Kastell Ács-Vaspuszta

Kastell Ács-Vaspuszta
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Kastell Ács-Vaspuszta
Alternativname Ad Statuas
Limes Oberpannonien
Abschnitt Strecke 2
Datierung (Belegung) frühtrajanisch
bis frühes 5. Jh.
Typ Kohortenkastell
Größe Steinkastell: 106 m × 112 m (=1,2 ha)
Bauweise a) Holz-Erde;
b) Stein
Erhaltungszustand Rechteckige Anlage mit abgerundeten Ecken,
Fundstelle liegt oberirdisch nicht sichtbar in einem Waldgebiet
Ort Àcs
Geographische Lage 47° 44′ 10,2″ N, 17° 53′ 59,4″ O47.73616666666717.899833333333120
Höhe 120 m
Vorhergehend Kleinkastell Győr–Esztergetö (nordöstlich)
Anschließend Kastell Ács-Bumbumkút (Ad Mures) (südöstlich)
Limes4.png

Das Kastell Ács-Vaspuszta (lateinischer Name: Ad Statuas) war ein römisches Kohortenkastell, dessen Besatzung einen Abschnitt des oberpannonischen Donaulimes sicherte. Sein Areal liegt heute auf der zur ungarischen Stadt Ács gehörenden Gemarkung nördlich des Gehöfts Vaspuszta im Komitat Komárom-Esztergom. Neben dem Kastell werden in diesem Artikel auch die benachbarten Wachtürme (Burgi) Ad Statuas 1 und 2 behandelt.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Wie ältere unter den römischen Schichten entdeckten Funde beweisen, ist das Kastellareal bereits während der Bronzezeit besiedelt worden.[1] Die Fortifikation wurde direkt in die stark hochwassergefährdeten Donauauen gebaut. Aufgrund des flachen Terrains konnte von hier aus die sich entlang des Ufersaums hinziehende Wachturmkette westlich und östlich des Kastells gut eingesehen werden. Noch etwas weiter westlich der Garnison gab es eine Abzweigung zur relativ nahe am Flussufer gehaltenen Limesstraße, die nahezu exakt in südöstliche Richtung zur nächstgelegenen römischen Ansiedlung, beim heutigen Tata, führte.[2][3]

Forschungsgeschichte

Der antike Name Ad Statuas ist erstmals durch das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti, ein Verzeichnis der wichtigsten römischen Reichsstraßen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. überliefert. In einer der wichtigsten Quelle für den spätantiken Limes, der Notitia dignitatum aus dem 4. Jahrhundert, scheint das Lager hingegen nicht mehr auf.[4] Die ersten Fundmeldungen aus dem Bereich des Lagerdorfes (Vicus) stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert. So berichtete 1817 der ungarische Statistiker und Geograph Elek Fényes (1807–1876), dass am Lovad-Bauernhof ein „römischer Keller“ mit intaktem Gewölbe auf Stein- und Ziegelpfeilern zu Tage kam. Möglicherweise handelte es sich hier um einen Teil der Heizanlage (Hypokaustum) des Kastellbades. Die ersten wissenschaftlichen Grabungen wurden 1948 vom Archäologen Laszlo Barkóczi 1948 durchgeführt.[5][6] Diesen nicht sehr aufschlussreichen Untersuchungen folgten zwei größere Ausgabungskampagnen in den Jahren von 1966 bis 1967 und 1970 bis 1972.[5][6] die beide unter der Leitung des Archäologen Dénes Gabler standen.

Baugeschichte

Holz-Erde-Lager

Dénes Gabler vermutete den Standort des frühen Holz-Erde-Lagers ein paar hundert Meter östlich des späteren Steinkastells. Wahrscheinlich wurde es im frühen 2. Jahrhundert, während der Regierungszeit des Kaisers Trajan (98–117), gegründet.[7] Gabler betonte in einem 2003 erschienenen Kompendium über die Grabungen in Ács-Vaspuszta nochmals ausdrücklich die in der frühtrajanischen Periode erfolgte Gründung des Kastells (Zsolt Visy 2003).

