Alfred von Tirpitz

Alfred von Tirpitz
Alfred von Tirpitz (1903)

Alfred Peter Friedrich Tirpitz, ab 1900 von Tirpitz (* 19. März 1849 in Küstrin; † 6. März 1930 in Ebenhausen bei München) war ein deutscher Großadmiral und Nachfolger des Staatssekretärs des Reichsmarineamts Friedrich von Hollmann.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Alfred von Tirpitz beim Verlassen des Reichsmarineamts
Alfred von Tirpitz gemalt von Lovis Corinth

Er entstammte einer brandenburgischen Familie und war der Sohn des königlich preußischen Geheimen Justizrats Rudolf Tirpitz (1811–1905). Tirpitz heiratete am 18. November 1884 in Berlin Maria Auguste Lipke (* 11. Oktober 1860 in Schwetz, Westpreußen; † nach 1941 in Ebenhausen). Er wurde am 12. Juni 1900 in Homburg v. d. H. in den preußischen Adelsstand erhoben.

Militärische Laufbahn

Tirpitz begann seine militärische Laufbahn am 24. April 1865 im Range eines Kadetts, am 24. Juni 1866 wurde er zum Seekadetten ernannt. Auf den Eintritt in die Marine des Norddeutschen Bundes am 24. Juni 1869 wurde er am 22. September 1869 zum Unterleutnant zur See befördert, es folgten am 25. Mai 1872 der Leutnant zur See, am 18. November 1875 der Kapitänleutnant, am 17. September 1881 der Korvettenkapitän und schließlich am 24. November 1888 der Kapitän zur See. Am 13. Mai 1895 erreichte er den Rang des Contreadmiral, dieser Titel entsprach nach der Eindeutschung zum Jahresbeginn 1899 dem Konteradmiral. Am 5. Dezember 1899 wurde er zum Vizeadmiral ernannt, am 14. November 1903 zum Admiral befördert. Mit AKO erhielt Tirpitz am 27. Januar 1911 den Rang und Titel als Großadmiral verliehen. Seine militärische Karriere beendete er am 15. März 1916 mit dem Eintritt in den Ruhestand.

Lebenswerk

Großadmiral Alfred von Tirpitz gilt als Begründer der deutschen Hochseeflotte. Ziel war es, eine Flotte zu schaffen, die zwar die Stärke der britischen Flotte nicht erreichen konnte, doch für die Seemacht Großbritannien zumindest eine Risikodrohung im Falle eines Krieges gegen das Deutsche Reich darstellen sollte. So kam es zum Deutsch-Britischen Wettrüsten. Die so geschaffene Flotte wird auch gelegentlich als Risikoflotte bezeichnet, deren Existenz im Vorfeld des Ersten Weltkriegs von Großbritannien immerhin als Bedrohung aufgefasst wurde.

Meinungsverschiedenheiten mit Wilhelm II. über den Einsatz der Flotte im Krieg führten zum Ausscheiden des Großadmirals aus dem militärischen Dienst.

Der „Tirpitz-Plan“

Gemeinsam mit der Berufung von Bernhard von Bülow zum Staatssekretär des Äußeren wurde Alfred von Tirpitz 1897 zum Staatssekretär des Reichsmarineamts ernannt, um als Entscheidungsträger im Bereich der deutschen Außenpolitik das Lieblingsprojekt Wilhelms II., den Ausbau der deutschen Hochseeflotte, verwirklichen zu helfen. Tirpitz' Propagandachef wurde Ernst Levy von Halle.

Die Seerüstung war keine spezifisch deutsche Angelegenheit. Großbritannien hatte seine Flotte nach der Naval Defence Act 1889 mit großen Schiffen massiv verstärkt. Das neue Paradigma des Two-Power-Standard ging auf Alfred Thayer Mahan und sein epochales Buch The Influence of Sea Power upon History von 1890 zurück. Das „Denken in Schlachtschiffen“ begann.[1]

Um dieses Projekt, für das Tirpitz 20 Jahre veranschlagt hatte, auf Dauer umsetzen zu können, setzte Bülow zunächst durchweg auf die Erhaltung des Friedens. Für den Flottenbau schien vorläufig Ruhe erforderlich. Denn es kam darauf an, eine weltpolitische Gefahrenzone möglichst ungestört zu durchqueren, bis Deutschland mit dem in aller Stille geschärften Schwert in der Hand hervortreten konnte. Bülow sorgte dafür, dass die Rahmenbedingungen geschaffen wurden, damit sich Tirpitz' Forderung nach erheblichem Ausbau der Flotte verwirklichen ließ.

