Unabhängiger Staat Kroatien

Unabhängiger Staat Kroatien
Nezavisna Država Hrvatska
Unabhängiger Staat Kroatien
Flagge des Unabhängigen Staates Kroatien Wappen des Unabhängigen Staates Kroatien
Flagge Wappen
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Flagge der Banschaft Kroatien Kroatische Banschaft ↔ Sozialistische Republik Kroatien Flagge der Sozialistischen Republik Kroatien
Amtssprache Kroatisch
Hauptstadt Zagreb
Regierungsform totalitärer Führerstaat
Staatsoberhaupt de jure König Tomislav II. (1941-1943) de facto Poglavnik Ante Pavelić (1941–1945)
Regierungschef Ante Pavelić (1941–1943)
Nikola Mandić (1943–1945)
Fläche 115.133 km²
Einwohner ca. 6.300.000
Bevölkerungsdichte 54,7 Einwohner pro km²
Währung Kuna (HRK)
Staatsgründung 10. April 1941
Unabhängigkeit Bis 1945
Karte
Kroatien (1941–1943)

„Unabhängiger Staat Kroatien“ (kroat.Nezavisna Država Hrvatska“, NDH) ist die Bezeichnung für den kroatischen Vasallenstaat der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg, der im April 1941 nach der Zerschlagung und Aufteilung Jugoslawiens unter der Herrschaft der faschistischen Ustaša entstanden war. Das Staatsgebiet umfasste neben den kroatischen Kerngebieten (Kroatien, Slawonien) auch Bosnien und die Herzegowina sowie Syrmien. Teile Dalmatiens und des Gorski Kotar mit vorwiegend kroatischer Bevölkerung wurden an Italien abgetreten. Das verbündete Deutsche Reich und Italien stationierten zunächst Besatzungstruppen im NDH-Staat. Dieser unterstützte die Achsenmächte durch die Stellung von Truppen und betrieb die systematische Ermordung von ethnischen Minderheiten und Oppositionellen. Mit der beginnenden Niederlage des Deutschen Reichs mehrten sich auch die inneren Konflikte im NDH, welcher schließlich alleine auch militärisch der Übermacht nicht mehr standhalten konnte.

Inhaltsverzeichnis

Politik

Titelblatt einer Sonderausgabe der Zeitung Hrvatski Narod (Das kroatische Volk) vom 10. April 1941 mit der Schlagzeile Unabhängiger kroatischer Staat verkündet

Nach Jugoslawiens Beitritt zum Dreimächtepakt war es zu einem von Großbritannien unterstützten Putsch serbischer Offiziere gegen Prinzregent Paul gekommen. Die neue jugoslawische Regierung versuchte zwar, sich mit dem Deutschen Reich zu verständigen. Dieses und seine Verbündeten antworteten jedoch am 6. April 1941 mit dem Balkanfeldzug, einem Angriff auf Jugoslawien und Griechenland. Das am 5. April 1941 mit der Sowjetunion geschlossene Bündnisabkommen wurde nicht mehr wirksam, binnen zwei Wochen musste die jugoslawische Regierung kapitulieren. Bereits am 10. April 1941 marschierte die Wehrmacht in Zagreb ein, woraufhin Oberst Slavko Kvaternik im Namen der Ustascha-Bewegung am selben Tag, mit den folgenden Worten, den Unabhängigen Staat Kroatien proklamierte:

Gottes Vorsehung und der Wille unseres großen Verbündeten sowie der jahrhundertelange Kampf des kroatischen Volkes und die große Opferbereitschaft unseres Führers Dr. Ante Pavelić und der Ustascha-Bewegung in der Heimat und im Ausland haben es gefügt, dass heute, vor der Auferstehung des Gottessohnes, auch unser unabhängiger Staat Kroatien aufersteht.
Ich rufe alle Kroaten, insbesondere die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Streitkräfte und der Organe der öffentlichen Sicherheit auf, Ruhe und Ordnung zu bewahren. Die Streitkräfte haben ihren Aufenthaltsort anzugebenund sofort den Eid auf den Unabhängigen Staat Kroatien und seinen Poglavnik zu leisten.
Ich habe heute als der Beauftragte des Poglavnik das Kommando aller Streitkräfte übernommen.
Gott mit den Kroaten! Für das Vaterland bereit!
[1] (Originalton)?/i

Der Unabhängigen Staat Kroatien stand, nachdem die Kroatische Bauernpartei die Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht abgelehnt hatte, unter Führung von Ante Pavelić (formal wurde Aimone Herzog von Spoleto als Tomislav II. zum König proklamiert).

