Schloss Moritzburg (Sachsen)

Schloss Moritzburg (Sachsen)
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Das Schloss Moritzburg liegt in der gleichnamigen Gemeinde Moritzburg nahe Dresden. Das auf ein Jagdhaus des 16. Jahrhunderts zurückgehende Jagdschloss erhielt seine heutige Gestalt im 18. Jahrhundert unter August dem Starken.

Das Schloss, dessen Hauptachse von Süd nach Nord verläuft, erhebt sich auf einer künstlichen Insel. Der barocke Vierflügelbau mit seinen vier direkt mit dem Hauptbau verbundenen Türmen ruht auf einem podestartigen Sockelgeschoss. Acht ehemalige Wachhäusschen sind auf der Insel rings um das Schloss gruppiert. Die harmonische Landschaftsintegration des Schlosses wird vervollständigt durch die sich nördlich anschließende Gartenanlage, das etwa zwei Kilometer östlich liegende und durch eine direkte Sichtachse verbundene Fasanenschlösschen mit kleiner Hafenanlage und dem Venusbrunnen, die Dardanellen sowie ein Hellhaus im Zentrum des Schneisensterns im nördlichen Friedewald.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schloss Moritzburg um 1733
Schloss Moritzburg um 1800
Heutige Ansicht von Südwesten

In den Jahren 1542–1546 ließ Herzog Moritz sein Jagdhaus mit Jagdtrophäen im Stil der Renaissance ausstatten. Nach ihm benannte man später das Schloss. Schon das damalige Jagdhaus bestand aus vier dicken Rundtürmen, die mit einer umlaufenden Wehrmauer verbunden waren. Es wurde 1550 Sitz der Verwaltung des Amtes Moritzburg. 1661–1672 erfolgte der Bau der Schlosskapelle unter Leitung von Kurfürst Johann Georg II. Die Pläne stammen vom Baumeister Wolf Caspar von Klengel. 1656–1672 wurde das Jagdhaus unter Mitwirkung von Wolf Caspar von Klengel zum Schloss erweitert.

1697 trat August der Starke zum katholischen Glauben über und wurde König von Polen, womit sich das Bedürfnis nach einem katholischen Gotteshaus ergab. Nachdem die Entscheidung auf Moritzburg gefallen war, erhielt die ehemals protestantische Schlosskapelle Weihnachten 1699 im Rahmen eines Gottesdienstes die katholische Weihe.[1] Seit 1699 findet so bis heute der katholische Gottesdienst in der Kapelle des Schlosses statt.

Im Jahr 1703 entstanden Pläne zum Umbau des Schlosses zum barocken Jagd- und Lustschloss. Die Pläne werden August dem Starken zugeschrieben. Im Oktober 1719 kam die Serenata di Moritzburg von Johann David Heinichen als Umrahmung einer königlichen Jagd hier zur Uraufführung. 1723–1733 wurden unter Leitung von Matthäus Daniel Pöppelmann die Pläne zum Umbau verwirklicht. Das Schloss wurde verändert und neue Teiche und Tiergehege angelegt. Der Umbau endete mit dem Tod Augusts.

Der Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen, ein Urenkel von August dem Starken, bezog um 1800 die Umgebung des Schlosses verstärkt in die Gestaltung der Landschaft ein. Das Fasanenschlösschen, der Venusbrunnen, der Hafen und der Moritzburger Leuchtturm mit Mole am Niederen Großteich Bärnsdorf entstanden.

Prinz Ernst Heinrich von Sachsen benutzte Moritzburg 1933–1945 als festen Wohnsitz und richtete einige Räume für Führungen ein. 1945 wurden die Wettiner enteignet. Sie konnten große Teile ihrer wertvollen Schätze im Schlosspark in Holzkisten vergraben. Bis auf wenige Stücke wurden diese von den sowjetischen Truppen gefunden und abtransportiert. Am 4. Oktober 1996 gelang es privaten Hobby-Archäologen, mehrere Kisten mit edelsteinbesetzten Goldschmiedearbeiten zu finden. Sie wurden dem Wettiner Schatz zugeordnet. Obwohl durch die lange Lagerung in der Erde alle Metalle und Edelsteine in Mitleidenschaft gezogen waren, ließ sich der Vorkriegszustand wiederherstellen.

