Porajmos

Porajmos
Roma im „Zigeunerlager“ in Bełżec, 1940

Das Romanes-Wort Porajmos (auch Porrajmos, deutsch: „das Verschlingen“) bezeichnet den Völkermord an den europäischen Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Dieser bildet den Kulminationspunkt einer langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung. Die Zahl der Opfer wird zwischen 220.000 bis 500.000 eingeschätzt.[1]

Wie der Völkermord an den Juden (Shoa) war es ein Versuch der kollektiven Vernichtung. Jeder, der von den nationalsozialistischen Erfassungsinstanzen – im Altreich ein Verbund aus wissenschaftlichen und kriminalpolizeilichen Gutachtern, außerhalb oft spontan entscheidende Akteure der Verfolgung – dem „Zigeunertum“ zugeordnet wurde, war grundsätzlich von Vernichtung bedroht. Dem lag die rassistische Deutung der Angehörigen der Minderheit als „fremdrassige“ „geborene Asoziale“ zugrunde. „Zigeuner“ wurden zu Objekten eines „doppelten“, des ethnischen wie des sozialen Rassismus.

Innerhalb des Deutschen Reichs zielten Verfolgung und Vernichtung vor allem auf ortfest lebende „Zigeunermischlinge“. Ab Februar 1943 wurde ein großer Teil der im Deutschen Reich lebenden Roma in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Weitere Roma wurden aus den besetzten westeuropäischen Gebieten dorthin verschleppt. Nur eine Minderheit überlebte. Außerhalb der Reichweite systematischer Erfassung, wie in den deutsch okkupierten Gebieten Ost- und Südosteuropas, waren vor allem Roma bedroht, die nach deutschem Urteil „vagabundierten“, vielleicht aber nur Flüchtlinge oder Vertriebene waren. Hier fielen die Angehörigen der Minderheit vor allem Massakern deutscher militärischer und polizeilicher Formationen zum Opfer.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die nationalsozialistische Bekämpfung der „Zigeuner“ „aus dem Wesen dieser Rasse“ (so der Himmler-Erlass vom 8. Dezember 1938) mündete wie die ebenso rassistische nationalsozialistische „Endlösung der Judenfrage“ in einen Völkermord. Porajmos und Shoa stehen nach der Motivation der Täter, nach dem Ablauf der Ereignisse und nach den Methoden und Ergebnissen ihrer Realisierung nebeneinander. Während Porajmos allein den Genozid an den europäischen Roma bezeichnet und Shoa allein den Genozid an den europäischen Juden meint, umfasst in einer weiteren Definition von Holocaust dieser Begriff beide. Auch bei einer engeren Definition stellt die Forschung doch „die Verfolgung der Sinti und Roma in den Zusammenhang des Holocaust“ (Wolfgang Benz).[2]

Der Völkermord an den europäischen Roma ist weit weniger gründlich erforscht als die Shoa. Den Massenmorden seit Kriegsbeginn ging eine flächendeckende Unterdrückungspolitik voraus, an der in hohem Maße die unteren Ebenen von Polizei und Administration beteiligt waren. Ab 1937 internierten lokale Behörden „Zigeuner“ im Deutschen Reich in zahlreichen Orten in besonderen „Zigeunerlagern“. Die 1937 begonnene zentral organisierte Erfassung der Minderheit, die die Voraussetzung der späteren Deportationen in das Vernichtungslager KZ Auschwitz-Birkenau darstellte, vollzog sich in enger Kooperation mit kommunalen und regionalen Instanzen, mit protestantischen und katholischen Kirchengemeinden und mit Unterstützern und Zuarbeitern aus der Sozialarbeit und aus der Heimatforschung.[3]

Da Erfassung, Verfolgung und Vernichtung als „objektiv“ verstandenen Rasse-Kriterien folgten, war das Selbstverständnis der Betroffenen für die Verfolger ohne Bedeutung. Das heißt, dass auch Menschen mit einem teilweise familienbiografischem Hintergrund aus der Mehrheitsbevölkerung – eingestuft als „Zigeunermischlinge“ – der Verfolgung zum Opfer fielen.

Die Massenmorde geschahen wie die an den Juden ganz überwiegend in Osteuropa und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Sie begannen regional zu unterschiedlichen Zeitpunkten und wurden verschieden intensiv durchgeführt. Seit Kriegsbeginn wurden „Zigeuner“ in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten Opfer der Mordaktionen der Einsatzgruppen. Ein großer Teil der deutschen, österreichischen und böhmischen Roma wurde ab Ende Februar 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie waren in einem zynisch als „Zigeunerfamilienlager“ bezeichneten separaten Bereich untergebracht, in dem die meisten von ihnen innerhalb weniger Monate an den Haft- und Arbeitsbedingungen starben. Die Überlebenden wurden 1944 vergast oder zur Sklavenarbeit in andere Konzentrationslager verlegt. An den Transport- und Lagerbedingungen starben ebenfalls viele.

Die Opferzahlen der Mordaktionen deutscher militärischer und polizeilicher Einheiten im okkupierten Osten sind aufgrund unzureichender Dokumentation nicht zuverlässig feststellbar. Schätzungen sprechen von mindestens 100.000 Opfern. Öffentliche Darstellungen der Gesamtzahl der Opfer folgen oft einer Rede des Bundespräsidenten Roman Herzog und nennen die Zahl 500.000. Die Forschung bestätigt diese Schätzung nicht.[4]

Neben Roma waren von der Politik der „Asozialenbekämpfung“ und der „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“, wie sie 1937/1938 forciert wurde, wie andere deviante Gruppen der Mehrheitsbevölkerung („Bummler“, Trinker, Prostituierte) auch als „nach Zigeunerart umherziehende Landfahrer“ bzw. als „deutschblütige Nichtzigeuner“ Kategorisierte betroffen.

Zur Vorgeschichte

Der Antiziganismus hat in Europa eine lange Tradition. Spätestens seit dem 16. Jahrhundert unterlagen die als „Heiden“, „Zigeuner“ oder „Ägypter“ Bezeichneten wie die gesamte Armutspopulation außerhalb der Untertanenverbände einem rigiden rechtlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ausschluss. Sie waren grundsätzlich rechtlos, nirgendwo aufenthaltsberechtigt und also zur Dauermigration gezwungen, auf Nischenerwerbsweisen verwiesen und als „herrenloses Gesindel“ stigmatisiert. Auch als sich im 19. Jahrhundert Niederlassungsmöglichkeiten durch die Reform des Niederlassungsrechts ergaben, wurden sie doch häufig weiterhin von Ort zu Ort abgeschoben. Nach einer Niederlassung blieben sie in der Regel in städtischen oder dörflichen Randquartieren ausgegrenzt und isoliert von der Mehrheitsbevölkerung. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurden sie als „asozial“ stigmatisiert.

Eine hervorgehobene Maßnahme staatlich-zentraler Vereinheitlichung der Verfolgungsmaßnahmen bildeten 1906 die preußische „Anweisung zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“, die sich sowohl gegen Roma (unbeachtlich der jeweiligen Untergruppe wie der Sinti, Lovara, Lalleri u. a.) als auch gegen jenische „Landfahrer“ richteten, soweit sie nicht ortsfest lebten. 1924 wurden sie erneuert. Sie wurde von weiteren deutschen Staaten übernommen. Wirksam blieb sie bis in den Nationalsozialismus hinein.[5]

Das seit 1899 bestehende bayerische Amt für Zigeunerangelegenheiten in München wurde in der Weimarer Republik 1929 zur Zentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens umgeformt und kooperierte fortan eng mit einer entsprechenden Behörde in Wien. Dieses Amt ermächtigte die Polizei, Roma ohne feste Arbeitsstelle zu Zwangsarbeit zu verpflichten.

Am 16. Juli 1926 wurde im Freistaat Bayern das „Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“ verabschiedet.[6] Ausführungsbestimmungen und zeitgenössische Fachkommentare belegen seine kriminalpräventive Funktion, d. h. die genannten Fallgruppen galten von vornherein als kriminell. Die Unterscheidung zwischen „Zigeunern“ und „Landfahrern“ beruhte auf einem rassistischen und völkischen Grundverständnis, ein in der Normierung neues Element: Die Rassenkunde gibt darüber Aufschluss, wer als Zigeuner anzusehen ist.[7] Ein Runderlass des preußischen Innenministeriums vom 3. November 1927 ordnete die Abnahme von Fingerabdrücken bei „allen nichtseßhaften Zigeunern und nach Zigeunerart umherziehenden Personen“ an. Wer über 18 Jahre alt war, musste sich für eine „Bescheinigung“ fotografieren lassen, die die Funktion eines Sonderausweises bekam. Weitere Fotos gingen mit den Fingerabdrücken an die besagte „Zigeunerpolizeistelle München.[8] Das bayerische Gesetz von 1926 wurde zur Vorlage für das von dem hessischen Innenminister Wilhelm Leuschner (SPD) vorgelegte und am 3. April 1929 verabschiedete „Gesetz zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“.[9] In diesem Fall wie generell wurden die Ausschlussmaßnahmen gegen „Zigeuner“ und „Landfahrer“ – von „Arbeitsscheuen“ war in Hessen nicht die Rede – von fast allen Parteien befürwortet. Nur die KPD lehnte das Gesetz als verfassungswidrig ab.

In vielen Orten gab es Initiativen von Bürgern oder von Behörden, die sich bei ihren Maßnahmen auf Bürgerappelle beriefen, „Zigeuner“ entweder zu verdrängen oder sie unter polizeiliche Bewachung zu stellen. In Köln, wo während der Weltwirtschaftskrise zahlreiche „wilde Siedlungen“, häufig als Wohnwagenstellplätze, entstanden waren, wurde 1934 der „Schwarz-Weiß-Platz“ errichtet, um so der „allgemeinen Unsicherheit und Verunstaltung des Straßenbilds“ zu begegnen.[10] Im preußischen Frankfurt richtete die Stadt auf sozialdemokratische Initiative hin ein „Konzentrationslager“ für „Zigeuner“ ein.[11] Der Begriff war bis dahin im deutschen politischen Sprachgebrauch Lagern für abzuschiebende „Ostjuden“ vorbehalten gewesen. Die SS begann schon 1931 Roma zu erfassen.[12] In Vorbereitung der Olympischen Spiele 1936 richtete Berlin den „Rastplatz“ am Berliner Stadtrand ein.

Die rassistische Neudefinition dieser Minderheiten überschnitt sich mit der überkommenen soziografischen Definition: einerseits wurde „rassisch“ zwischen angeblich nichtdeutschen „Zigeunern“ und deutschen Landfahrern unterschieden, andererseits wurden nur Fallgruppen mit dem kulturellen Merkmal einer „fahrenden“ Lebensweise – das die ortsfest Lebenden nicht weiter aufwiesen – dem Ausschluss unterworfen. Eine Unterscheidung zugunsten oder zulasten dieser oder jener Untergruppe der Roma trafen weder die Behörden noch die Bevölkerungsmehrheit: „Zigeuner“, soweit sie augenscheinlich „nomadisierend“ dem antiziganistischen Stereotyp entsprachen, waren ohne Rücksicht auf ihre Selbstwahrnehmung alle gleichermaßen unerwünscht.

Nationalsozialismus

Erste Schritte eskalierender Ausgrenzung

Bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und ihre Bündnispartner verschärften vor allem lokale polizeiliche und administrative Instanzen die traditionelle Diskriminierung deutlich. In den Weimarer Jahren waren vor allem in Großstädten „wild“ periphere Notquartiere entstanden, in denen zahlreich oder ausschließlich Roma lebten. Sie wurden seit 1934 aufgelöst. Sie wurden nun in umzäunten „Zigeunerlagern“ möglichst außerhalb der Stadt und in weiter Distanz zur Mehrheitsbevölkerung interniert. Das betraf auch jene, die bis dahin innerhalb der Mehrheitsbevölkerung wie diese in Wohnungen und Häusern gelebt hatten.

