsländern zu bremsen, hängt von politischen Entscheidungen ab. Zentral ist dabei die Umsetzung der Beschlüsse der Kairoer Weltbevölkerungskonferenz von 1994. Zu den Kernpunkten dieses Aktionsprogramms gehören eine qualitative und quantitative Verbesserung der reproduktiven Gesundheitsversorgung, inklusive Familienplanung, und das „Empowerment“ von Frauen – also die Stärkung ihrer rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Stellung.[2]

Bevölkerungspolitik in verschiedenen Ländern

Verschiedene Länder betreiben eine Bevölkerungspolitik mit dem Ziel die Anzahl der Geburten zu reduzieren. Dies wird jedoch in vielen Fällen durch Armut und dadurch, dass kein funktionierendes Gesundheitswesen existiert erschwert. In den Entwicklungsländern werden oft insbesondere die Frauen in ländlichen Regionen nicht erreicht.[2] Auch sprechen sich in vielen Ländern insbesondere katholische Kreise dagegen aus, der Bevölkerung Zugang zu Verhütungsmethoden zu ermöglichen. Dies hat im Fall der Philippinen dazu geführt, dass ärmere Frauen oft ungewollte Kinder bekommen müssen, die sie nicht ernähren können.

Beispiel: Iran

Im Iran arbeitete das "Ministerium für Gesundheit und Medizinische Bildung" sogar mit den muslimischen Geistlichen zusammen. Mehrere Fatwas haben das nationale Familienplanungsprogramm der Regierung unterstützt. Das Programm bietet die kostenfreie Versorgung mit allen Verhütungsmethoden an – mit Erfolg: 2004 hatte der Iran eine der höchsten Verhütungsraten aller islamischen Länder.[8] Inzwischen plädierte das Staatsoberhaupt Präsident Ahmadynedschad jedoch für eine Abschaffung der Familienplanung. Er wollte die Bevölkerung des Irans erhöhen und war der Hoffnung, dass dies seinem Land zu mehr Macht verhelfen würde(Stand: August 2011).[9]

Beispiel: Philippinen

Lito Atienza

Auch auf den Philippinen haben muslimische Geistliche im vergangenen Jahr eine Fatwa erlassen, die den Gebrauch von Verhütungsmitteln ausdrücklich befürwortet. Doch der katholische Klerus in den Philippinen ist entschieden gegen Familienplanung: Erst 2003 blockierte die Bischofskonferenz ein Gesetz, das die Verwendung von Staatsgeldern für Kondome und andere Verhütungsmittel ermöglicht hätte. Es wird befürchtet, dass dies zu schnellem Bevölkerungswachstum führen werde: 2004 gab es rund 84 Millionen Filipinos, 2050 werden es voraussichtlich mehr als 147 Millionen sein.[2] 2003 befahl Jose Livioko Atienza, Jr. (besser bekannt unter seinem Spitznamen Lito Atienza), Bürgermeister von Manila und konservativer Katholik, Krankenhäusern vom Gebrauch von modernen Verhütungsmitteln abzuraten, stattdessen sollten natürliche Verhütungsmethoden propagiert werden, heißt es. Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen wurde nahegelegt, Ratsuchende gar nicht über künstliche Verhütungsmethoden aufzuklären. Krankenhäuser hörten auch auf Verhütungsmittel auszugeben, obwohl Atienza das Wort "verboten" in Bezug auf Verhütungsmittel sorgfältig vermieden hat. Dieser so genannte "Erlass 003" wurde auch von seinem Nachfolger nicht aufgehoben. Armen Frauen ist es dadurch stark erschwert über die Anzahl ihrer Kinder selbst zu entscheiden, denn sie haben oft nicht das Geld sich Verhütungsmittel auf dem freien Markt zu kaufen.[10]

Beispiel: Indien

In Indien schlug der Minister für Gesundheit und Wohlfahrt vor, die Elektrifizierung und die Verteilung von Fernsehern in ländlichen Gegenden voranzutreiben, um dadurch die Menschen von Geschlechtsverkehr abzuhalten und das Bevölkerungswachstum zu senken. Ziel der indischen Regierung ist eine Geburtenrate von höchstens zwei Kindern pro Familie, was vor allem durch Aufklärung und Verteilung von Verhütungsmitteln angestrebt wird.[11]

