Struth (Eichsfeld)

Struth (Eichsfeld)
Struth
Gemeinde Rodeberg
Koordinaten: 51° 13′ N, 10° 18′ O51.22310.304388888889460Koordinaten: 51° 13′ 23″ N, 10° 18′ 16″ O
Höhe: 460–490 m ü. NN
Eingemeindung: 30. Juni 1994
Postleitzahl: 99976
Vorwahl: 036026
Struth von Süden aus gesehen

Struth ist ein Ortsteil der Gemeinde Rodeberg im (Süd-)Eichsfeld. Er liegt im Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen. Die zu Struth gehörigen Ortsteile Annaberg und Kloster Zella wurden bereits 1966 von der Gemeinde Effelder nach Struth umgemeindet. 1994 wurden Struth und Eigenrieden durch eine Gebietsreform vereinigt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Struth liegt im Westen des Unstrut-Hainich-Kreises,etwa 12 km westlich der Kreisstadt Mühlhausen.[2] Struth gilt als höchste Siedlung des Landkreises und hatte bis Anfang des 20. Jahrhunderts große Probleme mit der Trinkwasserversorgung. Als höchste Erhebung gilt der Berg Rain 516 m ü. NN, über den die westliche Gemarkungsgrenze verläuft. Der Ort selbst liegt inmitten von Ackerflächen und Wiesen relativ ungeschützt auf der Hochfläche. Nach Südwesten senkt sich diese zum Zellaer Grund - in den die Frieda, ein rechter Nebenfluss der Werra ihr Flussbett gegraben hat. Das Tal ist Standort des ehemaligen Kloster Zella. Die Friedaquelle liegt im Klostergrund unterhalb von Struth, dieser wird von bewaldeten, relativ steilen Hängen eingerahmt. Die an der Klosterschranne noch in großer Zahl vorkommenden Eiben bilden mit über 1000 Exemplaren einen der größten Bestände dieser Baumart in Thüringen.

Geschichte

Gründungssage

Der Ort Struth wurde nach örtlicher Überlieferung von Überlebenden eines Dorfes Hirsingerode begründet, welches halbwegs zwischen den heutigen Orten Struth und Faulungen auf dem Steinerwald gelegen haben soll und das bei den Einfälle der Ungarn oder Wenden zerstört wurde. Im fraglichen Zeitraum während der Regentschaft König Konrads I. fanden auch nach Thüringen mehrere Einfälle statt, wobei sich an den Beutezug durch Franken und Thüringen im Jahre 912 noch zahlreiche Sagen und Überlieferungen knüpfen. An Stelle der Ungarn wurden hierbei von den Berichterstattern meist die Hunnen genannt. Auch der sehr auffällige Flurname Katalaunische Felder unmittelbar östlich der einstigen Fliehburg beim Nachbarort Eigenrieden könnte diese Sage bestätigen. Auf den Katalaunischen Feldern in Frankreich kam es 451 zu einer Schlacht mit den Hunnen.[3]

Ersterwähnung

Die älteste, auf den Ort Struth bezugnehmende Urkunde wurde 1273 ausgestellt. Sie besagt, das ein Ritter Heinrich von Treffurt ein Reichsgut in Strut für 24 Mark Silber an das Kloster Zella verkaufte. Die Urkunde wurde nach neuerem Forschungsstand bereits am 15. September 1273 ausgefertigt.[4]

Kloster Zella

Zum nur zwei Kilometer entfernten Kloster Zella gehörten nur die Nachbarorte Struth und Effelder unmittelbar; die leibeigenen Bauern nutzten im Frühjahr 1525 die Verwirrung und Schwäche der Obrigkeit, um ihre alte Rechnungen mit dem Kloster zu begleichen. Am 26. April 1525 wurde das Kloster überfallen und erstürmt, Wertsachen und Vorräte erbeutet. Doch noch ein zweites Mal, Wochen nach der erlittenen Niederlage in der Schlacht bei Frankenhausen überfielen Aufständische das Kloster und legten in dem umfangreichen Gebäudekomplex Brände, wodurch das Kloster für längere Zeit unbewohnbar wurde.[5]

