- Physiotherapeut
-
Ein Physiotherapeut übt den Gesundheitsfachberuf Physiotherapie aus.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung
In Deutschland regelt das Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) seit 1994 die Ausbildung zum Physiotherapeuten. Bis dahin war in den alten Bundesländern die Bezeichnung „Krankengymnast“ üblich (vgl. Physiotherapie). Zu dem MPhG gehört eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die die dreijährige Ausbildung näher regelt. Sie umfasst derzeit 2900 Stunden theoretische und 1600 Stunden praktische Ausbildung. Der Theorie-Unterricht findet nur in staatlich zugelassenen Schulen statt. Der praktische Anteil wird zum Teil in der Schule, zum größten Teil aber in zugelassenen Praktikumseinrichtungen absolviert. Den Abschluss bildet eine staatliche Prüfung (Examen) mit schriftlichem, mündlichem und praktischem Teil.
In Österreich schreibt das MTD-Gesetz die Ausbildung und die Berufsausübung der Physiotherapeuten fest: drei Jahre mit 2525 theoretischen und 2000 praktischen Stunden. In jedem Fach sind positive Prüfungen zu absolvieren, d. h. eine Gesamtprüfung gibt es in diesem Sinne nicht. Den Abschluss bildet eine fachspezifische Diplomarbeit, die auch mündlich gerechtfertigt werden muss. Anders als in Deutschland ist in Österreich die manuelle Lymphdrainage ebenfalls Teil der Ausbildung.
Deutschland hatte für die Physiotherapie bisher keine allgemeine akademische Ausbildung definiert. Seit dem Wintersemester 2010 kann man in Bochum an der Hochschule für Gesundheit (HSG) Physiotherapie studieren. In Fellbach befindet sich die Hochschule für Gesundheitswissenschaften in Gründung.
Zugangsvoraussetzungen
Um sich in Deutschland als Physiotherapeut ausbilden zu lassen, benötigt man als Zugangsvoraussetzung mindestens die Mittlere Reife. Die Vollendung des 17. Lebensjahres ist nicht mehr notwendig. Für das Verbundstudium zum Bachelor of Science in der Physiotherapie (FH) ist die Fachhochschulreife oder eine abgeschlossene Ausbildung zum Physiotherapeuten Voraussetzung. Außerdem sind gute Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern und auch im Fach Deutsch erwünscht.
In Österreich und einigen anderen Ländern (zum Beispiel USA, Australien oder Schweden) ist die allgemeine Hochschulreife (Matura, Abitur) Voraussetzung, um zum Studium der Physiotherapie zugelassen zu werden. Im Zuge des Bologna-Prozesses soll bis zum Jahr 2010 allgemein im europäischen Raum auf ein Fachhochschulstudium umgestiegen werden. Physiotherapeuten schließen dann mit dem akademischen Titel Bachelor of Science ab.
Ausbildungsdauer
Ausbildung
Die Ausbildung zum Physiotherapeuten umfasst drei Jahre und wird sowohl an privaten wie auch an staatlichen Schulen durchgeführt. Zum Abschluss der Ausbildung wird eine staatlich anerkannte Prüfung abgelegt. Hat der Schüler diese bestanden, so ist er „staatlich anerkannter Physiotherapeut“. Um Diplom-Physiotherapeut zu werden, muss ein weiteres Ausbildungsjahr (meistens im Fernstudium) absolviert werden, allerdings wird hierfür die Fachhochschulreife benötigt.
Studium
Alternativ dazu gibt es die Möglichkeit, Physiotherapie direkt an einer Fachhochschule zu studieren. Das Studium an den meisten anbietenden Fachhochschulen dauert 6 bis 8 Semester.[1]
Ausbildungsfächer
Es wird Vollzeitunterricht erteilt. Dabei gibt es theoretischen und praktischen Unterricht an der Schule und praktische Ausbildung in Fachkliniken sowie in geeigneten Rehabilitationseinrichtungen.
Aufgrund des permanenten Zuwachses an Heilwissen und Behandlungsalternativen sind die Lehrfächer und das Lernpensum heute sehr umfangreich. Letztendlich dient dies den Patienten, denen dadurch eine große Auswahl an Behandlungsmethoden zur Verfügung steht, die ihnen mehrere Wege zu einem individuell befriedigenden Heilerfolg ermöglichen.
