Magisches Auge (Radio)

Magisches Auge (Radio)
verschiedene Abstimmanzeigeröhren, v.l.n.r.: EM84, EM80, UM11, alle vom VEB Röhrenwerk "Anna Seghers" Neuhaus

Magisches Auge ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Abstimmanzeigeröhre, eine spezielle Elektronenröhre, die die Stärke eines Signals anzeigt und oft in älteren Radiogeräten, aber auch in Fernsehgeräten eingebaut ist.

Auch Tonbandgeräte, Audioverstärker und andere Geräte besaßen Magische Augen als Pegelanzeige.

In mit Elektronenröhren bestückten Empfangsgeräten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre zeigt das „Magische Auge“ an, wie genau das Gerät auf die Sendefrequenz des zu empfangenden Senders eingestellt ist. Die Anzeigeröhre übernimmt dabei die Funktion einer Abstimmanzeige. Der Grund für diese Anzeige liegt darin, dass für damalige Empfangsgeräte wie Radios Regeleinrichtungen wie Phasenregelschleifen für das automatische Einstellen, Abgleichen und laufende Nachjustieren der Empfangsfrequenz zwar verfügbar waren, diese aber mit einem enormen Aufwand an Bauteilen zu Buche schlugen, was die Empfangsgeräte derart verteuerte, dass nur Luxusgeräte dieses Merkmal aufwiesen.

Inhaltsverzeichnis

Formen und Anwendungen

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Formen, dem magischen Fächer, dem magischem Band und der magischen Waage. Die ursprünglichen magischen Augen hatten einen runden Leuchtschirm (daher „Auge“); das Funktionsprinzip ist allerdings immer gleich, lediglich die Art der Darstellung ist unterschiedlich.

Bei Tonbandgeräten wurde anhand des Ausschlages einer solchen Anzeigeröhre (meist Band oder Fächer) die Aussteuerung der Aufnahme eingestellt. Bei älteren Verstärkern (z. B. sogenannten Orchesterverstärker) konnte man mittels solcher Anzeigen die Signalhöhe erkennen bzw. eine Übersteuerung feststellen. Heute werden dafür VU-Meter (Drehspulmesswerke) oder LED-Balkenanzeigen eingesetzt.

Ist (z. B. bei balkenförmiger Anzeige = magisches Band) ein Sender schlecht eingestellt oder das Signal niedrig, so ist der nicht leuchtende Bereich zwischen den leuchtenden Balken auf die ganze Breite ausgedehnt. Je sauberer der Empfang bzw. je höher das Signal ist, desto schmaler wird der dunkle Bereich zwischen den Balken und verschwindet bei einem starken Sender bzw. Erreichen der Aussteuerungsgrenze ganz. Bei Übersteuerung überschneiden sich die hellen Bereiche beider Seiten und führen zu einem Streifen doppelter Leuchtintensität, was als deutlich sichtbares Alarmsignal dient, den Pegel entsprechend herunterzuregeln.

Halbkreisförmige „Augen“ (= magischer Fächer, z. B. EM80, EM81 oder EM85) zeigen bei schlechtem Empfang eine Auffächerung, bei besserem wird nur die Mitte beleuchtet.

Komplett runde Anzeigen sind sog. echte magische Augen: sie zeigten kreuzförmig vier Kreissektoren an, deren Winkel sich ändert (z. B. EM35). Bei schwacher Ansteuerung ist ein X ähnlich einem Andreaskreuz sichtbar, bei Vollansteuerung ein breites Kreuz bzw. nahezu ein Vollkreis. Hier existieren Varianten (z. B. EM11, EM34), die zwei Leuchtwinkel unterschiedlicher Empfindlichkeit aufweisen. So lässt sich der Empfänger mit dem empfindlicheren Leuchtwinkel auf schwache Sender einwandfrei abstimmen, während mit dem unempfindlicheren Leuchtwinkel auf starke Sender abgestimmt werden kann, während der empfindlichere Teil hier schon völlig ausgesteuert erscheint. Technisch wurde dies mit unterschiedlicher Steilheit der pro veränderlichem Leuchtwinkel integrierten Verstärkertrioden realisiert.

