Dietrich-Bugatti

Dietrich-Bugatti

Dietrich-Bugatti ist die Bezeichnung für eine Reihe von Personen- und Rennwagen, die der junge Konstrukteur Ettore Bugatti zwischen 1902 und 1904 für den französischen Industriekonzern De Dietrich entwickelte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Ettore Bugatti hatte bereits vor seinem 21. Lebensjahr für den Fahrradhersteller Prinetti & Stucchi sein erstes Automobil gebaut und war damit erfolgreich Rennen gefahren. Seinen Type 2 baute er mit Unterstützung der befreundeten Familie Gulinelli und stellte ihn 1901 erfolgreich bei der Internationalen Ausstellung in Mailand aus. So kam es zum Kontakt mit dem elsässischen Industriellen Eugène de Dietrich, der mit ihm zusammenarbeiten wollte. Weil Bugatti zu dieser Zeit aber noch nicht volljährig war, schloss der Baron de Dietrich im Juni 1902 eine auf sieben Jahre angelegte Vereinbarung zur Lizenzherstellung von Automobilen mit Ettores Vater Carlo Bugatti ab.

Vorgesehen war, auf der Basis des Type 2 neue und größere Modelle zu entwickeln. Ettore Bugatti arbeitete bis Februar 1904 im De-Dietrich-Werk im elsässischen Niederbronn, das zu dieser Zeit zum Deutschen Reich gehörte. De Dietrich stellte neben in Lizenz gefertigten Personenwagen von Turcat-Méry aus Marseille vorwiegend Autobusse und andere Nutzfahrzeuge her.

Eigenwillige technische Lösungen

Bugatti entwickelte drei Modelle für De Dietrich. Heute sind sie bekannt als die Bugatti-Typen 3, 4 und 5. Ihre Konstruktion ist stark beeinflusst vom Type 2, von dem Merkmale wie ein Motor mit vier paarweise gegossenen Zylindern, acht Ventilen, Rechtslenkung und Kettenantrieb übernommen wurden. Der Unterschied lag in der Größe. Der Motor hatte eine Siedekühlung; die Zylinder waren von einer Kupferummantelung (später: Aluminium) umgeben, die mit dem Kühler verbunden war. Es gab wiederum zwei Ventile pro Zylinder. Allerdings waren sie oben im Zylinderkopf angebracht und damit die wahrscheinlich früheste Anwendung einer OHV-Ventilsteuerung in einem europäischen Automobil, die im Übrigen aber ungewöhnlich ausgelegt war mit über Winkel gesteuerten Stößeln.

Eher eigenwillig war es auch, die beiden Nockenwellen freiliegend auf dem Motor anzubringen; ihr Antrieb erfolgte über Zahnräder an der Stirnseite. Diese Lösung war weder leise, noch arbeitete sie besonders zuverlässig. Die Führung der Abgase im Inneren des Zylinderblocks über dessen gesamte Höhe zog mit einiger Sicherheit thermische Probleme nach sich. Auch für die Zündung hatte Bugatti eigene Ideen. Jeder Zylinder erhielt seine eigene Zündspule, wobei der Zündfunke mit einem rotierenden Verteiler gesteuert wurde. Schließlich verzichtete Bugatti auch auf eine Ölpumpe, was die Vermutung nahelegt, dass die Schmierung mittels „Tröpfchenzähler“ aus einem Tank erfolgte.

Der Motor war mit der Kupplung verblockt. Mit dem Chassis verband ihn vorn eine darunter liegend Strebe. Das Vierganggetriebe war im Fahrgestell befestigt. Die Antriebswelle zum Getriebe war höher angebracht als die Kardanwelle. Diese übertrug die Kraft über ein Differential auf Zahnräder, die ihrerseits die beiden Ketten antrieben, die die Kraft an die Hinterräder weitergaben.

De Dietrich, Licence Bugatti

Weil Bugatti sich bereits vor seiner Anstellung in Niederbronn mit den Typen 3, 4 und 5 beschäftigt hatte, ist nicht bekannt, in welcher zeitlichen Reihenfolge sie tatsächlich entstanden. Insgesamt wurden weniger als 100 Dietrich-Bugatti gebaut. Zwei davon waren Rennwagen des Typs 5. Der offizielle Modellname war De Dietrich, Licence Bugatti. Entsprechend hielt es der Hersteller mit den Modellen auf Basis der Turcat-Méry.

Der US-amerikanische Brigadegeneral McCoskry Butt bereiste mit seinem Type 4 während mehrerer Monate im Sommer 1904 Deutschland und Frankreich. Die Etappen betrugen zwischen 150 und 440 km, wobei er bei letzterer eine Reisezeit von 11 Stunden notierte. Er war voll des Lobes über Zuverlässigkeit und Leistung des Fahrzeugs.

Eine Besonderheit des Type 5 war neben dem ungewöhnlich großen Motor die Sitzposition des Fahrers über der Hinterachse, was wegen fehlender Übersichtlichkeit zum Ausschluss vom Rennen Paris–Madrid führte, zu dem beide Type 5 gemeldet waren. Einen sollte Ettore Bugatti fahren. Das Rennen wurde wegen zahlreicher schwerer Unfälle vorzeitig abgebrochen.

Bez. Bugatti De Dietrich Licence Bugatti Leistung Bohrung × Hub Hubraum Bemerkungen
Type 3 16 CV 16 PS 114 × 130 mm 5300 cm³
Type 4 24 CV 24 PS 130 × 140 mm 7400 cm³
Type 5 60 CV Course 60 PS 160 × 160 mm 12.867 cm³ Rennwagen, 2 Expl.

Trennung

Ettore Bugatti scheint viel Zeit mit dem Entwickeln neuer Ideen und mit dem Experimentieren an Rennwagen verbracht zu haben, sodass er die Modellpflege an den Personenwagen vernachlässigte und zu wenig Verwertbares für De Dietrich herausschaute. Der Baron beschloss, das Verlustgeschäft in Niederbronn aufzugeben und Automobile nur noch in Lunéville (Lothringen) zu bauen. Diese Fahrzeuge wurden folgerichtig französische Produkte und wurden unter dem Namen Lorraine-Dietrich bekannt. Die formelle Trennung von Ettore Bugatti wurde am 3. Februar 1904 vollzogen, das Verhältnis zwischen Bugatti und De Dietrich blieb aber herzlich.

Während seiner Niederbronner Zeit arbeitete Bugatti mit Emile Mathis zusammen, der in Straßburg eine die Generalagentur für De Dietrich-Automobile betrieb. Es entstand eine Freundschaft, die wiederum – nach dem Ende der Zusammenarbeit mit De Dietrich – in einem neuen Auto-Projekt endete, dem Hermes oder Hermes-Simplex.

Weblinks

Quelle

  • Hugh G. Conway: Les Grandes Marques: Bugatti. Gründ, Paris 1984, ISBN 2-7000-5175-8 (formal falsche ISBN), S. 8–10 (französisch).

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