Kommunales Lager Düsseldorf-Höherweg, 1937

Bekanntes Beispiel eines solchen Lagers ist der vor der Sommerolympiade 1936 auf den Rieselfeldern vor Berlin eingerichtete „Zigeunerrastplatz Marzahn“. Die Bewohner der Lager waren einem rigiden Reglement unterworfen und einer ständigen Bewachung ausgesetzt.[13]

Ab 1935 wurden Roma wie die jüdische Minderheit in die rassistische NS-Gesetzgebung einbezogen. Davon waren alle Gruppen betroffen. Obwohl die Nürnberger Gesetze „Zigeuner“ nicht ausdrücklich nannten, schloss der maßgebliche Kommentar zum Reichsbürgergesetz sie wie Juden ausdrücklich als „artfremd“ mit ein.

„Zigeuner“ standen „im Schnittpunkt der beiden Varianten des Rassismus – der ethnischen bzw. rassenanthropologischen und der sozialen bzw. rassenhygienischen.“[14]

Zentralisierung der „Zigeunerbekämpfung“, Rolle der nationalsozialistischen Zigeunerforschung

1936 richtete der Arzt und frühere Jugendpsychiater Robert Ritter im Reichsgesundheitsamt die Rassenhygienische und Bevölkerungsbiologische Forschungsstelle ein. Ihre erste Aufgabe bestand im Aufbau eines „Zigeunersippenarchivs“. 1942 konnte die Bestandsaufnahme der „Zigeuner“ als abgeschlossen gelten. Es folgte die Einrichtung eines „Landfahrersippenarchivs“, das über einen Ansatz nicht hinauskam und regional begrenzt blieb.[15] Die Forschungsstelle erstellte bis zum März 1943 nahezu 24.000 Gutachten.[16] Die umfangreichen Datenerhebungen des Ritter-Instituts waren nur möglich durch die intensive Zuarbeit von Kirchengemeinden, Fürsorgeämtern, Schulen, Heimatforschern und anderen dezentralen Akteuren. Nach Darstellung von Ritter, der sich für seine Beurteilungen die Spielräume selbst setzte und zudem manipulierte, handelte es sich bei der ganz überwiegenden Mehrheit („mehr als 90%“) der erfassten „inländischen Zigeuner“ um „Zigeunermischlinge“. Anders als im Fall der jüdischen Minderheit wurden „Zigeunermischlinge“ stärker als Gefährdungspotential für die „Reinheit“ und „Gesundheit“ des „deutschen Volkskörpers“ betrachtet als „stammechte Zigeuner“, weil diese sich abseits halten würden, das schädliche „Blut“ der „Zigeunermischlinge“ aber durch „Blutsvermischungen“ mit „Randexistenzen“ der deutschen Volksgemeinschaft in dieselbe Eingang finden würde. „Zigeuner“ sollten in Arbeitslager gesteckt und zwangssterilisiert werden.

Im Zuge der Neudefinition der Aufgaben der Polizei stellte die nationalsozialistische Polizeiführung neben die Verbrechensaufklärung die „vorbeugende Verbrechensbekämpfung“. Darunter verstand sie sowohl „die Vernichtung des Verbrechertums“ als auch die „rassische Reinhaltung“ der „deutschen Volksgemeinschaft“. In diesem Sinn erging durch das Reichskriminalpolizeiamt (RKPA) am 14. Dezember 1937 ein „Grundlegender Erlaß über die vorbeugende Verbrechensbekämpfung“. Überwachung und Vorbeugungshaft waren die Mittel der Umsetzung gegen die Fallgruppen der „Berufsverbrecher“, „Gewohnheitsverbrecher“, Gemeingefährlichen“ und „Gemeinschädlichen“. Der letzten Kategorie waren vom RKPA „Asoziale, Prostituierte und Zigeuner“ subsumiert. Die „Vorbeugungshaft“ ähnelte der „Schutzhaft“. Die Neudefinition der KZ als „Erziehungs- und Produktionsstätten“ und der zunehmende Mangel an Arbeitskräften auf dem Hintergrund der Ziele des Vierjahresplans begünstigten die folgenden Verhaftungsaktionen, von denen auch alle Roma betroffen waren. Das spektakulärste Ereignis dabei war die „Aktion Arbeitsscheu Reich“ vom 13. bis zum 18. Juni 1938. „Mindestens 200 männliche arbeitsfähige Personen (Asoziale)“ waren im Interesse einer „straffe(n) Durchführung des Vierjahresplanes“ pro Kriminalpolizeileitstelle festzunehmen und in einem KZ zu inhaftieren. Neben Bettlern, Zuhältern oder Vorbestraften waren sowohl „Zigeuner“ als auch „nach Zigeunerart umherziehende Personen“ als Zielgruppen genannt. Reichsweit wurden zwischen April und Juni 1938 mehr als 10.000 Roma, Juden und Angehörige zahlreicher Gruppen „deutschblütiger Asozialer“ als „Asoziale“ verhaftet und in mehrere Konzentrationslager verschleppt. Individuelle Angriffe und die Haftbedingungen forderten zahlreiche Todesopfer.[17]

Verfolgung „aus dem Wesen dieser Rasse“

Am 8. Dezember 1938 verfügte ein Runderlass Heinrich Himmlers „betr. Bekämpfung der Zigeunerplage“ die „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse“,[18] nämlich auf der Basis der „durch rassenbiologische Forschungen gewonnenen Erkenntnisse“. Der Erlass unterschied zwischen „rassereinen Zigeunern“, „Zigeunermischlingen“ und Menschen, die „nach Zigeunerart umherziehen“ würden. Mit den Ausführungsbestimmungen vom 1. März 1939 wurden drei verschiedenfarbige Ausweise eingeführt. Die Bestimmungen sahen Gutachten zur Einteilung in drei Gruppen vor. Diese Aufgabe übertrug das RKPA der RHF. "Das Ziel der staatlichen Maßnahmen zur Wahrung der Einheit der deutschen Volksgemeinschaft, hieß es, müsse die rassische Absonderung des Zigeunertums vom deutschen Volkstum, sodann die Verhinderung der Rassenvermischung und schließlich die Regelung der Lebensverhältnisse der reinrassigen Zigeuner und der Zigeunermischlinge. […] Das Zigeunerproblem muß […] im Reichsmaßstab gesehen und gelöst werden.[19] Dem „Zigeunertum“ in diesem rassepolitischen Sinn waren sowohl „stammechte“ bzw. „reinrassige Zigeuner“ bzw. „Vollzigeuner“ als auch „Zigeunermischlinge“ zugerechnet. Während die ersten nach „Blutsanteil“ in vier Varianten aufgeteilt waren, waren für „Mischlinge“ 28 Möglichkeiten vorgesehen. Als Oberbegriff für die 32 Teilgruppen wurde "Zigeuner" oder "zigeunerische Personen" verwendet.[20]

Die Kategorisierung derjenigen, die aus dieser Zigeunerdefinition herausfielen, wandelte sich zum offenen Sammelbegriff „Nichtzigeuner“. Das waren als „deutschblütig“ Begutachtete oder als integrationsfähig geltende „Mischlinge mit vorwiegend deutschem Blutsanteil“, die als „deutschblütig geltend“ eingestuft wurden. „Nichtzigeuner“ waren im weiteren Verlauf aus den eskalierenden Ausschlussvorschriften und -maßnahmen ausgenommen. Die Gruppe der „nach Zigeunerart“ Lebenden, die der Erlass vom 8. Dezember 1938 noch genannt hatte, entfiel ersatzlos.[21]

Die gutachtlichen Äußerungen der RHF beschränkten sich auf Zigeuner im Altreich. Zwar scheint es Recherchen des Ritter-Instituts auch in der Ostmark gegeben zu haben, Gutachten über österreichische Roma sind aber unbekannt.[22]

Nach dem deutschen Überfall auf Polen fand am 21. September 1939 in Berlin eine Leiterkonferenz des RSHA über die künftige Rassenpolitik statt. Sie führte die Minderheiten der Juden und der „Zigeuner“ als künftige Deportationsopfer im Rahmen einer allgemeinen „völkischen Flurbereinigung“ zugunsten von „Reichs- und Volksdeutschen“ zusammen. Zu einer bereits ins Auge gefassten Ausweitung der aus der „Ostmark“ ins „Protektorat“ und nach Polen durchgeführten Transporte von Juden um „Zigeuner“ kam es jedoch nicht.

In der ersten Oktoberhälfte 1939 ordnete Himmler an, „binnen kurzem im gesamten Reichsgebiet die Zigeunerfrage im Reichsmaßstab grundsätzlich“ zu regeln. Am 17. Oktober folgte ein „Schnellbrief“ des RSHA („Festschreibungserlaß“), der erklärte, die "später festzunehmenden Zigeuner" [seien] bis zu ihrem "endgültigen Abtransport" in besondere Sammellagern festzuhalten. Es wurde „bis auf weiteres“ ein allgemeines Verbot gegen Roma ausgesprochen, ihren aktuellen Aufenthaltsort zu verlassen. Die Ortspolizeibehörden erhielten den Auftrag, die Betroffenen zu zählen und erkennungsdienstlich zu erfassen. Entsprechend der im Dezember 1938 proklamierten Zielsetzung einer „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse“ waren sonstige Landfahrer, mithin vor allem also Jenische, vom Festsetzungserlaß ausdrücklich nicht betroffen.[23]

Deportationen nach dem Überfall auf Polen

Kurz nach dem Überfall auf Polen, im September 1939, lassen sich erste Planungen zu Deportation von „Zigeunern“ ins Generalgouvernement belegen. Am 21. September berief Reinhard Heydrich eine Konferenz ein, auf der auch die Deportation der restlichen „30.000 Zigeuner nach Polen“ beschlossen wurde.[24] Die Planung wurde sehr weit getrieben. Bekannt ist etwa ein Telegramm der Gestapo Berlin vom 16. Oktober 1939. Danach sollen an einen Deportationszug von „Wiener Juden“ „3-4 Wagon Zigeuner“ angehängt werden.[25] Am 13. Oktober 1939 telegrafierte auch Arthur Nebe mit Adolf Eichmann, wann er die „Berliner Zigeuner“ schicken könne.[26] In den Besatzungsbehörden wusste man von diesen Planungen. Hans Frank vermerkt Anfang Dezember 1939 das „Juden und Zigeuner“ aus dem Reich deportiert werden sollen.[27] Die Information war verbreitet, so versuchte etwa Magdeburger Polizeipräsident Ende November 1939 die bauliche Verbesserung des örtlichen Zigeunerzwangslagers mit dem Hinweis auf die in Kürze erfolgende Deportation zu verhindern.[28] Im März 1940 ließ sich Frank um die Probleme seiner Verwaltung mit dem „nicht enden wollenden Zustrom von Juden, Polen und Zigeunern“ beherrschbar zu machen ein Vetorecht über Transporte ins Generalgouvernement einräumen.[29]

Südwestdeutsche Roma werden am 22. Mai 1940 am hellen Tag durch Asperg zur Deportation geführt. (Bild der RHF)

Auf Drängen der Wehrmachtsführung, „baldmöglichst ein Verbot des Aufenthalts von Zigeunern in der Grenzzone erlassen“, wurde von Himmler per Schnellbrief für Mitte Mai 1940 ein „Transport von Zigeunern … 2.500 Personen – in geschlossenen Sippen“ aus dem westlichen Grenzraum ins Generalgouvernement angeordnet. Als Sammelpunkte für je 1.000 zu Deportierende waren Hamburg (Hafen) und Köln (Messehallen), für weitere 500 das Zuchthaus Hohenasperg bei Stuttgart vorgesehen. Mit der Festnahme am 16. Mai 1940 wurde wie üblich bei „Zigeunern“ und anders als bei der jüdischen Minderheit, für die die Gestapo zuständig war, die Kripo beauftragt. Die lokalen und regionalen Instanzen erhöhten von sich aus die Quoten, so dass 2.800 Menschen deportiert wurden. Sie durften jeweils 50 kg Handgepäck mitnehmen. Geld, Wertgegenstände und Personalpapiere wurden ihnen abgenommen. Am 22. Mai folgte die Deportation nach Jedrzejow.