In den Jahren 1946–1949 erfolgte die Einrichtung eines Museums für Barock in einigen Räumen des Schlosses.

Im Zeitraum 1985–1989 wurde die Schlosskapelle aufwändig restauriert. Die alte Anordnung des Altars blieb bestehen. Damit wurde auf den Einbau eines Altars, der es dem Priester erlaubt, mit dem Gesicht zur Gemeinde die Heilige Messe zu feiern, verzichtet.

Schlossbau

Das Schloss war in insgesamt zwölf Wohnquartiere mit insgesamt 200 Räumen aufgegliedert. Beherbergt wurden hier die kurfürstlich-königliche Familie und ihre Gäste sowie die Dienerschaft.

Die Eingangshallen im Erdgeschoss erinnern mit ihren Kreuzgewölben an das alte Jagdhaus, den Renaissancebau des Herzogs Moritz von Sachsen. Im ersten Obergeschoss befinden sich die vier großen Prunksäle (Billardsaal, Speisesaal, Steinsaal und Monströsensaal), welche jeweils zwei Geschosse hoch sind.

Die vier Türme des Schlosses werden nach ihrer ursprünglichen Funktion bezeichnet. Der nordöstliche Küchenturm diente ehemals der Belieferung des Speisesaals, der nordwestliche Backturm enthielt die Bäckerei. Südöstlich liegt der Amtsturm, südwestlich der Jägerturm.

Die im Sockelgeschoss befindlichen Gewölbe wurden als Hofküche, Lagerräume und Pferdeställe benutzt.[2] In den Kellern der Türme waren ebenfalls Wirtschaftsräume untergebracht.

Innenausstattung

Geweihsammlung im Speisesaal

In der Eingangshalle empfängt den Besucher eine Sammlung von Galakutschen.

Der Schlossbau ist mit barocker Wohnkultur aus der Zeit Augusts des Starken ausgestattet. Hier befinden sich Prunkräume mit Lack- und Prunkmöbeln, Augsburger Silbermöbeln und Jagdwaffen. Zu den Kostbarkeiten gehören unter anderem vergoldete Ledertapeten aus dem 17. Jahrhundert, die in elf Räumen noch erhalten sind. Im Billardsaal, nach dem ehemals darin befindlichen Billiardtisch benannt, sind Monumentalmalereien auf Leder von Louis de Silvestre ausgestellt.

Die Ausstattung vieler Räume ist der höfischen Jagd gewidmet. Die Sammlung der Rothirschgeweihe gilt als eine der bedeutendsten der Welt. Der beeindruckendste Teil der Trophäensammlung ist im Speisesaal angebracht, wo viele der 71 Rothirschtrophäen ein Alter von 270 bis 400 Jahren aufweisen. Sie stammen meist aus kursächsischen Revieren oder sind als Ankauf bzw. Geschenk nach Moritzburg gekommen.[3] Unter ihnen ist auch das fast zwei Meter breite und mit 19,8 kg Gewicht bisher schwerste Rothirschgeweih der Welt. Eine seit 1689 als „Willkomm“-Trinkgefäß benutzte Geweihstange mit kelchförmiger Krone ist ebenfalls im Speisesaal zu besichtigen.

Der Steinsaal beherbergt eine Sammlung von Ren- und Elchgeweihen. Die Trophäe eines ausgestorbenen Riesenhirsches ist über seinem westlichen Eingang angebracht. Dieses Geschenk des Zaren Peter I. von Rußland an August dem Starken weist ein Alter von über 10.000 Jahren auf; als Fundort vermutet man die Halbinsel Krim.[3]

Im Monströsensaal befinden sich 39 krankhaft veränderte Geweihe, darunter auch der berühmte 66-Ender, der 1696 von Friedrich III. Markgraf von Brandenburg erlegt worden war.[4] Während die auf holzgeschnitzten Tierköpfen montierten Trophäen im Speise- und Steinsaal im Vordergrund stehen, ergänzen sie im Monströsensaal die hier vorherrschenden Ledertapeten mit deren Darstellungen aus der antiken Mythologie.