Lager I

Das erste archäologisch gesicherte Holz-Erde-Lager lag am selben Standort wie die nachfolgenden Fortifikationen. Aufgrund seines Konstruktionstyps ordnete Gabler es der der spättrajanischen Zeitperiode zu. Archäologisch fassbar blieb von dieser Bauphase unter anderem ein Rest des südlichen Wehrgrabens, unmittelbar im rückwärtigen Bereich des später errichteten steinernen Stabsgebäudes (Principia)[7][5] sowie ein Stück des dahinterliegenden, 2,10 bis 2,40 Meter starken Erdwalls.[8] Gabler stellte weiters fest, dass sich an der Innenseite des nach Nordosten orientierten Grabenstücks – also an dessen nördlichem Saum – einige Pfostenlöcher abzeichneten, die zu Gebäuden des ältesten Lagers gehört haben müssen. Grundriss und Ausmaße ließen sich jedoch nicht mehr feststellen.[9] Da der Graben an der Dekumanseite lag, konnte auch die Prätorialfront, die dem Barbaricum zugewandte Schmalseite des Kastells, bestimmt werden; sie war wie bei den beiden Nachfolgekastellen nach Norden ausgerichtet. Auch die topographische Gesamtorientierung des Kastells blieb während der kommenden Jahrhunderte unverändert.

Lager II

Aufgrund der ständigen Überflutungen war bereits kurz nach 117 n. Chr., unter der Herrschaft des Kaisers Hadrian (117–138), die Errichtung eines neuen, zweiten Holz-Erde-Lagers notwendig. Es wurde zwar wieder am selben Platz aufgebaut, gleichzeitig jedoch rund 40 Meter weiter nach Süden verlegt.[2][7] Wie die Ausgrabungsbefunde zeigten, war dieses von der Cohors I Thracum equitata (Erste teilberittene Kohorte der Thraker) errichtete Kastell nur geringfügig kleiner als der spätere Steinbau. Der Erdwall dieser von einem Pfosten- und Balkensystem gestützten rechteckige Anlage war 3,60 bis 3,80 Meter breit.[8] Er wurde an den beiden Längs- und Schmalseiten von insgesamt vier Toren durchbrochen und besaß die für diese Zeit typischen abgerundeten Ecken (Spielkartenform). Der Wehrgraben im Bereich der Porta decumana, dem rückwärtigen, südlichen Tor der Garnison, war bemerkenswerterweise als Clavicula ausgeformt.[5] Bis heute gibt es hierfür keine Parallelen am pannonischen Donaulimes.[10][7] In dieser Zone konnten Gabler und seine Grabungsmannschaft auch die Reste eines Erdwalls untersuchen, der hinter der hölzernen Verteidigungsmauer aufgeschüttet worden war und den Wehrgang trug.[9]

Bedauerlicherweise ließ sich der Grundriss der Principia des Holz-Erde-Kastells aufgrund der starken Bodenstörungen nicht mehr rekonstruieren, dafür konnten noch Reste roter Freskenfragmente aus dem Bereich geborgen werden. Eine später abgetragene und überpflasterte nord-südlich orientierte Steinmauer lässt annehmen, dass zumindest Teile des Stabsgebäudes aus dieser Zeit auf einem Steinfundament gegründet waren.[11]

Unter der breiten Berme des späteren Steinkastells fand sich Terra Sigillata aus dem mittelgallischen Töpfer-Zentrum in Lezoux bei Clermont-Ferrand, das seine Produktion bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. aufnahm. Dieses Keramikmaterial konnte der Regierungszeit des Kaisers Antoninus Pius (138–161) zugeordnet werden.[1] Des Weiteren wurden Sigillaten aus der Rheinzaberner Manufaktur des Herstellers Cobnertus in den Schichten der Holz-Erde-Periode II festgestellt.[12]

Steinkastell

Prinzipatszeit

Rekonstruktionsversuch der Porta decumana des norischen Kastell Favianis (Mautern/NÖ), so könnte auch das rückwärtige Tor in Ács-Vaspuszta ausgesehen haben.