  • Die aus Südwestdeutschland Verschleppten wurden am Zielort auf LKWs und Pferdewagen verladen und auf Dörfer und Kleinstädte der Umgebung verteilt „oder sich selbst überlassen“. Im weiteren Verlauf wurden viele von ihnen in Rüstungsunternehmen eingesetzt.
  • Die aus Westdeutschland Deportierten wurden in Platarowo an der Grenze zur Sowjetunion aus den Waggons getrieben, teils sich selbst überlassen, teils auf die Dörfer der Umgebung verteilt, um als Erntehelfer eingesetzt zu werden. Im Laufe des Jahres 1941 wurde eine Mehrzahl in umzäunten Ghettos in bzw. bei Siedlce untergebracht. Dort wurden sie im Straßenbau und bei der Eisenbahn eingesetzt.
  • Die aus Norddeutschland Kommenden wurden nach Bełżec – ebenfalls an der Grenze zur Sowjetunion – gebracht (nicht zu verwechseln mit dem 1942 errichteten Vernichtungslager Belzec). Dort errichteten sie ein Lager, in dem sie gemeinsam mit Juden, aber von diesen getrennt untergebracht waren. Sie wurden zunächst zum Bau eines Panzergrabens eingesetzt. Die Todesrate war hoch. Später wurden ein weiteres Lager in einem früheren Zuchthaus bei Hansk eingerichtet. Es folgten für alle Männer, Frauen und Jungen ab 10 Arbeiten zur Moorentwässerung und im Kanalbau.

Die Situation der Opfer der Mai-Deportation ist unübersichtlich. Sicher ist zu sagen, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen, Hunger, Kälte, Krankheiten bei vielen zum Tod führten. Manchen gelang es, über längere Fristen in den Städten zu überleben, einzelnen, in ihre Heimat zurückzukehren und dort bis zum Ende des Nationalsozialismus unterzutauchen. Neuere Forschungen nehmen eine „Todesrate um die 50 Prozent“ an.[30] Die Mai-Deportation von 1940 gilt als ein Vorlauf und Übungsfeld für die späteren Judendeportationen.

Ausweitung der Deportationen mit dem Überfall auf die Sowjetunion

Die Deportationen aus dem Reichsgebiet im Frühwinter 1941 standen in einem unmittelbaren Kontext mit der im Gefolge des Überfalls auf die Sowjetunion eingeleiteten Vernichtungspolitik gegen die jüdische Minderheit. Himmler kündigte im September 1941 an, dass das „Altreich“ und das „Protektorat“ „vom Westen nach dem Osten von Juden geleert und befreit“ werde. Analog dazu sollte das Deutsche Reich „zigeunerfrei“ werden. Seit Mitte Oktober 1941 wurden 20.000 westeuropäische Juden in das Ghetto Litzmannstadt ('Łódź') verschleppt. Zwischen dem 5. und 9. November 1941 trafen in Viehwaggons aus den Reichsgauen Niederdonau und Steiermark 5.007 Roma ein, fast alle von ihnen zählten zur Gruppe der Burgenland-Roma, mehr als die Hälfte von ihnen waren Kinder. Sie wurden in einem durch doppelten Stacheldrahtzaun abgetrennten Ghettobereich untergebracht, wo sich unter den gegebenen Verhältnissen bald Flecktyphus ausbreitete. Mehrere Tausend, die bis dahin das Ghetto überlebt hatten, wurden im Januar 1942 in Gaswagen in dem Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) erstickt. Keiner der nach Łódź deportierten Roma überlebte. Das im November 1941 zurückgelassene Eigentum der Roma wurde durch die Behörden konfisziert und an die regionale Mehrheitsbevölkerung veräußert, nachdem es zuvor zu spontanen Plünderungen durch Angehörige der „Volksgemeinschaft“ gekommen war.

Auschwitz-Birkenau

Himmler befahl am 16. Dezember 1942 im „Auschwitz-Erlass“, „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen Dauer in ein Konzentrationslager einzuweisen“. Zuständig dafür blieb die Kriminalpolizei. Am 29. Januar verfügte das Reichssicherheitshauptamt die Ausführungsbestimmungen: „Die Einweisung erfolgt ohne Rücksicht auf den Mischlingsgrad in das Konzentrationslager (Zigeunerlager) Auschwitz. […] Die künftige Behandlung der reinrassigen Sinte- oder der als reinrassig geltenden Lalleri-Zigeuner-Sippen bleibt einer späteren Regelung vorbehalten.“

Am 26. Februar 1943 traf ein erster Transport von Roma – Frauen, Männer, Kinder – aus Deutschland im als „Zigeunerfamilienlager“ noch nicht fertiggestellten Lagerabschnitt B II e von Auschwitz ein. Weitere Transporte waren ebenfalls bereits Ende Februar dorthin abgegangen.[31]

Mit der Deportation verfiel das Eigentum der Opfer dem Reich. Die regionalen Finanzämter verwalteten das immobile Eigentum (Häuser, Grundstücke) und verteilten das Inventar in Versteigerungs- und Verkaufsaktionen wie im Fall der jüdischen Minderheit an die Volksgemeinschaft.[32]

Insgesamt wurden etwa 23.000 Menschen in das Lager gebracht, wo sie zunächst Zwangsarbeit leisten mussten. Einige Tausend von ihnen wurden im Mai 1943 wegen „Fleckfieberverdacht“ isoliert und vergast. Die übrigen starben an Hunger, Frost und qualvollen medizinischen Experimenten; viele wurden auch in andere KZs weitertransportiert und starben dort. Im Mai 1944 beschloss die Lagerleitung von Auschwitz, die übrigen etwa 2.900 Roma von Birkenau zu ermorden. Diese leisteten verzweifelten Widerstand, worauf die SS vom ersten Räumungsversuch Abstand nahm. Erst in der Nacht vom 2. zum 3. August 1944 überfiel und erschoss sie die restlichen Häftlinge.[33] „Insgesamt wurden an die 15.000 Menschen aus Deutschland zwischen 1938 und 1945 als ‚Zigeuner‘ oder ‚Zigeunermischlinge‘ umgebracht“, davon etwa 10.500 in Auschwitz-Birkenau.[34]

Verfolgung in den okkupierten Gebieten und Satellitenstaaten

Im gesamten deutschen Machtbereich wurden Roma verfolgt, wenngleich unterschiedlich motiviert und in unterschiedlicher Intensität. Dort, wo im Westen die nationalen Behörden auf Anweisung die Verfolgung betrieben, spielten die rassistischen Kriterien der reichsdeutschen Erfassungs- und Verfolgungsinstanzen im allgemeinen eine untergeordnete oder keine Rolle. Als ein wesentliches Verfolgungsmotiv erscheint besonders in den osteuropäischen Fällen das antiziganistische Stereotyp vom „Zigeuner“ als Spion und subversiven Unterstützer des Feindes. Es dürfte eine mit Abstand höhere Zahl von ost- als von west- und mitteleuropäischen Roma der Vernichtung zum Opfer gefallenen sein. Eine Gesamtzahl ist aufgrund der besonderen Bedingungen der Mordaktionen im Osten nur als unbestimmte Schätzung zu nennen. Historiker gehen davon aus, dass es möglicherweise mehr als 100.000 Opfer gab.[35]

Westeuropa

In den 1940 besetzten Niederlanden gab es eine auf „einige hundert Personen“ (Zimmermann) geschätzte Zahl von Roma, die z. T. als niederländische Staatsbürger akkulturiert ortsfest lebten, sowie mehr als 10.000 sozial marginalisierte, in Wohnwagen lebende reizigers (Eigenbezeichnung) oder woonwagenbewoners (Fremdbezeichnung), bei denen es sich um Nachfahren der niederländischen Landarmut des 19. Jahrhunderts und in dieser Zeit zugewanderter Deutscher handelte. Beide Gruppen galten der deutschen Besatzung nicht nur als „asozial“, sondern zugleich als möglicher Aufenthaltsort untergetauchter Spione und Agenten bzw. ihre Angehörigen potentiell selbst als solche. Vor allem reizigers standen im Fokus des niederländischen Verfolgungsinteresses. 1943 erfassten niederländische Behörden 10.000 von ihnen (nachdem Roma bereits seit 1937 registriert worden waren) und sprachen ein allgemeines Reiseverbot aus. Sie waren Razzien ausgesetzt. Soweit reizigers, Roma noch reisten, versuchten die Besatzungsbehörden sie durch Reiseverbote und die Festsetzung auf eine begrenzte Zahl von Standplätzen davon abzuhalten. Anders als im Deutschen Reich die zahlreichen kommunalen „Zigeunerlager“, waren diese Plätze kaum bewacht, so dass die Bewohner sie verlassen konnten.

Am 16. Mai 1944 fand eine landesweite Razzia statt, in deren Verlauf 578 Menschen von lokalen und regionalen niederländischen Instanzen als „Zigeuner“, „Zigeunermischlinge“ und als „nach Zigeunerart“ umherziehend festgenommen und im „Durchgangslager für Juden“ im Durchgangslager Westerbork inhaftiert wurden. Die Kriterien, die bei der Festnahme angelegt wurden, eröffneten den niederländischen Akteuren Handlungsspielräume, die unterschiedlich genutzt wurden. Nicht wenige Verfolgte waren bereits seit längerem untergetaucht, andere wurden von der Polizei gewarnt. Eine Überprüfung der Festgenommenen in Westerbork führte zur nachträglichen Entlassung von 279 als reizigers beurteilten Personen. Nachdem aufgrund diplomatischer Intervention Roma mit italienischer und guatemaltekischer Staatsbürgerschaft ebenfalls entlassen wurden, wurden 245 Menschen nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie waren ganz überwiegend Roma, einzelne von ihnen aber auch Ehepartner aus der Minderheit der reizigers. 30 überlebten.[36]

In Belgien lebten zwei- bis dreihundert Roma, viele davon belgische Staatsbürger, die mehrheitlich beim deutschen Überfall auf das Land zunächst nach Frankreich flohen, z. T. aber nach dem Ende der Kampfhandlungen in Frankreich von dort zurückkehrten. 1940 erließ der Militärbefehlshaber ein allgemeines Verbot des Wandergewerbes für Belgien und Nordfrankreich gegen „Zigeuner“ wie gegen nichtzigeunerische Fahrende, das aber nicht umfassend kontrolliert und eingehalten wurde. Generell betrafen repressive Maßnahmen ortsfest Lebende nicht. 1942 wurde zur Erfassung und Kontrolle nach einer allgemeinen Festsetzung eine dreimonatlich zu erneuernde „carte de nomades“ bzw. „zigeunerkaart“ als Ausweis für Fahrende eingeführt. Es blieb jedoch weiterhin möglich, polizeiliche Kontrollen zu umgehen und in kleinen Gruppen zu reisen.

1943 wurden zunächst als „asozial“ qualifizierte einzelne Roma, dann aus Malines/Mechelen (Belgien) 166 als „Zigeuner“ Qualifizierte, teils aus Belgien, teils aus zwei angrenzenden nordfranzösischen Departements stammend nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Als Zwischenstation des Gruppentransports fungierte ein Transitlager für Juden. Ein Teil der Gefährdeten hatte untertauchen, fliehen oder sich durch ein akkulturiertes unauffälliges Leben Erfassung und Deportation entziehen können, nachdem die rassistischen Kriterien der deutschen Rassenhygienischen Forschungsstelle (RHF) nicht angelegt wurden. Von insgesamt 351 Deportierten überlebten zwölf.