Der so entstandene Staat war formal unabhängig, de facto aber ein Protektorat des Deutschen Reiches und Italiens mit einem politisch, wirtschaftlich und militärisch gestützten Regime. Anerkannt wurde das Staatswesen von den Mitgliedern des Drei-Mächte-Pakts, sowie von Finnland und Spanien. Auch die Schweiz und Frankreich unterhielten Konsulate in Zagreb. [2] Das Regime war nach dem Führerprinzip organisiert. Die Verwaltung wurde gesäubert und der Kontrolle von Ustascha-Funktionären unterworfen. 1942 wurde ein Parlament einberufen, dessen Mitglieder ernannt wurden und unterschiedlicher politischer Herkunft waren. Es blieb jedoch bedeutungslos. Die Presse wurde gleichgeschaltet. Der „Aufsichtsdienst“ Ustaška nadzorna služba (UNS, später GRAVSIGUR) übernahm exekutive Kompetenzen und entschied eigenständig über Verhaftungen und das Schicksal der Verhafteten.

Militär

Die Streitkräfte des neuen Staates, genannt Hrvatske oružane snage, bestanden aus

  • der regulären Armee Domobrani bzw. Hrvatsko domobranstvo, die dem Kriegsministerium unterstellt war
  • den militärischen Verbänden der Ustascha-Bewegung (Ustaški pokret), die Ustascha mit ihrer Eliteeinheit Crna Legija, die dem Innenministerium unterstellt waren. Die Leibgarde des poglavnik Pavelić stand unter dessen alleinigem Befehl
  • kroatischen Einheiten, die direkt deutschem Kommando unterstellt und in die Wehrmacht integriert waren. Diese „Legionärsdivisionen“ umfassten drei Infanteriedivisionen, eine Flieger- und eine Marine-Legion, sowie einige weitere Regimenter. Das verstärkte kroatische Infanterieregiment 369 wurde in der Schlacht von Stalingrad weitgehend aufgerieben.

Die kroatischen Streitkräfte erreichten im Dezember 1944 mit 70.000 Domobranen, 76.000 Ustascha-Milizionären und 32.000 Mann Gendarmerie ihren Höchststand.[3]

Ab 1942 war die Jugoslawische Volksbefreiungsarmee unter Führung von Josip Broz Tito sowie die jugoslawisch-monarchistischen Tschetniks auch in Kroatien aktiv. Die deutsche Militärpräsenz auf dem Gebiet des NDH-Staates war bis Mitte Juli 1942 auf die 718. Infanteriedivision sowie einige Landesschützenbataillone begrenzt. Die 2. italienische Armee zog sich ab Mitte 1942 bis April 1943 in drei Etappen wieder aus Teilen Kroatiens zurück. Dies führte dazu, dass Partisanen ebenso wie Tschetniks ihre Aktivitäten verstärken konnten.[4] Um den Ausfall der Italiener wettzumachen, drang Hitler auf eine Generalmobilmachung in Kroatien. 75.000 kroatische Soldaten sollten in die Wehrmacht und die Waffen-SS überführt werden. Als Zugeständnis sollten sie nur innerhalb Kroatiens eingesetzt werden..[5]

Bevölkerung

Briefmarke des „Unabhängigen Staats Kroatien“ von 1943
Verwaltungsgliederung des Unabhängigen Staates Kroatien 1941

Der neue Staat hatte etwa 6,3 Millionen Einwohner, davon 3,3 Millionen Kroaten, etwa 1,9 Millionen Serben, 700.000 Muslime, 30.000 Roma, sowie eine Anzahl weiterer ethnischer Minderheiten.[6]

Der NDH-Staat führte in Anlehnung an Hitler-Deutschland ebenfalls Rassengesetze ein. Nach diesen wurden hunderttausende Juden, Roma und vor allem Serben verfolgt, eingesperrt und ermordet.[7][6] Das KZ Jasenovac war das größte Konzentrationslager in diesem Teil Europas.

