Emil Strauß

Emil Strauß
Emil Strauß. Porträt von Ernst Würtenberger.

Emil Strauß (* 31. Januar 1866 in Pforzheim; † 10. August 1960 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Romancier, Erzähler und Dramatiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Emil Strauß stammte aus einer Pforzheimer Schmuckfabrikanten-Familie. Zunächst studierte er Philosophie, Germanistik und Volkswirtschaftslehre in Freiburg im Breisgau, in Berlin und in Lausanne. Frühzeitig brach er sein Studium ab und beschloss, freier Schriftsteller zu werden. 1892 erschien seine erste Erzählung „Der Tier- und der Menschenfreund“ in der Freien Bühne.

Abgestoßen vom städtisch-bürgerlichen Leben, von Geld- und Berufsstreben wandte er sich der lebensreformerischen Bewegung zu. Zusammen mit dem Kaiserstühler Emil Gött unternahm er am Oberrhein einen landwirtschaftlichen Siedlungsversuch auf Gemeinschaftsgrundlage. Nach dessen Scheitern führten ihn längere Reisen in die Schweiz, nach Italien und schließlich, um aus der „deutschen Domestizierung“ auszubrechen, 1892 nach Brasilien. Nach zweijährigem Aufenthalt in Südamerika kehrte er in seine südwestdeutsche Heimat zurück und ließ sich in ländlicher Umgebung bei Ludwigshaften in einfachsten Verhätlnissen nieder.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts. erschienen Strauß’ Bücher „Der Engelwirt“ (ca. 190.000 verkaufte Exemplare) sowie „Freund Hein“ die breitere Aufmerksamkeit fanden, so schrieb Samuel Fischer 1903 an Hermann Hesse dass er ihn „für unsere Stärkste Hoffnung“ halte. Zwei Jahre zuvor heiratete er Liesbeth Marschall. Zwischen 1904 und 1918 publizierte Strauß rege und wechselte wiederholt den Wohnsitz. Angesichts der Niederlage im 1. WK sowie der „Vergessenheit zu Lebzeiten“ wendete er sich im Spannungsfeld aus lebenrefomerischen Individualismus und idealistischer Reichsideen zunehmend der politischen (radikalen) Rechten zu. Im 1923 entstandene Drama „Vaterland“, dass nach der Uraufführung 1924 verboten wurde, manifestiert sich die politische Neuausrichtug. Kritiker sprachen u.a. von einem „Denkmal des Fanatismus“.

Im Gegensatz dazu erhält Strauß 1925 – im selben Jahr erwies sich sein ländliches Anwesen als wirtschaftlich unhaltbar – den „Dichterpreis des Verbandes der Kunstfreunde“ und wird 1926 zum Doktor honoris Causa ernannt, sowie in die Preußische Akademie der Künste berufen. Auch politisch anders gesinnte Künstler wie Oskar Loerke im S. Fischer Almanach oder Arnold Zweig 1929 in der Weltbühne würdigen noch bzw. verweisen auf Strauß.

1929 trat Strauß in die NSDAP ein. Nach der Gleichschaltung der Preußischen Akademie der Künste 1933 und der Entfernung von 40 jüdischen und aus anderen Gründen missliebigen Akademie-Mitgliedern durfte er einen der frei gewordenen Plätze einnehmen.[1] Gleichzeitig beantwortete er einen gewünschten Beitrag zur Bücherverbrennung 1933 mit der Versicherung der „Kampf“ würde wie in den 30 Jahren [!] zuvor rein geistig geführt. 1936 wurde er durch Joseph Goebbels in den Reichskultursenat berufen und erhielt die Goethe-Medaille sowie den Steinbach-Preis. Sein 70. Geburtstag wurde in der NS-Presse gewürdigt. Obschon auch während der NS- und Kriegszeit weiterhin auch neue Werke („Das Riesenspielzeug“ 1935 und „Lebenstanz“ 1940) erscheinen konnten, erreichten die bereits 1949 im Verlag Carl Hanser gedruckten Neuauflagen in der BRD hohe Auflagen. Ab 1955 lebte Strauß in einem Altenheim bei Freiburg, wo er auch starb. Einige Monate vor seinem Tod verbrannte er den größten Teil seines literarischen Nachlasses sowie alle ihm zugänglichen Briefe.

