Raben und Krähen

Raben und Krähen
Raben und Krähen
Kolkrabe (Corvus corax)

Kolkrabe (Corvus corax)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeres)
Familie: Rabenvögel (Corvidae)
Gattung: Raben und Krähen
Wissenschaftlicher Name
Corvus
Linnaeus, 1758
Silhouetten fliegender Krähen
Nebelkrähe mit Nuss
Rabe im Flug
Spur einer Krähe im Schnee

Die Raben und Krähen bilden zusammen die Gattung Corvus in der Familie der Rabenvögel (Corvidae).

Die Gattung umfasst 42 Arten. Die größeren Vertreter werden als „Raben“, die kleineren als „Krähen“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich jedoch um keine biologische Unterscheidung (Taxon).

In Europa kommen der Kolkrabe, die Aaskrähe, die Saatkrähe sowie die Dohle vor.

Als das Krähen bezeichnet man weiter auch den typischen Vogellaut, den neben Rabenvögeln auch andere Vögel von sich geben, etwa Haushähne und andere männliche Fasanenvögel.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Die Bezeichnung Krähe ist in fast allen indogermanischen Sprachen ein lautmalerischer Name, der ihre typischen Lautäußerungen nachahmt. Im Althochdeutschen nannte man diesen Vogel krâwa, im Mittelhochdeutsch wurde er zur krâ, kraeje, kreie oder krowe und das Altslawische kennt ihn als krâja.

Rabe ist mit mittelhochdeutsch rabe, althochdeutsch hraban, niederländisch raaf, englisch raven und altisländisch hrafn verwandt. Es stammt von der lautmalerischen Wurzel ker, von der auch Harke und krächzen abgeleitet ist. Die Wurzel ahmt scharrende, raschelnde oder kratzende Geräusche nach. Der Rabe ist damit also ein Krächzer.[1]

Der Unterschied zwischen Raben und Krähen ist kein taxonomischer, sondern bezieht sich in der Regel auf die Größe: Kleinere Vertreter der Gattung Corvus werden zumeist Krähen, größere hingegen Raben genannt.

Kulturelle Rezeption

Mythologie

Die auffälligen Krähen und Raben spielen weltweit eine Rolle in Sagen und Märchen. Demnach haben alte Götter und Könige ihre Weisheit, Intelligenz und Flugfähigkeit genutzt. Parallel dazu spielen diese Vögel auch eine Rolle im Volks- und Aberglauben. In vielen Märchen zum Beispiel ist häufig vom weisen Wanderer „röiven“ (altdeutsch) die Rede, welcher verirrten Wandersleuten den richtigen Weg weist (und oft ein paar Tipps mit auf die Reise gibt). Bekannt sind die Grimmschen Märchen Die sieben Raben und auch Die Rabe.

In der nordischen Mythologie symbolisiert der Rabe die Weisheit, der Gott Odin hatte stets die beiden Kolkraben Hugin und Munin bei sich, die auf seinen Schultern saßen und ihm berichteten, was auf der Welt vor sich ging. König Artus soll in einen Raben verwandelt worden sein. Dem griechischen Gott Apollon waren die Raben heilig (siehe Koronis). In der Erzählung von der Sintflut lässt Noah einen Raben fliegen. (Gen 8,6-7 ELB) Der Prophet Elija wird während einer Hungerzeit von Raben versorgt. (1 Kön 17,6 ELB) Nach der Christianisierung galt der Rabe in Europa aufgrund seiner mystischen Bedeutung bei den Vorgängerkulten aber als ein böses Tier. Im Mittelalter und später wurden die Leichen von Erhängten häufig nicht beerdigt, so wurde der Rabe sogar zum Galgenvogel.

Eine Rolle spielt die Krähe auch in nordamerikanischen Indianer-Märchen, wo sie im Gegensatz zu westafrikanischen Märchen eine positive Rolle innehat. In Indien begleiten Krähen die Göttin Kali. In christlichen Sagen ist die Krähe der Bote des Heiligen Oswald. Hexen und Zauberer vermögen sich in Krähen zu verwandeln, ein Motiv, das der Kinderbuchautor Otfried Preußler sehr ausführlich in seinem Buch Krabat aufgegriffen hat, sowie die Macher des Fernseh-Märchens Rumburak.

Bis in die heutige Zeit sind Raben und Krähen beliebte Symbole in Lyrik, Prosa, Filmen und Lebensart. Beispiele dafür sind mehrere Gedichte und Filme mit dem Titel Der Rabe, die Comicreihe The Crow, die Band Corvus Corax und die Kinderbuchfigur des kleinen Raben Socke.