Nach der Zerstörung des Holz-Erde-Kastells in den Markomannenkriegen, (166–180), die sich durch eine starke Brandschicht nachweisen ließ,[1] wurde zwischen den Jahren 170 und 178 der steinerne Neubau in Angriff genommen.[7] Er orientierte sich wieder weitgehend an dem genormten Kastelltypus der Prinzipatszeit. Seine Ausmaße ließen sich bei der Grabung noch recht gut bestimmen, obwohl die gesamte Prätorialfront und ein Teil der vorderen Praetentura (Vorderlager) bereits von der Donau überspült wurden und dadurch schwer beschädigt waren. Das Steinkastell war im Vergleich mit ähnlichen Limeskastellen mit 1,2 Hektar relativ klein bemessen. Die an der Dekumanseite noch vollständige Rückfront des Lagers war 106 Meter breit, ein im Donaubett noch sichtbarer Steinblock aus dem Mauerwerk des Haupttors, der Porta praetoria, markierte die Längsausdehnung von rund 112 Metern.[9]

Die steinerne, 1,10 Meter breite Wehrmauer wurde vor dem einplanierten Graben des Holz-Erde-Kastells errichtet. Genau über dem alten Graben erhob sich ein, zur Abstützung hinter der Steinmauer aufgeschütteter, rund fünf Meter breite Erddamm,[8] der den Wehrgang trug. Hinter den abgerundeten Ecken stand je ein an die Wehrmauer angelehnter rechteckiger Wachturm. Der 1967 erforschte südöstliche Eckturm umfasste eine Fläche von 5,25 × 5,40 Metern, seine Innenmaße betrugen 3 × 2,82 Meter.[13]

Von den vier Toren des Kastells konnten speziell die beiden an den Flanken positionierten, die

  • Porta principalis sinistra (Südwesttor), die ihr gegenüberliegende
  • Porta principalis dextra (Nordosttor)

und die rückwärtige

  • Porta decumana (Südosttor)

untersucht werden. Je ein Tor durchbrach an allen vier Seiten die Wehrmauer. Die Tore besaßen - mit Außnahme der Porta decumana - eine einspurige, ca. 4 Meter breite Durchfahrt[14] und wurden von je zwei 6 × 4,70 Meter großen rechteckigen Türmen flankiert. Sie sprangen leicht aus der Flucht der Wehrmauer hervor – ein wichtiges Detail für die bauchronologische Zuordnung. Die Baustruktur der schon erwähnten Porta praetoria war durch die Unterspülung der Donau bereits stark beschädigt. Wie für die Erbauungszeit üblich, war der Durchgang der Porta decumana enger gestaltet und wich – im Vergleich mit den anderen Torbauten – in seiner Bauausführung ein wenig von den anderen ab.[9]

Vor der Lagerumwehrung war wieder ein – mit 4 bis 4,10 Metern Breite aber relativ schmaler – Spitzgraben ausgehoben worden, dessen Berme hingegen mit 3,8 Metern auffallend großzügig angelegt war.[8] Vor der Porta decumana ließ sich weiters feststellen, dass der Graben hier von einer Holzbrücke überspannt gewesen sein muss.

