Tokugawa Tsunayoshi

Tokugawa Tsunayoshi
Tokugawa Tsunayoshi

Tokugawa Tsunayoshi (jap. 徳川 綱吉; * 23. Februar 1646; † 19. Februar 1709) war der fünfte Shogun der japanischen Tokugawa-Dynastie, der von 1680 bis 1709 über das Land herrschte.

Tsunayoshi wurde als Sohn von Tokugawa Iemitsu und dessen Nebenfrau Keishōin 桂昌院 (1627–1705) geboren. Er war damit einer der Urenkel des Gründers der Tokugawa-Dynastie Tokugawa Ieyasu. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Ietsuna wurde er nicht für das politische Geschäft erzogen. Als der Vater starb, trat wie vorgesehen Ietsuna als vierter Shogun der Dynastie sein Amt an, doch starb er bereits 1680 im Alter von 39 Jahren. Da es keinen Sohn als Nachfolger gab, stieg Tsunayoshi nach einigen Auseinandersetzungen zum Shogun auf.

Ungeachtet seiner Gelehrsamkeit erwies er sich bald als machtbewusster Politiker. Sakai Tadakiyo, einer der mächtigen Ratgeber Ietsunas, der gegen seine Ernennung agiert hatte, wurde durch Hotta Masatoshi ersetzt, der den Rang eines Tairō erhielt. Ein anderer, wegen Misswirtschaft aufgefallener Vasall wurde zum Seppuku (Harakiri) gezwungen und dessen Lehen konfisziert. Es sollte nicht der einzige Fall einer Verbindung von rigidem Ethikverständnis und Vermögenszuwachs gewesen sein.

Schon unter Ietsuna hatte man in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre versucht, durch Einschränkung des Importes von Luxusgütern, Verbot der Ausfuhr von Silber, durch Preisregulierungen für Frauenkimonos u.ä. die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Diese Bemühungen, die Lage in den Griff zu bekommen, gingen unter Tsunayoshi - mit wenig Erfolg - weiter, wobei auch hier der moralische Rigorismus immer wieder durchschlug. So wurden 1682 die Prostitution sowie weibliche Bedienung in Teehäusern verboten. Im folgenden Jahr verschärfte er den Codex für die Klasse der Lehnsherren (Buke Shohatto). Der Neokonfuzianismus des Zhu Xi, den das Tokugawa-Regime in einer von koreanischen Gelehrten verschärften Form eingeführt und weiter gestraffte hatte, wurde unter Tsunayoshi verstärkt propagiert. Dies ging bis hin zu jährlichen Lektionen am Hofe, die er selbst erteilte.

Audienz des Leiters der niederländischen Faktorei Dejima bei Tsunayoshi. Der Shogun blieb hierbei hinter einer Art Binsenjalousie verborgen. Kaempfer demonstriert gerade einen europäischen Tanz. (aus Engelbert Kaempfer: History of Japan, 1727)

Zugleich führte er einige shintoistische Zeremonien am Hofe des Tenno in Kyoto wieder ein, die aus finanziellen Gründen eine Zeit lang unterblieben waren, und ergriff Maßnahmen zur Ausbesserung der Tenno-Gräber. Durch Berufung von Gelehrten und Künstlern nach Edo kam es während der sogenannten Genroku-Periode zu einem Aufschwung der klassischen Wissenschaften und Künste.

Auf den Rat des Mönchen Ryūkō (隆光) hin, der mehr als zwei Jahrzehnte als spiritueller Ratgeber am Hofe einen großen Einfluss ausübte, wandte er sich auch dem Schutz von Lebewesen zu. 1687 wurde die Misshandlung oder Tötung von Tieren unter Androhung drastischer Strafen verboten und ein Gesetz zum Mitleid gegenüber Lebewesen (Shōrui Awaremi no Rei, 生類憐れみの令) erlassen. Da er im Jahr des Hundes geboren war, lag ihm besonders das Schicksal der streunenden Hunde am Herzen, die er einsammeln und versorgen ließ, was ihm den Spitznamen „Hunde-Shogun“ (犬公方, inu kubō) einbrachte.