In Frankreich hatte es Bewegungsverbote und Festsetzungen auf Plätzen für nomades aufgrund eines generellen Spionageverdachts mit dem Beginn des deutschen Angriffs gegeben. Betroffen waren angesichts des vorherrschenden soziografischen Beschreibungsmusters Umherziehende mit französischer oder anderer Staatsbürgerschaft unbeachtlich ihrer ethnischen Zuordnung, darunter „Zigeuner“, Jenische, forains (Schausteller, Marktbeschicker) und ambulants.

Die deutsche Militärverwaltung verschärfte nach der französischen Niederlage die Repression. Im Herbst 1940 wies sie die „Zigeuner“ im besetzten Teil aus einer Sicherheitszone am Atlantik aus, verbot das Wandergewerbe in 21 westlichen Départements und beschloss, alle „Zigeuner“ nach dem rassistischen Konzept von RHF und RKPA in Listen zu erfassen und in Lager zu verbringen. Im Ergebnis aber wurden von den französischen Behörden deren Verständnis entsprechend vor allem nomades, forains und ambulants interniert, in welchen drei Gruppen es jeweils auch „Zigeuner“ gab, während akkulturierte Roma in der Regel unbehelligt blieben. Bekannt sind bis heute 24 Internierungslager. Zuständig für die Lager war das Ministerium für jüdische Angelegenheiten. Die Bewachung lag bei der französischen Polizei. Die Lebensbedingungen in diesen Lagern waren zwar unzureichend, dennoch aber nicht gleichzusetzen mit deutschen Konzentrationslagern. Die Todesrate lag „vergleichsweise niedrig“ (Peschanski). 1941 und 1942 wurde ein großer Teil der forains, darunter auch Roma entlassen. Manche Internierte flüchteten und tauchten unter, andere wurden zur Arbeit nach Deutschland angeworben. Untergetauchte Roma (romanichels) schlossen sich der résistance an. Die Lager bestanden z. T. nach der Befreiung weiter. Die letzten Internierten wurden 1946 entlassen.

Von den wenigen hundert „Zigeunern“ in Vichy-Frankreich waren viele nach der Okkupation des Elsaß nach Innerfrankreich ausgewiesene oder dorthin geflüchtete Sinti. Vor allem sie wurden in einem Lager in Südfrankreich festgehalten, in dem sie assimiliert werden sollten. Die Zahl der zwischen 1940 und 1946 in Frankreich internierten tsiganes, nomades, forains, yeniches, ambulants und clochards wird auf etwa 3.000 und höchstens 5.000 geschätzt.[37]

Polen

Bereits im September und Oktober 1939 war es zu ersten Morden an Gruppen von „Zigeunern“ durch Angehörige des deutschen Selbstschutzes, Gendarmerie und Wehrmacht gekommen. Mit der Besetzung Polens und dem Anschluss der neuen „Reichsgaue“ Wartheland, Danzig-Westpreußen sowie von Ostoberschlesien und Südostpreußen an das Deutsche Reich galt der Himmlersche Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage aus dem Wesen dieser Rasse“ auch dort, so dass im weiteren Verlauf Roma entsprechend dem Auschwitz-Erlass von dort nach Birkenau deportiert wurden. Weitere Roma kamen aus dem Generalgouvernement nach Birkenau.

1942 wurden Roma ins Warschauer Ghetto eingewiesen, von wo sie gemeinsam mit jüdischen Häftlingen zur Vernichtung nach Treblinka transportiert wurden. Auch in den Vernichtungslagern Sobibor, Majdanek und Belzec wurden Angehörige der Minderheit ermordet.

Die meisten Roma im deutsch besetzten Restpolen fielen Massenerschießungen zum Opfer. Sie erstreckten sich auf die Zeit zwischen 1939 und 1945 und hatten ihren Höhepunkt im Jahr 1943. Für die Morde verantwortlich waren vor allem Einheiten der deutschen Polizei, aber auch Kommandos der Wehrmacht und der SS. Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand ist von mindestens 8.000 Mordopfern auszugehen.[38]

Sowjetunion

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion kam es ab August 1941 zu Erschießungen auch von Roma. Sie galten wie Juden und Kommunisten als potentielle Widerstandskämpfer („Partisanen“) und Spione. Zeitversetzt zur Radikalisierung der Judenverfolgung zur Judenvernichtung weitete sich die Verfolgung von Roma etwa ab dem Frühjahr 1942 zur flächendeckenden Vernichtung aus. Soweit über die bisherige unzureichende Quellenlage hinaus inzwischen sowjetische Quellen, Beutequellen und Literatur herangezogen werden konnten, ergibt sich, dass sie genozidal angelegt war. Sie betraf nicht nur „wandernde“ Roma – die häufig Kriegsflüchtlinge waren –, sondern mit hoher Systematik zugleich den in „nationalen Zigeunerkolchosen“, gemischten Kolchosen und städtischen Ansiedlungen ortsfest lebenden Teil der Minderheit.[39]

So erfassten, nahmen fest und ermordeten im Frühjahr 1942 im Smolensker Oblast Angehörige deutscher Militäreinheiten anhand von Einwohnerlisten und nach „rassischem“ Augenscheinurteil die ländliche und städtische Roma-Bevölkerung. Die Opfer waren Kolchosbauern, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Männer, Frauen und Kinder. Der Bericht für die Zentrale Staatskommission, die ab 1942 die Verbrechen in den deutsch besetzten Gebieten untersuchte, stellte später fest, „Juden und Zigeuner wurden vollständig und überall vernichtet.“[40]

Im Gebiet Cernigov folgte im Juni 1942 einem – in der Methodik wie bei der jüdischen Minderheit – als Vortäuschung eingesetzten Aufruf zur „Umsiedlung“ ein dreitägiges Massaker, dem mindestens 2.000 Roma zum Opfer fielen.

Auf der Krim, dem Aktionsfeld der Einsatzgruppe D setzte die Vernichtungsaktivität bereits 1941 ein. Sie verlief synchron mit der gegen Juden und Krimtschaken. Die Roma-Bevölkerung war ganz überwiegend lange sesshaft und „sehr stark tatarisch assimiliert“.[41] Wiederum versuchten die Besatzer die umfassende Ermordung ins Werk zu setzen,[42] was indessen nur bei etwa zwei Dritteln der Roma gelang, weil der hohe Grad an Assimilation und die Verflechtung mit der tatarischen Mehrheitsbevölkerung und deren solidarische Hilfe viele dieser moslemischen Roma vor der Entdeckung als „Zigeuner“ schützte.

Zum Operationsgebiet der Einsatzgruppe D gehörte der 1942 für nur etwa ein halbes Jahr besetzte Nordkaukasus, ein Gebiet mit größerer und weitgehend sesshafter Roma-Bevölkerung. Die kurze Zeit der Besetzung wurde trotz des bald einsetzenden Drucks durch die Rote Armee von den Deutschen für das Aufspüren und Sammeln mittels „Zigeunerlisten“ und durch das Vorspiegeln einer „Aussiedlung“ genutzt. Die frühe Befreiung rettete dort viele.

An den oft mit exzessiver Grausamkeit begangenen Taten waren neben den Einsatzgruppen alle anderen Arten militärischer und polizeilich-militärischer Verbände beteiligt.

Eine unbekannte Zahl sowjetischer Roma kämpfte als Partisanen in den besetzten Gebieten, tausende kämpften als einfache Soldaten, als Panzerfahrer, Piloten oder Ingenieure in der Roten Armee und wurden zum Teil hoch ausgezeichnet. In der offiziellen Liste der „Helden der Sowjetunion“, der höchsten sowjetischen Auszeichnung, ist mit Timofej Prokof'ev ein Rom ausdrücklich als solcher genannt. Das „Staatliche Zigeunertheater 'Romén'“ unterstützte die Front wie die Menschen im Hinterland mit Theateraufführungen und Konzerten. Es veranstaltete Spendenaufführungen zugunsten des Verteidigungsfonds. Von seinen Beiträgen wurde u. a. der Bomber „Roménec“ finanziert. Das Ensemble wurde „für die Verteidigung des Kaukasus“ ausgezeichnet.[43]

Baltikum

Blatt 2 aus dem nach Karl Jäger, Führer des Einsatzkommandos 3, benannten „Jäger Report“ vom 1. Dezember 1941, in dem detailliert die Opfer von Massenmorden seiner Einheit der Einsatzgruppen aufgelistet werden. Unter dem 22.8.1941 Dünaburg werden „3 Zigeuner, 1 Zigeunerin und 1 Zigeunerkind“ als Mordopfer benannt.

Nach dem Angriff auf die Sowjetunion und die baltischen Staaten im Sommer 1941 töteten die „Einsatzgruppen“ – mobile Tötungseinheiten der SS zusammen mit anderen SS -Einheiten, dem deutschen Militär und zivilen Besatzungsbehörden alle Roma. In Lettland wurden durch die Einsatztruppe A von 1941–1943 etwa die Hälfte der dort 3.800 Roma umgebracht, in Estland waren über 90% der dort lebenden 750-850 Roma. In Litauen wurde vermutlich die Mehrheit der dort lebenden Roma getötet.[44] Anfang 1944 erfolgte die Deportation von 2.000 bis 3.000 Roma aus Weißrussland und Litauen ins KZ Auschwitz-Birkenau.[45] Wehrmachteinheiten waren nicht direkt an der Vernichtung beteiligt, die Militärpolizei, die Geheime Militärpolizei und vor allem die „Sicherungsdivisionen“ der Wehrmacht übergaben aber „herumreisende Zigeuner“ an die Einsatzgruppen, damit diese sie erschossen. Die Einsatzgruppen wurden durch beträchtliche organisatorische und technische Hilfsmittel von der Wehrmacht unterstützt.[46] Mit dem Übergang zur Zivilverwaltung ging auch die Initiative zum Genozid an sie über.[47] Ein Beispiel dafür ist die Ermordung von ungefähr 100 Roma aus Libau (Lettland) am 4. Dezember 1941. Die deutschen Ordnungspolizei der Stadt erschoss auf Initiative des Kommandanten der Ordnungspolizei im „Ostland“ Georg Jedicke die Roma nach dem er vom Reichskommissar für das „Ostland“ Hinrich Lohse die Genehmigung erhalten hatte.[48] In Lettland wurden alle erreichbaren „Zigeuner“ Anfang 1942 zur Erschießung an die Sicherheitspolizei übergeben.[49]

Südosteuropa

Bulgarien war zwar bis 1944 mit dem Deutschen Reich und Italien verbündet, dennoch wurden bulgarische Roma, die eine große Minderheit bildeten, nicht verfolgt. Nicht wenige von ihnen beteiligten sich an der Partisanenbewegung.[50]

In Serbien begann kurz nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion ein kommunistischer Aufstand, der den deutschen Besatzern erhebliche Verluste zufügte und zunächst nicht einzudämmen war. Die Wehrmachtführung ging daraufhin zu dem Grundsatz über, für einen von Partisanen getöteten Wehrmachtssoldaten 100 serbische Häftlinge und für einen verwundeten 50 zu erschießen. Neben Kommunisten fielen den folgenden Mordaktionen (siehe Massaker von Kraljevo und Kragujevac) vor allem männliche Juden und Roma zum Opfer, weil die militärische Führung auf diese Weise die unerwünschten Folgen ihrer Brutalität in der serbischen Bevölkerung klein zu halten versuchte und die Vernichtung der beiden Minderheiten als ohnehin notwendig erachtet wurde. Wehrmachtseinheiten handelten bei diesen Erschießungen, denen Tausende zum Opfer fielen, teilweise auf Befehl vorgesetzter Stellen, teilweise auf eigene Initiative. In manchen Fällen nahm man den zu Erschießenden zunächst Gepäck und Wertgegenstände ab, um diese der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt zu übergeben.