Die Ausrichtung der Gebäude im Innenbereich weicht teilweise (für Limeskastelle untypisch) von den Hauptvermessungsachsen des Lagers ab, was Dénes Gabler als Indiz dafür ansah, dass sie nicht zeitgleich mit der Umfassungsmauer entstanden sein können.[9]

Die Grabungen im Zentralbereich brachten u.a. auch das 25,50 × 25–27 Meter große Stabsgebäude ans Licht.[14] Der um acht Grad[15] aus der Achse gedrehte Grundriss entsprach ebenfalls weitgehend dem typischen mittelkaiserzeitlichen Bauschema.[16] Als Besonderheit konnte eine kleine marmorne Säule mit spiralförmig gedrehtem Schaft geborgen werden. Es wird angenommen, dass solche Säulen auf einer niedrigen Balustrade rund um den rechteckigen Innenhof der Principia standen und eine Dachkonstruktion trugen. Allerdings wurde das Fundstück nicht in situ, sondern sekundär gelagert in einer der spätrömischen Speichergruben vorgefunden,[17] welche die Schichten der Principia durchschnitten.

Neben dem Stabsgebäude wurde noch ein weiteres Gebäude in der Retentura, dem rückwärtigen Lagerbereich ergraben.[5]

Spätantike

Skizze des Altars zu Ehren Jupiters und der severischen Kaiserfamilie, 202 n. Chr.

Die innen angesetzten Ecktürme wurden in spätrömischer Zeit durch massive fächerförmige Türme, die einen Umfang von bis zu 12 × 9,5 Meter besaßen, ersetzt. Der zwischen 1967 und 1970 untersuchte südwestliche fächerförmige Eckturm ragte 11,40 Meter aus der Flucht der abgerundeten Kastellecke hervor.[18] Zeitgleich wurden die Durchfahrten der beiden an den Flanken des Kastells liegenden Tore, die Porta principalis sinistra und die Porta principalis dextra, zugemauert.[5] Da die Fundamente der vier Fächertürme bis in den Bereich des bisherigen Wehrgrabens reichten, musste er noch vor deren Baubeginn zugeschüttet werden. Als Ersatz entstand 13 Meter vor der Lagermauer[2] ein neuer, 6 Meter breiter und 4,5 Meter tiefer Graben.[5] Diese Umbaumaßnahmen, bei denen unter anderem in Ad Statuas auch ältere Inschriftensteine als Spolien vermauert wurden, konnten auch bei vielen anderen Kastellen am pannonischen Donaulimes festgestellt werden. Gabler taxiert diese Baumaßnahmen in die Regierungszeit des konstantinischen Kaiserhauses (306–361).[7]

Auch am Stabsgebäude ließ sich zumindest eine Umbauphase feststellen, deren konkrete zeitliche Zuordnung jedoch unklar blieb. An der Nordfront wurde – möglicherweise zeitgleich mit den Veränderungen an der Kastellmauer – eine nachträgliche Verstärkung mit einer besonders tief gegründeten, sehr starken Mauer beobachtet.[19] Im Gegensatz zu den sonst sehr häufig an den Grenzverläufen nachgewiesenen und mehr oder minder aufwendigen Baumaßnahmen während der Regierungszeit des im nahen Brigetio verstorbenen Kaisers Valentinian I. (364–375) fanden sich dafür in Ács-Vaspuszta nur geringe Hinweise. Nur im Südteil des Kastells konnte ein Gebäude aus Trockenmauerwerk und an den Principia Bauarbeiten festgestellt werden.[20] Auch für die Zeit nach Valentinian konnten nur geringe Spuren beobachtet werden.[7] In der Spätphase des Kastells waren die Principia offensichtlich bereits beschädigt oder zerstört. Gabler fand fünf weitgehend gleich große und regelmäßig angeordnete, bienenkorbartige Getreidegruben, welche die stratigraphischen Schichten des Stabsgebäudes durchschnitten. Aus diesen Gruben bargen die Ausgräber vor allem Bauschutt, die bereits weiter oben erwähnte gedrehte Marmorsäule,[19] aber auch nachvalentinianische Keramikscherben.[20]