Tower-Raben und Kyffhäuser-Sage

Einer Legende nach droht der englischen Monarchie ein katastrophales Ende, wenn die auf dem Tower of London lebenden Raben diesen verlassen. Deshalb werden dort eigene Raben gehalten. Damit die Raben auch im Tower bleiben, werden die Flügel gestutzt.

Dagegen wird der im Kyffhäuser verborgene Kaiser Barbarossa sein Reich erneuern, wenn keine Raben mehr dort fliegen.

Haltung

Trotz ihrer bemerkenswerten Fähigkeit, Wörter und kurze Sätze sprechen zu lernen, werden heute kaum noch Raben oder Krähen als Heimtier gehalten. Zwar kann einem die Keckheit der Raben lästig werden, doch für den Verhaltensforscher Konrad Lorenz überwogen eindeutig die Freuden der Rabenhaltung:

„Wenn ich auf einem Spaziergang in den Donauauen den sonoren Ruf des Raben höre und auf meinen antwortenden Ruf der große Vogel hoch droben am Himmel die Flügel einzieht, in sausendem Falle herniederstürzt, mit kurzem Aufbrausen abbremst und in schwereloser Zartheit auf meiner Schulter landet, so wiegt dies sämtliche zerrissene Bücher und sämtliche leergefressenen Enteneier auf, die der Rabe auf dem Gewissen hat.“

Konrad Lorenz: Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen. dtv, München 1964

Die Haltung von Wildvögeln (speziell Rabenvögel) bedarf einer besonderen Erlaubnis. Diese muss in Deutschland normalerweise im zuständigen Landespräsidium beantragt werden. Der Antrag wird in der Regel an die untere Landschaftsbehörde weitergeleitet, von welcher dann die erforderlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung mitgeteilt werden. Um mit dem Antrag erfolgreich zu sein, bedarf es im Regelfall des Nachweises einer geeigneten Unterbringung für den Vogel sowie vogelkundlicher Kenntnisse (Falknerschein o. ä.). Auswilderungsfähige Rabenvögel dürfen nur unter sehr strengen Vorgaben gehalten werden.

Literarische Verarbeitung

Hans Huckebein von Wilhelm Busch

Als Aasfresser taucht der Rabe im Kinderlied auf („… fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben …“). Berühmte Beispiele aus der Literatur sind die Rabenschlacht in „Das Odfeld“ von Wilhelm Raabe und das Gedicht „The Raven“ von Edgar Allan Poe. Dem Raben als Haustier hat Wilhelm Busch in seiner Bilder- und Verserzählung Hans Huckebein, der Unglücksrabe ein literarisches Denkmal gesetzt. Bekannte Beispiele aus dem 20. und 21. Jahrhundert sind das Gedicht Der Rabe Ralf von Christian Morgenstern und die Kinderbuchreihe Der kleine Rabe von Annet Rudolph.

Intelligenz

Krähennest aus Kleiderbügeln, Tokyo 2002

Einer wissenschaftlichen Untersuchung zufolge sind Raben und Krähen die Vögel mit der größten Intelligenz.[2] Beispielsweise zeigen sie in Experimenten die Fähigkeit, komplexe Handlungen im Voraus zu planen. Beim Verstecken von Futter zeigen sie sowohl große Merkleistungen, als auch die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen. Ein Rabe scheint zu wissen, dass ein Futterversteck nur dann sicher ist, wenn er beim Verstecken nicht beobachtet wird. Zudem legen sie ein erstaunliches Lernverhalten an den Tag (z. B. Herstellung von Werkzeug, Nutzen des Straßenverkehrs zum Knacken von Nüssen und Früchten, wobei sie die überfahrenen Nüsse bei roter Ampel für die Autofahrer aufsammeln). Kurz nachdem das Verhalten bei einem Individuum festgestellt worden war, wurde es auch in einem Radius von mehreren Kilometern um den Entdeckungsort herum beobachtet. Dies wird als Beweis für ein bisher ungeahnt schnelles Lernvermögen interpretiert.[3]

Häufig sieht man sie auch als Begleiter von Wölfen oder anderen Raubtieren, um diesen dann, mit ihrer berüchtigten Frechheit, in Gruppen die erlegte Beute abzujagen. Die Universität Bochum führte auch ein Experiment durch, bei dem Raben ein roter Punkt aufgeklebt wurde. Nachdem sie sich im Spiegel sahen, versuchten sie sich den Punkt vom Hals zu picken. Sie verstanden also, dass sie gerade ein Abbild von sich selbst sehen – eine Leistung, zu der z. B. Katzen nicht in der Lage sind.[4]

