Pola Negri

Pola Negri
Pola Negri, Fotografie (um 1922) von Ernst Sandau

Pola Negri (bürgerlicher Name: Barbara Apolonia Chałupiec; * 3. Januar 1897[1][2] in Lipno; † 1. August 1987 in San Antonio, Texas) war eine polnische Schauspielerin und ein großer Star des Stummfilms.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Pola Negri stammte aus Lipno/Polen (n.a.A. Neszlusa, Krs. Trenczin). Ihr Vater, ein slowakischer Roma, war Klempner, ihre Mutter, eine Polin, brachte einen kleinen Laden in die Ehe ein.[3]

Negri, die arm in Warschau groß wurde, begann zunächst mit einer Ballettausbildung, die sie abbrechen musste, weil sie an Tuberkulose erkrankte. Sie wechselte zur Schauspielschule in Warschau und debütierte 1913 als Theaterschauspielerin in einem Stück von Henrik Ibsen. Kurz nach ihrem Debüt erhielt sie ein Engagement am Nationaltheater in Warschau. Mit 17 war sie bereits ein Star des Warschauer Theaters. Zusammen mit ihrem Partner Edward Kuryłło protegierte sie den polnischen Tango in den Warschauer Varietés. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrach ihre Karriere. Pola und ihre Mutter lebten einige Jahre unter finanziellen Schwierigkeiten, bis die Filmproduktionsfirma Sfinks ihr 1914 eine Rolle in dem Stummfilm Niewolnica zmysłów (Sklavin der Sinne) anbot, die sie akzeptierte.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs eröffnete sich für Pola Negri die Chance ihres Lebens. Dawid Ordyński, ein polnischer Regisseur, der mit Max Reinhardt in Berlin am Deutschen Theater arbeitete, entdeckte sie und engagierte sie direkt für die polnische Premiere von Reinhardts Theaterstück Sumurun, das später auch verfilmt wurde. Der internationale Durchbruch gelang ihr aber erst als Carmen und als Madame Dubarry jeweils unter der Regie von Ernst Lubitsch.

Pola Negri, 1927

Es folgten weitere Filme mit Lubitsch. Auf dem Höhepunkt des Erfolges ging Negri mit einem lukrativen Vertrag der Filmgesellschaft Paramount nach Amerika. Sie wurde vom Studio als mögliche Konkurrentin von Gloria Swanson aufgebaut. Ihre Filme in Amerika erreichten meist nicht das Niveau ihrer Zusammenarbeit mit Lubitsch. Nach einigen enttäuschenden Produktionen ließ das Studio die beiden 1924 wieder gemeinsam für Forbidden Paradise arbeiten, mit Negri als Zarin Katharina die Große. Dies sollte der letzte finanzielle Erfolg für die Schauspielerin sein. Mit Ausnahme von Hotel Imperial, den sie 1927 mit Mauritz Stiller drehte, lehnten Publikum und Kritik ihre weiteren Filme ab. Mit dem Tonfilm ging auch Negris amerikanische Karriere zu Ende. Ihr starker Akzent kam beim Publikum nicht an.

Pola Negri mit Ehemann Serge Mdivani, 1930

Bekannt wurde Negri jedoch hauptsächlich durch ihre Schlagzeilen über Romanzen mit Charlie Chaplin und Rudolph Valentino. So soll sie, aufgebracht von der Nachricht, dass Valentino tot sei, direkt vom Drehort eines ihrer Filme nach New York zur Beerdigung aufgebrochen sein, um sich dramatisch über den Sarg des Schauspielers zu werfen. Ihre Ehe mit Serge Mdivani passte in ihre Selbstinszenierung als „Grande Dame“.

Infolgedessen geriet sie in finanzielle Schwierigkeiten. Sie ging zurück nach Europa und drehte auf Einladung Willi Forsts einige Filme für die UFA. Ihr bekanntester Film wurde 1935 die Produktion von Mazurka (den Gesangspart der hohen Töne übernahm Hilde Seipp), der bereits zwei Jahre später unter dem Titel Confession mit Kay Francis in Amerika als Remake gedreht wurde. Negri nahm einige ihrer Filmschlager in Deutsch und teilweise auch in Englisch auf Schellackplatten auf. Ihre Version von Peter Kreuders Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt wird von nicht wenigen Kritikern als beste Interpretation überhaupt gepriesen. Ihre zweite Karriere in Deutschland litt jedoch unter der Wiederholung der ständig gleichen Rollen, und sie ging 1938 zurück in die USA.

Seit den 1950er Jahren lebte sie in San Antonio, Texas, als Grundstücksmaklerin. Sie drehte nur noch zwei Filme, 1943 und 1964. Kurz kam sie noch einmal ins Gespräch für die Besetzung der Norma Desmond in Boulevard der Dämmerung von Billy Wilder. Wilder berichtete, Negris Akzent habe eine Besetzung unmöglich gemacht. Andere Quellen behaupten, Negri selbst hätte es als Affront empfunden, einen ehemaligen Star zu spielen.

So erinnern auch ihre berühmten Worte auf dem Sterbebett 1987 in San Antonio an diesen berühmten Film. Der junge Arzt, der sie betreute, wusste nicht, wer sie einmal war. Sie setzte sich auf und sprach empört wie Norma Desmond: „You don't know who I am?“ 1970 erschien ihre von einem Ghostwriter verfasste Autobiografie „Memoirs of a Star“.

