Daniele Ganser

Daniele Ganser
Daniele Ganser

Daniele Ganser (* 29. August 1972 in Lugano) ist ein Schweizer Friedensforscher und Historiker. Er wurde 2005 mit einem Buch über Geheimarmeen der NATO im Kalten Krieg bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Ganser studierte ab 1992 an den Universitäten Basel und Amsterdam Internationale Zeitgeschichte, Antike Geschichte, Philosophie und Anglistik. 1998 erwarb er sein Lizentiat mit einer Forschungsarbeit im Bereich Zeitgeschichte zur Rolle der Vereinten Nationen (UNO) während der Kubakrise von 1962.

Ab 1998 forschte Ganser im Rahmen seiner Doktorarbeit im Bereich Zeitgeschichte an der Universität Basel und an der London School of Economics and Political Science (LSE) in England zum Thema NATO-Geheimarmeen und inszenierter Terrorismus in Europa im Kalten Krieg. Er promovierte im September 2001 an der Universität Basel im Bereich Zeitgeschichte.

Von 2001 bis 2003 war Ganser Senior Researcher beim Think Tank Avenir Suisse, zuständig für Wirtschaftsgeschichte und Politikgeschichte. Er leitete die Kampagne von Avenir Suisse zum Beitritt der Schweiz zur UNO.

Von 2003 bis 2006 war Ganser Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH Zürich und forschte in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) zum Einfluss der Globalisierung auf die Menschenrechte.

Seit 2006 lehrt und forscht Ganser am Historischen Seminar der Universität Basel und leitet dort das Forschungsprojekt „Peak Oil“ zum globalen Kampf ums Erdöl und zur Versorgungssicherheit der Schweiz.

Forschungsschwerpunkte

Gansers Forschungsschwerpunkte sind gemäss eigenen Angaben die Internationale Zeitgeschichte ab 1945, verdeckte Kriegsführung und Geostrategie, Geheimdienste und Spezialeinheiten, Peak Oil und Ressourcenkriege, Wirtschaftspolitik und Menschenrechte.

Sein erstes Buch „Reckless Gamble. The Sabotage of the United Nations in the Cuban Conflict and the Missle Crisis of 1962“ (Deutsch: Die Kubakrise - UNO ohne Chance, 2006) beschäftigt sich mit der Ohnmacht der Vereinten Nationen im Falle Kubas und der Sabotage des Sicherheitsrates und der Generalversammlung durch die verdeckte Kriegsführung des amerikanischen Geheimdienstes CIA.

Ganser hat auch zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 publiziert und darauf hingewiesen, dass die historische Forschung heute mit drei verschiedenen Theorien zu 9/11 konfrontiert ist: SURPRISE, LIHOP (Let It Happen On Purpose) & MIHOP (Make It Happen On Purpose). Im Sammelband „9/11 and American Empire: Vol. 1: Intellectuals Speak Out“, herausgegeben von David Ray Griffin und Peter Dale Scott, hat Ganser ein Kapitel mit Schwerpunkt „Verdeckte Kriegsführung“ beigetragen und die drei Theorien dargelegt.

Im Kontext seiner Forschung zu „Peak Oil“, dem globalen Fördermaximum von Erdöl, hat Ganser wiederholt vor dem Schweizer Parlament vorgetragen. 2006 hat er die „Association for the Study of Peak Oil and Gas“ Schweiz (ASPO) mitbegründet und amtiert als ihr Präsident. Die ASPO ist ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern aus aller Welt, die sich mit dem Erdöl- und Gasfördermaximum beschäftigen.

Ganser schreibt in „Peak Oil: Erdöl im Spannungsfeld von Krieg und Frieden“: Vieles deutet indes darauf hin, dass der Irakkrieg ein klassischer Ressourcenkrieg ist, welcher es den USA erlaubt, vor Erreichen des Peak Oil und dem globalen Förderrückgang wichtige Erdölquellen zu besetzen, um dadurch gegenüber den Konkurrenten China, Europa und Russland eine Machtposition aufzubauen. Alan Greenspan, der frühere Direktor der US Federal Reserve, meinte in diesem Kontext: „Ich finde es bedauerlich, dass es politisch unkorrekt ist, zuzugeben, was alle schon wissen: Beim Irakkrieg geht es um das Erdöl.“ [1][2]

NATO-Geheimarmeen

Im Jahre 2005 veröffentlichte Ganser, basierend auf seiner Doktorarbeit, ein Buch über die NATO-Geheimarmeen in Europa und inszenierten Terrorismus im Kalten Krieg. Ausgehend von freigegebenen Dokumenten zur italienischen Stay-Behind Armee „Gladio“ hat Ganser die Existenz von Geheimarmeen in ganz Westeuropa aufgezeigt, die im Falle einer sowjetischen Invasion einen Guerillakrieg führen sollten und in einigen Länder in Staatsterrorismus verwickelt gewesen sein sollen. Das Buch wurde in zehn Sprachen übersetzt und erschien 2008 auch auf Deutsch.

