Managementlehre

Managementlehre
Interdisziplinäre Managementlehre[1]

Die Managementlehre untersucht alle Vorgänge, die mit der Führung von Organisationen zusammenhängen.[2] Sie ist damit eine Lehre von der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckorientierter sozialer Systeme.

Die Lehre bemüht sich um einen hohen Praxisbezug und bedient sich aus Forschungsergebnissen und Erfahrungen unterschiedlicher Nachbardisziplinen.

Inhaltsverzeichnis

Managementlehre und Betriebswirtschaftslehre

Die Managementlehre stellt sich dar als eine Erweiterung der Betriebswirtschaftslehre zu einer Wissenschaft der Unternehmensführung. Eine definitorische Schwierigkeit liegt darin, die Betriebswirtschaftslehre präzise gegen andere Wissenschaften abzugrenzen. Einerseits finden sich breite methodische, aber auch inhaltliche Überschneidungen zur traditionellen Volkswirtschaftslehre, auch Staatswissenschaften genannt. Andererseits erweist sich ihr Fokus unter dem Gesichtspunkt einer anwendungsorientierten Wissenschaft schnell als zu eng. Eine auf Ökonomisches eingegrenzte „Betriebs-Wissenschaft“ ist nicht nur nicht in der Lage, wirklich praxisrelevante Aussagen zu generieren, sie ist auch kaum in der Lage, überhaupt empirische Erkenntnisse zu gewinnen. Aus diesem Grunde zeichnet sich für die Betriebswirtschaftslehre eine Entwicklung zu einer interdisziplinären Wissenschaft vom Management gesellschaftlicher Institutionen ab. Als Managementlehre wird sie damit zu einer eigenständigen Realwissenschaft, die in unterschiedlichem Umfang auf Erkenntnisse von Ökonomie, Rechtswissenschaft, Informatik, Soziologie, Ingenieurwissenschaft, Psychologie, Ökologie etc. zurückgreift.

Gegenüber der Betriebswirtschaftslehre ergeben sich daraus die folgenden Konsequenzen:

  • Die methodologische Fundierung gewinnt stark an Bedeutung und etabliert sich zu einem eigenständigen Aufgabengebiet.
  • Die empirische Forschung erhält erheblich an Gewicht, es müssen sehr viel mehr praktische Problemfelder aufgegriffen werden.
  • Die erforderliche Modellierung komplexer Aussagesysteme und die Formulierung von Entscheidungsmodellen trägt zu einer Mathematisierung des Faches bei.
  • Einzelaussagen angrenzender Wissenschaftsgebiete müssen in die Lehre integriert werden. Und schließlich:
  • Die Wissenschaft muss sich neuen Herausforderungen der Ethik, der Ökologie, der Informatik stellen.

Damit liegt ihre Konzentration weniger auf einem Erkenntnisobjekt im materiellen Sinne, sondern man betrachtet sie als eine Lehre von der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckorientierter sozialer Systeme. Mit dieser Entwicklung erfolgt eine Erweiterung der Betriebswirtschaftslehre über eine entscheidungsorientierte und eher deskriptiv orientierte Wissenschaft hinaus zu einer Wissenschaft der Unternehmensführung. Auf diese Weise wird ein deutlicher Bezug zur unternehmerischen Praxis hergestellt und das praktische Wissenschaftsziel stärker betont.

Managementlehre als Produktionsmanagement

Produktionsmanagement[3]

Neben der Unternehmensführung werden zumeist drei Managementfunktionen für jedes Unternehmen unterschieden:

Die Integration der traditionellen Ansätze und die neuere, explizitere Ausrichtung auf die Wertschöpfung und damit auf den Prozess einer Leistungserstellung werden in Bild Produktionsmanagement dargestellt. Es wird deutlich, dass es bei Management im Kern um die Steuerung des Prozesses (nicht seiner eigentlichen Durchführung) einer Ressourcentransformation in eine Dienst- und Sachleistung geht. Hauptaufgabe des Managements ist somit die Planung, Organisation, Durchsetzung und Kontrolle dieses Prozesses. Dazu dienen Ziele als Wegweiser und Instrumente der Aufgabenerfüllung.

Die wissenschaftlichen Ansätze „Scientific Management“, „Situatives Management“, „Entscheidungsorientiertes Management“ und „Systemorientiertes Management“ spannen einen Rahmen auf, der sich wohl um den derzeit noch umstrittenen Ansatz des „evolutionären Management“ weiter entwickeln wird. Diese Ansätze lassen sich nicht nur historisch verfolgen, in ihnen erfolgt auch eine Entwicklung des Managementbegriffes, ausgehend von einer engeren Bedeutung als „Betriebsführung“, unter dem nur Planen, Steuern, Durchführen und Kontrollieren eines betrieblichen Produktionsprozesses verstanden wurde[4], zu der oben genannten, heutigen umfassenden Definition.