Mit der Zurückdrängung der Tito-Partisanen gegen Ende des Jahres 1941 nahmen die sog. Vergeltungsaktionen ab. Die Zahl der Opfer ging auch deshalb zurück, weil die Tötungsrelation von 1:100 auf 1:50 gesenkt wurde. Im weiteren Verlauf wurde zwar die Vernichtungspolitik gegen die jüdische Minderheit fortgesetzt, zugleich aber gegenüber Roma zurückgenommen, so dass eine große Mehrheit die deutsche Besatzung überstand.

Eine große Zahl von Roma kämpfte in den Partisaneneinheiten für die Befreiung des Landes.[51]

In Kroatien verfolgte die mit den Nationalsozialisten verbündete Regierung unter dem Ustascha-Führer Ante Pavelic eine Politik, die die Angehörigen der „kroatischen Rasse“ privilegierte und Juden und Roma als „Nichtarier“ entrechtete. Im Mai 1942 erging ein Ustascha-Befehl, nach dem alle in Kroation lebenden „Zigeuner“ festzunehmen waren. Ausgenommen waren die in Bosnien und Herzegowina ansässigen moslemischen Roma, die von der moslemfreundlichen Regierung zu „Ariern“ erklärt wurden. Tausende von Roma in Kroatien wurden im KZ Jasenovac inhaftiert, wohin sie kolonnenweise zusammengekettet geführt wurden. Jüngere Männer, die das Lagerpersonal als arbeitsfähig betrachtete, wurden zur Zwangsarbeit verwendet. Wer nicht in diese Kategorie fiel, wurde „mit Keulen, Hämmern, Messern und Dolchen“ an ausgehobenen Massengräbern getötet. Daran beteiligte sich als stellvertretender Kommandeur des Lagers auch der Franziskaner-Pater Miroslav Filipovic. Hunderte auch der Arbeitsfähigen fielen den Lagerbedingungen und Massakern der Ustascha zum Opfer. Kurz vor dem Zusammenbruch des Vasallenstaates ermordete das Lagerpersonal die meisten der bis dahin Überlebenden. Die Zahl der getöteten Roma ist unsicher. Schätzungen schwanken für Jasenovic zwischen 10.000 und 40.000, für ganz Kroatien zwischen 25.000 und 50.000.[52]

Rumänien hatte die größte Romaminderheit in Südosteuropa. Eine Verfolgung gab es bis 1942 trotz verschiedener Ansätze zu einer rassistisch orientierten Zigeunerforschung und -politik, die die Sterilisierung der Angehörigen der Minderheit forderten, nicht. Während der Herrschaft des mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündeten faschistischen Regimes des Generals Ion Antonescu wurden von Juni bis September 1942 etwa 25.000 Roma, d. h. etwa 12% der Gesamtgruppe, nach Transnistrien deportiert. Die Region war rumänisch besetztes sowjetisches Gebiet. Das rassistische Kategoriensystem der deutschen Zigeunerverfolgung lag der Deportationsentscheidung nicht zugrunde. 13.176 Deportierte waren sesshafte, jedoch als „gefährlich und unerwünscht“ beurteilte Roma. 11.441 waren nicht sesshaft. Als solche gehörten sie zu einer Minderheit der Gesamtpopulation. Etwa 11.000 der 25.000 starben aufgrund von Hunger, Kälte, Krankheit und anderen Mangelbedingungen.[53]

Zwar gab es in Ungarn mit schätzungsweise 100.000 Roma bereits unter dem Regime des Reichsverwesers Miklos Horthy antiziganistische Maßnahmen, die aber in ihrer Schärfe weit hinter der deutschen Zigeunerpolitik zurückblieben. 1940 erhöhte sich nach der Annexion von Nordsiebenbürgen und der Batschka die Zahl um weit mehr als die Hälfte. Nicht mitgerechnet in den Bevölkerungsanteil der „Zigeuner“ waren dabei die „bürgerlichen Berufen nachgehenden“ und „in den Städten als Musikzigeuner lebenden“ Roma. Der nationalsozialistische Einfluss führte zu einer Radikalisierung der ungarischen Zigeunerpolitik. Im Februar 1941 erwog die Regierung, Roma ohne „geregelte Arbeit“ in Lagern zu internieren. In einigen Komitaten wurde im Sommer 1944 eine landwirtschaftliche „Arbeitspflicht“ verhängt und eine namentliche Erfassung verfügt. Die Massendeportation ungarischer Juden nach Auschwitz ließ im Sommer 1944 die Überlegung entstehen, diesen Ausfall von Arbeitskräften durch „Zigeuner“ zu kompensieren. Umgesetzt wurde diese Vorstellung nicht. Roma mit festem Wohnsitz – der größte Teil der ungarischen Roma – wurden noch bis zum Herbst 1944 zum Militärdienst eingezogen. Nachdem Horthy versucht hatte, einen Separatfrieden mit den Alliierten zu schließen, übernahmen im Oktober 1944 die faschistischen „Pfeilkreuzler“ unter Ferenc Szálasi die Macht. Sie verschärften die Maßnahmen gegen Roma zunächst durch eine Festsetzungvorschrift für die südlichen Militärbezirke. Es folgten Großrazzien, Festnahmen von Tausenden und Deportationen durch Fußmärsche, bei denen es zu Todesfällen kam, in ein nordungarisches Gefängnis. Ein unbestimmter zahlreicher Anteil dieser unter völlig unzureichenden Lebensbedingungen Inhaftierten wurde nach Deutschland deportiert und in Außenlagern des KZ Buchenwald und Ravensbrück zur Zwangsarbeit verwendet. Die Zahl der Todesfälle in den Lagern, auf den Evakuierungstransporten und in den letzten Kriegswochen in Bergen-Belsen ist nicht bekannt.

In der letzten Kriegsphase wurden Roma einzeln und in Gruppen dort getötet, wo bereits von der Roten Armee befreite Ortschaften wieder von deutschen Truppen und Pfeilkreuzlern zurückerobert wurden und Denunzianten über Begrüßungen der sowjetischen Truppen informiert hatten. So ermordeten Gendarmen auf Befehl der Gestapo und der ungarischen Geheimpolizei im Februar 1945 bei Székesfehérvár mindestens 40 Roma als angebliche „moskowitische Zigeuner“. Die heutige Forschung geht von etwa 5.000 Roma aus, die in der Endphase des Kriegs, und von etwa 1.000, die bis dahin in Ungarn oder in den deutschen Konzentrationslager getötet wurden.[54]

Rezeption und Aufarbeitung des Porajmos nach 1945

Der Umgang mit den Akteuren des Genozids

Strafverfolgung

„Gegen Dutzende Polizisten, Verwaltungsbeamte und Wissenschaftler“ gab es nach dem Ende des Nationalsozialismus staatsanwaltliche Ermittlungen bundesdeutscher Gerichte in Sachen „Zigeunerverfolgung“.[55] In den meisten Fällen kam es nicht zur Hauptverhandlung. Folgte sie, endete sie mit der Einstellung des Verfahrens. So z. B. in den Verfahren

  • gegen das Personal der RHF Robert Ritter (1950), Adolf Würth (1961–1963, 1986), Eva Justin (1958–1960) und Sophie Ehrhardt (1981–1982, 1983–1986), Ruth Kellermann (1989),
  • gegen Deportationsverantwortliche der zentralen polizeilichen Institutionen wie Josef Eichberger (1961–1964), dem Hauptorganisator der „Zigeuner-Transporte“ im RSHA, oder Paul Werner (1962), Amtsgruppenleiter im RSHA,
  • gegen lokale Deportationsverantwortliche wie Otto Bovensiepen (1969–1971) oder Leo Karsten (1957–1960), Leiter der „Dienststelle für Zigeunerfragen“ im Berliner Polizeipräsidium oder Hans Maly (1961–1964), Sachbearbeiter der Kölner Kripo und später im RSHA.

In den Verfahren gegen das wissenschaftliche Personal der RHF übernahmen die Richter die Schutzbehauptungen der Angeklagten bzw. erkannten auf Beweismangel. Für Justin sprach als glaubwürdiger Entlastungszeuge der Arzt Hermann Arnold, der nach 1945 den Forschungsansatz der RHF fortsetzte. Die Ermittlungsverfahren gegen Karsten in Frankenthal (Pfalz) und gegen Eichberger, Maly, Karl-Wilhelm Supp, Heinrich Böhlhoff und 42 andere in Köln wurden eingestellt, weil die Angeklagten nach Meinung der Richter den Zweck des Auschwitz-Erlasses nicht gekannt und aus ihrer Dienststellung heraus auch nicht hätten erkennen können.

Allein zwei Prozesse führten zu Urteilen. Der „Berleburger Zigeunerprozess“ gegen lokale Deportationsverantwortliche (1948/1949, Revision 1951) endete mit Freisprüchen, Strafen am unteren Rand des Strafrahmens, Haftbefreiungen und Amnestierungen. Der Prozess gegen den SS-Rottenführer und Blockführer im „Zigeuner-Lager“ in Auschwitz-Birkenau Ernst-August König endete mit „lebenslänglich“.[56] König nahm sich das Leben, bevor das Urteil Rechtskraft erlangt hatte.

Daneben gab es Verfahren vor alliierten, jugoslawischen, österreichischen und DDR-Gerichten. Sie behandelten – wie z. B. die weithin beachteten beiden Nürnberger Nachfolgeprozesse „Fall VII“ („Geiselmord-Prozess“) und „Fall IX“ („Einsatzgruppen-Prozess“) oder einige bundesdeutsche Verfahren wie der Chelmno-Prozess – die Verbrechen an Roma in der Regel nur nachrangig in umfangreicheren Tatkomplexen.

Die nichtbundesdeutschen Verfahren führten in der Regel zu Verurteilungen. Die Bandbreite reichte dabei von der Todesstrafe über „lebenslänglich“ bis zu zeitlichen Haftstrafen. Soweit es nach den westallierten Verfahren zu Haftstrafen bzw. zu einem Verzicht auf den Vollzug der Todesstrafe kam, wurden die Täter bis spätestens in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre amnestiert, die meisten der Haupttäter bereits nach wenigen Haftjahren.[57]

Täterkarrieren nach dem Ende des Nationalsozialismus

Ein Teil der Angeklagten wurde erneut mit Führungsfunktionen in Verwaltung und polizeilicher Exekutive betraut, nicht selten im alten Tätigkeitsbereich. So wurde Paul Werner Ministerialrat im baden-württembergischen Innenministerium, Josef Eichberger im Bayerischen Landeskriminalamt Leiter der „Zigeuner“-Abteilung, der Nachfolgebehörde der NS-„Zigeunerleitstelle“ beim Polizeipräsidium München, Leo Karsten Leiter der „Landfahrerpolizeistelle Karlsruhe“. Johannes Otto und Heinrich Böhlhoff leiteten nach 1945 die „Zigeunerbekämpfung“ im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und bei der Kriminalpolizei Dortmund. Hans Maly leitete die Kriminalpolizei in der Bundeshauptstadt Bonn. Zahlreiche Mitglieder der SS, des SD und anderer NS-Dienststellen, die an Deportationen und Mordaktionen teilgenommen hatten, wurden in den Polizeidienst der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Exemplarisch ist der Fall des Leiters der Kriminalpolizei beim Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Tallin Heinrich Bergmann, der 1942 in Estland maßgeblich an der Ermordung von mindestens 243 Roma, Männer, Frauen und Kindern beteiligt war. Bergmann wurde 1955 ins Bundeskriminalamt übernommen, dessen Leitungsebene nahezu ausschließlich aus ehemaligen SD-Führungspersönlichkeiten bestand, von denen etwa die Hälfte unmittelbar an den Völkermordverbrechen beteiligt waren. Er war unbehelligt bis zum Erreichen der Altersgrenze im BKA tätig.[58][59]

