Neuostpreußen

Neuostpreußen
Neuostpreußen (grün), Ostpreußen (rot), Westpreußen (gelb), Südpreußen (blau). Im Osten Russland (beige). Englische Karte von 1810.

Neuostpreußen (polnisch Prusy Nowowschodnie) war von 1795 bis 1807 eine Provinz des Königreichs Preußen. Die Provinz wurde nach der Dritten Teilung Polens (1795) geschaffen. Neuostpreußen umfasste in etwa die historischen Woiwodschaften Podlachien und Masowien zwischen Ostpreußen und den Flüssen Memel und Bug. Das Gebiet um Warschau südlich von Weichsel und Bug erhielt die Provinz Südpreußen. Die rechts der Weichsel gelegenen südpreußischen Kreise kamen zu Neuostpreußen. 1806 lebten in Neuostpreußen auf einem Gebiet von knapp 55.000 km² etwa 900.000 Einwohner.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Preußische Erwerbungen der Dritten Teilung Polens (türkis). Das Gebiet um Warschau erhielt Südpreußen (schräge Schraffur), die Kreise nördlich der Weichsel (waagrechte Schraffur) kamen von Südpreußen zum neu geschaffenen Neuostpreußen.

Bereits 1793 hatten sich Preußen und Russland über die Zweite Teilung Polens verständigt, worauf sich das Verhältnis Preußens zu Russland und Österreich verschlechterte. Österreich konnte keinen Landgewinn verzeichnen. Der preußische König Friedrich Wilhelm II. († 1797) geriet 1794 durch den Kościuszko-Aufstand in kriegerische Auseinandersetzungen mit aufständischen, nach Unabhängigkeit strebenden Polen. Die preußische Armee unter dem König selbst eroberte Krakau, belagerte aber Warschau vergeblich. Erst Russland gelang es den Aufstand niederzuschlagen. Den Russen fiel damit die Entscheidung über die letzte Teilung Polens zu. Russland und Österreich gelangten im Petersburger Vertrag vom 3. Januar 1795 zu einer Verständigung über die endgültige Teilung Polens. Am 24. Oktober 1795 trat auch Preußen dem Teilungsvertrag bei.

Geografie

Die Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795

Preußen erhielt vom ehemaligen Polen-Litauen das Land nördlich des Bugs und südwestlich der Memel, Teile Nord-Masowiens mit Warschau, Ciechanów und Pultusk, Teile von Podlachien mit Białystok und Teile Litauens südlich der Memel. Das entspricht den vorherigen Woiwodschaften Masowien, Podlachien und Troki (litauisch Trakai).

Die Stadt Warschau wurde Preußen zugeschlagen, da weder Russland noch Österreich über die aufständische Stadt herrschen wollten. Anders als oft dargestellt, wurde sie Teil der Provinz Südpreußen, da die Weichsel und der Bug die Südgrenze von Neuostpreußen bildeten.

Nach außen hin lag Neuostpreußen südöstlich von Ostpreußen sowie östlich von Südpreußen, das Preußen bereits durch die Zweite Polnische Teilung zugeschlagen worden war. Südlich von Neuostpreußen lag das österreichische Westgalizien, das Österreich ebenfalls durch die Dritte Teilung Polens erhalten hatte. Östlich lagen das nun russische Polesien (nicht zu verwechseln mit Podlachien) und nordöstlich das nun russische Litauen.

Durch die Dritte Polnische Teilung erhielt Preußen neben Neuostpreußen auch das kleine Neuschlesien, einen Teil der Provinz Krakau zwischen Schlesien, Südpreußen und Westgalizien (siehe auch Republik Krakau). Nach der dritten polnischen Teilung verschwand Polen für 123 Jahre von der politischen Landkarte und wurde erst 1918 wieder selbstständig.