Wesentlichen Anteil an einer systematischen Entwicklung mit einem klaren wissenschaftlichen Anspruch universalistischer Anwendbarkeit hat im deutschen Sprachraum vor allem das St. Galler Management-Modell, von einem Team um Fredmund Malik erarbeitet, in dem die Kybernetik und Systemtheorie als entscheidende Grundlagen mit herangezogen werden, sowie die Universität Witten-Herdecke[5], in deren Ansätzen die Managementlehre ebenso an systemtheoretischem Denken orientiert ist.

Entstehung

Fachvertreter diskutieren bis heute, ob die Managementlehre harten Kriterien einer Wissenschaft genügt. Der einflussreiche Management-Autor Peter Drucker äußerte anfänglich, dass Management niemals eine exakte Wissenschaft werden könne, da sie vornehmlich eine Kunst sei und auf Intuition beruhe, der die Manager bei der Erfüllung ihrer Aufgaben folgten.[6] Bis heute bewegen sich im Feld der Managementlehre vor allem in den USA sehr praxisnahe Managementempfehlungen, die von so genannten Management-Gurus eher undifferenziert, aber mit erheblichem Erfolg und Einfluss vermarktet werden. Es gibt also eine breite „Grauzone“ zwischen „Beraterliteratur“ und wissenschaftlichen Ansprüchen genügender Managementliteratur. Dennoch wurde der Managementlehre auch damals bereits von anderen Seiten der Status einer Wissenschaft zugesprochen.[7]

Entwicklung von Managementsystemen

Eine Sicht auf die Entwicklung der praktisch vorherrschenden Managementkonzepte und deren Einbettung in Stabilität der Umweltparameter der Unternehmen und wiederum deren Entwicklung bietet Bild Entwicklung von Managementsystemen. Hier wird zunächst die Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen einzuschätzen dargelegt. Erschienen diese anfangs noch vertraut, so hielt man die turbulenter werdenden Veränderungen später dann wenigstens noch für extrapolationsfähig. Doch vor allem technische Innovationen führen zu Diskontinuitäten. Die hielt man anfangs noch für vertraut, sprich die notwendigen Konsequenzen waren abschätzbar. Ereignisse, wie der Fall des „Eisernen Vorhangs“ oder der Internethype jedoch erwiesen sich als Diskontinuitäten, deren Eintreten und Auswirkungen nicht einschätzbar waren.

Entsprechend verlief die Entwicklung der Managementsysteme. Waren sie zunächst nach innen, auf die Entwicklung der eigenen Ressourcen und Organisation gerichtet, so wurden sie danach zunehmend aufmerksamer auf die Marktentwicklung. Immer aufwändigere Instrumente zur Marktbeobachtung und Marktprognose wurden entwickelt, bis die immer größere Turbulenz in der Umwelt dazu zwang, von Versuchen, die Zukunft vorherzusehen wieder abzulassen und stattdessen durch die eigene Entwicklung und Aufstellung einfach so gut wie möglich für jede Entwicklung gewappnet zu sein. Umfassende Management-Diagnostik und die Auswahl von Managern über stellenspezifische Anforderungsprofile sind eine logische Ergänzung.

Ausbildungen

Quellen

  1. Nach Bleicher, Knut: Betriebswirtschaftslehre: Disziplinäre Lehre vom Wirtschaften in und zwischen Betrieben oder interdisziplinäre Wissenschaft vom Management? In: Wunderer, R. (Hrsg.): Betriebswirtschaftslehre als Management- und Führungslehre. 2. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1988 (ISBN 978-3-7910-0841-7), S. 109 - 131.
  2. Staehle, Wolfgang; Conrad, Peter; Sydow, Jörg: Management. München: Vahlen, 1999 (ISBN 978-3-8006-2344-0). S. 71f
  3. Nach: Zahn, E.; Schmid, U.: Produktionswirtschaft I : Grundlagen und operatives Produktionsmanagement. Stuttgart: Lucius & Lucius, 1996 (ISBN 978-3-8252-8126-7). S. 7
  4. In den beiden Hauptwerken Taylors, „Shop Management“ (1903) und „Principles of Scientific Management“ (1911) - erschienen in Deutschland in den Jahren 1910 und 1913 unter den Titeln „Die Betriebsleitung“ (!) und „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“ (!) bei Oldenbourg in München - wird dieser traditionelle Managementbegriff entscheidend geprägt.
  5. Baecker, Dirk: Ausgangspunkte einer soziologischen Managementlehre. In: Ders.: Organisation und Management. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2003 (ISBN 978-3-518-29214-3). S. 218 - 255.
  6. Drucker, Peter: Praxis des Management: Ein Leitfaden für die Führungs-Aufgaben in der modernen Wirtschaft. Düsseldorf: Econ, 1965.
  7. Gulick, L.: Management is a science. In: Academy of Management Journal 1(1965), S. 7-13.