Zur rechtlichen und politischen Anerkennung des Genozids

Am 22. Februar 1950 legten die bundesdeutschen Finanzministerien den „Runderlass E 19 an die Wiedergutmachungsbehörden“ vor: „Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung der Zigeuner und Zigeuner-Mischlinge nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes hat zu dem Ergebnis geführt, dass der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen Gründen … verfolgt und inhaftiert wurden.“ Als Prüfinstanz für „Wiedergutmachungsanträge von Zigeunern und Zigeuner-Mischlingen“ wurde das Landesamt für Kriminal-Erkennungsdienst in Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Zentralamt für Kriminal-Identifizierung und Polizeistatistik in München und die Landfahrerpolizeistelle der Landespolizei in Karlsruhe bestimmt. Damit waren die Deportationsorganisatoren Paul Werner (Stuttgart), Wilhelm Supp und Josef Eichberger (München) sowie Leo Karsten (Karsruhe) beauftragt, in Entschädigungsverfahren richtungweisende Vorentscheidungen zu treffen.[60]

1956 entschied der Bundesgerichtshof wie vor ihm bereits verschiedene Oberlandesgerichte, bis zur Deportation nach Auschwitz-Birkenau sei die Verfolgung von den „asozialen Eigenschaften der Zigeuner“, nicht aber „rassenideologisch“ motiviert gewesen. Die Minderheit habe „auch schon früher Anlaß gegeben“, sie „besonderen Beschränkungen zu unterwerfen“.[61] Dieses Urteil bekräftigte die bis dahin übliche Ablehnung von Entschädigungsleistungen und begründete die Fortführung dieser Praxis. Noch über den BGH hinaus ging das Oberlandesgericht München. 1961 bestritt es die Deportation selbst nach dem Auschwitz-Erlass als „aus Gründen der Rasse“ geschehen. „Zigeuner“ seien verfolgt worden, „weil sie ziel- und planlos umherzogen, sich über ihre Person nicht ausweisen konnten oder für Spione gehalten wurden“.[62] In seinen Entscheidungen stützte das Gericht sich auf Gutachten der „Landfahrerzentrale“ in München, die im Nationalsozialismus als „Zigeunerzentrale“ firmierte. Nach 1945 wurde sie schnell wieder umbenannt, aber die Akten blieben bis 1970 in Gebrauch.

Eine Studie zur Umsetzung des Bundesentschädigungsgesetzes in Schleswig-Holstein auf der Basis von 295 Entschädigungsanträgen weist für den Zeitraum 1953–1965 und die Personengruppe „‚Asoziale‘, ‚Zigeuner‘, Zwangssterilisierte“ nach Antragsgründen folgende Ablehnungsquoten auf:

  • „Schaden an Körper und Gesundheit“: 100%,
  • „Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen“: 100%,
  • „Schaden an Freiheit“: 100%,
  • „Schaden an Eigentum und Vermögen“: 100%.
  • „Schaden an Leben“: 50% „teilweise [anerkannt]“, 50% „abgelehnt“.

Es handelt sich um die Opfergruppe mit der mit großem Abstand höchsten Ablehnungsquote.[63]

Durch ihre Deportation hatten Auschwitz-Häftlinge die deutsche Staatsbürgerschaft verloren. Für die westdeutschen Behörden war der Zwangscharakter der Deportationen bei der Beurteilung der Staatsbürgerschaft nicht von Bedeutung. Die überlebenden Deportationsopfer galten also weiterhin als staatenlos, waren mithin Bürger minderen Rechts und ohne rechtliche Möglichkeit, Entschädigungs- und Restitutionsverfahren zu führen. Erst während der 1980er Jahre wurden ihnen auf erheblichen Druck der Öffentlichkeit die deutsche Staatsbürgerschaft zurückgegeben.

Nachdem Gerichte der unteren und mittleren Instanz vermehrt dem Urteil der herrschenden Rechtsprechung widersprochen hatten, revidierte der BGH 1963 die Entscheidung von 1956 teilweise. Er konzedierte nun, dass für die Verfolgungsmaßnahmen seit dem Himmler-Erlass vom 8. Dezember 1938 rassistische Motive „mitursächlich“ gewesen sein könnten. Insofern war es nun begrenzt möglich geworden, Entschädigungsanträge zu stellen.[64] Im Dezember 1979 beschloss der Bundestag mit Antragsfrist bis Ende 1982 eine „Beihilfe“ von maximal DM 5.000.

Ebenfalls 1982 erklärte die Bundesregierung, die „Verbrechen [an der Roma-Minderheit im Nationalsozialismus] sind als Völkermord anzusehen“ und bezog sich dabei ausdrücklich auf die 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen unter dem Eindruck des Holocaust beschlossene Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes.[65] Für die noch Überlebenden war diese Aussage ohne rechtliche Bedeutung. Zwei Jahrzehnte später übertrug die Bundesrepublik Deutschland zwar die UNO-Konvention von 1948 in das nationale Strafrecht,[66] Seitdem qualifiziert das deutsche Strafrecht die vorsätzliche Zerstörung einer „nationale(n), rassische(n), religiöse(n) oder durch ihr Volkstum bestimmte(n) Gruppe“ als „Völkermord“.[67] Für die Beurteilung der nationalsozialistischen Verbrechen an der Roma-Minderheit blieb das jedoch ohne Bedeutung. Im Gesamtergebnis blieb der Genozid an den europäischen Roma, so auch an den Angehörigen der in Deutschland lebenden Roma, weitgehend entschädigungslos.

Auf der politischen Ebene waren die Bemühungen der Opferverbände und ihrer Unterstützer erfolgreicher. Bundeskanzler Helmut Schmidt empfing am 17. März 1982 eine Delegation des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit dessen Vorsitzendem Romani Rose. Schmidt erkannte den Völkermord an der Minderheit und seine rassistische Motivation an. Bundeskanzler Helmut Kohl bestätigte diese Position am 7. November 1985 bei einer Bundestagsdebatte.

Bundespräsident Roman Herzog erklärte am 16. März 1997 zur Eröffnung eines Berliner Roma-Dokumentations- und Kulturzentrums: „Der Völkermord an den Sinti und Roma ist aus dem gleichen Motiv des Rassenwahns, mit dem gleichen Vorsatz und dem gleichen Willen zur planmäßigen und endgültigen Vernichtung durchgeführt worden wie der an den Juden. Sie wurden im gesamten Einflussbereich der Nationalsozialisten systematisch und familienweise vom Kleinkind bis zum Greis ermordet.“[68]

Gedenk- und Erinnerungskultur

Die mehrheitsgesellschaftliche Kultur der Erinnerung an die nationalsozialistische Verfolgung der europäischen Roma hat sich sehr viel später als zur Geschichte der jüdischen Minderheit oder zur Verfolgung politischer oder kirchlicher Gegner der Nationalsozialisten entwickelt.

Es waren dann Initiativen der Betroffenen selbst, die nach Jahrzehnten des Schweigens über die Verbrechen und einer von den Ereignissen im Nationalsozialismus unbeeindruckt fortgeführten Diffamierungs- und Diskriminierungspraxis seit Ende der 1970er Jahren Veränderungen zunächst im politisch-offiziellen Raum und in den Medien bewirkten. Vizenz Rose, Sinto und einer der frühen und zu diesem Zeitpunkt seltenen Akteure der beginnenden Bürgerrechtsbewegung, ließ 1974 aus eigenen Mitteln in Auschwitz-Birkenau ein Mahnmal zur Erinnerung der Ermordeten des „Zigeuner-Lagers“ errichten. 1979 fand eine erste internationale Gedenkkundgebung von Angehörigen der Minderheit und Unterstützern aus der Mehrheitsbevölkerung im KZ Bergen-Belsen statt. Ostern 1980 führte eine Gruppe Sinti einen weltweit beachteten Hungerstreik im KZ Dachau durch.[69] Diese und die folgenden Aktionen zunächst kleinerer Gruppen veränderten nicht nur die mediale und die politische Perspektive auf die Minderheit, sie trugen zugleich wesentlich zur Sammlung eines großen Teils der in subethnische Gruppen und Familienverbände zersplitterten Bevölkerungsgruppe in den Landesverbänden und Mitgliedsorganisationen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma (Heidelberg) sowie in kleineren Interessenorganisationen mit regionaler Bedeutung bei.

Das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg richtete in den 1990er Jahren die einzig vorhandene Dauerausstellung zum „nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma“ ein.

1992 beschloss die Bundesregierung die Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten europäischen Roma, das in Berlin stehen sollte. Der israelische Künstler Dani Karavan legte einen Entwurf vor. Die Bemühungen zur Umsetzung zogen sich über viele Jahre hin und sind bis heute (2011) nicht zum Abschluss gekommen. Hauptproblem war, dass sich die Verbände der Betroffenen und die jeweilige Bundesregierung über den Inhalt des Widmungstextes nicht einig wurden. Streitpunkte waren vor allem die zwischen Bundesregierung und Zentralrat Deutscher Sinti und Roma lange unentschiedene Frage der Gleichstellung des Genozids an den europäischen Roma mit dem Genozid an der jüdischen Minderheit und die zwischen den Opferverbänden kontroverse Frage der Verwendbarkeit des Terminus „Zigeuner“ für die Opfer des Nationalsozialismus. Auf der Grundlage von Vorschlägen der Opferverbände und unter Federführung des Bundes erarbeiteten Historiker des Instituts für Zeitgeschichte (München/Berlin) und des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln schließlich einen Text, der vom Bundesrat einstimmig beschlossen wurde. Daraufhin konnte Ende 2008 der Bau beginnen, der bis heute nicht abgeschlossen ist.

Der Widmungstext bestimmt die Verbrechen an den europäischen Roma eindeutig als Völkermord. Er verwendet den Terminus „Zigeuner“ ausschließlich als Zitierung aus nationalsozialistischen Texten, also als Quellenbegriff, und grenzt die individuelle Verfolgung von jenischen Landfahrern „und anderen Fahrenden“ von der kollektiven Verfolgung und Vernichtung der Roma ab.[70]

Es gibt Aktivitäten, die auf die Situation der Roma-Bürgerkriegsflüchtlinge aufmerksam machen sollen und dabei einen Zusammenhang zwischen der Verfolgung von Roma im Nationalsozialismus und der Bleiberechtssituation von Roma in Deutschland bzw. ihrer Abschiebung herstellen. So protestierten im November 1989 Roma auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers in Neuengamme auf Initiative der Rom und Cinti Union Hamburg gegen die Deportation von Asylsuchenden.

Zwar leisteten deutsche Unterbehörden und andere lokale und regionale Akteure erhebliche Beiträge zur Radikalisierung der nationalsozialistischen Zigeunerverfolgung, nach wie aber findet die flächendeckende Unterstützung von Verfolgung und Vernichtung von unten nicht Ausdruck in einer ebenso flächendeckenden Erinnerungskultur (Straßenbenennungen, Denkmälern, Gedenktafeln oder anderen Zeichen bzw. Orten der Erinnerung, öffentliche Veranstaltungen). Immerhin gibt es nach Auskunft des Dokumentationszentrums deutscher Sinti und Roma inzwischen in Deutschland „etwa hundert Gedenkorte für die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Sinti und Roma“.[71]

Ehra oder Kind mit Ball“, Düsseldorf, Abguss einer Statue von Otto Pankok

Beispiele lokalen künstlerischen und dokumentierenden Gedenkens im öffentlichen Raum bieten Bad Berleburg (2002), Dreihausen bei Marburg (2009), Düsseldorf (1997), Frankfurt a. M., Greven (1997 Straßenbenennung[72]), Köln (1990 Straßenspurprojekt von Gunter Demnig;[73] 2003 Straßenbenennung[74]), Magdeburg (1998), Ravensburg (1999), Solingen (2007) und Wiesbaden (1992).