So gut es ging, suchte Tirpitz Deutschland aus allen weltpolitischen Konflikten herauszuhalten, bis die Schlachtflotte bereitstehen würde. Im Besitz der Flotte und im Bündnis mit Russland wollte er letztlich für das britische Imperium eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen und die Möglichkeit haben, einen großen Teil des kolonialen Erbes der Briten übernehmen zu können.

Der Flottenbau sollte eine Art von Bündnisersatz sein und den Ausbruch aus der kontinentalen Enge fördern; er sollte gleichzeitig die Lösung für die propagandistisch oft als die großen Probleme der Zeit bezeichneten Phänomene des stetigen Bevölkerungswachstums und der Notwendigkeit der Schaffung neuer Märkte zur Ermöglichung einer stetig fortschreitenden Industrieexpansion bieten; darüber hinaus sollte er die bei vielen Kreisen im Lande vorherrschende und publizistisch oft vertretene Prestigesucht befriedigen. Er sollte die außenpolitische Unabhängigkeit sichern und zu weltpolitischer Größe verhelfen, die ihrerseits dann auch die innenpolitischen Verhältnisse dauerhaft konsolidieren würden.

Tirpitz glaubte, dass sein Flottenbauplan auch den Effekt haben würde, durch eine erfolgreiche Außenpolitik eine Parlamentarisierung und Demokratisierung des preußisch-deutschen Konstitutionalismus zu verhindern. Dabei sollten Industrielle, Agrarier und Militärs auf der Grundlage gemeinsamer Interessen zur Basis für die Politik des Reiches werden. Die Sammlung dieser „staatserhaltenden Kräfte“ sollte vor allem gegen die Bedrohung durch die Sozialdemokratie gerichtet sein. Es galt, den Arbeiter für ein wirtschaftlich und außenpolitisch erfolgreiches Kaisertum zu gewinnen, indem man an seine nationalen Gefühle appellierte, wobei sich die Krone selbst letztlich als der entscheidende Integrationsfaktor verstand. Daher vollzog sich auch die gleichzeitig mit dem Flottenbau einsetzende Wandlung zum persönlichen Regiment des Kaisers mit seinen bonapartistischen Zügen nicht zufällig. Wilhelm II., der um die Jahrhundertwende noch glaubte, die Sozialdemokratie sei nur eine vorübergehende Erscheinung, wurde spätestens durch das Wahlergebnis von 1903 belehrt, dass diese Annahme falsch war und die Strukturkrise des Reiches keinerlei Besserung erfahren hatte. Es wurde deutlich, dass Flottenpolitik und Kaisertum nie die breite Machtbasis erringen konnten, die sie anstrebten.

Zu Anfang des Flottenbauprogramms schwankte der Kaiser in der Frage der Realisierung des Flottenbauprogramms noch zwischen zwei bautechnischen Alternativen: Sollte er eine Kreuzerflotte (Aufklärungsschiffe) bauen lassen, die zum Schutze der Kolonien deutsche Präsenz auf allen Weltmeeren demonstrieren konnte, oder sollte er sich für eine Schlachtflotte entschließen, die in der Nordsee gegen Großbritannien zu stationieren war?

Zu dieser Frage arbeitete Admiral von Tirpitz ein Memorandum mit dem unscheinbaren Titel „Allgemeine Gesichtspunkte bei der Feststellung unserer Flotte nach Schiffsklassen und Schiffstypen“ aus. Gleich zu Beginn des Memorandums lehnt er den Kreuzerkrieg als eine für Deutschland aussichtslose Strategie ab. Um in der Nordsee eine Vormachtstellung anstreben zu können, sei es nötig, eine hohe Zahl an Linienschiffen (Großkampfschiffe) zu bauen, die eben für den Kampf in der Linie geeignet seien und im Ernstfall nicht so schnell zu versenken wären.