Unterrichtet werden vor allem physiotherapeutische Befund- und Untersuchungstechniken, Massagetherapie, Hydro-, Balneo- (Bäderkunde), Thermo- und Inhalationstherapie, Elektro-, Licht- und Strahlentherapie, Prävention und Rehabilitation, Bewegungserziehung und Bewegungs- und Trainingslehre. Die Theorie dabei umfasst die Fächer Anatomie, Physiologie, spezielle Krankheitslehre und auch physiotherapeutische Basistechniken. Zu erwähnen ist hier, dass die Anatomie des Bewegungsapparates die zentrale Arbeitsgrundlage für die gesamte Physiotherapie darstellt. Daher sollte sich ein Physiotherapeut in diesem Bereich ein sehr umfassendes Wissen aneignen, dies wird in der Ausbildung entsprechend betont. Zu den klinisch-praktischen Fächern der Ausbildung zählen Orthopädie, Chirurgie/Traumatologie, Innere Medizin, Kardiologie, Pädiatrie, Gynäkologie, Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie. Ergänzend werden auch spezielle krankengymnastische Techniken, wie z.B. Manuelle Therapie, medizinische Trainingstherapie, Manuelle Lymphdrainage, und neurophysiologische Techniken wie Bobath, Vojta, PNF oder Brunkow in Teilen unterrichtet.
Ergänzte Ausbildung
Außer der üblichen Ausbildung zum Physiotherapeuten gibt es auch die kombinierte Ausbildung zum Physiotherapeuten und Gymnastiklehrer, allerdings nur an wenigen Ausbildungseinrichtungen.
Fort- und Weiterbildung
Die Entwicklung der Medizin, die ständige Rückmeldung aus der Grundlagenforschung und die permanente Weiterentwicklung der Behandlungsverfahren verändern die Anforderungen in Ausbildung und Berufsalltag in relativ kurzen Abschnitten. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sind obligatorisch. Die Berufsverbände (siehe unten), Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise haben dazu eine Fülle von Angeboten. Fortbildungskurse frischen die bestehenden Kenntnisse auf. Sie enden zwar nicht immer mit einer Prüfung, führen aber gegenüber den meisten Ärzten und Patienten zu einer höheren Akzeptanz und mehr Vertrauen.
Außerdem gibt es von den Krankenkassen anerkannte Fortbildungen, die mit einer Prüfung abschließen und den Physiotherapeuten anschließend zur Abrechnung des erlernten Heilmittels berechtigen. Dazu gehören unter anderem Manuelle Lymphdrainage, KG-Gerät, Bobath, Vojta-Therapie, PNF und Manuelle Therapie.
Weiterbildungsmaßnahmen schließen fast immer mit einer Prüfung ab und führen zu einer Höherqualifizierung. Sie beinhalten immer ein komplettes Behandlungskonzept. Sie können auch der Spezialisierung zu einer Lehrtätigkeit dienen. Die Ausbildung dauert in Vollzeit 3 Jahre. Kombinierte Ausbildungen, die zusätzlich den Abschluss als Gymnastiklehrer vermitteln, dauern zwischen 3 ½ und 4 ½ Jahre.
Siehe auch: Funktionelle Bewegungslehre
Arbeit von Physiotherapeuten
Nach abgeschlossener Berufsausbildung gibt es beispielsweise Ausübungsmöglichkeiten in Krankenhäusern, Kliniken, Einrichtungen der Rehabilitation, Physiotherapeutischen Lehranstalten, Kur- und Erholungseinrichtungen, Fitness-Studios und sozialen Einrichtungen (Altenheim, Pflegeheim, mobile Pflegedienste). Auch kann man sich, sobald man das Staatsexamen hat, selbstständig machen.
Bei der Berufsausübung ist Teamarbeit unter den Physiotherapeuten, aber auch die gute Zusammenarbeit mit Ärzten gefragt, denn die Arbeit des Physiotherapeuten ergänzt und unterstützt die ärztliche Therapie sinnvoll.
Nach der ärztlichen Verordnung werden eigenverantwortliche Behandlungspläne aufgestellt und durchgeführt. Dabei wird darauf geachtet, dass die Schäden nicht nur „repariert“ werden, sondern auch der korrekte Bewegungsablauf als Ganzes im Auge behalten wird, um Verletzungen gar nicht erst entstehen zu lassen.
Physiotherapie wird von Physiotherapeuten in unterschiedlicher Form und Vielfalt ausgeübt.
Physiotherapeuten analysieren und interpretieren Schmerzzustände, sensomotorische Funktions- und Entwicklungsstörungen (z. B. die Hyper- oder Hypomobilität eines Gelenks), um sie mit spezifischen manuellen und anderen physiotherapeutischen Techniken zu beeinflussen. Primärer Ansatzpunkt ist das Bewegungssystem und das Bewegungsverhalten; Ziel ist, Schmerzfreiheit und ökonomisches Bewegungsverhalten im Alltag zu erreichen bzw. – im Falle von irreversiblen Funktionsstörungen – Kompensationsmöglichkeiten zu schaffen.