Das Buch wurde mehrfach positiv rezensiert,[3] und von mehreren Fachkollegen, die auf ähnlichen Forschungsgebieten arbeiten, gelobt.[4] Andere Rezensenten äußerten Kritik, darunter der Münchner Historiker Tobias Hof[5] und der Rezensent des Journal of Intelligence History, der Gansers Buch in eine Reihe mit Verschwörungstheorien rückte, wie sie seit dem 11. September 2001 in Mode gekommen seien. Er urteilte:

„Daniele Ganser’s book should be read with very critical eyes and seen as an example on how things could be blown out of proportions if one is not aware of the character of the used material.“[6]

Auch der Historiker Gregor Schöllgen verriss das Buch, weil hier auf spärlicher Quellenbasis das tatsächliche Ausmaß der Stay-Behind-Aktivitäten „grotesk überzeichnet“ würde. Während Ganser von „geheimen deutschen Nazi-Stay-behind-Armeen“ in Divisionsstärke ausgehe, sprächen andere für die 1960er Jahre von weniger als 100 hauptamtlichen BND-Mitarbeitern und etwa 500 Helfern.[7] Die taz urteilte, Ganser bewege sich mit seiner These, Gladio stecke auch hinter dem Oktoberfestattentat von 1980, auf „dünnem Eis“.[8]

Publikationen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peak Oil: Erdöl im Spannungsfeld von Krieg und Frieden. In: Phillip Rudolf von Rohr, Peter Walde, Bertram Battlog (Hrsg.): Energie. vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich, Zürich 2009, Reihe Zürcher Hochschulforen, Band 45, ISBN 978-3-7281-3219-2, S. 56. (online), abgerufen am 10. November 2010.
  2. Zitat von Alan Greenspan nach Danielle Ganser in der Irish Times vom 17. September 2007.
  3. Ausschnitte aus Rezensionen beim Orell Füssli Verlag
  4. Center for Security Studies der ETH Zürich: Stimmen zu Gansers Buch NATO's Secret Armies
  5. Tobias Hof, in: Sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaft 9 (2009), Nr. 4 (Rezension)
  6. Daniele Ganser’s book should be read with very critical eyes and seen as an example on how things could be blown out of proportions if one is not aware of the character of the used material. (Daniele Gansers Buch sollte sehr kritisch gelesen und als Beispiel dafür angesehen werden, wie die Dinge die Proportionen verlieren können, wenn man sich den Charakter des benutzten Materials nicht bewusst macht.) In: The Journal of Intelligence History. 5, Heft 1, 2005.
  7. Gregor Schöllgen: Gladiatoren im Kalten Krieg. "Stay behind"-Truppen gegen kommunistische Invasoren. In: Frankfurter Allgemeine. 25. April 2009.
  8. Philipp Gessler: Viele offene Fragen. In: taz. 7. August 2009.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Daniele Ganser — Daniele Ganser, né en 1972, est un historien suisse[1], professeur d’histoire contemporaine à l université de Bâle et président de l’ASPO Suisse (Association for t …   Wikipédia en Français

  • Daniele Ganser — Saltar a navegación, búsqueda Daniele Ganser, nacido en 1972, es un historiador suizo.[1] Ganser es profesor de historia en la universidad de Basilea y presidente de ASPO Suiza (Association for the Study of Peak Oil and Gas).[2] Ha publicado un… …   Wikipedia Español

  • Ganser — Daniele Ganser Daniele Ganser, né en 1972, est un historien suisse[1], professeur d’histoire contemporaine à l université de Bâle et président de l’ASPO Suisse (Association for the Study of Peak Oil and Gas)[2]. Sommaire 1 …   Wikipédia en Français

  • Ganser — ist der Familienname folgender Personen: Daniele Ganser, Schweizer Historiker Karl Ganser (* 1937), deutscher Geograph und Stadtplaner Lothar Ganser (* 1908), deutscher Jurist und Politiker (CDU, NPD) Sigbert Josef Maria Ganser (1853 1931),… …   Deutsch Wikipedia

  • Daniele — ist ein italienischer männlicher Vorname[1], die italienische Variante des Vornamens Daniel. Zur Herkunft und Bedeutung des Namens siehe hier. Inhaltsverzeichnis 1 Bekannte Namensträger 1.1 Vorname 1.2 …   Deutsch Wikipedia

  • Operation Gladio — Emblem of Gladio , Italian branch of the NATO stay behind paramilitary organizations. The motto means In silence I preserve freedom . Operation Gladio (Italian: Operazione Gladio) is the codename for a clandestine NATO stay behind operation in… …   Wikipedia

  • Gladio — (ital., von lat. gladius „Schwert“), eigentlich Stay behind Organisation, war eine paramilitärische Geheimorganisation der NATO, der CIA und des britischen MI6 während des Kalten Krieges. Die Gladio Mitglieder sollten nach einer sowjetischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Gladio-Affäre — Gladio (ital. vom lateinischen gladius für Schwert) oder auch Stay Behind Organisation war der Name einer paramilitärischen Geheimorganisation von NATO, CIA und des britischen MI6 während des Kalten Krieges. Die Gladio Mitglieder sollten nach… …   Deutsch Wikipedia

  • Operation Gladio — Gladio (ital. vom lateinischen gladius für Schwert) oder auch Stay Behind Organisation war der Name einer paramilitärischen Geheimorganisation von NATO, CIA und des britischen MI6 während des Kalten Krieges. Die Gladio Mitglieder sollten nach… …   Deutsch Wikipedia

  • Stay behind — Gladio (ital. vom lateinischen gladius für Schwert) oder auch Stay Behind Organisation war der Name einer paramilitärischen Geheimorganisation von NATO, CIA und des britischen MI6 während des Kalten Krieges. Die Gladio Mitglieder sollten nach… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”