Pu Songling

Pu Songling
Pu Songling - Zeitgenössisches Porträt

Pu Songling (chinesisch 蒲松齡 Pú Sōnglíng, W.-G. P'u Sung-ling; * 5. Juni 1640 Zichuan (淄川, heute: Zibo 淄博, Provinz Shandong); † 25. Februar 1715 ebenda) war ein chinesischer Schriftsteller mongolischer Abstammung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach einer kränklichen und öden Kindheit versagte Pú mehrfach bei den kaiserlichen Examina. Seine Träume von einer Beamtenlaufbahn musste er daher frühzeitig aufgeben und arbeitete als Schullehrer. Mit spärlichen Einkünften und fernab von sozialer Anerkennung verbrachte er, abgesehen von einer weiteren Reise, sein gesamtes Leben in seiner Heimatprovinz Shandong. Dort eröffnete er ein Teehaus und lud seine Gäste zum Erzählen von Geschichten ein, die er dann aufschrieb und veröffentlichte. Erst im hohen Alter von 72 Jahren, drei Jahre vor seinem Tod, erhielt er ein kleines Amt. In der Zwischenzeit war er vor allem als Privatlehrer tätig, schrieb daneben jedoch unzählige Werke wie Handbücher, Enzyklopädien, Gedichte und Essays. In seinen nachgelassenen Papieren legt Pú Zeugnis von der Einsamkeit und der Frustration seiner letzten Jahre ab: „Ich bin nur ein Vogel, dem es vor dem Winterfrost graut und der in den Zweigen keine Zuflucht findet; die Herbstgrille, die den Mond anzirpt und sich an die Tür schmiegt, um ein wenig Wärme zu erhaschen. Wo sind die, die mich kennen?“ Bis zu seinem Tod war ihm weder ein hoher sozialer Status beschieden noch eine politische Karriere; sein wirklicher Ruhm sollte ihm erst nach dem Tod folgen, dies in Form seines Lebenswerkes, des Liaozhai Zhiyi.

Werk

Pús bekanntestes Werk ist das Liaozhai Zhiyi (聊齋誌異; Seltsame Geschichten aus einem Gelehrtenzimmer) von 1679. Die erst 1707 endgültig abgeschlossene Sammlung umfasst 431 Erzählungen und verbindet die frühmittelalterlichen Geister- und Liebesgeschichte mit der Novellenkunst der Tang-Zeit.

In zahlreichen der oft übernatürliche oder phantastische Züge tragenden Geschichten kommt die daoistische Vorstellung einer „beseelten Natur“ zum Ausdruck. Zu nennen sind etwa die verbreiteten Fuchsgeister, weibliche Fabelwesen, die nichtsahnende Jünglinge ins Verderben stürzen. In Die Krähen wird die Grenze zwischen Menschen- und Vogelwelt aufgehoben, Verwandlungen zwischen den beiden Gattungen sind jederzeit möglich. Von in Menschengestalt erscheinenden Päonien oder Chrysanthemen berichten die Erzählungen Die Blumenfrauen bzw. Die Chrysanthemengenien. Aber auch gemalte Szenen können sich durchaus mit der Realität vermischen, wie in Das Wandbild.

Religiös-mythologische Motive tauchen etwa in Der Richter auf, wo ein zum Scherz zum Mahle geladener Höllenrichter nicht nur seinem Gastgeber ein neues, "klügeres" Herz einsetzt, sondern auch seiner Frau einen hübscheren Kopf aufsetzt, oder in Der Gott im Exil wo sich des Protagonisten Yo der Donnergott sowie sein verstorbener Freund Xian annehmen.

Bei aller poetisch-weltflüchtiger Verspieltheit setzt sich Pú aber auch durchaus mit den realen Lebensverhältnissen seiner Zeit auseinander, etwa mit der Korruption der Beamtenschaft, dem unbarmherzig-strengen Examenssystem, der einseitigen Buchgelehrsamkeit der Akademiker. Auch das Flüchtlingselend, die Hungersnöte und das Banditenunwesen der frühen Qing-Zeit werden thematisiert.

