Blut-und-Boden-Literatur

Blut-und-Boden-Literatur

Der Ausdruck Blut-und-Boden-Literatur (oder Blut-und-Boden-Dichtung) bezeichnet eine spezielle Richtung der völkischen Literatur des nationalsozialistischen Deutschlands. Neben diesem literarhistorischen Terminus findet sich schon in zeitgenössischen Quellen vielfach auch die meist abwertende oder polemische Kurzbezeichnung Blubo-Literatur.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Von anderen Strömungen der NS-Belletristik unterscheidet sich die „Blut-und-Boden-Literatur“ durch ihre Verherrlichung des Landlebens, der Natur und der Rückkehr zur Natur. Sie spielte, neben der Aufnahme germanisch-heidnischer Mythen (z. B. aus dem Sagenkreis der Nibelungen), eine wichtige Rolle bei der Schaffung des nationalsozialistischen Weltbildes.

Natur und naturverbundenes bzw. „natürliches“ Leben werden von den Literaten des Blut-und-Boden-Stils zum Gegenstand eines politischen Mythos gemacht. Im Mittelpunkt stehen der Bauer und die Bäuerin als Symbole des „artreinen“ Deutschen schlechthin. Die Dorfgesellschaft erscheint als nationalsozialistischer Mikrokosmos. Neben der „Lebensraum“-Ideologie wird auch der nationalsozialistische Rassismus durch die Blut-und-Boden-Literatur propagiert.

Autoren, die zu dieser Richtung zählen, sind Heinrich Anacker, Josefa Berens-Totenohl, Herbert Böhme, Hermann Eris Busse, Hermann Claudius, Friedrich Griese, Herybert Menzel und Gerhard Schumann. Auch gehören neben Richard Billinger und Karl Heinrich Waggerl zahlreiche weitere österreichische Schriftsteller der Zeit zu den Blubo-Literaten. Die meisten dieser Autoren wurden – etwa über die Reichsschrifttumskammer – in beträchtlichem Maße von staatlicher Seite gefördert.

„Blubo-Literatur“

Der Ausdruck „Blubo-Literatur“ wurde in den späten 1930er Jahren im Diskussionskontext exilierter regimekritischer Literaten geprägt. 1938 erscheint er in der von Brecht, Feuchtwanger und Bredel herausgegebenen Zeitschrift Das Wort.[1] Nach 1945 findet er sich an vielen Stellen, selbst in den Literaturlisten deutscher Bibliotheken.[2] In der deutschsprachigen Literaturwissenschaft fand der Ausdruck insgesamt nur bedingt Aufnahme. In anderen Zusammenhängen wird zwar von der „Blubo-Ideologie“ gesprochen, doch liegt deren Schwerpunkt im agrarpolitischen Bereich. In Frankreich dagegen ist der Ausdruck – u.a. in der Heidegger- und der Jünger-Forschung - schon während der sechziger und siebziger Jahre weithin verwendet worden. Wie auch in der niederländischen Germanistik wird dabei gelegentlich mit ihm der Gesamtbestand der nationalsozialistischen belletristischen Literatur bezeichnet.[3]

Zeitgenössische Schriften

  • Gotthilf Stecher: Literatur aus Blut und Boden, Potsdam / Leipzig: Bonneß & Hachfeld [1936].
  • Hellmuth Langenbucher: Volkhafte Dichtung der Zeit. Dritte Auflage, Berlin 1937.
  • Bund Deutscher Schriftsteller Österreichs (Hrsg.): Bekenntnisbuch Österreichischer Dichter, Krystall Verlag: Wien 1938.