Beispiel: Volksrepublik China

In der Volksrepublik China, dem bevölkerungsreichsten Land der Welt, wurde dagegen seit Anfang der 1970er Jahre von staatlicher Seite die Ein-Kind-Ehe gesetzlich verankert. Sie wurde einerseits mit Vergünstigungen für Ein-Kind-Familien, andererseits mit Benachteiligungen für Familien mit mehr als einem Kind durchgesetzt; vor allem in der Anfangsphase hat es auch Zwangssterilisierungen und erzwungene Schwangerschaftsabbrüche gegeben. Diese Ein-Kind-Politik konnte das Bevölkerungswachstum in China stark bremsen, wirft aber auch neue soziale Probleme auf. So wurden aufgrund des traditionellen Wunsches, einen männlichen Erbfolger zu haben, derart viele Mädchen selektiv abgetrieben, dass die Geschlechterverteilung hin zu einer Überzahl an Jungen verschoben wurde.[12]

Beispiel: Ruanda

Im dicht bevölkerten afrikanischen Ruanda, wo die Geburtenrate bei etwa sechs Kindern pro Paar liegt, bestehen Pläne für eine „Drei-Kinder-Politik“.[13]

Beispiel: Indonesien

Auch in Indonesien existiert ein Familienplanungsprogramm, siehe Familienplanungsprogramm Indonesiens.

Geschichtliche Entwicklung des Begriffs

Thomas Malthus

Der Begriff der Überbevölkerung wurde in der breiteren Öffentlichkeit durch den britischen Ökonomen Thomas Robert Malthus gegen Ende des 18. Jahrhunderts verankert. Malthus veröffentlichte seine Bevölkerungstheorie 1798 in seinem Buch Essay on the Principle of Population. Er ging davon aus, dass die Bevölkerung exponentiell wachse, während die Nahrungsmittelproduktion durch technischen Fortschritt nur linear steigen könne. Sofern das Bevölkerungswachstum nicht durch niedrige Geburtenraten oder hohe Sterblichkeit beschränkt wird, würde zwangsläufig die Bevölkerungsfalle drohen – die Bevölkerung würde über die Nahrungsmenge hinauswachsen und Armut und Hungerkatastrophen wären die Folge.

Indem Malthus das Bevölkerungswachstum als Gefahr ansah, widersprach er der damaligen merkantilistischen Sicht (Populationismus), wonach eine große Bevölkerung die Grundlage für Wohlstand und militärische Stärke eines Staates und daher wünschenswert sei. Die Auseinandersetzung mit der malthusianischen Theorie prägte das bevölkerungswissenschaftliche Denken im 19. Jahrhundert.[14]

Im 19. Jahrhundert wurde Malthus’ Werk verbreitet so verstanden, dass den Armen kein Recht auf Unterstützung zustehe, da deren zu hohe Geburtenraten die eigentliche Ursache der Armut seien und Unterstützung für sie die Probleme auf lange Sicht nur verschlimmere. Diese Ansichten trugen zu einer restriktiveren Sozialpolitik in Großbritannien (Armengesetz von 1834) und weiteren Ländern bei.[15] Charles Dickens kritisierte den Begriff der Überbevölkerung und die daraus abgeleitete Sozialpolitik u.a. in A Christmas Carol[16]. Auch der Umgang mit der Großen Hungersnot in Irland 1845–49 und späteren Hungersnöten in Britisch-Indien war von malthusianischen Ansichten beeinflusst, die dazu beitrugen, dass Hilfsmaßnahmen nur zögerlich ergriffen wurden[17].

Die von Malthus angestoßene wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Problem Überbevölkerung hat sich bis heute fortgesetzt und fand in zahllosen Arbeiten sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Im Zuge der starken Ertragssteigerungen durch technologische Entwicklung ab Ende des 19. Jahrhunderts und vor allem in der Grünen Revolution in den 1950er und 1960er Jahren verlor die Überbevölkerungsdebatte an Bedeutung.[16] In den 1970er Jahren erfuhr die Thematik durch die von Donella und Dennis L. Meadows im Auftrag des Club of Rome durchgeführte Studie Die Grenzen des Wachstums sowie durch Paul R. Ehrlich (Die Bevölkerungsbombe u.a.) wieder viel Aufmerksamkeit. Sie fand Zuspruch bei Teilen der Umweltschutzbewegung und wird heute oft in Bezug auf Klimawandel diskutiert.