Eine der wichtigsten Quellen für den spätantiken Limes, die Notitia Dignitatum, erwähnt Ad Statuas und das benachbarte Ad Mures nicht. Andreas Mocsy nimmt an, dass in diesen beiden Lagern in der Zeit, als die letzte Fassung der Notitia zusammengestellt wurde, gar kein Militär mehr stand. Möglicherweise gehörten beide auch schon zur Provinz Valeria. In Ad Statuas trat in der obersten Zerstörungsschicht ein Hortfund von 95 Bronzemünzen ans Tageslicht, er wird mit einem Einfall des germanischen Stammes der Quaden in Verbindung gebracht und in die Jahre zwischen 333 und 356 n. Chr. datiert.[20] Ziegelstempel aus der Zeit Valentinians I. fehlten allerdings, dafür wurde einglättverzierte Keramik festgestellt. Bemerkenswert ist auch, dass die Notitia auf den 40 km zwischen Arrabona und dem Legionslager Brigetio kein einziges weiteres Kastell erwähnt, obwohl es sich damit für die Krisenzeiten des 4. Jahrhunderts um eine gefährlich lange Strecke ohne Sicherungsanlagen handeln würde.

Für diese Auffälligkeiten bieten sich zwei Erklärungen an: Das Lager bei Leanyvar beispielsweise fehlt ebenfalls in der Truppenliste der Notitia, obwohl dort valentinianische Ziegelstempel gefunden wurden, die hier Bautätigkeiten für diese Zeit annehmen lassen. Wahrscheinlich wurde die Truppenliste der Lager um Brigetio nur unvollständig überliefert, die Vexillationen der Legio I Adiutrix sind z.B. nur mit einer Einheit, der cohors quinta partis superioris, angeführt.[21] Zweitens besteht die Möglichkeit, dass die aus dem Lager Visegrád abgezogenen auxilia Ursarensia nicht nach Várdomb, sondern in das gleichnamige Lager bei Acs Vaspuszta verlegt wurden. In diesem Fall wäre so auch die Funde der einglättverzierten Keramik erklärbar. Vielleicht wurde das Lager unter Constantius II. vorübergehend aufgelassen und um 380 n. Chr. wieder mit den Ursariensas besetzt.[22]

Die Funde eingeglätteter Keramik wurden in der Vergangenheit als sicheres Zeugnis für eine Existenz des Lagers bis in das frühe 5. Jahrhundert angesehen.[2] In neueren Veröffentlichungen kam anhand der Befunde aus Ad Statuas und der dort in den letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts immer häufiger anzutreffenden Keramik dieses Typs aber auch die Überlegung auf, ob zum damaligen Zeitpunkt der (zuvor am jenseitigen Ufer lebende) germanische Stamm der Markomannen hier möglicherweise ein Siedlungszentrum besaß.[7] Die Theorien über die eingeglättete Keramik sind bis heute jedoch vielfältig und sehr umstritten.[23]

Truppe und Offiziere

Im Jahre 2001 stellte der Epigraphiker Barnabás Lőrincz eine Liste der in Pannonien eingesetzten römischen Einheiten zusammen. Denes Gabler ging anfänglich davon aus, dass die Cohors I Thracum das frühtrajanische Holz-Erde-Lager errichtet hatte.[5] Später revidierte er jedoch seine Auffassung und favorisierte die Cohors I Hispanorum als Gründer des Kastells von Vaspuszta. [7] [24]

Folgende Besatzungseinheiten sind für Ad Statuas bekannt:

