Hugo Blaschke

Hugo Blaschke

Hugo Johannes Blaschke, genannt Hugo Blaschke (* 14. November 1881 in Neustadt in Westpreußen; † 6. Dezember 1959 in Nürnberg) war ein deutscher Zahnarzt und SS-Führer. Blaschke war zur Zeit des Nationalsozialismus Leibzahnarzt Adolf Hitlers und während des Zweiten Weltkrieges „Oberster Zahnarzt“ beim Reichsarzt SS Ernst-Robert Grawitz.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Studium und Beruf

Blaschke studierte nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn von 1907 bis 1911 Zahnmedizin in Philadelphia sowie London und schloss das Studium als „Dr. dent. surg“ ab. Danach zog Blaschke nach Berlin und war nach Übernahme einer Zahnarztpraxis als niedergelassener Zahnarzt am Kurfürstendamm tätig. Blaschke genoss als Zahnarzt einen ausgezeichneten Ruf.[1] Ab Herbst 1930 ließen sich auf Empfehlung anderer Patienten auch NS-Größen wie Hermann Göring und Joseph Goebbels durch Blaschke behandeln.[1]

Karriere im Nationalsozialismus als Hitlers Leibzahnarzt

Am 1. Februar 1931 wurde Blaschke Mitglied der NSDAP (Nr. 432.082).[2]

„November oder Dezember 1933 wurde ich angerufen und man sagte mir, dass ich in die Reichskanzlei kommen solle. Hitler hätte Zahnschmerzen. Es war abends gegen 7 Uhr. Es wurde ein Wagen geschickt, ich nahm also meinen Instrumentenkoffer und fuhr hin. Ich diagnostizierte richtig, die Schmerzen hörten auf und ich wurde der große Mann. Für mich war es natürlich interessant, ein Staatsoberhaupt zu behandeln.“

Hugo Blaschke (nach Kriegsende[3])

Blaschke war schließlich bis Frühjahr 1945 Hitlers behandelnder Zahnarzt. Hitler war mit Blaschkes Behandlung außerordentlich zufrieden. Blaschke erhielt auf Weisung Hitlers zunächst den Titel eines „Dr. med. dent“, da sein in den USA erworbener Doktortitel in Deutschland nicht anerkannt war.[1] Später durfte Blaschke den Titel eines Professors führen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Blaschke zum Obersten Zahnarzt beim Reichsarzt SS ernannt.[4] Neben Hitler behandelte Blaschke als Zahnarzt auch Martin Bormann und Eva Braun.[5]

Im Mai 1935 trat Blaschke der SS (Nr. 432.082) bei. In der SS erreichte Blaschke Anfang Oktober 1944 den Rang eines SS-Brigadeführers.[2] Zudem wurde er ebenfalls 1944 Generalmajor der Waffen-SS.[1] Blaschke wurde mit dem Kriegsverdienstkreuz I. und II. Klasse jeweils mit Schwertern ausgezeichnet.

Nach Kriegsende

Während der Schlacht um Berlin konnte sich Blaschke im April 1945 Richtung Süddeutschland absetzen.[6] Blaschkes ehemalige Zahnarztpraxis am Kurfürstendamm wurde nach der Befreiung vom Nationalsozialismus von dem jüdischen Zahnarzt Fedor Bruck übernommen. Bruck war es mehrere Jahre lang gelungen, in Berlin unterzutauchen und so der Deportation zu entgehen. Den Ratschlag, die Praxis zu übernehmen, bekam er von Käthe Heusermann, die seit 1937 Blaschkes Zahnarzthelferin war. Bruck hatte zuvor Heusermann in Berlin aufgesucht, da sie vor 1937 wiederum Brucks Assistentin in Liegnitz gewesen war. In Anwesenheit Brucks vernahmen Angehörige des NKWD Heusermann, um durch ihre Aussage das Gebiss Hitlers mit Sicherheit bestimmen zu können. Heusermann wurde danach in Ermangelung zahnärztlicher Unterlagen zur Reichskanzlei gebracht, wo sie Teile eines Gebisses als jenes von Hitler identifizieren konnte. Sowohl Heusermann als auch Blaschkes ehemaliger Zahntechniker Fritz Echtmann wurden danach bis in die 1950er Jahre in die Sowjetunion verschleppt, da sie Hitlers Tod eindeutig bezeugen konnten.[7]

