Prüfcenter Wegberg-Wildenrath

Prüfcenter Wegberg-Wildenrath
Eingangsbereich des Prüfcenters Wegberg-Wildenrath (im Hintergrund: Desiro Britische Klasse 450)

Das Prüfcenter Wegberg-Wildenrath der Siemens Mobility (vormals Siemens Transportation Systems) bei Wegberg-Wildenrath, in der Nähe von Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen, dient einerseits zur Forschung und Entwicklung neuer Schienenfahrzeuge, andererseits können Typprüfungen sowie Inbetriebsetzungen und Abnahmen ganzer Baureihen durchgeführt werden.

Die 1997 in Betrieb gegangene Anlage befindet sich auf einem 35 Hektar großen Gelände des ehemaligen Militärflugplatz RAF Wildenrath der Royal Air Force Germany und ist über die Bahnstrecke Klinkum–Prüfcenter Wegberg-Wildenrath und weiter über den Eisernen Rhein an das deutsche Schienennetz angeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Das 28 Kilometer lange Gleisnetz der Anlage besteht aus zwei Testringen sowie drei Testgleisen, die, neben Normalspur, auf dem kleinen Testring auch in Meterspur ausgeführt sind. Dieser Innere Testring wird daher auch für Straßenbahnen genutzt. Auf dem äußeren 6,1 Kilometer langen Testring mit Kurvenradien von etwa 700 Metern können Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h, und auf dem inneren 2,5 Kilometer langen Ring mit Radien von 300 Metern bis zu 100 km/h gefahren werden. Auf einem 1,4 Kilometer langen geradlinigen Testgleis können bei trockenem Wetter 80 km/h erreicht werden. Zwei kürzere Gleise haben Rampen mit Steigungen von 4 und 7 Prozent (über 2,5 Prozent gilt als Steilstrecke) bzw. Kurvenradien von 50, 25, und 15 Metern.

Für die elektrische Energieversorgung der Triebfahrzeuge stehen sowohl Fahrleitungen als auch Stromschienen zur Verfügung, die mit den verschiedensten Stromarten betrieben werden können. Der große Testring ist mit PZB und dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS ausgerüstet. Zusätzliche Signalsysteme können temporär installiert werden. Zum Prüfcenter gehören weiterhin Hallen und Werkstätten mit Prüfständen.

Siemens stellt auch anderen Schienenfahrzeugherstellern die Prüfanlagen zur Verfügung. Bis Anfang 2010 wurden 110 Millionen Euro in das Projekt investiert. Rund 250 Menschen arbeiten auf der Anlage.[1]

Geschichte

Die Anlage entstand auf dem Gelände eines ehemaligen NATO-Flugplatzes.[2] Sie wurde Mitte 1997 eröffnet.[3]

Im Frühjahr 1998 war geplant, bis Januar 2000 eine Klimawindkammer auf dem Gelände in Betrieb zu nehmen. Die Anlage sollte dabei die als veraltet geltende Anlage in Wien-Arsenal ersetzen. Die Anlage sollte auf einem 4,4 Hektar umfassenden Grundstück errichtet und mithilfe eines vorhandenen Anschlussgleises bedient werden. Die vorgesehene maximale Windgeschwindigkeit lag bei 160 km/h.[4] Das Genehmigungsverfahren für die Anlage wurde Ende 1998 abgeschlossen. Die Inbetriebnahme der 84 Millionen DM teuren Anlage wurde für Ende 2000 erwartet. Darüber hinaus wurden Anfang 1999 die Integration weiterer Test- und Prüfeinrichtungen geprüft, darunter ein Ausbau des Streckenabschnitts Dalheim–Rheydt für 240 km/h.[5] Ebenso bestanden Pläne für den Aufbau eines Besucherzentrums.[6]

Im Frühjahr 1999 wurde ein weiterer Ausbau der Anlage im Umfang von 23 Millionen DM beschlossen. So sollte eine weitere Testhalle mit Gleisanlagen entstehen, im Rangierbahnhof von Rheydt darüber hinaus eine Abstellanlage für Neubaufahrzeuge. Das Gesamtinvestitionsvolumen stieg damit auf insgesamt 133 Millionen DM.[3]

Im Frühjahr 2000 kam es zu Kapazitätsproblemen, nachdem zahlreiche Fahrzeuge der Baureihen 152, 403, 406, 424, 605 und 642 gleichzeitig in Betrieb gesetzt wurden. Daraufhin wurde die Inbetriebsetzung der Züge der Baureihe 605 auf ein zusätzlich angemietetes Areal bei Hückelhoven-Ratheim verlagert.[7] Aufgrund fehlender Kapazitäten wurde Mitte 2002 die Prüfung des Desiro UK weitgehend auf den Eisenbahnversuchsring Velim verlagert.[8]