Literatur

  • Ernst Loewy (Hrsg.): Literatur unterm Hakenkreuz. Das Dritte Reich und seine Dichtung. Eine Dokumentation. Mit einem Vorwort von Hans-Jochen Gamm. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1966.
  • Günter Scholdt: Autoren über Hitler. Deutschsprachige Schriftsteller 1919–1945 und ihr Bild vom „Führer“. Bouvier, Bonn 1993, ISBN 3-416-02451-6.
  • Meret Forster: „Radikalismus der Mitte“. Kulturkritik zwischen Blubo und Asphalt: Ernst Krenek unterwegs in den österreichischen Alpen. In: Erhard Schütz, Gregor Streim (Hrsg.): Reflexe und Reflexionen von Modernität 1933–1945. Lang, Bern u. a. 2002, ISBN 3-906770-14-1, S. 261–272 (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik 6).
  • Anna Bramwell: Blut und Boden. In: Étienne François, Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Band 3. Sonderausgabe. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50989-4, S. 380–391.
  • Franziska Schärli: Die Entwicklung des Bauernromans zur Blut-und-Boden-Literatur und das Interesse des Dritten Reiches an Jeremias Gotthelf. Bern 2007 (Bern, Univ., Lizenziatsarbeit, 2007).

Einzelnachweise

  1. Das Wort. Literarische Monatsschrift 1938. Heft 1/3, S. 144.
  2. Bücherei und Bildung [Zeitschrift]. Herausgegeben vom Verein Deutscher Volksbibliothekare, 1. Jahrgang 1948/49, S. 667.
  3. Vgl. z. B. http://www.duitsland.nl/site/achtergronden/Literatuur/LiteratuurindeNazitijd.html

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Blut-und-Boden-Dichtung — Blubo Literatur (oder auch Blubo Dichtung) ist ein Akronym für „Blut und Boden Literatur“. Der Ausdruck bezeichnet eine spezielle Richtung der völkisch rassistischen Literatur des Dritten Reiches. Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Zeitgenössische… …   Deutsch Wikipedia

  • Blut-und-Boden-Dichtung — Blut und Bo|den Dich|tung, die <o. Pl.> (abwertend): vom Nationalsozialismus geförderte Literaturrichtung, in der dessen kulturpolitische Idee einer führenden »artreinen Rasse« mehr od. weniger offen zutage trat. * * * Blut und Boden… …   Universal-Lexikon

  • Blut und Boden — Reichsadler, Blut und Boden, Hakenkreuz, Schwert und Ähre: Richard Walther Darré auf einer Kundgebung des Reichsnährstandes in Goslar am 13. Dezember 1937, Aufnahme aus dem …   Deutsch Wikipedia

  • Blut-und-Boden-Ideologie — Reichsadler, Blut und Boden, Hakenkreuz, Schwert und Ähre …   Deutsch Wikipedia

  • Literatur im Nationalsozialismus — Das literarische Schaffen der deutschsprachigen Autoren, und der Umgang mit Literatur zur Zeit des Nationalsozialismus wurden durch den Einfluss des NS Regimes entweder stark geprägt oder beeinträchtigt. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Literatur in der Zeit des Nationalsozialismus — Das literarische Schaffen der deutschsprachigen Autoren und der Umgang mit Literatur zur Zeit des Nationalsozialismus wurden durch den Einfluss des NS Regimes entweder stark geprägt oder beeinträchtigt. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Blubo-Literatur — (oder auch Blubo Dichtung) ist ein Akronym für „Blut und Boden Literatur“. Der Ausdruck bezeichnet eine spezielle Richtung der völkisch rassistischen Literatur des Dritten Reiches. Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Zeitgenössische Schriften 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Nordfriesische Literatur — Die Nordfriesische Literatur als Literatur in Nordfriesischer Sprache hat in Bezug auf die Ausgangssituation der Sprache und die Zahl der Sprecher eine bemerkenswerte Anzahl und Bandbreite an Werken hervorgebracht. Das Nordfriesische weist zehn… …   Deutsch Wikipedia

  • Lulu von Strauß und Torney — Luise „Lulu“ Elisabeth von Strauß und Torney (* 20. September 1873 in Bückeburg, Fürstentum Schaumburg Lippe, heute Niedersachsen; † 19. Juni 1956 in Jena, Thüringen) war eine deutsche Dichterin und Schriftstellerin. Inhaltsverzeichnis 1 Familie… …   Deutsch Wikipedia

  • Blut — Lebenssaft (umgangssprachlich) * * * Blut [blu:t], das; [e]s: dem Stoffwechsel dienende, im Körper des Menschen und vieler Tiere zirkulierende rote Flüssigkeit: Blut spenden, übertragen; jmdm. Blut abnehmen; Alkohol im Blut haben. Zus.:… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”