Maßnahmen

Karte der Staaten nach Fertilitätsrate
Änderung der Weltbevölkerung in absoluten Zahlen (graue Balken) und relativ in Prozentangaben (rote Linie) von 1950 bis 2010

Verschiedene Konzepte der Bevölkerungspolitik werden angewendet, um das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen oder zu stoppen.

Auf globaler Ebene findet seit 1974 alle zehn Jahre eine Weltbevölkerungskonferenz der UNO statt, bei der grundlegende Probleme und Ergebnisse weltweit besprochen werden. Auf regionaler und lokaler Ebene wurden in unterschiedlichen Regionen verschiedene Konzepte zur Steuerung des reproduktiven Verhaltens entwickelt und umgesetzt, zum Teil im Rahmen der Entwicklungshilfe. Mit Aufklärungskampagnen und der Bereitstellung von Verhütungsmitteln soll die Familienplanung gefördert werden. In neuerer Zeit wird zunehmend auch eine Stärkung der Rolle der Frau angestrebt, da Frauen tendenziell weniger Kinder bekommen, wenn sie selbst über Sexualität und Verhütung entscheiden können.

Im 19. Jahrhundert wurden Heiratsbeschränkungen für arme und fürsorgeabhängige Personen angewandt, um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren. In europäischen Ländern wurde die Auswanderung – insbesondere nach Amerika – als Mittel gegen Überbevölkerung betrachtet und gefördert, indem die Behörden zum Teil die Kosten für die Überfahrt von Mittellosen übernahmen und/oder auch Menschen zur Ausreise drängten.

Einige Länder haben versucht, sehr dicht besiedelte und/oder ressourcenarme Gebiete durch Umsiedlungen in ressourcenreichere, dünn besiedelte Gebiete zu entlasten. Ein Beispiel ist die Transmigrasi-Politik in Indonesien, die mit Vergünstigungen die Ansiedlung von Menschen von der Insel Java auf anderen Inseln fördert. In Äthiopien wurden vor allem in den 1980er Jahren Bauern aus dem von Dürre und Erosion betroffenen Hochland in niederschlagsreichere Tieflandregionen zwangsumgesiedelt; gegenwärtig betreibt die äthiopische Regierung ein Programm zur freiwilligen Umsiedlung[18][19].

Kritik

Da das Konzept der Überbevölkerung sowohl begrifflich als auch inhaltlich nahelegt, es gebe zu viele Menschen, wird es von einigen als menschenverachtend bewertet. Gesetzmäßigkeiten aus der Biologie würden in unzulässiger Weise auf den gesellschaftlichen Bereich übertragen. Es wird bezweifelt, dass die Tragfähigkeit der Erde bereits erschöpft sei; vielmehr seien soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme durch politische Fehlleistungen und eine schlechte Verteilung der insgesamt ausreichenden Ressourcen verschuldet.

Dem Konzept wurde vorgeworfen, dass es dazu diene, das Gewissen der Reichen angesichts der Armut zu beruhigen. In der Gegenwart vertritt etwa Jean Ziegler, der politisch links stehende ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, die Ansicht, der Begriff lenke lediglich von sozialer Ungleichheit und politischen Fehlern ab, welche die tatsächlichen Ursachen des Welthungers seien.[20]

Auch der Zusammenhang zwischen Armut und hohen Kinderzahlen wird unterschiedlich interpretiert. So wird als Kritik am Überbevölkerungsbegriff angeführt, dass nicht eine hohe Geburtenrate die Ursache von Armut sei. Vielmehr führe die Armut zu einer hohen Geburtenrate, weil sie in der Regel mit schlechterer Bildung und weniger Zugang zu Verhütungsmitteln verbunden sei. Umfragen zeigen, dass viele Schwangerschaften ungeplant sind und die Frauen in den Entwicklungsländern sich weniger Kinder wünschen, als sie tatsächlich zur Welt bringen (siehe auch Familienplanung als Menschenrecht).[1] Ein weiterer Grund könnte sein, dass in armen Weltregionen die einzige Möglichkeit der Altersvorsorge darin bestehe, viele Kinder zu bekommen. Auch sinkt tendenziell mit wachsendem Wohlstand der Einfluss traditioneller Lebensbilder – auch dies trägt zum Rückgang der Geburtenrate bei.