Zeitstellung Truppenname Bemerkung
kurz nach 98 bis um 101 n. Chr./106 n. Chr.[25] Cohors prima Hispanorum,
(„die erste Kohorte der Hispanier“)
Diese – nur durch vor Ort gefundene Ziegelstempel[8] nachweisbare – Truppe errichtete vermutlich das erste Holz-Erde-Lager von Ács-Vaspuszta.[26] Um 106 dürfte sie in die Provinz Moesia Superior verlegt worden sein.[27]
101 bis 118/119 n. Chr. Cohors quarta voluntariorum civium Romanorum,
(„die vierte Freiwilligenkohorte römischer Bürger“)
Diese Kohorte löste im frühen 2. Jahrhundert n.Chr. die Hispanier als Besatzungstruppe des Kastells ab.[25]
ab 118/119 n. Chr. Cohors prima Thracorum equitata civium Romanorum,
(„die erste teilberittene thrakische Kohorte römischer Bürger“)
Die Thraker übernahmen nach der Freiwilligenkohorte den Wachdienst in Ad Statuas.[25] Aus einer der spätantiken Torvermauerungen konnte 1967 ein großer Weihealtar (Spolie) geborgen werden, der zu Ehren Jupiters und der severischen Kaiserfamilie (193–211) gestiftet worden war. Das Denkmal ist - laut der Konsuldatierung - im Jahr 202 angefertigt worden, genau zu dem Zeitpunkt als Septimius Severus Pannonien besuchte. Der eigentliche Grund für die Aufstellung des Altarsteines war jedoch die Neuerrichtung eines Jupitertempels durch den Präfekten (Kommandeur) der Thrakerkohorte, Aemilius Pacatianus.[28]
Spätantike foederati
gens Marcomannorum?,
(Söldner vom Stamm der Markomannen)
Über die spätantiken Besatzungen ist nichts genaues bekannt. Aufgrund verschiedener Fundhinweise wird für Ad Statuas eine Einheit markomannischer Föderaten vermutet. Als foederati bezeichnet die Forschung halbautonome - meist germanischstämmige - Söldnertruppen, die in der Spätzeit des pannonischen Limes vielfach zur Grenzsicherung angeworben wurden (foedus).

Benefiziarier und Veteranen

Das Fragment einer einst länglich-rechteckigen Inschriftentafel aus einem Heiligtum (antoninisch-severische Zeit), nennt einen „Benefiziarier-Priester“ (?), der einen Tempel in Ad Statuas von Grund auf renovieren ließ.[29]

Auf einer heute verschollenen Grabsteleninschrift aus dem Gräberfeld des Vicus wurde ein Offizier, Marcus Aurelius Lucanus, genannt. Er kommandierte während der severischen Dynastie (193–235) eine Reiterschwadron (Ala) und schied nach Beendigung seiner Dienstzeit ehrenvoll aus der Armee aus. Bedauerlicherweise war der Name seiner Einheit auf der Inschrift nur stark verstümmelt erhalten geblieben.[30] Lucanus leistete seinen Dienst sicher nicht in - dem für eine Ala viel zu kleinen Kastell - Ad Statuas ab, sondern hatte sich erst als Veteran hier niedergelassen. 1966 kam unterhalb des Kastells am Steilufer der Donau ein - gleichfalls aus severischer Zeit stammender - Votivaltar für Jupiter und Juno ans Licht, der ebenfalls im Auftrag eines Veteranen, Septimius Ursulinus, aufgestellt worden war.[31]

Vicus

Rund 20 bis 25 Meter vom Kastell entfernt konnten die Reste eines beheizbaren steinernen Hauses der Zivilsiedlung beobachtet werden. Die ebenfalls von Heizkanälen durchzogenen Wände des Gebäudes besaßen einen aufwendigen Terrazzoputz, überzogen mit einer dünnen Gipsschicht auf der einfach gestaltete Wandmalereien aufgetragen waren. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Freskofragmente rot, grün, weiß, orange und grün-gestreift waren. Andere Segmente bestanden aus schwarzen und grünen Pflanzenmotiven, die sich von einem gelben und weißen Hintergrund abhoben. Ein erhaltenes Motiv zeigte u.a. einen in gelb und rot gehaltenen Obstkorb auf weißem Untergrund. Unter der Terrazzoschicht konnte noch eine ältere Dekorationsphase nachgewiesen werden.[32]