Derartige Massnahmen strapazierten den Staatshaushalt um ein Weiteres. Dazu kamen Brände, Erdbeben, Missernten und ein schlechte Außenhandelsbilanz. Hotta Masatoshi fiel bereits 1684 einem Anschlag zum Opfer. An seiner Stelle übernahm Yanagisawa Yoshiyasu die Staatsgeschäfte. Dieser ließ 1702, um aus der Bredouille zu kommen, die Gold- und Silbermünzen einschmelzen und den Goldgehalt der neu geprägten Goldmünzen stark reduzieren, was letztlich aber auch keine dauerhafte Lösung wurde.

Der Lemgoer Arzt und Forschungsreisende Engelbert Kaempfer lernte Tsunayoshi anlässlich zweier Reisen nach Edo kennen, die der Leiter der niederländischen Handelsstation Dejima unternehmen musste, um wie jedes Jahr den Dank der Niederländischen Ostindien-Kompanie für die Erlaubnis zum Handel in Japan zum Ausdruck zu bringen. Nach der offiziellen Reverenzerweisung des Faktoreileiters wurden die Europäer in einen anderen Saal geführt. Kaempfer beschreibt Tsunayoshi als einen etwas exzentrischen Herrscher, der ihn mit allerlei Anliegen bis hin zu Lied- und Tanzdemonstrationen traktierte. Obwohl kein Shogun vor und nach Tsunayoshi solche Begegnungen arrangieren ließ, blieb die Szene mit Kaempfers „Pickelheringsreigen“ im Gedächtnis der europäischen Leserschaft. Sie wurde von Schriftstellern wiederholt verarbeitet und noch von Goethe mit einem Kommentar bedacht.[1]

Kaempfer war während seiner zwei Jahre in Japan die Schärfe und Rigidität der Herrschaft Tsunayoshis nicht entgangen. Über Pferde und Hunde gibt er gar einen Witz zum Besten, den er von Japanern aufgeschnappt hatte. Doch in seiner Abhandlung über die japanische Abschließungspolitik kommt Tsunayoshi gut weg als Garant einer einträchtigen und in Sicherheit lebenden Gesellschaft:

Der izt regierende Monarch Tsinojos, (ein Sohn des Ijetzna) ... ist ein großer und vortreflicher Herr, Erbe der väterlichen Tugend, zugleich strenger Beobachter der Gesetze und sehr gnädig gegen seine Untertanen. Er ist von früher Jugend an in der Lehre des Konfucius erzogen, und führt den Zepter, so wie es seinem Volk und Lande angemessen ist. Unter ihm leben alle Bürger und der vollkommensten Eintracht, ehren alle ihre Götter, gehorchen den Gesetzen, folgend ihren Obern, beweisen ihres Gleichen Höflichkeit und Liebe.[2]

Literatur

  • Beatrice M. Bodart-Bailey: The dog shogun: the personality and policies of Tokugawa Tsunayoshi. Univ. of Hawai'i Press, Honolulu 2006, ISBN 0-8248-3030-X.
  • Peter Kapitza: Engelbert Kaempfer und die europäische Aufklärung. Dem Andenken des Lemgoer Reisenden aus Anlaß seines 350. Geburtstags am 16. September 2001. Iudicum, München 2001, ISBN 3-89129-991-5.
  • Josef Kreiner (Hrsg.): Kleine Geschichte Japans. Philipp Reclam Jun., Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-010783-6.
  • Wolfgang Michel: Prostratio und Pickelheringsreigen. Engelbert Kaempfers Erlebnisse im Schloss zu Edo und deren Hintergrund. Japanische Gesellschaft für Germanistik (Hrsg.): Asiatische Germanistentagung in Fukuoka 1999 - Dokumentation. Sanshûsha, Tokio 2000, S. 124-134. Digitalisat im Kyushu University Institutional Repository (QIR)

Anmerkungen

  1. Mehr hierzu bei Michel: Prostratio und Pickelheringsreigen. 2000.
  2. zitiert nach der deutschen Übersetzung Christian Wilhelm Dohms in: Engelbert Kaempfers Geschichte und Beschreibung von Japan. Meyer, Lemgo 1779.



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