Filmografie

Stummfilme
  • 1914: Niewolnica zmysłów (Sklavin der Sinne) - Polen, Regie: Jan Pawłowski
  • 1915: Żona (Ehefrau) - Polen, Regie: Jan Pawłowski
  • 1916: Studenci (Studentenliebe) - Polen, Regie: Aleksander Hertz
  • 1917: Bestia (Das Biest) – Polen, Regie: Aleksander Hertz
  • 1917: Tajemnica Alei Ujazdowskich (Das Geheimnis des Hotel X) - Polen
  • 1917: Arabella - Polen
  • 1917: Pokój nr 13 (Wanda Barska) - Polen
  • 1917: Jego ostatni czyn (Seine letzte Tat) - Polen
  • 1917: Zügelloses Blut - Deutschland
  • 1917: Nicht lange täuschte mich das Glück - Deutschland
  • 1917: Küsse, die man stiehlt im Dunkeln - Deutschland
  • 1917: Die toten Augen - Deutschland
  • 1917/18: Rosen, die der Sturm entblättert - Deutschland
  • 1918: Wenn das Herz in Haß erglüht - Deutschland
  • 1918: Surogaty lyubvi (Liebesersatz) - Russland, Regie Viktor Tourjansky
  • 1918: Mania - Die Geschichte einer Zigarettenarbeiterin - Deutschland, Regie: Eugen Illés
  • 1918: Die Augen der Mumie Ma – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1918: Der gelbe Schein - Deutschland
  • 1918: Carmen – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1919: Das Karussell des Lebens - Deutschland, Regie: Georg Jacoby
  • 1919: Kreuziget sie! - Deutschland
  • 1919: Vendetta - Deutschland
  • 1919: Madame Dubarry – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1919: Komtesse Dolly - Deutschland
  • 1920: Die Marchesa d'Armiani - Deutschland
  • 1920: Arme Violetta - Deutschland
  • 1920: Sumurun – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1920: Das Martyrium - Deutschland
  • 1920: Die geschlossene Kette - Deutschland
  • 1921: Sappho – Deutschland, Regie: Dimitri Buchowetzki
  • 1921: Die Bergkatze – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1922: Die Flamme – Deutschland, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1923: Bella Donna – USA, Regie: George Fitzmaurice
  • 1923: The Spanish Dancer (Die spanische Tänzerin) – USA, Regie: Herbert Brenon
  • 1924: Shadows of Paris (Die Schatten von Paris) – USA, Regie: Herbert Brenon
  • 1924: Men (Cleo, das Mädchen der Straße) - USA
  • 1924: Lily of the Dust (Die Frau des Kommandeurs) - USA
  • 1924: Forbidden Paradise (Das verbotene Paradies) – USA, Regie: Ernst Lubitsch
  • 1925: East of Suez (Opfer des Blutes) – USA, Regie: Raoul Walsh
  • 1925: The Charmer (Mariposa, die Tänzerin ) - USA
  • 1925: Flower of Night (Königin der Nacht) - USA
  • 1925: A Woman of the World (Eine mondäne Frau) – USA, Regie: Malcolm St. Clair
  • 1926: The Crown of Lies (Die Lügenkönigin) - USA
  • 1926: Good an Naughty (Wie werde ich meine Frau los?) - USA
  • 1927: Hotel Imperial (Hotel Stadt Lemberg)– USA, Regie: Mauritz Stiller
  • 1927: Barbed Wire (Stacheldraht) – USA, Regie: Rowland V. Lee
  • 1927: The Woman on Trial (Qualen der Ehe) – USA, Regie: Mauritz Stiller
  • 1928: The Secret Hour (Das Geheimnis einer Stunde) - USA
  • 1928: Three Sinners (Das zweite Leben) - USA
  • 1928: Loves of an Actress (Die Liebschaften einer Schauspielerin)- USA
  • 1928: The Woman from Moscow (Die Dame aus Moskau)- USA
  • 1929: The Way of Lost Souls (Die Straße der verlorenen Frauen) - Großbritannien, Regie: Paul Czinner
Tonfilme
  • 1932: A Woman Commands (Um eine Fürstenkrone) - USA
  • 1933/34: Fanatisme - Frankreich
  • 1935: Mazurka - Deutschland
  • 1936: Moskau – Shanghai - Deutschland
  • 1937: Madame Bovary - Deutschland
  • 1937: Tango Notturno - Deutschland
  • 1938: Die fromme Lüge - Deutschland
  • 1938: Die Nacht der Entscheidung - Deutschland
  • 1943: Hi Diddle Diddle (Diamonds and Crime) - USA
  • 1964: The Moon-Spinners (Der Millionenschatz) - USA

Literatur

  • Pola Negri: Memoirs of a Star. Doubleday, New York 1970.
  • Axel von Cossart: Pola Negri. Leben eines Stars. Voco-Edition, Köln 1988. ISBN 3-926566-26-4
  • Robert Florey: Pola Negri. Ihr Debut, ihre Filme, ihre Erlebnisse. Nilsson, Leipzig 1927.
  • Rachel M. Gaikowa: Dämonische Weiber. Pola Negri, Mata Hari. Eva-Verlag, Leipzig 1930.
  • Jerzy Nowakowski: Boska Pola i inni. Verlag TO My, Warschau 2003.
  • Jürgen W. Schmidt: "Pola Negri und Bromberg - Ein Filmstar unter Spionageverdacht", in: "Bromberg - Zeitschrift der Bidegastvereinigung" Nr.136 (Dezember 2004) S.3/4

Weblinks

 Commons: Pola Negri – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. www.munzinger.de
  2. www.kalenderblatt.de
  3. http://www.munzinger.de/search/portrait/Pola+Negri/0/904.html

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