Der Lebensstil in den Industrieländern hat einen größeren ökologischen Fußabdruck als der in den Entwicklungsländern

In Bezug auf den Klimawandel und andere Umweltprobleme meint George Monbiot, das Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern sei gegenüber dem Verbrauch und Schadstoffausstoß der Industrieländer und internationaler Konzerne unbedeutend. Das Bevölkerungswachstum als Hauptursache der Umweltprobleme zu sehen, bedeute, „die Schuld von den Reichen zu den Armen zu verschieben“.[21] Die Industrieländer, deren Bevölkerung kaum mehr wächst, haben einen größeren ökologischen Fußabdruck als die Entwicklungsländer. Einige Organisationen wie der Optimum Population Trust meinen deswegen, diese Länder seien die wirklich überbevölkerten.[22] Ein US-Bürger trägt z.B. statistisch 16.000mal soviel wie ein Somalier zur globalen CO2-Emission bei.[23] Ein Westeuropäer verbraucht zehnmal so viel Energie und Stahl wie ein Afrikaner. Dieses Verhältnis ist auch bei einzelnen Problemen wie fossile Brennstoffe, ozonschädigende Stoffe, Haus- und Industriemüll, Fleischproduktion und Abholzung gleich: Die Industrieländer sind die Hauptverursacher. Entscheidend ist somit nicht allein die Anzahl Menschen, sondern auch deren Ressourcenverbrauch pro Kopf. Die Menschen in Entwicklungsländern verbrauchen deutlich weniger Ressourcen, sind aber am stärksten von den Folgen der Umweltprobleme betroffen.[24]

Auch wird oft nicht beachtet, dass in vielen Entwicklungsländern die Geburtenraten gesunken sind (siehe oben).

Weiterhin bringt die Pro-Life-Organisation Population Research Institute das Argument vor, dass sich bisherige Prognosen zu Überbevölkerung und daraus resultierenden Katastrophen nicht bewahrheitet hätten.[25]

Neueste „Theorien der Überbevölkerung“ gehen dennoch davon aus, dass es für die Zahl der Menschen auf der Erde eine Grenze gibt, die aber nicht fest ist, sondern positiv (z. B. durch neue technische Möglichkeiten) und negativ (z. B. durch Ressourcenzerstörung) verschoben werden kann. Wo die Tragfähigkeit der Erde ihre Grenze hat, ist und bleibt Gegenstand intensiver Diskussion.

Siehe auch

Literatur

  • Louis Krafft: Bevölkerungsprobleme. Eine Bevölkerungstheoretische Abhandlung über den Begriff der Übervölkerung und Untervölkerung. Mohr, Tübingen 1917.
  • Hoimar von Ditfurth: So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit. Knaur ; 3852, München 1988 (1985 bei Rasch und Röhring, Hamburg / Zürich, ISBN 3-89136-033-9), ISBN 3-426-03852-8.
  • Paul Harrison: Die dritte Revolution. Antworten auf Bevölkerungsexplosion und Umweltzerstörung. Suhrkamp-Taschenbuch 2571, Frankfurt am Main 1996 (1994 bei Spektrum, Heidelberg ISBN 3-7171-0922-7) (Originaltitel: The Third Revolution, übersetzt von Anette Kayser), ISBN 3-518390-71-6, S. 25-42.
  • Andrey Korotayev, Artemy Malkov, Daria Khaltourina: Introduction to Social Macrodynamics. Compact Macromodels of the World System Growth. URSS, Moscow 2006, ISBN 5-484-00414-4 (englisch, online).
  • Susanne Heim, Ulrike Schatz: Berechnung und Beschwörung. Überbevölkerung. Kritik einer Debatte. Verlag der Buchläden Schwarze Risse / Rote Straße, Berlin 1996, ISBN 3-924737-33-9.
  • Wolfgang Klus, Franz-Josef Kemper: Bevölkerungsgeographie. Eine Einführung. Teubner-Studienbücher: Geographie, Stuttgart 2000, ISBN 3-519234-17-3.
  • Roland Rösler: Der Menschen Zahl. oder: das zerstörte Sodom ist euer Land: (Jes 1,7). Christiana, Stein am Rhein 1989, ISBN 3-7171-0922-7.
  • Peter Sager: Wie weiter mit der Menschheit. Empirisch-soziologische Reflexionen über die Probleme der Gegenwart in demographischer und historischer Sicht. Von Hase & Koehler, Mainz 2002, ISBN 3-7758-1400-0.

