Hans Julius Duncker

Hans Julius Duncker

Hans Julius Duncker (* 26. Mai 1881 in Ballenstedt, Anhalt, heute Sachsen-Anhalt; † 22. Dezember 1961 in Saarbrücken) war ein deutscher Ornithologe, Genetiker und Rassenhygieniker.[1]

Inhaltsverzeichnis

Studium, Familie, Beruf und Vogelforschung

1905 erhielt er für die Arbeit Über den Wanderzug der Vögel den Petsche-Labarre-Preis.[2] Sein Studium der Zoologie beendete er 1905 in Göttingen mit der Dissertation „Über die Homologie von Cirrus und Elytron bei den Aphroditiden/Ein Beitrag zur Morphologie der Aphroditiden)“ bei Ernst Ehlers.[2] Militärdienst und verschiedene Schulen folgen. Am 5. Oktober 1907 heiratete er in Dessau Elsa Zwerusmann (* 4. Juni 1884); 1908 wurde das erste gemeinsame Kind geboren.[3] Ab 1909 arbeitete er als Lehrer für Naturwissenschaften und Mathematik am Bremer Realgymnasium.[2] 1912 wurde er Mitglied der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft.[3] Am 24. April 1913 wurde sein Sohn geboren, der am 27. Januar 1914 starb. Seine zweite Tochter wurde am 28. August 1915 geboren.[3] 1921 begann er in Zusammenarbeit mit dem Kanarienzüchter Karl Reich (1885–1970) Versuche an einem Kanarienstamm, der wie Nachtigallen singen sollte, stellte aber fest, dass sich bei seinen Vögeln nur das Lernverhalten verbessert hatte (Duncker 1922).[2] Zu Anfang der 1920er Jahre begannen er und Reich mit individuenreichen Kreuzungsversuchen die Erblichkeit von Gefiederfarben und -strukturen, wie zum Beispiel der Haubenbildung, zu erforschen. Ab 1925 kooperierte Duncker auch mit Carl Hubert Cremer und weitete seine Experimente unter anderem auf Wellensittiche aus.[2]

„Mit seinen großangelegten Kreuzungsexperimenten hat Duncker die Praxis der Vogelhaltung und die theoretische Naturwissenschaft erfolgreich miteinander verknüpft. Er hatte begriffen, dass Vogelhalter und Wissenschaftler gleichermaßen voneinander profitieren können.“ (Birkhead, Schulze-Hagen, Palfner 2003, S. 254[2])

1927–1933 gab er die von ihm gegründete Zeitschrift Vögel ferner Länder heraus und schrieb zahlreiche Fachartikel für die Gefiederte Welt, das Journal für Ornithologie sowie weitere vogelkundliche Fachzeitschriften.

Rassenhygiene bis 1945

Duncker war in der Weimarer Republik Vorsitzender der Bremer Ortsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene.[4] 1930 war er Vorsitzender der Rassenhygienischen Gesellschaft Bremen.[5] Ab 1931 war er eine der treibenden Kräfte hinter der „Rassenhygienischen Fachgesellschaft im Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen“, die in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Fachvorträge mit Exponenten der NS-Rassenpolitik, etwa Robert Ritter, organisierte.[6] Als engagierter Eugeniker befürwortete Duncker die Zwangssterilisation von Behinderten (Meyer & Duncker 1933).[7] 1934 erschien ein von ihm und Friedrich Lange herausgegebenes Buch, das die „Neue(n) Ziele und Wege des Biologieunterrichts“ im Nationalsozialismus beschrieb (dieses Buch wurde nach Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt[8]). Er arbeitete zur Genealogie alter Geschlechter, etwa der Uhden.

Duncker hatte Mitgliedschaften im NSLB (November 1933), im Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten (vor 1933), in der NSDAP (ab 1941) und Funktionen als Referent der Oberaufbauschule des BDM sowie im Rednerstab des Rassenpolitischen Amts der NSDAP inne.[9]

Nach dem Ende des NS-Zeit

Hans Duncker wurde am 7. April 1948 als „Mitläufer“ eingestuft.[10] Nach Ende des Nationalsozialismus widmete er sich im Ruhestand dem Neuaufbau der Vogelsammlung des Bremer Überseemuseums.

Zitate

„Wir wollen es unserem Führer Adolf Hitler danken, … dass die erbgesunde fortpflanzungsfrohe Familie des Mittelstandes ganz besonders pfleglich behandelt werden soll im neuen Staat.“[11]

Literatur

  • George Arc, Franz Robiller (Hrsg.): Das große Lexikon der Vogelpflege. Ulmer, Stuttgart 2003, ISBN 3-8001-4425-5.
  • H. O. Wagner: Nachruf auf Dr. Hans Duncker. In: Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Bremen. 34, Nr. 3, 1957, S. 173–175.
  • Hubert Walter: Die Rassenhygienische Fachgesellschaft (1931–1945) im Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen. In: Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Bremen. 41, Nr. 2, 1990, S. 197(31).
  • Tim R. Birkhead, Karl Schulze-Hagen, Götz Palfner: The Colour of Birds: Hans Duncker, Pioneer Bird Geneticist. In: Journal für Ornithologie. 144, 2003, ISSN 0021-8375, S. 253–270.

Veröffentlichungen

  • Neue Ziele und Wege des Biologieunterrichts. Hrsg. v. Hans Duncker u. Friedrich Lange. – Frankfurt a. M.: Diesterweg 1934.
  • Das Anwachsen der Nachkommenschaft des Ratskämmerers Peter Uhden in Egeln (1623–1684). In: Die Rasse. Band 7, 1940, S. 256–256
  • Uhde-Geschlecht. Verlag C.A. Starke, 1940 (Inhalt der ersten Lieferung: Vorgeschichte der Uhdes, die Urkundensammlung zur Uhde-Geschichte und die Nachkommenstafeln der Linien 1–3. Druckfahne)

Einzelnachweise

  1. Die Identität von Hans Duncker mit Hans Julius Duncker ist laut einer ausführlichen Biographie: Birkhead, Schulze-Hagen, Palfner 2003 gesichert.
  2. a b c d e f Birkhead, Schulze-Hagen, Palfner 2003, S. 254
  3. a b c Birkhead, Schulze-Hagen, Palfner 2003, S. 256
  4. Hans-Walter Schmuhl: Grenzüberschreitungen: das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927-1945. Wallstein Verlag, 2005 [1] S. 483
  5. http://books.google.de/books?id=ni8YAerYiE8C&pg=PA424&lpg=PA424&dq=%22Hans+Duncker%22+Rasse&source=bl&ots=ISmAO5P5kV&sig=5VsuBIPXHowE7TFH60izZZZyMu8&hl=de&ei=Z1LSScGhBomO_Qb-9qHIBQ&sa=X&oi=book_result&resnum=3&ct=result#PPA366,M1
  6. Walter 1990
  7. http://www.springerlink.com/content/6341u72900335228/
  8. http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-x.html
  9. http://books.google.de/books?id=ni8YAerYiE8C&pg=PA424&lpg=PA424&dq=%22Hans+Duncker%22+Rasse&source=bl&ots=ISmAO5P5kV&sig=5VsuBIPXHowE7TFH60izZZZyMu8&hl=de&ei=Z1LSScGhBomO_Qb-9qHIBQ&sa=X&oi=book_result&resnum=3&ct=result#PPA366,M1
  10. http://www.gaebler.info/politik/entnazifizierung.htm
  11. http://www.gaebler.info/politik/entnazifizierung.htm

Weblinks


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