Tonhof

Tonhof
Tonhof um ca. 1968

Der Tonhof ist ein herrschaftlicher Gutshof im Besitz der ehemals adeligen Familie Weis-Ostborn (bis 1919: Weis von Ostborn), bestehend aus zwei Gebäuden. Er liegt im Zentrum von Maria Saal in Kärnten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die beiden Gebäude des Tonhofes wurden früher als Pflegeamt und das gegenüber liegende Gebäude als Gericht genützt. Das Verwaltungsgebäude, der Tonhof im engeren Sinn, konnte über die Zeit seine alte Gestalt behalten und hat ein in gotischem Stil errichtetes Erdgeschoß. Das Gerichtsgebäude war das Geburtshaus von Friedrich Welwitsch, dem Sohn des damaligen Landrichters.

1954, zu ihrer Hochzeit, kamen der Komponist Gerhard Lampersberg (1928–2002) und dessen Ehefrau, die Sängerin Maja, geborene Weis-Ostborn (1919–2004), in den Besitz des Gebäudes. Das Paar lernte danach im Wiener Art Club Thomas Bernhard kennen, der im Tonhof „zwischen 1957 und 1959[1] (nach Oliver Betz bis Sommer 1960[2]) […] Zuflucht und Heimat“[1] findet und sich später wegen seines Buches „Holzfällen“ (1984) mit den Lampersbergs überwarf (siehe unten).

In den 1960er Jahren ab 1960 etablierte sich im Tonhof – als eine Art Künstler-Sommerresidenz – ein Kulturkreis der Wiener Avantgarde aus Literatur, Musik und Kunst (→ Wiener Gruppe), darunter[1][2][3]

In der Scheune des Tonhofes wurden während dieser Zeit die Werke der Künstler dargeboten und wurde die Landbevölkerung in das Leben am Tonhof einbezogen. Die im Ort lebenden Kinder (die sogenannten „Tonhof-Kinder“) bekamen seitens der Mäzenin Maja Lampersberg die Möglichkeit im Haus zu komponieren und zu malen, wodurch die Musik und die Literatur an die junge Generation herangetragen wurde.

Nicht nur Thomas Bernhard nahm sich (angeblich – er bestreitet dies im Briefverkehr mit seinem Verleger vom Suhrkamp-Verlag Siegfried Unseld[4]) das Ehepaar Lampersberg und den Tonhof zur Vorlage, sondern auch Peter Turrini tat dies in „Bei Einbruch der Dunkelheit“ (2006/2007), der seinerseits wiederum Thomas Bernhard als Protagonist am Tonhof in dem Theaterstück abbildet.[5]

Literatur

  • Klaus Amann: Anmerkungen zu "Peter Turrinis ‚Bei Einbruch der Dunkelheit’. Ein Stück über den Tonhof? Mit einem Seitenblick auf Thomas Bernhards ‚Holzfällen. Eine Erregung’". In: Klaus Amann (Hrsg.): Peter Turrini. Schriftsteller, Kämpfer, Künstler, Narr und Bürger. Sammelband. Residenz Verlag, St. Pölten & Salzburg 2007, S. 226-230.
  • Wolfgang Kralicek: Holzfällen im Kirschgarten. Peter Turrini «Bei Einbruch der Dunkelheit». In: Theaterheute, April 2006, S. 48. Artikel Online auf kultiversum. Die Kulturplattform.
  • Peter Turrini: Bei Einbruch der Dunkelheit. Theaterstück 2006. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2007, ISBN 978-3-518-45884-6.
  • Oliver Bentz: Thomas Bernhard - Dichtung als Skandal. Epistemata, Reihe Literaturwissenschaft, Bd. 337. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000, ISBN 978-3-8260-1930-2, S. 55ff. (Online in der Google Buchsuche.) Zugleich: Dissertation, Universität Mannheim, 1999.
  • Peter Turrini: Lesebuch 1. Ein irrer Traum. Luchterhand, München 1999, ISBN 978-3-630-87043-4.
  • Renate Spitzner: Erinnerungen. Manuskript. Dokumentation anlässlich „50 Jahre - Gedenkfeier DDr. Heinrich Maier“, ohne Ort 1995.
  • Thomas Bernhard: Holzfällen. Eine Erregung. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1984, ISBN 3-518-39688-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Vgl. Sehenswertes in Maria Saal: Tonhof.
  2. a b c Vgl. Oliver Bentz, 2000.
  3. Eintrag zum Tonhof im Literaturwiki der Universität Klagenfurt. Abgerufen am 8. Februar 2011.
  4. Vgl. Lesung des Briefverkehrs von Gert Voss und Peter Simonischek im Burgtheater: Simonischek/Voss als Bernhard/Unseld an der Burg. Bericht in: Kleine Zeitung, 9. Jänner 2011. Abgerufen am 8. Februar 2011.
  5. Vgl. Wolfgang Kralicek in Theaterheute, April 2006.

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