Es gibt runde magische Augen, bei denen nur zwei kreissektorförmige Leuchtflächen vorhanden sind, deren Winkel sich bei Vollaussteuerung vergrößert (z. B. EM34), sowie Ausführungen mit nur einem Winkel (z. B. 6E5).

Funktionsweise

Abstimmanzeigeröhren sind Elektronenröhren, deren Elektronenstrom auf eine fluoreszierende Schicht, meist aus reinem Zinkorthosilikat (Willemit) oder einer Mischung aus Willemit und Zinkoxid gelenkt wird. Diese leuchtete stets in grün oder blaugrünem Licht und war auf der entsprechend geformten Anode oder innen auf dem Glaskolben aufgebracht.

Neuere Bauformen besitzen die Leuchtschicht nicht mehr auf einem metallischen Träger im Röhreninnern aufgebracht, sondern direkt auf der inneren Glasoberfläche des Röhrenkolbens. Ebenfalls wurde die Leuchtschicht nicht mehr aus reinem Zinkorthosilikat hergestellt, sondern aus Willemit mit einer Beimengung einer gewissen Menge Zinkoxid. Reines Willemit verliert durch das Elektronenbombardement relativ schnell an Leuchtkraft, während das Zinkoxid durch diese Behandlung sogar an Leuchtkraft gewinnt.[1] Dabei zeigt diese Leuchtstoffmischung eine blaugrüne Kathodolumineszenz, während reines Willemit hier ein sattes Grün emittiert.

Die Richtungsablenkung geschieht mit Steuerelektroden (Stegen), die den von der Kathode ausgehenden Elektronenstrom zu Bündeln formen oder auch nur auseinanderdrücken (Lückenbildung z. B. bei magischen Bändern).

Damit die Elektronen von der kristallinen, nichtleitenden Leuchtschicht besser abfließen können, wurde oft unter die Leuchtschicht noch eine Graphitschicht (Aquadag) aufgebracht. Bei Röhren mit Leuchtschicht auf dem Glas werden transparente leitfähige Oxidschichten benutzt.

Es gab jedoch auch Abstimmanzeigen auf der Basis spezieller Glimmlampen, bei denen mit einer Steuerelektrode wie bei einem Bargraph die Kathodenbedeckung verändert werden konnte.

Beispiele

Typ Ruhezustand Ausgesteuert
EM71
Eine EM71 ohne Aussteuerung
Eine EM71 mit Aussteuerung
EM80
Eine EM80 ohne Aussteuerung
Eine EM80 mit Aussteuerung
EM85
Eine EM85 ohne Aussteuerung
Eine EM85 mit Aussteuerung

Bekannteste Typen der E-Serie (das E bedeutet 6,3 V Heizspannung):

  • Auge: EM 4, 11, 34, 35
  • Fächer: EM 71, 80, 85
  • Band: EM 84, 87, EMM 801, 803

Die Typen EM 83 / 84 / 87 / 800 (magisches Band) und die EM 80 (Fächer) sind heute noch als Neuteile erhältlich, die Typen EM 34 / 35 sind dagegen sehr selten und daher teuer.

Auch viele Typen der entsprechenden U-Ausführung (Serienheizung 100 mA) sind noch erhältlich, zum Beispiel die UM 80 / 81 / 84. Die noch früher häufig eingesetzte UM 11 ist dagegen recht rar geworden.

Literatur

  • Werner Espe: Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik. 1: Metalle, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1961.
  • Werner Espe: Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik. 3: Hilfsstoffe, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1957.

Referenzen

  1. Literatur: Espe, Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik Bd. III, S. 190ff

Weblinks

 Commons: Magische Augen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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