Jüngere Geschichte

Im beginnenden 19. Jahrhundert war Struth noch ein überwiegend landwirtschaftlich geprägter Ort. Die Einführung der Leinenweberei im Dorf verbesserte die Lebensbedingungen der Dorfbevölkerung nur in geringem Maße, daher versuchten die jüngeren Männer als Wanderarbeiter in den Großstädten Arbeit zu finden. Mit der Revolution von 1848 waren in Struth auch soziale und religiös motivierte Konflikte verbunden. Der Gutsbesitzer von Annaberg hatte aus egoistischen Gründen den Besuch der auf dem Gutsgelände befindlichen Wallfahrtsstätte durch die Gläubigen der Umlandgemeinden zu unterbinden versucht, damit hatte er sich selbst zur Zielscheibe der Revolte gemacht und wurde von den aufgebrachten Dorfbewohnern dafür abgestraft. Die Wochen später durch eine Untersuchungskommission ermittelten Haupttäter wurden vor Gericht gestellt und mussten 1849 zur Haftstrafe nach Halle/Saale überstellt werden.[6]

Im ausgehenden 19. Jahrhundert begann man an verschiedenen Forstorten bei Oberdorla im Hainich mit dem Abbau von Kalksteinblöcken für Bauwerke und Denkmale. Diesem Beispiel folgend konnten auch bei Struth 1897 die ersten Steinbrüche entstehen. Zunächst wurden Schotter und Pflastersteine für die Chaussierung der Landstraßen im Eichsfeld geliefert. Vor dem Ersten Weltkrieg erlebte die Steingewinnung mit dem Bau der Eisenbahn-Nebenstrecken durch das Eichsfeld und den Hainich eine Blütezeit. Gleichzeitig wurden nach neuesten Fertigungstechniken hergestellte Zementformsteine für die Bauindustrie produziert. Im Ort gab es auch Hausteinarbeiter und Steinmetze, die sich auf die Fertigung von landwirtschaftlichen Bedarfsartikeln und auf Werksteine, Steinsäulen und Grabsteine spezialisierten. Noch heute findet man überall in der Region Struther Hausteinprodukte. Auch das Maurerhandwerk wurde im Ort bedeutsam, die Erwerbsstatistik des Ortes vom Jahr 1936 weist 40 Maurer aus.[7]

Kriegsende 1945

Am 7. April 1945 erfolgte von Küllstedt aus in Richtung Süden der einzige größere Gegenangriff der deutschen 11. Armee in Thüringen. Er hatte - in Verkennung der Kräfteverhältnisse - das Ziel, bereits in Mühlhausen und Langensalza eingerückte US-Truppenteile abzuschneiden. Während dieser „Schlacht bei Struth“, durch Jagdbomber der Amerikaner und Kampfhandlungen wurde ein Großteil des Ortes zerstört, die Ortschronik nennt 65 Wohnhäuser, 77 Stallungen, 88 Scheunen und die Zigarrenfabrik. Zahlreiche Soldaten beider Seiten, aber auch 13 Einwohner der Gemeinde, wurden getötet. Der Angriff blieb in Struth stecken.[8] Außer der Kirche in Struth blieb infolge der Zerstörungen 1945 wenig an alter Bausubstanz erhalten. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude stammen aus der Zeit von 1946 und danach.

Kultur- und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Bildstock an der Jakobuskirche in Struth (2007)
  • Zu den Sehenswürdigkeiten im Ort zählt die spätbarocke katholische Kirche St. Jakobus der Ältere im Zentrum der Ortslage. An diese schließt sich der Friedhof an. Bemerkenswert sind auch einige Bildsäulen im Eingangsbereich des Friedhofes.
  • Unmittelbar östlich, entlang der Flurgrenze verläuft der Mühlhäuser Landgraben, eine mittelalterliche Befestigungsanlage aus der Zeit der Reichsstadt Mühlhausen.[9]
  • Die Klostermühle, unmittelbar neben der Klosteranlage an der Straße nach Lengenfeld/Stein gelegen, war bis 1920 in Betrieb. Nach 1930 wurde ein flaches Wasserspeicherbecken neben der stillgelegten Mühle als Freibad hergerichtet. Gegenwärtig sind noch bauliche Reste der Mühle als Ruine vorhanden.[10]
  • In der Ortslage und der Flur findet man zahlreiche Betkreuze, Heiligenbilder, Steinkreuze und Bildstöcke als Zeugnisse der hier noch tief verwurzelten Volksfrömmigkeit.
  • Nördlich des Ortes existiert ein Windpark mit zahlreichen Rotoren einer privaten Windkraftanlage. Sie dienen auch als Landmarke.

