Wesensschau

Wesensschau

Wesensschau ist das Vorgehen Platons zur Analyse von Begriffen wie zum Beispiel der Tapferkeit (Dialoge Laches, Phaidon, IV. Buch der Politeia) im Rückgriff auf Erfahrungen. Dies geschieht, indem die Frage „Was ist das?“ (ti estin - Laches 190 e) auf dialektische Weise diskutiert wird. Dies führt zu einer Wiedererinnerung (Anamnesis) an die Ideen, die hinter den Phänomenen stehen.

Die Wesensschau ist weiterhin ein zentraler Begriff der Phänomenologie von Edmund Husserl. Er umschreibt sie auch als Ideation, eidetische Deskription, eidetische Reduktion oder eidetische Variation. Danach kann man durch intensive, systematische Analyse bei einem einzelnen Gegenstand die individuellen Eigenschaften unterscheiden, die ihm zufällig (kontingent) zukommen, von den typspezifischen Eigenschaften, die sein Wesen (eidos) ausmachen, indem man sich den Gegenstand in Gedanken vorstellt und seine Eigenschaften dabei verändert. Die Eigenschaften, die dabei unverändert bleiben müssen, damit der Gegenstand durch seine Bezeichnung noch erfasst wird, sind dem Wesen des Gegenstandes zuzurechnen. Sie machen seine Identität aus. Ziel der phänomenologischen Wesensschau ist es, die Evidenz der Dinge zu erfassen, indem sie ohne bestehende Vorurteile betrachtet werden. In diesem Sinne wird die eidetische Variation auch als deskriptive wissenschaftliche Methode verstanden.

Literatur

  • Ferdinand Fellmann: Phänomenologie zur Einführung. Junius, Hamburg 2006. ISBN 3-88506-616-5

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