Literatur

  • Rüdiger H. Jung, Hürgen Bruck, Sabine Quarg: Allgemeine Managementlehre: Lehrbuch für die angewandte Unternehmens- und Personalführung. Mitbegründed von Meinolf Kleine 4. Auf.: Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2011. - ISBN 978-3-503-11240-1.
  • Lutz Becker: Digitale Fachbibliothek - Management und Führungspraxis. Düsseldorf : Symposion Publishing, 2008 (USB-Stick). - ISBN 978-3-939707-46-2.
  • Fredmund Malik: Strategie des Managements komplexer Systeme: Ein Beitrag zur Management-Kybernetik evolutionärer Systeme. 9. Aufl. Bern: Haupt, 2006. - ISBN 978-3-258-07116-9.
  • Horst Steinmann, Georg Schreyögg, Jochen Koch: Management : Grundlagen der Unternehmensführung. 6. Aufl. Wiesbaden: Gabler, 2005. - ISBN 3-409-63312-X.
  • Dietrich von der Oelsnitz: Management. Geschichte, Aufgaben, Beruf. 1. Aufl. München: Beck 2009. - ISBN 978-3-406-56279-2.
  • Walter Simon: Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests. 1. Aufl. 2006: GABAL Verlag - ISBN 3897496364
  • Peter Drucker: Was ist Management? Das Beste aus 50 Jahren. Berlin: Econ, 2002. - ISBN 3430122392.
  • Werner Sarges: Management-Diagnostik. 3. Aufl. Göttingen: Hogrefe, 2000. - ISBN 3801703460
  • Wolfgang H. Staehle: Management. 8. Aufl. München: Vahlen, 1999. - ISBN 3800623447.
  • Peter Ulrich, Edgar Fluri: Management : eine konzentrierte Einführung. 7. Auf.: Stuttgart: UTB, 1995. - ISBN 3-8252-0375-1.

Fachzeitschriften


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Managementtheorie — Die Managementlehre untersucht alle Vorgänge, die mit der Führung von Organisationen zusammenhängen[1]. Sie ist damit eine Lehre von der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckorientierter sozialer Systeme. Interdisziplinäre Managementlehre[2]… …   Deutsch Wikipedia

  • Normatives Management — Das St. Galler Management Modell (SGMM) ist ein in den 1960er Jahren an der Universität St. Gallen entwickelter Management Bezugsrahmen, der 1972 von Hans Ulrich, dem Wegbereiter der systemorientierten Managementlehre im deutschsprachigen Raum,… …   Deutsch Wikipedia

  • Operatives Management — Das St. Galler Management Modell (SGMM) ist ein in den 1960er Jahren an der Universität St. Gallen entwickelter Management Bezugsrahmen, der 1972 von Hans Ulrich, dem Wegbereiter der systemorientierten Managementlehre im deutschsprachigen Raum,… …   Deutsch Wikipedia

  • SGMM — Das St. Galler Management Modell (SGMM) ist ein in den 1960er Jahren an der Universität St. Gallen entwickelter Management Bezugsrahmen, der 1972 von Hans Ulrich, dem Wegbereiter der systemorientierten Managementlehre im deutschsprachigen Raum,… …   Deutsch Wikipedia

  • Engpasskonzentrierte Strategie — Die Bezeichnung Engpasskonzentrierte Strategie (EKS) wird für einen Schulungsansatz verwendet, welcher zur Formulierung persönlicher oder geschäftlicher Strategien steht.[1] Die Engpasskonzentrierte Strategie wurde von Wolfgang Mewes 1970… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeitsinhalt — Organisationstheorie und Organisationsforschung haben den Zweck, Organisationen – ihr Entstehen, ihr Bestehen und ihre Funktionsweise – zu erklären und zu verstehen. Es existiert eine Vielzahl von verschiedenen Organisationstheorien, da… …   Deutsch Wikipedia

  • Fachhochschule des Saarlandes — Hochschule für Technik und Wirtschaft Gründung 1807, seit 1991 als HTW Trägerschaft staatlich …   Deutsch Wikipedia

  • HTWDS — Hochschule für Technik und Wirtschaft Gründung 1807, seit 1991 als HTW Trägerschaft staatlich …   Deutsch Wikipedia

  • HTWdS — Hochschule für Technik und Wirtschaft Gründung 1807, seit 1991 als HTW Trägerschaft staatlich …   Deutsch Wikipedia

  • Htwds — Hochschule für Technik und Wirtschaft Gründung 1807, seit 1991 als HTW Trägerschaft staatlich …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”