Über die geplante Anzahl an Linienschiffen meinte Tirpitz zu diesem Zeitpunkt, eine Zahl von zwei Geschwadern à acht Linienschiffen mit jeweils einem Reserveschiff sei bis 1905 zu verwirklichen. Wilhelm II. schloss sich diesen Ansichten des Staatssekretärs Tirpitz an und begann, zunächst gegen den Widerstand des Reichstags, den Schlachtflottenbau in die Wege zu leiten. Mit den beiden Flottengesetzen von 1898 und insbesondere dem von 1900, das die künftige Entwicklung der deutschen Seerüstung im Kern bestimmte, wurde der Grundstein für den von dem deutschen Historiker Volker R. Berghahn als „Tirpitz-Plan“ bezeichneten Schlachtflottenbau gelegt; in den Novellen von 1906, 1908 und 1912 fand er konsequent verfolgte und systematisch angepasste Ergänzungen. Über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten sollte eine Schlachtflotte von Linienschiffen erbaut werden, die Großbritannien Paroli zu bieten vermochte. Erst damit glaubte man Deutschlands Großmachtstatus international festigen zu können.

Unaufhebbar gingen offensive und defensive Elemente in den unübersichtlich wirkenden Risikogedanken ein, der im Zentrum des Tirpitz-Plans stand. Für die Briten sollte ein Angriff auf die deutsche Flotte zu einem unabsehbaren Risiko werden, das sie nicht wagen würden einzugehen. Sollte es dennoch zu einem militärischen Konflikt kommen, würde ein Sieg der Royal Navy nur einem Pyrrhussieg gleichkommen, der angesichts der eigenen hohen Verluste eher eine Niederlage bedeuten würde. Mit Sicherheit jedenfalls würde Großbritannien darüber den ohnehin schon zweifelhaft gewordenen „Two Power Standard“ einbüßen, einer Maxime der britischen Admiralität, die besagte, dass die britische Flotte immer mindestens so stark sein müsse wie die der beiden nächsten großen Seemächte zusammen, um somit der Aufgabe der Sicherung des bestehenden Weltreiches ausreichend gewachsen zu sein. So hätte es im Falle eines Konflikts mit Deutschland leicht zum Opfer der dann überlegenen Seestreitkräfte der Franzosen und Russen, die lange Jahre als die gefährlichsten Konkurrenten des Empire galten, absinken können.

Einem solchen kühn angelegten Plan haftete von vornherein etwas Illusorisches an. Eine große Macht wie das Deutsche Reich konnte sich kaum einige Jahre von der Weltpolitik verabschieden, um in aller Ruhe ungestört aufzurüsten. Außerdem musste Großbritannien früher oder später auf die Herausforderung reagieren. Seit dem Herbst 1902 wurden einzelne britische Kabinettsmitglieder auf den offensiven Charakter des Tirpitzschen Schlachtflottenbaukonzepts aufmerksam. Vom Jahre 1904 an kam es zu einer britisch-französischen Zusammenarbeit, so dass die britischen Seestreitkräfte in der Nordsee verstärkt werden konnten. Eine vollends neue Dimension erhielt der Rüstungswettlauf, als Großbritannien ab 1906 mit der Konstruktion eines neuen, qualitativ überlegenen Schiffstyps, der „Dreadnought“-Klasse, begann. Bald darauf begann sich das endgültige Scheitern des Tirpitz-Plans abzuzeichnen.

Siehe auch: Risikotheorie (Militär)