Limesverlauf von Kastell Ács-Vaspuszta bis Kastell Ács-Bumbumkút

ON/Name![A 1] Beschreibung/Zustand Abbildung
Burgus Ad Statuas 1 Die Reste dieses Wachturms befinden sich 2800 m südlich des Kastells und sind nur auf Luftaufnahmen oder als leichte Geländeerhöhung erkennbar. Der Turm lag unmittelbar an der Donau, topographisch auf das Flussufer ausgerichtet, und war von einem an den Ecken abgerundeten Graben umgeben. Der Graben maß an der Längsseite 46 m und war 10 m breit. Im Zentrum des umwehrten Areals waren auf den Luftaufnahmen keinerlei Bebauungsspuren zu erkennen. Bei einer Feldbegehung fand Denes Gabler römische Keramikscherben und Bruchstücke verbrannten Lehmputzes an einem kleinen Hügel der schon teilweise von der Donau wegerissen war. Der Hügel reichte bis knapp an den Graben heran. Gabler vermutete, dass hier einst ein hölzerner Wachturm gestanden hatte.[33]
Burgus Ad Statuas 2 Dieser Wachturm befindet sich 2 km westlich der o.e Anlage in Felsöszölök/Acs. Seine Reste sollen bis ins 19. Jahrhundert noch gut sichtbar gewesen sein. Das Areal wurde 1951 von dem Archäologen László Barkóczi untersucht, er fand aber nur mehr geringe römerzeitliche Bebauungspuren vor.[34]

Fundverbleib

Das Material aus den Grabungen wird im KunyDomokos Megyei Múzeum in Tata, im Museum für ungarische Kultur und das Donaugebiet in Komárno und im János-Xántus-Museum in Győr aufbewahrt.

Denkmalschutz

Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Das Kastell Ács-Vaspuszta sowie alle anderen Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[35]

Siehe auch

Literatur

  • Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976.
  • Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989.
  • Dénes Gabler Újabb feliratos kőemlék Ács–Vaspusztáról. (Ein neues Steindenkmal mit Inschrift aus Ács-Vaspuszta.) In: Archaeologiai értesítő 96. Budapest 1969. S. 199–206.
  • Dénes Gabler: Újabb feliratos kőemlék az ácsi táborból. (Eine neue Inschrift aus dem Lager von Ács.) In: Archaeologiai értesítő 94. Budapest 1967. S. 194–197.
  • Sandor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. Becksche Verlagsbuchhandlung, München 1985, ISBN 3-406-30453-2.
  • Krisztina Szirmai: Frescos from Ács-Vaspuszta. In: Communicationes archaeologicae Hungariae (1991) Budapest. S.  97–113. (mit einem Beitrag von: Márta Járó: Chemical analysis of wall painting fragments excavated in Ács-Vaspuszta.)
  • Krisztina Szirmai: Newly discovered wall-paintings from the vicus of Ács-Vaspuszta. In: Communicationes archaeologicae Hungariae (2000) Budapest. S.  99–108. (mit einem Beitrag von: Márta Járó: Chemical analysis of some new wall-painting fragments from Ács-Vaspuszta.)
  • Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8.
  • Zsolt Visy: The Ripa Pannonica in Hungary. Akademai Kiadi, Budapest 2003.

Anmerkungen

  1. = Ordnungsnummer, Nummerierung der Wachtürme in dieser Tabelle gemäß der Publikation von Zsolt Visy: The ripa Pannonica in Hungary Akadémiai Kiadó, Budapest 2003, S. 27-28, Aufzählung erfolgt von Ost nach West.

