Transneptunisches Objekt

Transneptunisches Objekt
Schematische Darstellung der Verteilung der Objekte am Rand des Sonnensystems, die Entfernung von der Sonne in AU (waagrechte Achse) ist gegen die Bahnneigung (senkrechte Achse) abgetragen. (gelb: Zentauren, rot: resonante KBOs, blau: Cubewanos, grau: SDOs)

Als transneptunisches Objekt (TNO) oder auch seltener Transneptun bezeichnet man Himmelskörper, die sich außerhalb der Umlaufbahn von Neptun, dem äußersten Gasplaneten, um die Sonne bewegen.

Die meisten TNO werden im Kuipergürtel vermutet, deswegen wird der Begriff Kuipergürtelobjekt (KBO, von englisch Kuiper Belt Object) auch synonym für transneptunisches Objekt verwendet. Heute kennt man einige hundert TNO, vermutet aber allein einige zehntausend Objekte, deren Durchmesser über 100 km groß ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Von etwa 1900 bis 1930 stand das Wort „Transneptun“ für einen hypothetischen neunten Planeten, der (irrtümlich) für kleine Bahnstörungen der Planeten Uranus und Neptun verantwortlich gemacht wurde. Der Marsforscher Percival Lowell (1855–1916) hatte lange selbst nach ihm gesucht und dafür das „Lowell-Observatorium“ bei Flagstaff finanziert.

Der schließlich am 18. Februar 1930 entdeckte Pluto ist bislang das einzige transneptunische Objekt, das den Status eines Planeten hatte – dieser Status wurde mittlerweile auf Zwergplanet zurückgestuft. Ab etwa 1950 suchte man nach einem Transpluto, doch wählte man 1977 nach der Entdeckung des ersten Zentauren eine andere Terminologie.

Eigenschaften

Die bisher entdeckten transneptunischen Objekte sind in ihrer Zusammensetzung kometenähnlich. Viele bekannte Kometen stammen nach Bahn-Messungen aus den 1970er Jahren eher aus dem Kuipergürtel, als, wie lange Zeit vermutet, aus der Oortschen Wolke.

Die Transneptune werden als spezielle Gruppe der Asteroiden angesehen und unterscheiden sich von jenen im Hauptgürtel vor allem durch

  • ihre sonnenfernen und oft sehr langgestreckten Umlaufbahnen
  • ihre kohlenartige dunkle Farbe (Albedo nur etwa 0,04)
  • ihre Zusammensetzung aus Lockergestein und Eis, die gleichzeitig den Übergang zu Kometenkernen darstellt.

Objekttypen

Die Transneptune kreisen großteils im Kuipergürtel zwischen 30 und 50 AE, sammeln sich aber vielfach zu speziellen Gruppen.

Resonante KBO

Ein Drittel aller Kuipergürtel-Objekte steht in Bahnresonanz zum Planeten Neptun, wie zum Beispiel die Plutinos, die sich alle auf stabilen, allerdings wesentlich exzentrischen Bahnen, in 3:2-Resonanz zu Neptun befinden. Der hellste von ihnen ist der Zwergplanet Pluto. Weiter außerhalb befinden sich die Twotinos, die in 2:1-Resonanz zur Neptunbahn stehen. Es existieren auch Objekte mit anderen Resonanzen, wie z. B. 5:2 und 3:1.

Klassische KBO (Cubewanos)

Eine andere wichtige Gruppe ist die der C-KBOs (klassische Kuipergürtelobjekte, auch Cubewanos). Sie bewegen sich mit kleinen Exzentrizitäten auf nahezu kreisförmigen Bahnen zwischen 42 und 50 AE mit Bahnneigungen von bis zu 30°. Etwa 2/3 der bekannten KBO bewegen sich auf einer solchen kreisähnlichen Bahn um die Sonne. Zu dieser Gruppe gehören die 1000-km-Objekte Quaoar und Varuna.