Im Herbst 2000 schlossen Adtranz, Alstom LHB und Bombardier eine Grundsatzvereinbarung mit Siemens und dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen über eine wettbewerbsneutrale Öffnung des Prüfzentrums, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bahnindustrie zu sichern. Eine neutrale Betriebsgesellschaft sollte nach diesen Plänen etwa 15 Prozent der Normalkapazität der Anlage (im Wert von rund 1,5 Millionen Euro) für Forschung, Entwicklung und Inbetriebnahmen vermarkten. Die auf zehn Jahre angelegte Vereinbarung sah eine Option zur Erhöhung auf 50 Prozent vor.[6] Später wurde der Betrieb der Anlage durch die Rail Test GmbH übernommen. Neben der Eigennutzung von Siemens waren an der Gesellschaft die TÜV Inter-Traffic GmbH, das Institut für Bahntechnik, die Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen sowie der TÜV Süd an der Gesellschaft beteiligt.[2]

Bis Mitte 2001 investierte Siemens nach eigenen Angaben mehr als 150 Millionen DM in die Anlage.[9] Das Unternehmen kündigte an, bis Ende 2002 weitere 36 Millionen DM in die Anlage zu investieren. Damit sollte unter anderem die Bahnstrecke zwischen Rheydt und Wildenrath elektrifiziert sowie ein Prüfgleis für eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h in der Nähe des Prüfzentrums errichtet werden. Darüber hinaus war weiterhin die Errichtung einer Klimawindkammer geplant, ebenso eine Anlage zur Erprobung des Funkfahrbetriebs. Die vorhandene Infrastruktur sollte für die Erprobung von Nahverkehrszügen optimiert und die Stromversorgung für unterschiedliche Spannungen ausgebaut werden.[10]

Etwa 2002 ging eine zweite Zugbildungshalle auf dem Gelände in Betrieb.[11]

Der TÜV Rheinland Berlin Brandenburg kündigte Mitte 2002 an, auf dem Gelände des Prüfzentrums Eisenbahnkomponenten und -subsysteme erproben zu wollen.[2]

Einzelnachweise

  1. Wegberg: Siemens investiert weiter ins Oval. In: Rheinische Post (Onlineausgabe), 13. Januar 2010
  2. a b c Meldung TÜV in Wildenrath. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2002, ISSN 1421-2811, S. 443.
  3. a b Meldung Ausbau des Prüfcenter Wildenrath. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5, Jahrgang 1999, ISSN 1421-2811, S. 173
  4. Meldung Klimawindkammer. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6, 1998, ISSN 1421-2811, S. 228
  5. Meldung Genehmigung für Klimawindkammer. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 1/2, 1999, ISSN 1421-2811, S. 12
  6. a b Meldung Nationales Schienenprüfzentrum. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 11/2000, ISSN 1421-2811, S. 490.
  7. Meldung Platzprobleme in Wildenrath. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6/2000, ISSN 1421-2811, S. 246.
  8. Meldung Desiro UK in Velim. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2002, ISSN 1421-2811, S. 468.
  9. Peter Schmied: 33. Tagung „Moderne Schienenfahrzeuge“ in Graz. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2001, ISSN 1421-2811, S. 312–314.
  10. Meldung Ausbau des Prüfzentrums Wildenrath. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2001, ISSN 1421-2811, S. 436.
  11. Meldung ICE-3-Umbau. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2002, ISSN 1421-2811, S. 443.

Weblinks

51.1158333333336.218055555555684

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Bahnstrecke Klinkum–Prüfcenter Wegberg-Wildenrath — Klinkum–Wildenrath Legende …   Deutsch Wikipedia

  • Anschlussbahn Klinkum–Prüfcenter Wegberg-Wildenrath — Klinkum–Wildenrath Legende …   Deutsch Wikipedia

  • Wildenrath — ist ein Ortsteil der nordrhein westfälischen Mittelstadt Wegberg im Kreis Heinsberg. Gewerbegebiet Wildenrath Inhaltsverzeichnis 1 Lage …   Deutsch Wikipedia

  • Wegberg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Militärflugplatz RAF Wildenrath — Wildenrath ist ein Ortsteil der nordrhein westfälischen Mittelstadt Wegberg im Kreis Heinsberg. Gewerbegebiet Wildenrath Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 …   Deutsch Wikipedia

  • RAF Wildenrath — BW …   Deutsch Wikipedia

  • Merbeck — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Tetelrath — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • PCW — Eingangsbereich des Prüfcenters Wegberg Wildenrath (im Hintergrund: Desiro Britische Klasse 450) …   Deutsch Wikipedia

  • Baureihe 406 — ICE 3 (Halbzug) Nummerierung: 403 x01–x37 (1. Bauserie), 403 x51–x63 (2. Bauserie), 406 x01–x13 (DB, mit Lücken); 406 x51–x54 (NS), 406 x80 x85 (DB, Umbau Frankreich Verkehr) Anzahl: ICE 3: 50 ICE 3 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”