Mit Repräsentanten der deutschen Besatzung in Slowenien und Serbien beschloss die Regierung des NDH-Staates, insgesamt 220.000 bis 260.000 Slowenen nach Kroatien oder Altserbien zu deportieren. Hintergrund war die deutsche Bevölkerungspolitik in Slowenien, die – ähnlich wie im Generalgouvernement – mit Hilfe der Deutschen Volksliste die slowenische Bevölkerung nach einem „Rassenwert“ klassifizierte und Aussiedlungsbeschlüsse für „Minderwertige“ und „politisch Unzuverlässige“ gefasst hatte. Die Aussiedlung begann am 7. Juni 1941. In diesem Zusammenhang deportierte Kroatien seinerseits Zehntausende Angehörige der serbischen Minderheit.

Widerstand

Am 22. Juni 1941 wurde im Wald Brezovica bei Sisak die erste antifaschistische Partisaneneinheit auf dem Gebiet Jugoslawiens gegründet. Heute wird in Kroatien dieses Datum als „Tag des antifaschistischen Kampfes“ (Dan antifašističke borbe) begangen und ist ein nationaler Feiertag.

Das am 29. November 1943 in Jajce (Bosnien) als provisorische Regierung gegründete Nationalkomitee des Antifaschistischen Rates des Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ) erhob folglich auch den Anspruch, für das vom Faschismus befreite Kroatien zu sprechen. Die Partisanen schafften es durch breite Unterstützung in der Bevölkerung, aber auch durch geschicktes Taktieren mit den Alliierten, große Teile Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas ohne direkte ausländische Unterstützung in ihre Hand zu bringen.

Obwohl die jugoslawischen Kommunisten ständig ein neues Jugoslawien als demokratischen Staat freier und gleichberechtigter Völker verhießen, kam es auch ihrerseits zu brutalen Abrechnungen mit allen wirklichen und ideologisch-politischen Gegnern, darunter auch den Anhängern und Anführern der Ustaša. Diese Ereignisse erreichten ihren Höhepunkt im Frühjahr und Sommer 1945, als der Krieg bereits beendet war. Während dieser Phase ereigneten sich auch die Massaker von Bleiburg.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ladislaus Hory / Martin Broszat: Der kroatische Ustascha-Staat 1941-1945, S. 53. 2. Auflage. Stuttgart : Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, 1965
  2. Micael Portmann und Arnold Suppan: Serbien im Zweiten Weltkrieg. In: Serbien und Montenegro: Raum und Bevölkerung, Geschichte, Sprache. Österreichisches Ost-und Südosteuropa-Institut, S. 281.
  3. Rolf-Dieter Müller: An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941-1945. Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-448-8, S.111.
  4. Klaus Schmider: Auf Umwegen zum Vernichtungskrieg? Der Partisanenkrieg in Jugoslawien, 1941–1944 in: R.D. Müller, H.E. Volkmann, (Hrsg. im Auftrag des MGFA): Die Wehrmacht: Mythos und Realität, München, Oldenburg 1999, ISBN 3-486-56383-1, S. 920
  5. Rolf-Dieter Müller: An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim "Kreuzzug gegen den Bolschewismus" 1941-1945, Berlin, 2007, ISBN 978-3-86153-448-8, S.112
  6. a b United States Holocaust Memorial Museum: Holocaust Era in Croatia 1941-1945. Abgerufen am 29. März 2011.
  7. Operation: Last Chance. Abgerufen am 29. März 2011.

Quellen

  • [1], Zweierlei Erinnerung, Jasenovac - Das kroatische Auschwitz, Eberhard Rondholz; Deutschlandfunk, Feature, 28. August 2009
  • [2], Jasenovac - Donja Gradina - Industrie of Death 1941 - 1945, englisch

Literatur

  • Martin Broszat und Ladislaus Hory: Der kroatische Ustascha-Staat 1941-1945. Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Nummer 8. 2. Auflage. Stuttgart : Deutsche Verlags-Anstalt, 1965
  • Vladimir Dedijer: Jasenovac : Das jugoslawische Auschwitz und der Vatikan. 6. Auflage. Freiburg : Ahriman-Verlag, 2011
  • Holm Sundhaussen: Wirtschaftsgeschichte Kroatiens im nationalsozialistischen Großraum 1941–1945. Das Scheitern einer Ausbeutungsstrategie. Reihe: Studien zur Zeitgeschichte, 23. 1983.
  • Zeev Milo (d. i. Vladimir Müller): Im Satellitenstaat Kroatien. Eine Odyssee des Überlebens 1941 - 1945. Wieser, Klagenfurt 2010 ISBN 978-3-85129-870-3 (Autobiographie im Rahmen der Landesgeschichte)

Weblinks

 Commons: Independent State of Croatia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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