Physiotherapeuten beeinflussen auch Funktionsstörungen innerer Organe, verbessern die Eigen- und Fremdwahrnehmung sowie die Sozialkompetenz und können ebenfalls auf die psychische Leistungsfähigkeit einwirken.
Ziele der Physiotherapie sind darüber hinaus, Eigenständigkeit und Selbstständigkeit des Patienten zu fördern und die Selbstheilungskräfte des Organismus zu aktivieren; wo Selbständigkeit des Patienten nicht zu erreichen ist, gehört zu den physiotherapeutischen Aufgaben das Anleiten von Angehörigen (z. B. in der Pädiatrie, Geriatrie oder bei schweren neurologischen Störungen).
Tätigkeitsfelder
- Prävention
- Vorbeugung von beruflichen Fehlhaltungen, Vermeidung von Berufskrankheiten und generellen Volkskrankheiten, die auf Fehl- oder Mangelbelastung beruhen, Schulung von Risikopatienten
- stationäre und ambulante Therapie
- bei inneren Erkrankungen (z. B. Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Lungenentzündung)
- bei orthopädischen Erkrankungen (z. B. Fehlstellung, Arthrose, Skoliose, Bandscheibenvorfall, Schmerzreduktion)
- bei neurologischen Erkrankungen (z. B. Polyneuropathie, Schlaganfall, Parkinson-Krankheit, ataktischer Symptomenkomplex)
- in der Traumatologie (z. B. nach Fraktur, künstlichem Gelenk, Amputation, Sehnenriss, Narbendehnung)
- bei rheumatischen Erkrankungen (z. B. Polyarthrose, Morbus Bechterew)
- bei geriatrischen Patienten (z. B. Kräftigung und Stabilisierung multimorbider Patienten, Einüben täglicher Bewegungsabläufe, Sturz-Prophylaxe, Handling mit Hilfsmitteln)
- in der Gynäkologie (z. B. Schwangerschaftsgymnastik, Rückbildungsgymnastik)
- in der Pädiatrie (z. B. motorische Störungen, spastische Störungen, atonische/hypertonische Störungen, Behandlung von Frühgeborenen). Eine von der TK in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage unter 1.000 Eltern schulpflichtiger Kinder zeigte, dass jedes fünfte Kind in einer Physiotherapie war.[2]
- in der Psychiatrie sind zu den Nebenerkrankungen aus anderen Fachbereichen häufig Störungen im Erleben und Verhalten anzutreffen. Vor allem das Verbessern der Wahrnehmungs- und Entspannungsfähigkeit stehen bei den physiotherapeutischen Behandlungen im Vordergrund. Der Therapeut benötigt zudem ein Verständnis für die Entstehung von spontan-affektiven Störungen.
- Rehabilitation nach Unfällen, nach langfristigen Erkrankungen, zur Wiederherstellung der natürlichen Beweglichkeit, Kraft und Geschicklichkeit des Patienten, Rückführung zum Beruf
- Kurwesen
- zur Erhaltung des körperlichen und geistigen Gesundheit und Leistungsfähigkeit
- Wellnessbereich
- zur Erhaltung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens, Hilfe bei Stressbewältigung
- Heilgymnastik (alter Begriff für Physiotherapie)
Berufsverbände
Physiotherapeuten können ihre Interessen von unterschiedlichen Berufsverbänden vertreten lassen. Selbstständige und Angestellte organisieren sich meist getrennt. Durch die Aufsplittung in viele verschiedene Verbände geht eine gezielte Einflussnahme auf die Gesundheitspolitik verloren.
Allgemeine Ziele sind
- Mitgestaltung der Gesundheitspolitik
- Förderung der Weiterentwicklung des Berufs
- Zukunftssicherung des gesamten Berufsstandes
- Pflege und Ausbau der internationalen Beziehungen
Quellen
- ↑ http://www.fachhochschule.de/FH/Studium/Physiotherapie_%28Bachelor%29_2496.htm Infos zum Studium auf der Seite einer Fachhochschule
- ↑ MMW-Fortschr.Med. Nr. 9 / 2010 (152 Jg.), S. 8
Weblinks
Wiktionary: Physiotherapeut – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenKategorien:- Gesundheitsfachberuf
- Ausbildungsberuf
- Betreuungswesen (Sport)
- Prävention
Wikimedia Foundation.