Weblinks

Film

Einzelnachweise

  1. a b c DSW-Info: Menschenrecht Familienplanung (PDF)
  2. a b c d Zeitschrift für Entwicklung und Zusammenarbeit: "Plädoyer für Familienplanung"
  3. Philip Longman: The empty cradle: how falling birthrates threaten world prosperity and what to do about it. New York: BasicBooks, 2004; ISBN 0-465-05050-6
  4. Donella Meadows: Die neuen Grenzen des Wachstums: die Lage der Menschheit: Bedrohung und Zukunftschancen; Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1993; ISBN 3-421-06626-4
  5. Ziffer 16 der Proklamation von Teheran: The protection of the family and of the child remains the concern of the international community. Parents have a basic human right to determine freely and responsibly the number and the spacing of their children.
  6. Irene Gerlach: Motive, Instrumente und Akteure. In: Familienpolitik: Geschichte und Leitbilder, Informationen zur politischen Bildung (Heft 301). Abgerufen am 19. Juli 2009.
  7. Übereinkommen, Artikel 12(1) und 16(1)e)
  8. Population Reference Bureau, 2004: Islam and Family Planning. In: MENA Policy Brief 2004, Washington D.C.
  9. Farid Neshani (19. August 2011): "Neue Familienpolitik in der Islamischen Republik" Transparenca for Iran.
  10. Susanne Lenz: Konservative Katholiken verhindern auf den Philippinen die Ausgabe von Verhütungsmitteln. Jetzt klagen Bürger dagegen: Der Preis der Pille. In: Berliner Zeitung, 18. November 2008. Abgerufen am 23. Oktober 2011. 
  11. Sara Sidner: Less sex, more TV idea aired in India. CNN, 13. August 2009, abgerufen am 19. Juni 2010 (englisch).
  12. Thomas Scharping: Bevölkerungspolitik und demographische Entwicklung in China. Universität zu Köln, 7. Januar 1997, abgerufen am 19. Juni 2010.
  13. Ruanda plant Gesetz: Nur drei Kinder pro Paar. ntv, 14. Februar 2007, abgerufen am 19. Juni 2010.
  14. Ralph–Jürgen Lischke, Harald Michel: Zur Entwicklung der Bevölkerungswissenschaft im deutschsprachigen Raum von den Anfängen bis 1945. Institut für Angewandte Demographie, März 2001, abgerufen am 19. Juni 2010.
  15. Gregory Claeys: The "Survival of the Fittest" and the Origins of Social Darwinism, in: Journal of the History of Ideas, Vol. 61, No. 2, 2002, S. 223–240
  16. a b Joel K. Bourne Jr.: The Global Food Crisis. The End of Plenty. National Geographic, Juni 2009, abgerufen am 19. Juni 2010 (englisch).
  17. Cormac Ó Gráda: Famine. A Short History, Princeton University Press 2009, ISBN 978-0-691-12237-3 (S. 20, 203–206)
  18. Rural resettlement programme criticised, in: IRIN News, 1. März 2004
  19. Wolde-Selassie Abbute, UN-OCHA-Emergencies Unit for Ethiopia: Resettlement as a Response to Food Insecurity, 2003 (PDF)
  20. Jean Ziegler: Wie kommt der Hunger in die Welt? Ein Gespräch mit meinem Sohn, 2000, ISBN 978-3-570-00359-6 (S. 21–26)
  21. George Monbiot: The Population Myth. Monbiot, 29. September 2009, abgerufen am 19. Juni 2010 (englisch).
  22. Optimum Population Trust (18. Februar 2008): UK “OVERPOPULATED” BY 70 PER CENT http://www.optimumpopulation.org/opt.release18Feb08.htm (Link nicht mehr abrufbar)
  23. Deutsche Stiftung Weltbevölkerung: Weltbevölkerung und Klima - Klimawandel von Menschenhand http://www.dsw-online.de/pdf/fs_klima.pdf
  24. Die Bundesregierung (5. April 2007): Klimawandel trifft Entwicklungsländer am härtesten (Link nicht mehr abrufbar)
  25. Steven W. Mosher: Part 2. The Malthusian Delusion and the Origins of Population Control. Population Research Institute, 22. Januar 2009, abgerufen am 19. Juni 2010 (englisch, Auszug aus Population Control – Real Costs, Illusory Benefits).

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