Einzelnachweise

  1. a b c Dénes Gabler in: Mitteilungen des Archäologischen Instituts der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. 5, Budapest 1976, S. 209.
  2. a b c d Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 50.
  3. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 51.
  4. Dénes Gabler: Untersuchungen am oberpannonischen Donaulimes. In: Studien zu den Militärgrenzen Roms, II. Vorträge des 10. Internationalen Limeskongresses in der Germania Inferior. Rheinland-Verlag, Köln 1977, S. 297–312, hier S. 298.
  5. a b c d e f g h Dénes Gabler in: Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976, S. 27.
  6. a b Dénes Gabler: Untersuchungen am oberpannonischen Donaulimes. In: Studien zu den Militärgrenzen Roms, II. Vorträge des 10. Internationalen Limeskongresses in der Germania Inferior. Rheinland-Verlag, Köln 1977, S. 297–312, hier S. 301.
  7. a b c d e f g h i Zsolt Visy: The ripa Pannonica in Hungary. Akadémiai Kiadó, Budapest 2003, ISBN 9630579804, S. 25.
  8. a b c d e Dénes Gabler: Ad Statuas, Castellum. In: Zsolt Visy (Hrsg.): The Roman army in Pannonia. Teleki Lázló Foundation 2003, ISBN 963-86388-2-6ö, S. 70.
  9. a b c d e Dénes Gabler: Untersuchungen am oberpannonischen Donaulimes. In: Studien zu den Militärgrenzen Roms, II. Vorträge des 10. Internationalen Limeskongresses in der Germania Inferior. Rheinland-Verlag, Köln 1977, S. 297–312, hier S. 307.
  10. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 29.
  11. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 642.
  12. Dénes Gabler, Andrea H. Vaday: Terra sigillata im Barbaricum zwischen Pannonien und Dazien. Akadémiai Kiadó, Budapest 1986, ISBN 9630538792, S. 35.
  13. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 71
  14. a b Dénes Gabler: Ad Statuas, Castellum. In: Zsolt Visy (Hrsg.): The Roman army in Pannonia. Teleki Lázló Foundation 2003, ISBN 963-86388-2-6ö, S. 71.
  15. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 89
  16. Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie. Wien 2001, ISBN 3-902086-02-5, S. 113.
  17. Dénes Gabler: Marmorverwendung im nördlichen Teil Oberpannoniens. Zusammenhänge zwischen Kunst und Wirtschaft. In: Gerhard Bauchhenss (Hrsg.): Akten des 3. Internationalen Kolloquiums über Probleme des provinzialrömischen Kunstschaffens. Bonn 21. – 24. April 1993. Rheinland-Verlag, Köln 1996, ISBN 3-7927-1516-3, S. 43.
  18. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 73.
  19. a b Dénes Gabler in: Mitteilungen des Archäologischen Instituts der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. 5, Budapest 1976, S. 208.
  20. a b c Dénes Gabler: Ad Statuas, Castellum. In: Zsolt Visy (Hrsg.): The Roman army in Pannonia. Teleki Lázló Foundation 2003, ISBN 963-86388-2-6ö, S. 72.
  21. ND Occ. XXXIII, 28: Praefectus legionis primae adiutricis cohortis quintae partis superioris, Bregtione
  22. Sandor Soproni: 1985, S. 14.
  23. Friderika Horváth: Bemerkungen zum spätantiken Keramikmaterial aus der Festung von Keszthely-Fenékpuszta – Erste Ergebnisse. Workshop Leipzig, 8.–9.2.2008. Archäologisches Institut der UAdW.
  24. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 633.
  25. a b c Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Wien 2001, ISBN 3902086025, S. 103.
  26. Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Wien 2001, ISBN 3902086025, S. 111.
  27. Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Wien 2001, ISBN 3902086025, S. 73.
  28. AE 1978, 653.
  29. AE 1947, 36.
  30. CIL 3, 11020.
  31. AE 1967, 380.
  32. Dénes Gabler (Hrsg.): The Roman Fort at Ács-Vaspuszta (Hungary) on the Danubian limes. Teil 2. B.A.R., Oxford 1989, S. 5.
  33. Zsolt Visy: 2003, S.27-28
  34. Zsolt Visy: 2003, S.28
  35. Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal.

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