Arten

Junge Kolkraben in Island
Schildrabe in Namibia


  • Raben und Krähen (Corvus)
    • Aaskrähe (Corvus corone) mit den Unterarten:
    • Amerikanerkrähe (C. brachyrhynchos)
    • Antillenkrähe (C. leucognaphalus)
    • Banggaikrähe (C. unicolor)
    • Bennettkrähe (C. bennetti)
    • Borstenrabe (C. rhipidurus)
    • Bougainvillekrähe (C. meeki)
    • Braunkopfkrähe (C. fuscicapillus)
    • Buntschnabelkrähe (C. woodfordi)
    • (C. boreus)
    • Celebeskrähe (C. typicus)
    • Dickschnabelkrähe (C. macrorhynchos)
    • Dohle (C. monedula)
    • Elsterdohle (C. dauricus)
    • Erzrabe (C. crassirostris)
    • Fischkrähe (C. ossifragus)
    • Floreskrähe (C. florensis)
    • Geierrabe (C. albicollis)
    • Geradschnabelkrähe (C. moneduloides)
    • Gesellschaftskrähe (C. mellori)
    • Glanzkrähe (C. splendens)
    • Greisenkrähe (C. tristis)
    • Guamkrähe (C. kubaryi)
    • Halsbandkrähe (C. torquatus)
    • Hawaiikrähe (C. hawaiiensis)
    • Jamaikakrähe (C. jamaicensis)
    • Kapkrähe (C. capensis)
    • Kolkrabe (Corvus corax)
    • Kubakrähe (C. nasicus)
    • Mexikanerkrähe (C. imparatus)
    • Molukkenkrähe (C. validus)
    • Neuhollandkrähe (C. coronoides)
    • Palmenkrähe (C. palmarum)
    • Saatkrähe (C. frugilegus)
    • Salvadorikrähe (C. orru)
    • Schildrabe (C. albus)
    • Sinaloakrähe (C. sinaloae)
    • Sundakrähe (C. enca)
    • Sundkrähe (C. caurinus)
    • Tasmankrähe (C. tasmanicus)
    • Weißhalsrabe (C. cryptoleucus)
    • Wüstenrabe (C. ruficollis)

Literatur

  • Bächtold-Stäubli, Hanns & Hoffmann-Krayer, Eduard (Hrsg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Walter de Gruyter Verlag 1987, ISBN 3-11-011194-2 (Unveränderter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1927), Band 5, Stichwort Krähe, Band 7, Stichwort Rabe
  • Epple, Wolfgang: Rabenvögel. Göttervögel - Galgenvögel. Ein Plädoyer im 'Rabenvogelstreit', Braun Verlag 2001, ISBN 3-7650-8135-3
  • Mäck, Ulrich & Jürgens, Maria-Elisabeth & Boye, Peter: Aaskrähe, Elster und Eichelhäher in Deutschland, Landwirtschaftsverlag 1999, ISBN 3-7843-3804-6
  • Müller, F. & Müller, D. G. (Hrsg) (2004): Wildbiologische Informationen für den Jäger – Band 2 Federwild, Verlag Kessel, ISBN 3-935638-60-4, 729 S.
  • Reichholf, Josef H.: Rabenschwarze Intelligenz. Was wir von Raben lernen können, Herbig Verlag 2009, 256 Seiten, ISBN 978-3-7766-2600-1
  • Savage, Candace: Bird Brains – Intelligence of Crows, Ravens, Magpies and Jays, Greystone Books, 1997, ISBN 1-55054-565-5
  • Schmidt, Thomas: Gefiederte Nachbarn - Vögel in Stadt und Garten, Edition Rasch & Röhring im Tecklenborg Verlag 2001, ISBN 3-924044-89-9
  • Willke, Thomas: «Die Tricks der schlauen Raben», in: Bild der Wissenschaft 10/2008, S. 20 ff.
  • Knaurs Lexikon der Mythologie, ISBN 3-8289-4154-0

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Raben und Krähen (Corvus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Günther Dodrowski, Paul Grebe u.A.: Duden. Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. Bibliographisches Institut Mannheim, Dudenverlag, Wien Zürich 1963, ISBN 3-411-00907-1
  2. http://news.bbc.co.uk/1/hi/sci/tech/4286965.stm
  3. http://www.ted.com/talks/view/id/261
  4. PM Ausgabe Mai 2009, S. 51

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