Wirkungsgeschichte

Trotz ihrer Abfassung in der Schriftsprache wurde das Werk sehr bald populär. Gleichwohl war es zunächst nur in Manuskriptform in Umlauf, da sich Pu eine Veröffentlichung finanziell nicht leisten konnte. Eine gedruckte Ausgabe erschien erst 1740 (nach anderer Quelle: 1766) auf Veranlassung eines Enkels des Autors. Bedeutende Teilübersetzungen ins Deutsche stammen von Martin Buber (1911) und Richard Wilhelm (1914); die bisher einzige vollständige Übersetzung (in 5 Bänden) von Gottfried Rösel (1989-1992). Ein großer Verehrer der Liaozhai zhiyi war auch Franz Kafka, der seine Wertschätzung von Bubers Auswahlübersetzung in einem Brief vom 16. Januar 1913 an Felice Bauer zum Ausdruck brachte

Zahlreiche von Pus Geschichten wurden auch verfilmt, so etwa in A Chinese Ghost Story (倩女幽魂), einem Werk des Hong Konger Regisseurs Tsui Hark (徐克), in Painted Skin von King Hu oder einer Adaption des Taiwaner Li Han-Hsiang.

Werke

  • Pu Sung-ling: Liao-dschai-dschi-yi (Dt. von Gottfried Rösel unter dem Titel Aus der Sammlung Liao-dschai-dschi-yi, Zürich : Verl. Die Waage, 1987 ff.)
    • Bd. 1 Umgang mit Chrysanthemen : 81 Erzählungen d. ersten 4 Bücher (Zürich: Verlag die Waage, 1987)
    • Bd. 2 Zwei Leben im Traum : 67 Erzählungen der Bände 5 bis 8 (Zürich: Verlag die Waage, 1989)
    • Bd. 3 Besuch bei den Seligen : 86 Erzählungen der Bände neun bis zwölf (Zürich: Verlag die Waage, 1991)
    • Bd. 4 Schmetterlinge fliegen lassen : 158 Erzählungen der Bände dreizehn bis fünfzehn (Zürich: Verlag die Waage, 1992)
    • Bd. 5 Kontakte mit Lebenden : 109 Erzählungen der letzten beiden Bücher sechzehn und siebzehn (Zürich: Verlag die Waage, 1992)

Literatur

  • Schmidt-Glintzer, Helwig: Geschichte der chinesischen Literatur, Bern 1990, ISBN 3-406-45337-6

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Songling — District de Songling Jiāgédáqí Qū · 松岭区 …   Wikipédia en Français

  • Songling — 1 Original name in latin Songling Name in other language Songling, Songlingzhen, Sunlin, Wu chiang, Wukiang, song ling, Сунлин State code CN Continent/City Asia/Shanghai longitude 31.1933 latitude 120.71758 altitude 5 Population 77566 Date 2012… …   Cities with a population over 1000 database

  • Songling — Lage von Songling im Regierungsbezirk Großes Hinggan Gebirge Songling (松岭区) ist ein Unterbezirk des Regierungsbezirks Großes Hinggan Gebirge der Provinz Heilongjiang. Er liegt auf dem Gebiet des Oroqenischen Autonomen Banners in der Inneren… …   Deutsch Wikipedia

  • Songling-Gebirge — Das Songling Gebirge bzw. Songling oder Song Ling (chinesisch 松嶺 / 松岭 Sōng Líng, engl. Songling Mountains) mit der deutschen Bedeutung „kiefernbestandener Höhenrücken“ ist ein Gebirge im Süden der Stadt Chaoyang im Südwesten… …   Deutsch Wikipedia

  • Pu Songling — Portrait de Pu Songling Naissance 5 juin 1640 Décès …   Wikipédia en Français

  • Pu Songling — Saltar a navegación, búsqueda 蒲松齡 Pu Songling (1640 1715) es un escritor chino de la dinastía Qing. Autor de la famosa recopilación Cuentos fantásticos del estudio del charlatán (Liáo zhāi zhì yì)(聊齋志異), escritos en lengua clásica en la tradición …   Wikipedia Español

  • Pu Songling — Born 5 June 1640(1640 06 05) Died 25 February 1715(1715 02 25) (aged 74) Occu …   Wikipedia

  • PU SONGLING — [P’OU SONG LING] (1640 1715) Auteur de ce chef d’œuvre inégalé de la littérature d’imagination chinoise qu’est le Liaozhai zhiyi (Contes extraordinaires du pavillon du loisir ), Pu Songling semble être issu d’une branche exilée au Shandong et… …   Encyclopédie Universelle

  • District de Songling — Jiāgédáqí Qū · 松岭区 …   Wikipédia en Français

  • Guo Songling — (zh tspw |t=郭松齡 |s=郭松龄 |p=Guō Sōnglíng |w=Kuo Sung ling) (1883 ndash; 24 December 1925) was a Chinese warlord and Manchurian general who led a three month rebellion against Zhang Zuolin. Rising from obscure origins, Guo Songling enlisted in the… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”