Politische Folgen des Tirpitzplans

  • Innenpolitisch beabsichtigte Tirpitz, den Umfang der Marine gesetzlich festzulegen (ähnlich wie beim Heer), um damit den Einfluss des Reichstags auf die Marine zu verringern. Durch geschickte Behandlung des Reichstags und gut organisierte Propagandakampagnen gelang es ihm, diesem Ziel mit Zustimmung des Reichstags sehr nahe zu kommen.
  • Als Größenordnung hatte Tirpitz von Anfang an eine Flotte im Auge, die 2/3 der britischen Flotte stark sein sollte. Dieses Ziel benannte er natürlich nicht öffentlich.
  • Wegen der enormen Kosten des Flottenbaus musste an anderen Stellen gespart werden. Dies betraf insbesondere das Heer. Tirpitz hatte es da relativ leicht, weil es in der Heeresführung starke Kräfte gab, die das Heer exklusiv halten wollten, um das Eindringen bürgerlicher und sozialdemokratischer Elemente zu verhindern. Eine Folge davon war allerdings, dass die Landmacht Deutschland zu Beginn des Ersten Weltkriegs weniger ausgebildete Soldaten als Frankreich hatte.
  • Die Propaganda für die Flotte hatte einen fatalen Nebeneffekt: Sie brauchte einen Gegner, um wirksam zu sein. Außer Großbritannien gab es jedoch keinen Gegner für diese Flotte – weder Frankreich noch Russland konnten glaubhaft als „Seefeind“ dargestellt werden. Auch wenn die Propaganda es nicht direkt sagte, musste Großbritannien zwangsläufig zum Feindbild werden. Als Großbritannien begann, die Gefahr zu erkennen und nachzurüsten, schien dies ein Beweis für die Notwendigkeit des Flottenbaus zu sein. So schuf sich die Flotte ihren Feind gewissermaßen selbst. Die Politik hatte gegen diese Stimmung keine Chance.
  • Die Idee, die Flotte unauffällig zu bauen und erst nach ihrer Fertigstellung als Machtmittel einzusetzen, war zwar im Prinzip richtig, aber bei einer Bauzeit von 20 Jahren unrealistisch. Man kann nicht jahrelang für etwas Propaganda machen, von dem das Volk nichts zu sehen bekommt. Natürlich war es auch nicht möglich, den Bau einer so großen Flotte nach außen zu verheimlichen. Dazu kam noch, dass der Kaiser dazu neigte, bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit „seiner“ Flotte zu prahlen. Als politisches Drohmittel war die Flotte ohnehin nur zu gebrauchen, wenn die potentiellen Gegner davon wussten.
  • Spätestens ab 1905 war es klar, dass Deutschland nicht einmal das Wettrüsten auf Basis 2/3 der britischen Stärke gewinnen konnte. Trotzdem lehnten es Tirpitz und der Kaiser strikt ab, über Rüstungsbegrenzung auch nur nachzudenken.
  • Dass Großbritannien nicht auf die von Tirpitz angestrebte Entscheidungsschlacht in den ersten Kriegstagen einzugehen brauchte, sondern seine Flotte außerhalb der Reichweite der deutschen Flotte zur Fernblockade einsetzen konnte, war schon 1898 in Planspielen diskutiert worden. Politische Konsequenzen wurden daraus nicht gezogen. Tirpitz gab sich auch keine Mühe, dem Kaiser diese Alternative wirklich klarzumachen.

Politik

1917 war Tirpitz Mitgründer und Vorsitzender der alldeutsch und nationalistisch orientierten Vaterlandspartei. Wolfgang Kapp war sein Stellvertreter, der zusammen mit Heinrich Claß und Conrad Freiherr von Wangenheim den politischen Apparat aufbaute. Hier sammelten sich die Gegner eines Verständigungsfriedens, die in Opposition zur Reichstagsmehrheit den Kampf gegen die Friedensresolution führten. Die Vaterlandspartei war eine außerparlamentarische Bewegung von rechts, mit dem Anspruch auf Integration aller rechten Parteien und Verbände. Erstmals wurde das Konzept der außerparlamentarischen Mobilisierung von rechts realisiert. Auf ihrem Höhepunkt, im Sommer 1918, hatte die Partei über 1.250.000 Mitglieder. Geprägt war die Vaterlandspartei von „cäsaristischem Herrschaftsdenken“, wobei Erich Ludendorff und Paul von Hindenburg als „Volkskaiser“ propagandistisch aufgebaut wurden, mit dem Ziel des „plebiszitären Militärstaates“, dessen Legitimität auf Krieg und Kriegszielen beruhte, als Alternative zur Parlamentarisierung des Reiches. Intern gab es daher Aufrufe zum Staatsstreich von rechts unter der Führung von Hindenburg und Ludendorff, notfalls auch gegen den Kaiser.[2] Tirpitz hat mit dem Flottenverein, den Staatsstreichplänen 1915 und der Vaterlandspartei bewiesen, dass er zur politischen Agitation mit dem Instrument einer Massenpartei und dem Mittel der Propaganda sowie zum Staatsstreich gegen den Kaiser und zur Militärdiktatur bereit war.[3]