Blaschke selbst wurde noch im Mai 1945 durch Angehörige der US-Armee in Süddeutschland festgenommen. In dem alliiertem Internierungslager für NS-Prominenz in Nürnberg-Langwasser verbrachte Blaschke als Hauptschuldiger seine Haftzeit. Nach einer Anfrage durch die Sowjetische Militäradministration musste Blaschke zur Identifikation von Hitlers Leiche aus Gips das Gebiss von Hitler nachbilden. Das aus dem Gedächtnis gefertigte Gipsgebiss stimmte mit dem Gebiss Hitlers, das sich in sowjetischen Gewahrsam befand, überein.[8] Blaschke wurde auch im Rahmen der Nürnberger Prozesse vernommen.

Mitte Dezember 1948 erfolgte Blaschkes Entlassung aus der Internierung. Danach heiratete er zum zweiten Mal und ließ sich in Nürnberg nieder, wo er wieder als Zahnarzt arbeitete. Eine geplante Auswanderung konnte Blaschke nicht realisieren und ein entwickeltes Patent („Ärztliches Gerät zur schmerzlosen Behandlung von lebenden Organen, insbesondere Zähnen“) nicht am Markt platzieren. Nach Deprem-Hennen starb Blaschke am 15. September 1960 in Nürnberg.[1] Ernst Klee und Traudl Junge geben hingegen den 6. Dezember 1959 an.[4][9]

Wertungen

Blaschke wird in einer Dissertation zum Dr. med. dent. (Deprem-Hennen 2007) als ambivalente Persönlichkeit geschildert. Einerseits war Blaschke enger Vertrauter Hitlers, der auch von SS-Bonzen geschätzt wurde. In seiner Funktion als Angehöriger der Dienststelle „Reichsarzt SS und Polizei“ war er am Aufbau von Zahnstationen in Konzentrationslagern beteiligt und verwandte möglicherweise auch Zahngold ermordeter Juden für seine Zahnbehandlungen. Andererseits soll Blaschke seinen gelähmten jüdischen Vermieter, in dessen Villa er wohnte, während Bombenangriffen auf Berlin in Sicherheit gebracht haben.[1]

Literatur

  • Menevse Deprem-Hennen: Hitlers Leibzahnarzt : Hugo Johannes Blaschkes Leben zwischen Politik und Zahnheilkunde. Universität Düsseldorf, Düsseldorf 2007. (Dissertation zum Dr. med. dent. am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Düsseldorf, betreut von Hans Schadewaldt.)
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ekkhard Häussermann: „Hugo Johannes Blaschke – Adolf Hitlers Leibzahnarzt“, in: Zahnärztliche Mitteilungen Online, Ausgabe 5 vom 1. März 2008, S. 122.
  2. a b Hugo Blaschke auf www.dws-xip.pl
  3. Aussage Blaschkes nach Kriegsende 1945 in amerikanischer Internierung. Zitiert bei: Ekkhard Häussermann: „Hugo Johannes Blaschke – Adolf Hitlers Leibzahnarzt“, in: Zahnärztliche Mitteilungen Online, Ausgabe 5 vom 1. März 2008, S. 122.
  4. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 52.
  5. Editorial: Views. In: British Medical Journal, Nr. 2 (6096) vom 5. November 1977, PMC 1632127, S. 1229
  6. Hitler - Ein Stück Stoff“, in: Der Spiegel, Nr. 32, Ausgabe vom 5. August 1968, S. 32f.
  7. Kay Lutze: „Von Liegnitz nach New York - Die Lebensgeschichte des jüdischen Zahnarztes Fedor Bruck (1895-1982)“, in: Zahnärztliche Mitteilungen Online, Ausgabe 10 vom 16. Mai 2006, S. 124-127.
  8. Uli Kulke: „Der zweite Tod Adolf Hitlers“, in: Die Welt Online vom 25. Oktober 2006.
  9. Traudl Junge, Melissa Müller: Bis zur letzten Stunde. Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben. List-Verlag, 2004, ISBN 3548604706.

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