Ravensburg, Mahnmal zum Gedenken an 29 aus dem Zigeunerzwangslager in Ravensburg deportierten und in Auschwitz ermordeten Sinti

Obwohl Roma im gesamten deutsch beherrschten Europa bis zur Vernichtung verfolgt wurden, wobei nicht selten nationale Behörden und andere nichtdeutsche Verfolger eine große Rolle spielten, andererseits Roma in vielen vor allem osteuropäischen Ländern aktiven Widerstand leisteten, gibt es dort nur eine erst in Ansätzen entwickelte Gedenk- und Erinnerungskultur, und zwar insbesondere an den historischen Stätten der ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager.

In der Sowjetunion bildete die deutsche Vernichtungspolitik gegen Roma in der Nachkriegszeit ein Schwerpunktthema der Tourneen des Moskauer Staatlichen Zigeunertheaters Romèn. 1982 wurde in dem Dorf Aleksandrovka bei Smolensk ein Denkmal für 176 ermordete Roma des Dorfes errichtet. Erinnerungsinitiativen der nach dem Zerfall der Sowjetunion neu gegründeten Roma-Organisation Föderale national-kulturelle Autonomie der rußländischen Zigeuner (FNKA) scheiterten bislang. Ein Gedenkstein für die gegen die deutschen Besatzer kämpfenden und zum Teil hoch ausgezeichneten Roma in einem Moskauer Park scheiterte an fehlender Finanzierung und Uneinigkeit in inhaltlichen Fragen. Das Denkmal in Alexandrovka ist bis heute das einzige in Russland.

In der Ukraine demgegenüber beschloss das Parlament 2005 den 2. August zum offiziellen Tag des Gedenkens an den Holocaust der Roma zu machen. Er erinnert damit an das Ende des „Zigeunerlagers Auschwitz-Birkenau“ durch die Vergasung der letzten 2900 Häftlinge im August 1944.[75]

In der nach dem Ende der sozialistischen Staaten entstandenen mittel- und südosteuropäischen Staatenwelt erlebte der Antiziganismus einen anhaltenden Aufschwung und die Roma-Minderheit eine neue Zeit der Diskriminierung und Verfolgung. Eine Erinnerungskultur an den Porajmos konnte sich unter diesen Bedingungen nicht etablieren. Zwei Lager im heutigen Tschechien, dem vormaligen Protektorat Böhmen und Mähren, in denen ab 1940 neben anderen als „asozial“ Deklarierten auch „umherziehende Zigeuner“ und „andere auf dieselbe Weise lebende Landstreicher“ inhaftiert wurden, lagen bei Hodonin (Mähren) und bei Lety (Südböhmen).[76] Viele der Häftlinge starben, andere, darunter Roma, wurden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

Gedenktafel in Rom (Italien)

In Hodonin erinnert als ein die Opfergruppen übergreifendes Symbol ein Kreuz an das dortige Massengrab. In Lety entspricht dem eine Steinsäule. Sie ist an einem schwer zugänglichen und nur mit besonderen Kenntnissen erreichbaren Ort aufgestellt. Auf dem Gelände des Lagers wurde gegen erhebliche Proteste erfolgreich ein Schweinezuchtbetrieb etabliert, deren Besitzer der prominente deutsch-tschechische Politiker Karl zu Schwarzenberg ist. Auf die Initiative der Familie von Schwarzenberg ging bereits die Einrichtung dieses tschechisch geführten Lagers 1939 zurück.[77]

Aus Italien ist ein Erinnerungsort bekannt: Im römischen innerstädtischen Stadtviertel Monti, das auch eine größere Zahl Juden und Roma bewohnten, weist eine Gedenktafel der Stadt Rom an der Wand des Katholischen Instituts Angelo Mai auf die Deportation von Roma im Oktober 1943 durch die Gestapo hin.[78]

Historische Einordnung

Mit der Entstehung von Selbstorganisationen der Minderheit und mit den Aktionen der Bürgerrechtsbewegung seit den ausgehenden 1970er Jahren begann auch in der historischen Einordnung des Porajmos ein allmählicher Perspektivenwechsel. Die Vorstellung von der Singularität der Shoa, hinter der der Genozid an den europäischen Roma in der ideologischen Einbettung, in der Akribie der Planung, in der Systematik der Durchführung und im Ausmaß der Vernichtung weit zurückbleibe, trifft inzwischen auf entschiedenen Widerspruch bis hin zu der von einzelnen Historikern vertretenen Auffassung, dass aufgrund einer weiter gefassten Definition Roma umfassender zur Vernichtung ausersehen gewesen seien als die jüdische Minderheit.[79]

In der Schweiz erarbeitete die Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg eine eigene Dokumentation zum Thema.[80]

Film

  • Gabriele Trost: „Wir haben doch nichts getan“. Der Völkermord an den Sinti und Roma. D, SWR, 2007, 29 Min. (Dokumentation mit Zeugnissen von Hugo Höllenreiner, Lily van Angeren, Josef Müller - Halle)[81]

Siehe auch

Literatur

Gesamtdarstellungen

  • Henriette Asséo: Les Tsiganes. Une destinée européenne, Paris 1994
  • Till Bastian: Sinti und Roma im Dritten Reich. Geschichte einer Verfolgung, Beck, München 2001, ISBN 3-406-47551-5
  • Wlaclaw Dlugoborski (Hrsg.): Sinti und Roma im KL Auschwitz-Birkenau 1943–1944. Vor dem Hintergrund ihrer Verfolgung unter der Naziherrschaft, Oświęcim 1998, ISBN 83-85047-06-9
  • Joachim S. Hohmann: Robert Ritter und die Erben der Kriminalbiologie. „Zigeunerforschung“ im Nationalsozialismus und in Westdeutschland im Zeichen des Rassismus, Frankfurt a. M. et. alt. 1991
  • Martin Holler: Der nationalsozialistische Völkermord an den Roma in der besetzten Sowjetunion (1941–1944). Gutachten für das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-929446-25-8 Volltext, Rezension dazu
  • Donald Kenrick, Grattan Puxon: Sinti und Roma. Die Vernichtung eines Volkes im NS-Staat. Göttingen 1981 (zuerst London 1972)
  • Donald Kenrick (Hrsg.): Sinti und Roma unter dem Nazi-Regime. Von der „Rassenforschung“ zu den Lagern. Berlin 1996
  • Donald Kenrick (Hrsg.): Sinti und Roma unter dem Nazi-Regime. Die Verfolgung im besetzten Europa. Berlin 2000
  • Michail Krausnick: Wo sind sie hingekommen? Der unterschlagene Völkermord an den Sinti und Roma. Bleicher, Gerlingen 1995
  • Guenter Lewy: „Rückkehr nicht erwünscht.“ Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, Propyläen, München 2001, ISBN 3-549-07141-8 (Rezension von Michael Zimmermann: [18])
  • Martin Luchterhandt: Der Weg nach Birkenau. Entstehung und Verlauf der nationalsozialistischen Verfolgung der „Zigeuner“, Schmidt-Römhild, Lübeck 2000, ISBN 3-7950-2925-2
  • Gilad Margalit: Die Nachkriegsdeutschen und 'ihre Zigeuner'. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz, Berlin 2001
  • Memorial Book. The Gypsies at Auschwitz-Birkenau, hrsgg. vom Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau in Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum Deutscher Sinti and Roma, Saur, München/London et alt. 1993, ISBN 3-5981-1162-2
  • Sybil Milton: Gypsies and the Holocaust, in: History Teacher, 24 (1991), S. 375–387
  • Sybil Milton: Correspondence. „Gypsies and the Holocaust“, in: History Teacher, 25 (1992), S. 515–521
  • Benno Müller-Hill: Tödliche Wissenschaft. Die Aussonderung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken 1933–1945. Reinbek 1985, 2. Aufl.
  • Romani Rose (Hrsg.): „Den Rauch hatten wir täglich vor Augen.“ Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma. Katalog zur Dauerausstellung. Das Wunderhorn, Heidelberg 1999, ISBN 3-88423-142-1
  • Romani Rose, Walter Weiss: Sinti und Roma im „Dritten Reich“. Das Programm der Vernichtung durch Arbeit, Göttingen 1991
  • Bernhard Streck: Zigeuner in Auschwitz. Chronik des Lagers B II 3. in: Mark Münzel/Bernhard Streck (Hrsg.): Kumpania und Kontrolle. Moderne Behinderungnen zigeunerischen Lebens. Gießen 1981, S. 69–128
  • Erika Thurner: Nationalsozialismus und Zigeuner in Österreich, Geyer, Wien 1983
  • Wolfgang Wippermann: „Wie die Zigeuner.“ Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich. Berlin 1997
  • Wolfgang Wippermann: „Auserwählte Opfer?“ Shoah und Porrajmos im Vergleich. Eine Kontroverse. Frank & Timme, Berlin 2005, ISBN 3-86596-003-0 (Rezension von Jan Süselbeck: online)
  • Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“. Christians, Hamburg 1996, ISBN 3-7672-1270-6
  • Michael Zimmermann (Hrsg.): Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts. (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 3), Franz Steiner, Stuttgart 2007

Regionale und lokale Untersuchungen

  • Udo Engbring-Romang: Die Verfolgung der Sinti und Roma in Hessen zwischen 1870 und 1950, Frankfurt a. M. 2001
  • Udo Engbring-Romang: Bad Hersfeld – Auschwitz. Zur Verfolgung der Sinti im Kreis Hersfeld-Rotenburg, Frankfurt a. M. 2002
  • Karola Fings, Frank Sparing: Das Zigeunerlager in Köln-Bickendorf 1935–1958, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, 6 (1991), H. 3, S. 11-40
  • Karola Fings, Frank Sparing: „z. Zt. Zigeunerlager“. Die Verfolgung der Düsseldorfer Sinti und Roma im Nationalsozialismus, Köln 1992
  • Karola Fings, Frank Sparing: „Ach Freunde, wohin seid Ihr verweht …?“ Otto Pankok und die Düsseldorfer Sinti. Düsseldorf 1993, 2., übarb. Aufl. 2006
  • Karola Fings, Frank Sparing: Rassismus, Lager, Massenmord. Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Köln (Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Bd. 13) Köln 2005
  • Stefan Goch: „Mit einer Rückkehr nach hier ist nicht mehr zu rechnen.“ Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während des „Dritten Reiches“ im Raum Gelsenkirchen. (Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte, Bd. 8), Essen 1999
  • Hans Hesse, Jens Schreiber: Vom Schlachthof nach Auschwitz. Die NS-Verfolgung der Sinti und Roma aus Bremen, Bremerhaven und Nordwestdeutschland. Marburg 1999
  • Herbert Heuß: Darmstadt – Auschwitz. Die Verfolgung der Sinti in Darmstadt. (Reihe „Hornhaut auf der Seele“, Bd. 1), Darmstadt 1995
  • Herbert Heuß: Die Verfolgung der Sinti in Mainz und Rheinhessen 1933–1945, Landau 1996
  • Ulrich Friedrich Opfermann: The registration of Gypsies in National Socialism: Responsibility in a German region. In: Romani Studies (continuing Journal of the Gypsy Lore Society), 5th Series, Vol. 11, No. 1 (2001), S. 25–52
  • Ulrich Friedrich Opfermann: Zigeunerverfolgung, Enteignung, Umverteilung. Das Beispiel der Wittgensteiner Kreisstadt Berleburg. In: Alfons Kenkmann/Bernd-A. Rusinek (Hrsg.): Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden, Münster 1999, S. 67–86
  • Peter Sandner: Frankfurt – Auschwitz. Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma in Frankfurt am Main, Frankfurt a. M. 1998
  • Wolfgang Wippermann: Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung. Darstellung, Dokumente, Didaktische Hinweise. (Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit, Bd. 2:), Frankfurt a. M. 1986