Naturdenkmale

  • Bemerkenswert ist auch einer der größten Eibenbestände in Thüringen, man schätzt die Zahl auf 1000 Exemplare. [11]
  • Die Fichten und Linden am Kloster Zella sind bemerkenswerte Baumriesen und Naturdenkmale.[12]

Vereine

Zahlreiche Vereine bereichern auch in Struth das Dorfleben. Mitgliederstark und für den Erhalt von Dorfkultur und Traditionen wichtig sind beispielsweise der Feuerwehrverein mit einer eigenen Feuerwehrkapelle, der Kirmesburschenverein, die Struther Sankt Jakobus-Schützen und der Struther Carnevals-Verein. Traditionen sind der Schützenumzug und der Kirmesumzug durch das Dorf.

Sonstiges

Als Zeugnisse eines oft derben Volkshumors bildeten sich bereits vor Jahrhunderten Besonderheiten des jeweiligen Dorfes charakterisierende Neck- und Spitznamen heraus. Demnach lebten hier im Ort die Struither Suiputzen - Struther Strutzputzen - vom Sammeln des Löwenzahns als Schweinefutter usw., auch Hackelkletze = Hackklötze.[13]

Literatur

  • V. Hoppe: 150 Jahre Kirche St. Jacobus in Struth. Heiligenstadt 1950.
  • G. Wiegand: Bibliographie des Eichsfeldes. Teil III. Kiel 1980. S. 367-368.

Einzelnachweise

  1. Thüringer Verordnung über die Auflösung und Zusammenlegung der Gemeinden Struth und Eigenrieden vom 28. Januar 1994 (GVBl S. 238)
  2. Angaben beziehen sich auf Luftlinie.
  3. Levin Freiherr von Wintzingeroda-Knorr; Historische Commission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt (Hrsg.): Die Wüstungen des Eichsfeldes. Verzeichnis der Wüstungen, vorgeschichtlichen Wallburgen, Bergwerke, Gerichtsstätten und Warten innerhalb der landräthlichen Kreise Duderstadt (Provinz Hannover), Heiligenstadt, Mühlhausen (Land und Stadt) und Worbis (Provinz Sachsen). Halle/Saale 1903, S. 45f, 355, 359, 406, 415, 473-475, 915f.
  4. Hans Atzrodt, Helmut Godehardt: Die ersten urkundlichen Erwähnungen der Orte Wintzingerode und Struth. In: Kulturbund der DDR, Kreiskabinett Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 3, Heiligenstadt 1984, S. 249-251.
  5. Klaus Leoplod: Kloster Zella und seine Dörfer im deutschen Bauernkrieg. In: Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 1, Eichsfelddruck Heiligenstadt, Heiligenstadt 1987, S. 15–23.
  6. Rolf Luhn: Zu den Verfahren gegen die Teilnehmer am Sturm auf Kloster Zella 1848. In: Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 4, Eichsfelddruck Heiligenstadt, Heiligenstadt 1986, S. 295–306.
  7. Vinzenz Hoppe: Die frühere Hausteinindustrie am Hainich und Landgraben. In: Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 2, Eichsfelddruck Heiligenstadt, Heiligenstadt 1980, S. 157–163.
  8. Wolfgang Trappe: Vor 50 Jahren im April. Krieg im Eichsfeld. In: Das Eichsfeld. Monatszeitschrift des Eichsfeldes. Heft 4, Mecke-Druck, Duderstadt 1995, S. 89-96.
  9. Dierk Röbke: Der Mühlhäuser Landgraben. Das kleine Wanderbuch. 26 S., Mühlhausen 2002 (Thüringen).
  10. Volker Große, Klaus Herzberg: Struth, «Klostermühle». In: Maik Pinkert (Hrsg.): Mühlen im Obereichsfeld. Ein Kompendium. Eichsfeld-Verlag, Heiligenstadt 2008, ISBN 978-3-935782-13-5, S. 316–317.
  11. Ewald Heerda: Entdeckungen im Eichsfeld. Wissenswertes aus Wald und Flur. Selbstverlag des Autors, Heiligenstadt 1993, S. 24-27.
  12. Ewald Heerda: Entdeckungen im Eichsfeld. .... ebenda, S. 39.
  13. Rolf Aulepp: Spitznamen der Orte und ihrer Bewohner im Kreise Mühlhausen. In: Eichsfelder Heimathefte, Heft 1, Heiligenstadt 1987, S. 78-83.

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