1723 erwarb August der Starke für das Japanische Palais ein Prachtbett, dessen Baldachinhimmel und Bettvorhänge aus ungefähr einer Million Federn von Pfau, Perlhuhn, Ente und Fasan bestanden. Sein Schöpfer, der Franzose Le Normand, hatte sich einer genialen Technik bedient: Die Federn wurden nicht, wie sonst üblich, aufgeleimt oder verknüpft, sondern am Webstuhl als Schussfaden in das Gewebe eingearbeitet.[5] Kaum erworben, ließ der Kurfürst die Bettvorhänge abtrennen und zu Wandbehängen umarbeiten, weshalb der Raum später Federzimmer genannt wurde. 1830 kam das Federzimmer nach Schloss Moritzburg. Nach einer aufwändigen 19-jährigen Restaurierung ist das Prachtbett mit den Wandvorhängen seit 2003 wieder zu besichtigen.

Chinesisches, japanisches und Meißner Porzellan werden in dem seit 2009 wieder eröffneten Historischen Porzellanquartier im Jägerturm gezeigt. Im Vordergrund steht dabei Meissener Porzellan mit jagdlichen Motiven sowie Tierfiguren, also Stücke, die der einstmaligen Bestimmung Moritzburgs als Jagdschloss entsprechen.

Die Schlosskapelle ist mit edler Stuck- und Sandsteindekoration, Deckengemälden, Altaraufbau und einer Fürstenloge ausgestattet. Den nach Westen weisenden Altar schmückt ein 1744 nach Dresden geliefertes Altarbild eines unbekannten venezianischen Meisters, Mariä Himmelfahrt darstellend. Das Deckengemälde mit der Himmelfahrt Christi stammt vom Hofmaler Johann Fink.[2]

Schlosspark und Umgebung

Schlosspark
Fasanenschlösschen
Venusbrunnen mit Sichtachse zum Schloss
Hafenanlage am Großteich mit Mole und Leuchtturm

Im Jahre 1728 entstand als Verlängerung der von Dresden kommenden Nord-Süd-Allee sowie der Nord-Süd-Achse des Schlosses auf dem angrenzenden nördlichen Festland der Schlosspark. Der U-förmige Grundriss hat eine Ausdehnung von etwa 230 mal 150 Metern.[6]

Die Gartenanlage im französischen Stil wurde, auch bedingt durch den Tod August des Starken, niemals vollendet. Mit den Planungen befassten sich unter anderem Johann Christian Knöffel und Matthäus Daniel Pöppelmann.[2] Der bis an den Friedewald herangeführte Garten orientiert sich in seiner Anlage an der üblichen Gestaltung von Gartenflächen anderer europäischer Fürstenhöfe dieser Zeit. Vorherrschend ist eine breite Mittelachse, welche von zwei Queralleen durchzogen wird. Die dreigeteilte Parterre ist von einer mit Hecken gesäumten Lindenallee umfasst. Kavaliershäuschen befinden sich an den beiden südlichen Kreuzungspunkten der Querallee.

Eine Weiterentwicklung erfuhr der Garten im 19. Jahrhundert, u.a. durch die Anpflanzung seltener Gewächse, womit die Anlage langsam zu einem romantischen Park wurde.

Ein achtstrahliges, sternenförmiges Schneisensystem zur Parforcejagd durchzieht den sich nördlich anschließenden Friedewald. Im Schnittpunkt der Schneisen liegt auf einer Erhöhung die Ruine des 1787 nach Plänen von Johann Daniel Schade errichteten Hellhauses. Es diente bei feudalen Parforcejagden der Hofgesellschaft, indem der sogenannte Schwanenwärter vom Dach des Gebäudes mittels Flaggen die Fluchtrichtung des Wildes anzeigte.