Tirpitz, der die Kriegszielfrage als die Hauptfrage des Weltkriegs betrachtete, drängte auf Annexionen hauptsächlich im Westen, um „Deutschland als Weltmacht weiter zu entwickeln“.[4] Für Deutschlands „Seegeltung“ brauche man Belgien, den Besitz von Zeebrügge und Ostende, denn der Hauptfeind sei Großbritannien, daher plädierte er für einen russischen Sonderfrieden und wollte Russland sogar den Zugang zum freien Weltmeer gewähren. Deutschland könne ein noch so großer Kontinentalstaat sein, könne seine Weltstellung aber nur durch ungestörten Welthandel und im Kampf gegen Großbritannien bewahren und ausbauen. Tirpitz beklagte Deutschlands „Politik der Unklarheit, Unentschlossenheit, des Überwiegens einer humanitären Ideologie über gesunden Selbsterhaltungswillen, der Politik der Übergerechtigkeit für die Neutralen auf Kosten vitaler deutscher Interessen, des Bettelns nach Frieden und des Dienerns ringsum“.[5] Er forderte eine energische Kriegsführung ohne Rücksicht auf diplomatische und handelspolitische Folgen und befürwortete den äußersten Einsatz aller Kampfmittel (uneingeschränkter U-Boot-Krieg).[6] Die Haltung seiner nach Westen hin orientierten Gruppe war eine kuriose Mixtur aus Hass, Bewunderung, Neid und Imitation des Britischen Empires.[7]

Im Weltkrieg und auch schon davor geriet er in Gegensatz zur Politik von Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg, der eine Politik der Verständigung gegenüber Großbritannien betrieb und die Flotte als Instrument der Defensive betrachtete. Nach des Kanzlers Ansicht sollte der Sieg zu Land erfolgen, nicht zur See. Damit geriet er in Konflikt zu Tirpitz, der die Flotte offensiv gegen die britische Home Fleet einsetzen wollte, bevor diese 1916 ihre größte Wirksamkeit entfalten konnte. Dadurch sollten britische Kräfte gebunden und deren Einsatz in Übersee geschwächt werden, was zur Entlastung der neutralen Staaten und der deutschen Versorgungswege über See beitrug. Außerdem sollten laut Tirpitz die Landstreitkräfte entlastet werden und die Moral der Marine gestärkt werden. Eine Flotte, die untätig im Hafen lag (Fleet-in-being), sei ein potentieller Unruheherd und würde die Deutsche Flottenbaupolitik vor dem Kriege im Nachhinein ad absurdum führen. Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg war seiner Ansicht ebenfalls verfehlt, da er viel zu spät eingeleitet wurde. Es sei versäumt worden ihn 1916 zu seiner größten Wirksamkeit zu bringen, da die britische Flottenpolitik und -kapazität noch wirksam bekämpft werden konnte. Laut britischer Pressestimmen sei 1916 das Empire in 9 Monaten „am Ende“.[8] Außerdem beklagte er den Kompetenzwirrwarr im Flottenkommando, das zwischen Kaiser, Reichskanzler, Kabinett und Generalstab aufgeteilt war. Dies verhindere flexibles Reagieren der Seestreitkräfte. Seine Forderung nach zentraler Befehlsgewalt nach Vorbild der britischen Admiralität stieß bei den genannten Gremien auf taube Ohren und führte zu seiner Resignation 1916.

Von 1908 bis 1918 war Tirpitz Mitglied des Preußischen Herrenhauses und von 1924 bis 1928 als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) Mitglied des Reichstags.

Ehrungen

Werke

  • Der Aufbau der deutschen Weltmacht, Stuttgart/Berlin 1924.
  • Deutsche Ohnmachtspolitik im Weltkriege, Hamburg/Berlin 1926.
  • Erinnerungen, 5. Auflage, Berlin/Leipzig 1927.