Name

Preußen bezeichnete die „neue Aquisitation“ erst seit dem 20. November 1796 per Kabinettsresolution als „Neuostpreußen“, eine Bezeichnung die zuvor von der Bialystocker Kammerkommission für das von ihr verwaltete Gebiet eingeführt worden war. Ursprünglich sollte das neu erworbene Gebiet auf die benachbarten Departements aufgeteilt werden. Wegen der rückständigen Verhältnisse in den erworbenen Gebiete wurde das, auch aus Ersparnisgründen gefasste, Vorhaben jedoch nicht verwirklicht.

Bevölkerung

Preußen erhielt mit den beiden Provinzen 20 % des polnischen Staatsgebietes und 23 % der polnischen Bevölkerung. Durch Friedrich Wilhelms Erwerbung der Zweiten und Dritten Polnischen Teilung kamen auf 6 Mio. Deutsche fast 2,5 Mio. Polen, was eine innere Schwächung Preußens bedeutete. Um diese Tendenzen zu stoppen, wurden deutsche Siedler zur Germanisierung dieser Gebiete angeworben.[1]

Zusätzlich erhöhte sich der Anteil der jüdischen Bevölkerung in der preußischen Monarchie um achtzig Prozent.[2]

Ende

Die Beziehungen Preußens zu Österreich erlitten durch die großen Gebietsgewinne Preußens einen Bruch. Die unstete Neutralitätspolitik des neuen, seit 1797 regierenden, preußischen Königes Friedrich Wilhelms III. isolierten das Land zusätzlich. 1806 stand Preußen so fast allein in der Vierten Koalition der Koalitionskriege Napoleon gegenüber und verlor nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Frieden von Tilsit 1807 sämtliche linkselbischen Gebiete und den größten Teil der Landgewinne aus den Polnischen Teilungen.

Napoleon schlug im Frieden von Tilsit Neuostpreußen dem neu geschaffenen Pufferstaat zu Russland und napoleonischen Satellitenstaat, dem Herzogtum Warschau (in Personalunion mit dem Königreich Sachsen) zu. Der Kreis Białystok wurde dem Russischen Reich zugeschlagen. Neuostpreußen verschwand nach seiner kurzen zwölfjährigen Geschichte wieder von der politischen Landkarte. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde das Gebiet des ehemaligen Neuostpreußens dem neu geschaffenen Kongresspolen (Personalunion mit Russland) zugeschlagen.

Verwaltung

Die beiden Departments Bialystok im Osten und Plozk im Westen

Administration

Militärgouverneur

1794–1796: Johann Heinrich von Günther

Provinzialminister, Oberaufseher

1796–1807: Friedrich Leopold von Schrötter

Kammerdepartements

1806 gab es in Neuostpreußen zwei Departments (Bialystok, Plozk) und 16 landrätliche Kreise:

„Departement der Kriegs- und Domainen-Kammer zu Bialystok“ mit den Kreisen:

„Departement der Kriegs- und Domainen-Kammer zu Plozk“ mit den Kreisen:

Der Hauptort des Departements, Płock, war seinerseits nicht Sitz eines Kreises.

Literatur

  • Ingeburg Charlotte Bussenius: Die preußische Verwaltung in Süd- und Neuostpreußen, Quelle & Meyer, Heidelberg 1960
  • Ingeburg Charlotte Bussenius (bearb.): Urkunden und Akten zur Geschichte der preußischen Verwaltung in Südpreußen und Neuostpreußen 1793–1806, Frankfurt/Main, Bonn, Athenäum Verlag, 1961
  • Daniel Friedrich Sotzmann: Topographisch militärische Karte vom vormaligen Neu-Ostpreussen, Berlin 1808
  • August Karl von Holsche: Geographie und Statistik von West-, Süd- und Neu-Ostpreußen. Nebst einer kurzen Geschichte des Königreichs Polen bis zu dessen Zertheilung. Bd. 1, Maurer, Berlin 1800

Weblinks

Quellen

  1. Emigration von Südwestdeutschland über Preußen nach Bessarabien
  2. Ingrid Lohmann: Die jüdische Freischule in Berlin - eine bildungstheoretische und schulhistorische Analyse. Zur Einführung in die Quellensammlung. Schriftenreihe Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland, Band 1.

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