Biografisches

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lemo: Deutsches Historisches Museum. Der Völkermord an Sinti und Roma
  2. Wolfgang Benz: Der Holocaust. München 1996, 2. Auflage, S. 93. Siehe vergleichend den armenischen Begriff „Aghet“.
  3. Karola Fings, Frank Sparing: Rassismus, Lager, Massenmord. Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Köln (Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Bd. 13), Köln 2005, S. 132ff.; Ulrich Friedrich Opfermann: 16. The registration of Gypsies in National Socialism: Responsibility in a German region. In: Romani Studies (continuing Journal of the Gypsy Lore Society), 5th Series, Vol. 11, No. 1 (2001), S. 25–52
  4. Literaturangaben bei Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“. Hamburg 1996, S. 503.
  5. Siehe z. B.: Rainer Hehemann: Die Bekämpfung des Zigeunerunwesens im Wilhelminischen Deutschland und in der Weimarer Republik. 1871-1933, Frankfurt a. M. 1987, S. 261ff.
  6. Rainer Hehemann, Die „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ im Wilhelminischen Deutschland und in der Weimarer Republik, 1871–1933, Frankfurt a. M. 1987, S. 294ff.
  7. So die Ausführungsentschließung nach Hermann Reich, Das bayerische Zigeuner- und Arbeitsscheuengesetz vom 16. Juli 1926. Kommentar, München 1927, S. 1.
  8. Werner Kurt Höhne: Die Vereinbarkeit der deutschen Zigeunergesetze und -verordnungen mit dem deutschen Recht, insbesondere der Reichsverfassung, Heidelberg o. J. (1930), S. 124–129.
  9. Udo Engbring-Romang: Die Verfolgung der Sinti und Roma in Hessen zwischen 1870 und 1950, Frankfurt a. M. 2001, S. 119ff.
  10. Karola Fings, Frank Sparing: Das Zigeunerlager in Köln-Bickendorf 1935–1958. In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, 1991, Heft 3, S. 17.
  11. Peter Sandner: Frankfurt. Auschwitz. Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1998, S. 40ff.
  12. Angelika Königseder: Sinti und Roma. In: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, 3. Auflage, München 1998, S. 730
  13. Wolfgang Ayaß, „Asoziale“ im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995, S. 139ff.; Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 93ff.
  14. Wolfgang Wippermann, „Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich, Berlin 1997, S. 142.
  15. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 153, 436
  16. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“. Hamburg 1996, S. 151.
  17. Ayaß, S. 43, 46f.; Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“. Hamburg 1996, S. 112ff.
  18. Erlaß im Wortlaut: [1].
  19. Ausführungsanweisung des Reichskriminalpolizeiamtes betr. „Bekämpfung der Zigeunerplage“ vom 1. März 1939 [zum Dezember-Erlass].
  20. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische Lösung der Zigeunerfrage. Hamburg 1996, S. 147ff.
  21. Vgl.: das Einteilungsschema im Erlass „Auswertung der rassenbiologischen Gutachten über zigeunerische Personen“ vom 7. August 1941. In: Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische Lösung der Zigeunerfrage. Hamburg 1996, S. 148f.
  22. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische Lösung der Zigeunerfrage. Hamburg 1996, S. 150.
  23. Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische Lösung der Zigeunerfrage. Hamburg 1996, S. 169.
  24. Michael Zimmermann: Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung. In: Dachauer Hefte 5. Die vergessenen Lager. dtv 1994. S. 97
  25. Dokument ist wiedergegeben im Gedenkbuch S. 1565
  26. Dokument wiedergegeben in: Romani Rose: Bürgerrechte für Sinti und Roma. Heidelberg 1980, S.16.
  27. Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Frankfurt/M. 1990, S. 215f.
  28. Lutz Miehe: „Unerwünschte Volksgenossen“. Das Zigeunerlager am Rande der Stadt Magdeburg während der Zeit des Nationalsozialismus. In: Leben in der Stadt: eine Kultur- und Geschlechtergeschichte Magdeburgs Eva Labouvie: Leben in der Stadt: eine Kultur- und Geschlechtergeschichte Magdeburgs. Köln 2004
  29. Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Frankfurt/M. 1990, S. 216f.
  30. Angaben und Zitate in diesem Abschnitt nach: Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 167–184; zur Opferschätzung: ders. (Hrsg.): Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts. (= Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 3), Franz Steiner, Stuttgart 2007, S. 422.
  31. Bernhard Streck, Zigeuner in Auschwitz. Chronik des Lagers B II e, in: ders./Mark Münzel (Hrsg.), Kumpania und Kontrolle. Moderne Behinderungen zigeunerischen Lebens, Gießen 1981, S. 69–128, hier: S. 76; siehe frühe Eingangsvermerke im „Hauptbuch“ mit Eingangsvermerken vom 1. und 3. März (die ersten Seiten des Hauptbuchs sind nicht erhalten und nicht jeder Transport auf den ersten erhaltenen Seiten hat einen Vermerk), in: Gedenkbuch. Die Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau in Zusammenarbeit mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg (Hrsg.), Redaktionsleitung Jan Parcer, 2 Bde., München/London/New York/Paris 1993.
  32. Ulrich Friedrich Opfermann, Zigeunerverfolgung, Enteignung, Umverteilung. Das Beispiel der Wittgensteiner Kreisstadt Berleburg. In: Alfons Kenkmann, Bernd-A. Rusinek (Hrsg.), Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden, Münster 1999, S. 67–86.
  33. Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933–1945, Darmstadt 2003, S. 111–115.
  34. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 381.
  35. Siehe die entsprechenden Abschnitte in: Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996.
  36. Leo Lucassen, „En men noemde hen Zigeuners“. De geschiedenis van Kaldarasch, Ursari, Lowara en Sinti in Nederland: 1750–1944, Amsterdam, 's-Gravenhage 1990; Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 235–237, 312-315.
  37. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 235–238; Denis Peschanski, Zigeuner in Frankreich 1912–1969, in: Michael Zimmermann (Hrsg.): Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 3), Stuttgart: Franz Steiner, 2007, S. 268–277; Guenther Lewy, „Rückkehr unerwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, München/Berlin 2001, S. 142–144. Angesichts eines überholten Forschungsstands vor allem in den weit überhöhten Zahlenangaben mit Vorsicht zu betrachten: Donald Kenrick, Grattan Puxon: Sinti und Roma. die Vernichtung eines Volkes im NS-Staat, Göttingen 1981 (London 1972), S. 82–85.
  38. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 277–283.
  39. Die folgenden Angaben nach: Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 259–276; Christian Gerlach, Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944, Hamburg 1999, S. 1063–1067; Guenter Lewy, „Rückkehr nicht erwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, München 2001, S. 199–217; Martin Holler, Der nationalsozialistische Völkermord an den Roma in der besetzten Sowjetunion (1941–1944). Gutachten für das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. Heidelberg: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma 2009 [2]
  40. Zit. nach: Holler, S. 59.
  41. Holler, S. 83.
  42. Siehe auch: Guenter Lewy, „Rückkehr nicht erwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, München 2001, S. 206.
  43. Martin Holler, „Auf Wiedersehen nach dem Sieg über die hitleristischen Scheusale – liebe Genossen Zigeuner“. Sowjetische Roma als Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg, in: Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945, 34 (2009), Nr. 69, S. 9–12.
  44. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 1: [3].
  45. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 1: [4].
  46. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 1: [5].
  47. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 3: [6].
  48. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 3: [7].
  49. Michael Zimmermann, Die Nazizeit in den baltischen Staaten, S. 3: [8].
  50. Elena Marushiakova, Vesselin Popov: Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung in Bulgarien (1919–1989). In: Michael Zimmermann (Hrsg.): Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts. (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 3), Stuttgart: Franz Steiner, 2007, S. 125–156.
  51. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 248–258.
  52. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 284–286.
  53. Viorel Achim, Gypsy Research and Gypsy Policy in Romania 1920-1950, in: Michael Zimmermann (Hrsg.): Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 3), Stuttgart: Franz Steiner, 2007, S. 157–174.
  54. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 291–292.
  55. Gilad Margalit, Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz, Berlin 2001, S. 167.
  56. Ulrich F. Opfermann, „Schlussstein hinter Jahre der Sittenverwilderung und Rechtsverwirrung“. Der Berleburger Zigeuner-Prozess, in: Antiziganismuskritik, 2 (2010), H. 2, S. 16–34, siehe auch: antiziganismus.de.
  57. Guenter Lewy, „Rückkehr nicht erwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, München/Berlin 2001, S. 356ff.
  58. Ruth Bettina Birn, in: Heinrich Bergmann - eine deutsche Kriminalistenkarriere, Klaus-Michael Mallmann/Gerhard Paul (Hrsg.), Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, Darmstadt 2004, S. 47-55, hier: S. 47f. Zu den Verfahren und den Nachkriegskarrieren im Überblick: Bundeskriminalamt (Hrsg.): Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte. Dokumentation einer Kolloquienreihe, Köln 2008, S. 125–142.
  59. Dieter Schenk: Die braunen Wurzeln des BKA. Frankfurt a. M. 2003. S. 26.
  60. Bundeskriminalamt (Hrsg.): Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte. Dokumentation einer Kolloquienreihe, Köln 2008, S. 140
  61. Urteil BGH vom 7. Januar 1956, zit. nach: Wolfgang Wippermann, „Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich, Berlin 1997, S. 188.
  62. Diese und die folgenden Angaben: ebenda, S. 189.
  63. Heiko Scharffenberg (2008): Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Schleswig Holstein. Flensburg S. 113–117.
  64. Ebenda.
  65. Antwort der Bundesregierung auf Große Anfrage „Lage und Forderungen der Sinti, Roma und verwandter Gruppen“, Deutscher Bundestag, 9. Wahlperiode, 21. Dezember 1982, Drucksache 9/2.360, S. 2.
  66. UNO-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords. (PDF, deutscher Text).
  67. § 220a StGB, seit 2002 § 6 VStGB, siehe: § 220a StGB.
  68. zit. nach: Dokumentations- und Kulturzentrum der deutschen Sinti und Roma, ständige Ausstellung in Heidelberg
  69. Sinti und Roma im ehemaligen KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979. Eine Dokumentation der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ und des „Verbands Deutscher Sinti“, Göttingen 1980.
  70. Text siehe website Uni Hamburg: [9]. Ein unpassender Copyright-Hinweis erweckt den Eindruck, der Text habe das Plazet des Zentralrats, was nicht der Fall ist.
  71. [10].
  72. „Anna-Winterstein-Weg“, „Margot-Krause-Weg“, siehe: Stadt Greven Stadtarchiv (Hrsg.), Sinti-Roma-Projekt (Grevener Geschichtsblätter, Nr. 2), Greven 1997, S. 153ff.
  73. „Mai 1940 – 1000 Sinti und Roma“, siehe: [11].
  74. „Laubingerweg“, siehe: [12].
  75. Martin Holler, Auf Wiedersehen nach dem Sieg über die hitleristischen Scheusale – liebe Genossen Zigeuner. Sowjetische Roma als Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg. In: Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945, 34 (2009), Nr. 69, S. 9–12. Siehe auch: ders., Die nationalsozioalistische Vernichtung der Roma in der sowjetischen und russischen Erinnerungskultur. In: Felicitas Fischer von Weikersthal, Christoph Garstka, Urs Heftrich, Heinz-Dietrich Löwe (Hrsg.), Der nationalsozialistische Genozid an den Roma Osteuropas. Geschichte und künstlerische Verarbeitung, Köln 2008, S. 245–294.
  76. Zum Charakter der Lager: Michael Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 219
  77. Zu Hodonin und Lety: [13]; [14]; [15]; [16].
  78. Siehe: [17].
  79. William A. Duna (University of Minnesota): Gypsies: A Persecuted Race. Gypsies in Nazi Germany
  80. Roma, Sinti und Jenische. Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit des Nationalsozialismus. (PDF).
  81. „Wir haben doch nichts getan“. Der Völkermord an den Sinti und Roma. Video online

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