Hermann Hesse schrieb 1960, vier Tage nach dem Tod von Strauß: Seine Neigung zum Rassenhass, vielmehr seine aus Brasilien mitgebrachte arische Verachtung andrer Rassen, habe ich teils spät bemerkt, teils nicht ganz ernst genommen. Bald darauf ging er zu Hitler. Es war nicht so, wie Sie es sehen, dass die Nazis sich ihn geholt hätten, er ging gute zehn Jahre vor 33 ganz aus eigenem Antrieb begeistert mit. (Brief an Werner Weber 14. August 1960)

Nach Kriegsende wurde seine Schrift Vaterland (Langen/Müller, München 1936) in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[2]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (in Auswahl)

  • Menschenwege, 1899
  • Don Pedro, Drama, 1899
  • Der Engelwirt. Eine Schwabengeschichte, 1901
  • Freund Hein. Eine Lebensgeschichte, 1902
  • Kreuzungen, Roman, 1904
  • Hochzeit, Drama, 1908
  • Hans und Grete, Novellen, 1909
  • Der nackte Mann, Roman, 1912
  • Der Spiegel, Roman, 1919
  • Vaterland, Drama, 1923
  • Der Schleier, Geschichten, 1931
  • Das Riesenspielzeug, Roman, 1934
  • Lebenstanz, Roman, 1940
  • Dreiklang, Erzählungen, 1939/1946/47
  • Ludens, Erinnerungen, 1956

Literatur

  • Adolf Abele: Emil Strauß, Wesen und Werk. München: Univ. Diss. 1955.
  • Hubert Braun: Die Romane und der Roman Emil Straussens. Bonn: Univ. Diss. 1953.
  • Kurt Brem: Emil Strauß. Grundzüge seiner Weltanschauung. München: Univ. Diss. 1942.
  • Fritz Endres: Emil Strauß. Ein Versuch. München: Langen-Müller 1936.
  • Liselotte Fischer: Das Menschenbild in den Romanen und Novellen von Emil Strauss. Freiburg im Breisgau: Univ. Diss. 1951.
  • Robert Fritzsch: Die Beziehungen zwischen Mann und Frau bei Emil Strauss. Erlangen: Univ. Diss. 1953.
  • Wenchao Li: Das Motiv der Kindheit und die Gestalt des Kindes in der deutschen Literatur der Jahrhundertwende. Untersuchungen zu Thomas Manns „Buddenbrooks“, Friedrich Huchs „Mao“ und Emil Strauß' „Freund Hein“. Berlin: Univ. Diss. 1990.
  • Joachim Noob: Der Schülerselbstmord in der deutschen Literatur um die Jahrhundertwende. Heidelberg: Winter 1998. (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; F. 3; 158) ISBN 3-8253-0696-8
  • „Wahr sein kann man“. Dokumentation zu Leben und Werk von Emil Strauss (1866–1960). Ausstellung der Stadt Pforzheim 8. Mai bis 14. Juni 1987. 2. Aufl., hrsg. v. Bärbel Rudin. Pforzheim: Stadt Pforzheim 1990.
  • Konrad Strauß: Erinnerungen an meinen Vater Emil Strauß. Kirchheim/Teck: Schweier 1990. ISBN 3-921829-32-1
  • Jan Zimmermann: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935–1945. Darstellung und Dokumentation. Hrsg. von der Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. Hamburg: Christians 2000

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.polunbi.de/pers/beumelburg-01.html
  2. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-s.html
  3. http://www.ub.uni-freiburg.de/fileadmin/ub/ausstellung/2006-10-26/personen/strauss.html%7C Uni Freiburg - Dichter und Denker in Freiburg: Emil Strauß]

„Der Engelwirt/Zeittafel“ 1987 – Illing / Göttingen


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