Otto Bovensiepen

Otto Bovensiepen

Otto Bovensiepen (* 8. Juli 1905 in Duisburg; † 18. Februar 1979 in Zusmarshausen) war ein deutscher Jurist, SS-Standartenführer, Leiter der Staatspolizeistellen Magdeburg, Recklinghausen, Dortmund, Bielefeld, Köslin, Halle und der Staatspolizeileitstelle Berlin sowie bis Kriegsende 1945 Leiter der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Dänemark.

Leben

Nach dem Abitur im Jahr 1925 studierte Bovensiepen Rechtswissenschaft in Bonn. Hier trat er als Student im Mai 1926 der NSDAP bei. Er legte am 22. Oktober 1929 die Erste und am 15. Juli 1933 die Zweite juristische Staatsprüfung ab. Nach informatorischer Beschäftigung als Gerichtsassessor beim Amtsgericht Duisburg sowie als juristischer Hilfsarbeiter im Finanz- und Steuerdezernat der Stadtverwaltung Duisburg-Hamborn trat Bovensiepen am 15. November 1933 in die Dienste der Geheimen Staatspolizei. Seit 16. Dezember arbeitete er bei der Staatspolizeistelle Düsseldorf. Fast zeitgleich − am 6. November 1933 − trat Bovensiepen in die SA ein. Am 24. Juni 1934 beauftragte ihn das Geheime Staatspolizeiamt mit der kommissarischen Leitung der Staatspolizeistelle Magdeburg, die Bovensiepen am 1. August 1934 endgültig übernahm.

Er verblieb nur kurze Zeit in Magdeburg, denn bereits zum 5. Februar 1935 versetzte ihn das Geheime Staatspolizeiamt als Leiter zur Staatspolizeistelle Recklinghausen. Nach Leitung der Staatspolizeistellen Dortmund, Bielefeld und Köslin kehrte Bovensiepen − SS-Eintritt 1. November 1936 − in die Provinz Sachsen zurück, wo er vom 1. Oktober 1937 bis 17. März 1941 die Staatspolizeistelle Halle (Saale) führte. In dieser Zeit beauftragte das Geheime Staatspolizeiamt am 11. März 1938 den SS-Untersturmführer mit dem Aufbau der neuen Staatspolizeistelle Eisenstadt in Österreich. Dort verblieb er bis August 1938 und kehrte anschließend nach Halle an der Saale zurück.

Seit 18. März 1941 stand Bovensiepen der größten Gestapostelle im „Altreich“ vor, der Staatspolizeileitstelle Berlin. Bovensiepen, obwohl erst am 15. Februar 1941 zum SS-Sturmbannführer berufen, wurde bereits am 20. April desselben Jahres zum SS-Obersturmbannführer befördert. Zudem übertrug ihm das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) im Dezember 1941 die vertretungsweise Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Inspekteurs der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin. Am 30. April 1943 infolge einer Korruptionsaffäre zum RSHA (Amt III) versetzt, dauerte der Karriereknick nur kurz − Ernst Kaltenbrunner setzte Bovensiepen am 30. April 1943 kommissarisch, am 2. Oktober 1943 endgültig als Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD für den Wehrkreis IX in Kassel ein.

Im Januar 1944 übernahm Bovensiepen, inzwischen mit Wirkung vom 9. November 1943 sowohl Oberst der Polizei als auch SS-Standartenführer, die Leitung der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Dänemark. Die dänische Widerstandsbewegung bekämpfte er mit der neuen Methode des sogenannten Gegenterrors. Bei Kriegsende in Gefangenschaft geraten, verurteilte das Kopenhagener Amtsgericht Bovensiepen im September 1948 zum Tode. Das Urteil wurde im März 1950 in lebenslange Haft umgewandelt. Bovensiepen kam am 1. Dezember 1953 frei und wurde aus Dänemark ausgewiesen. Er arbeitete anschließend als Geschäftsführer eines Versicherungsunternehmens in Mülheim an der Ruhr.

Ab 1963 ermittelte die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Bovensiepen. Ermittlungsgegenstand bildeten die Deportationen der über 50.000 Juden der damaligen Reichshauptstadt in die Ghettos im besetzten Osteuropa, nach Theresienstadt und in die Vernichtungslager, die in Bovensiepens Amtszeit als Gestapochef in Berlin gefallen waren. Erst im Dezember 1969 begann die Hauptverhandlung gegen Bovensiepen vor dem Berliner Landgericht. Nach einem Herzinfarkt stellte die Justiz auf Grund eines Gutachtens das Verfahren gegen Bovensiepen am 15. September 1970 vorläufig, am 19. November 1971 schließlich wegen dauernder Verhandlungsunfähigkeit ganz ein.

Literatur

  • Alexander Sperk: Die Staatspolizei(leit)stelle Magdeburg, ihre Leiter und die Zerschlagung der KPD. In: Polizei & Geschichte. Unabhängige interdisziplinäre Zeitschrift für Polizeigeschichte, 1/2009, Verlag für Polizeiwissenschaft, ISSN 1865-7354, S. 7-8.

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