Literatur

  • Volker R. Berghahn: Der Tirpitz-Plan. Genesis und Verfall einer innenpolitischen Krisenstrategie unter Wilhelm II. Verlag Droste, Düsseldorf 1971, ISBN 3-7700-0258-X.
  • Michael Epkenhans: Die wilhelminische Flottenrüstung 1908–1914. Weltmachtstreben, industrieller Fortschritt, soziale Integration, Beiträge zur Militärgeschichte, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Band 32, R. Oldenbourg, München 1991, ISBN 3-486-55880-3.
  • Michael Epkenhans: Tirpitz und das Scheitern der Kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg. In: Oliver v. Mengersen (Hrsg.): Personen – soziale Bewegungen – Parteien. Beiträge zur Neuesten Geschichte. Festschrift für Hartmut Soell. Manutius, Heidelberg 2004, ISBN 3-934877-32-X, S. 15–36
  • Michael Epkenhans: Tirpitz. Architect of the German high sea fleet. Potomac, Washington DC 2008, ISBN 978-1-57488-444-9.
  • Michael Epkenhans, Jörg Hillmann und Frank Näger (Hrsg.): Skagerrakschlacht. Vorgeschichte - Ereignis - Verarbeitung. im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamts, Reihe Beiträge zur Militärgeschichte: Band 66, R. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58803-3.
  • Rolf Hobson: Maritimer Imperialismus. Seemachtideologie, seestrategisches Denken und der Tirpitzplan 1875 bis 1914, R. Oldenbourg, München 2004 ISBN 3-486-56671-7. online Rezension, in franz. Sprache Francia (Zeitschrift) 2006, H. 3, S. 222–225.
  • Patrick J. Kelly: Tirpitz and the Imperial German Navy. Indiana University Press, Bloomington, IND 2011, ISBN 978-0-253-35593-5.
  • Horst D. Reinhardt: Tirpitz und der deutsche Flottengedanke in den Jahren 1892–1898. Dissertation, Marburg 1964.
  • Christian Rödel: Krieger, Denker, Amateure. Alfred v. Tirpitz und das Seekriegsbild vor dem Ersten Weltkrieg. Franz Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08360-X.
  • Jan Rüger: The Great Naval Game. Britain and Germany in the Age of Empire, Cambridge University Press, Cambridge 2007 ISBN 978-0-521-87576-9.
  • Michael Salewski: Tirpitz. Aufstieg, Macht, Scheitern. Musterschmidt, Göttingen 1979, ISBN 3-7881-0103-2.
  • Lawrence Sondhaus: Preparing for Weltpolitik. German sea power before the Tirpitz era. Naval Institute, Annapolis MD 1997, ISBN 1-55750-745-7.
  • Franz Uhle-Wettler: Alfred von Tirpitz in seiner Zeit. Ares-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-902475-55-8 (polit. Richtung von Autor und Verlag beachten).

Weblinks

 Commons: Alfred von Tirpitz – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Michael Salewski, Jürgen Elvert, Stefan Lippert: Die Deutschen und die See. Studien zur deutschen Marinegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07319-1, S. 272.
  2. Karl Dietrich Erdmann: Der Erste Weltkrieg. München 1980. (=Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte Band 18). ISBN 3-423-04218-4. S. 210f. Sowie Dirk Stegmann: Vom Neokonservatismus zum Protofaschismus: Konservative Partei, Vereine und Verbände 1893-1920. In: Dirk Stegmann, Bernd-Jürgen Wendt, Peter-Christian Witt (Hrsg.): Deutscher Konservatismus im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Fritz Fischer zum 75. Geburtstag. Bonn 1983. ISBN 3-87831-369-1 S. 199-230, hier: S. 219.
  3. Egmont Zechlin: Deutschland zwischen Kabinettskrieg und Wirtschaftskrieg. Politik und Kriegsführung in den ersten Monaten des Weltkrieges 1914. In: Historische Zeitschrift (HZ) 199 (1964). S. 347-458, hier S. 433f.
  4. Alfred von Tirpitz: Politische Dokumente. Deutsche Ohnmachtspolitik im Weltkriege. Hamburg/Berlin 1926. S.  59 und 62 und 579.
  5. Alfred von Tirpitz: Politische Dokumente. Deutsche Ohnmachtspolitik im Weltkriege. Hamburg/Berlin 1926. S. 63 und 400 und 479 und 578.
  6. Egmont Zechlin: Probleme des Kriegskalküls und der Kriegsbeendigung im Ersten Weltkrieg. In: Egmont Zechlin: Krieg und Kriegsrisiko. Zur deutschen Politik im Ersten Weltkrieg'. Aufsätze. Düsseldorf 1979. S. 32-50, hier: S. 44.
  7. Henry Cord Meyer: Mitteleuropa in German Thought and Action 1815–1945. The Hague 1955, S. 134.
  8. Tirpitz: Erinnerungen, 1919, S. 370f.

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