Eine direkt nach Osten verlaufende Schneise verbindet das Schloss visuell mit dem 2,5 Kilometer entfernten Fasanenschlösschen. Unweit von diesem befindet sich der 1772 entstandene Venusbrunnen, eine der größten barocken Brunnenanlagen in Sachsen. Venus ist hier mit Amor und Schwänen auf einem künstlichen Felsmassiv dargestellt, das sich in einem ohrmuschelförmigen Becken erhebt. Der Brunnen symbolisiert das östliche Ende eines teilweise parallel zur Schneise verlaufenden Kanals. Am östlich vom Fasanenschlösschen angrenzenden Niederen Großteich Bärnsdorf liegen ein Miniaturhafen mit Mole und Leuchtturm.

An der Einmündung des vom Venusbrunnen zum Großteich führenden Kanals findet man die nach der gleichnamigen Meerenge zwischen Ägäis und Marmarameer benannten Dardanellen. Das mittlerweile verfallene Ensemble künstlicher bastionsartiger Rundungen mit Schießscharten erstreckte sich ursprünglich zwischen dieser Einmündung bis nahe zum Hafen. Die symbolischen Miniaturnachbauten der Befestigungsanlagen der originalen Dardanellenschlösser in der heutigen Türkei nutzte man zur Nachstellung von Seeschlachten, insbesondere der Seeschlacht von Çeşme von 1770.

Der die künstliche Insel umgebende Schlossteich entstand während der Umbauphase des Schlosses 1723–1733 aus ursprünglich vier Teichen.[2] Die sich im Friedewald befindlichen Teiche wurden bereits im 16. Jahrhundert angelegt. Ebenso wie der Schlossteich dienen sie bis heute zur Karpfenzucht. Das die Teiche verbindende Kanalsystem erlaubt ein gezieltes Abfischen durch Ablassen des Wassers.

Sonstiges

1972 war das Schloss die Kulisse für den Märchenfilm Drei Haselnüsse für Aschenbrödel; ebenso 2004 für die Liebeskomödie Eine Prinzessin zum Verlieben.

Das Moritzburg Festival hat sich als eine alljährliche Konzertreihe für Kammermusik etabliert. Es wurde 1993 gegründet und steht seit 2001 unter der künstlerischen Leitung des Cellisten Jan Vogler.[7]

Seit 2001 ist das Schloss die Kulisse für den alljährlich stattfindenden Schlosstriathlon Moritzburg.[8]

Seit 2002 werden etwa alle zwei Jahre auf der Ostseite des Moritzburger Schlossteichs Bildhauer-Symposien durchgeführt.[9] Da die fertigen Werke an Ort und Stelle verbleiben, entsteht hier ein sich bis in die angrenzenden Wälder hinziehender, regelmäßig erweiterter Skulpturenpfad.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. I. Möbius, J. Karpinski: Schloss Moritzburg. Verlag: Schnell und Steiner, 3. Aufl., 2001, S. 5.
  2. a b c d I. Möbius, J. Karpinski: Schloss Moritzburg. Verlag: Schnell und Steiner, 3. Aufl., 2001, S. 6-8.
  3. a b I. Möbius, J. Karpinski: Schloss Moritzburg. Verlag: Schnell und Steiner, 3. Aufl., 2001, S. 17-20.
  4. Guido Hammer: Ein Tag in Moritzburg. Das Damwild, Aus: Die Gartenlaube, Heft 42. Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger, 1858, S. 601.
  5. Vollbad für eine Million Federn. Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (2003). Abgerufen am 15. Oktober 2011.
  6. Der Schlosspark – eine unvollendete Geschichte. Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen (2011). Abgerufen am 19 Oktober 2011.
  7. Moritzburg Festival. Kammermusik Festival Schloss Moritzburg e. V. (2011). Abgerufen am 26 Oktober 2011.
  8. Schloss-Triathlon Moritzburg. Moritzburg Triathlonverein e.V. (2011). Abgerufen am 26 Oktober 2011.
  9. Internationaler Skulpturenpark Moritzburg. Wettinische Forstverwaltung (2011). Abgerufen am 26 Oktober 2011.

Literatur

Weblinks

 Commons: Moritzburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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