Scattered Disk

Gestreute KBO (oder auch Scattered Disk Objects, SDO) bewegen sich mit großen Exzentrizitäten auf Bahnen mit Periheldistanzen nahe 35 AE und Apheldistanzen bis 1000 AE. Bis jetzt sind erst wenige dieser gestreuten KBO bekannt (zum Beispiel 1996 TL66 mit einer stark elliptischen Bahn und einer Bahnneigung von 24°).

Sedna

Ende 2003 wurde ein Objekt in doppelter Pluto-Entfernung entdeckt, das sich auf einer äußerst langgezogenen Ellipse weit außerhalb des Kuipergürtels, allerdings noch nicht in der Oortschen Wolke bewegt und einen neuen Prototyp darstellt. Es ist rund 1500 km groß und wurde nach einer sagenhaften Inuit-Göttin Sedna genannt. Dieser oder ein anderer noch unentdeckter „Transpluto“ könnte für die langsame Loslösung von Kometen aus der Oortschen Wolke verantwortlich sein.

Bekannte Objekte

Daten

Die hellsten bekannten TNO

Die hellsten bekannten TNO (mit absoluter Helligkeit < 4,0):

Legende zur nachfolgenden Tabelle (Bedeutung der Spalten)
Name Eigenname
vorl. Bez. Vorläufige Bezeichnung
MV Absolute Helligkeit
A Albedo
D Äquatordurchmesser in (km)
a Große Halbachse in AU
e Numerische Exzentrizität
i Bahnneigung in Grad
T Umlaufdauer in Erdjahren
Gr Gruppe
EJ Jahr der Entdeckung
Name vorl. Bez. MV A D a e i T Gr EJ
(136199) Eris 2003 UB313 −1,2 ~0,55 ± 0,15 2400 ± 100 67,7 0,441 44,2 557,0 SDO 2005
Pluto −1,0 0,49–0,66 2306 ± 20 39,4 0,249 17,2 247,7 PLU 1930
(136472) Makemake 2005 FY9 −0,3 0,8 ± 0,2 (ca.) 1800 ± 200 45,7 0,156 29,0 308,5 KBO 2005
(136108) Haumea 2003 EL61 0,1 0,7 ± 0,1 ~1500 43,3 0,189 28,2 285,3 KBO 2005
Charon S/1978 P 1 1 0,36–0,39 1205 ± 2 39,4 M 1978
(90377) Sedna 2003 VB12 1,6 > 0,2 (ca.) < 1800, > 1180 484,2 0,843 11,9 10.653 Ano 2003
(90482) Orcus 2004 DW 2,3 0,1 (ca.) ~1500 39,4 0,221 20,6 246,8 PLU 2004
(50000) Quaoar 2002 LM60 2,6 0,10 ± 0,03 1260 ± 190 43,5 0,036 8,0 287,8 CKBO 2002
(28978) Ixion 2001 KX76 3,2 0,25–0,50 < 822 39,6 0,243 19,6 250,2 PLU 2001
(55636) 2002 TX300 3,3 > 0,19 < 709 43,1 0,123 25,9 282,8 CKBO 2002
(55565) 2002 AW197 3,3 0,14–0,20 650–750 47,4 0,132 24,4 325,5 CKBO 2002
(55637) 2002 UX25 3,6 0,08? ~910 42,5 0,145 19,4 277,4 CKBO 2002
(20000) Varuna 2000 WR106 3,7 0,12–0,30 1060 ±180–220 43,0 0,052 17,2 281,0 CKBO 2000
Bearbeiten] Siehe auch

Literatur

  • David Jewitt, (et al.): Trans-Neptunian objects and comets. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-71957-1
  • John K. Davies: Beyond Pluto - exploring the outer limits of the solar system. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-80019-6
  • Alan Fitzsimmons, (et al.): Minor bodies in the outer solar system. Springer, Berlin 2001, ISBN 3-540-41152-6

Weblinks


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