Wilhelm Haverkamp

Wilhelm Haverkamp
Haverkamp mit seiner Knabengruppe, 18. Mai 1891, Rom
„Vatergruppe“, Berlin 1898
Kaiser-Wilhelm-Denkmal, Coesfeld 1899
Churfürstliche Fuchsjagd, 1904
Kaiser-Wilhelm-Denkmal, Elbing 1905
Grabmal Auer auf dem Friedhof in Rosenheim / Oberbayern, Detail. 1909
Grabmal Ernst in Berlin-Tempelhof. Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt, 1909

Wilhelm Haverkamp (* 4. März 1864 in Senden, Westfalen; † 13. Januar 1929 in Berlin-Friedenau) war ein deutscher Bildhauer. Er gilt als Vertreter des Historismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Haverkamp wuchs von 1866 bis 1877 bei seinen Großeltern Ferlmann in Capelle auf und besuchte auch dort die Volksschule. Er absolvierte eine Lehre als Stein- und Holzbildhauer bei den Bildhauern August Schmiemann (1877–81) und Heinrich Fleige (1881–83) in Münster und studierte dann mit Hilfe eines Stipendiums, für das er als Wettbewerbsarbeit eine Rotkäppchengruppe eingereicht hatte, ab 1883 an der Preußischen Akademie der Künste zunächst bei Albert Wolff, dann ab 1885 bei Fritz Schaper. Nach Abschluss des Studiums 1887 war er 1888/89 Atelierschüler bei Schaper, besuchte 1889 Paris und bewarb sich im selben Jahr mit dem Relief Gang zum Hades für den Rom-Preis der Akademie (Großer akademischer Staatspreis), den er 1890 auch erhielt. Den damit stipendierten Aufenthalt (sein Mentor war Robert Cauer) in der Villa Strohl-Fern in Rom nahm er bis 1892 wahr und schuf dort unter anderem 1891 im Auftrag von Wilhelm Hüffer (1821–1895) die im Entree seines römischen Palais, der Villa Huffero, aufgestellte Knabengruppe auf korinthischem Kapitel. Für seinen Förderer, den Landgerichtspräsidenten Bernhard Lohaus (Münster), schuf er den „Bocksprung“. Auch die „Betende Mutter“ für San Agostino in Rom entstand während seines Romaufenthalts.

Nach seiner Rückkehr aus Rom im März 1892 heiratete er Margarethe Ferlmann, die Adoptivtochter seines in die USA ausgewanderten Onkels, in Senden. Danach lebte Haverkamp wieder in Berlin. Ab Oktober 1901 lehrte er an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums; 1902 wurde er dort als Nachfolger von Ludwig Manzel berufen und mit dem Patent vom 11. Juli 1903 zum Professor ernannt.[1] Zu seinen bekanntesten Schülern gehören Heinrich Splieth, Gustav Wallat (1905–08), Renée Sintenis (1907–10) und Wilhelm Kruse (um 1910–14).

1899 wurde Haverkamp mit dem Herzoglich Anhaltischen Hausorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.[2] 1901 erhielt Haverkamp die Kleine Goldene Medaille für Kunst auf der Großen Berliner Kunstausstellung und den Roten Adlerorden IV. Klasse bei der Einweihung des „Großen Kurfürsten“ in Kiel, 1909 die Goldene Medaille auf der Großen Münchener Kunstausstellung und 1913 die Große goldene Medaille wiederum in Berlin. Ab 1913 war er Mitglied der Preußischen Landeskunst-Kommission. Mit der Urkunde vom 19. April 1916 wurde seine Berufung vom 14. Januar 1916 als Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste bestätigt. 1924 trat Haverkamp in den Ruhestand.

Werke (Auswahl)

  • 1889: Gang zum Hades (Relief „Hermes führt dem Charon die Seelen der Verstorbenen zu“, Berlin) – Haverkamp erhielt dafür den Großen Staatspreis
  • 1891: Knabengruppe auf korinthischem Kapitel (Marmorskulptur, Marmor, Empfangshalle der Villa Huffero, Rom)
  • 1893: „Corpus Christi“, Abendmahlsrelief und die vier Evangelisten in der Lutherkirche, Apolda
  • 1893: Zwei Fassadenreliefs („Luther vor dem Reichstag zu Worms“ und „Kurfürst Joachim II. v. Brandenburg empfängt das erste Abendmahl“)und zwei Reliefmedaillons („Hus“ und „Wyclif“) aus Terrakotta an der Lutherkirche in Berlin-Friedenau (Schöneberg)
  • 1893/94: Evangelistenfiguren und Türrelief unter der Kanzel der Evangelischen Ringkirche in Wiesbaden (Entwurf von Haverkamp; Ausführung von Hermann Hasenohr)
  • 1896: Bismarckdenkmal in Plauen (enthüllt am 1. April 1896[3])
  • 1898: Handwerker mit Sohn (auch „Vatergruppe“ genannt; Marmorskulptur eines sitzenden Handwerkers mit Sohn), Berlin, Andreasstraße – bis 1960 ohne den Sockel Bestandteil einer Marmorsitzbank auf dem Andreasplatz,[4] gemeinsam mit der sogenannten „Muttergruppe“ von Edmund Gomansky (letztere seit 1960 im Volkspark Friedrichshain in der Nähe des Krankenhauses)
  • 1898: zwei Engel als Grabfiguren für die Fürstengruft der Marienkirche in Dessau
  • 1899: Kaiser-Wilhelm-Denkmal (Standbild Wilhelms I. und Kriegerdenkmal) in Coesfeld
  • 1900: Standbild Moltkes in Plauen (enthüllt am 26. Oktober 1900[5])
  • 1900: Schichau-Denkmal in Elbing, Westpreußen (Denkmal des Fabrikanten Ferdinand Schichau, enthüllt am 18. November 1900)[6]
  • um 1900: Hochaltar für die Rosenkranz-Basilika in Berlin-Steglitz
  • 1901: Ausgestaltung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Berlin (Apostelfiguren und Reliefs)
  • 1901: Hochaltar, Kanzel, Taufbecken und Evangelisten in der Lutherkirche zu Görlitz
  • 1901: Abendmahlsrelief (2,1 x 6 m) in der Lutherkirche zu Solingen
  • 1901: Denkmal des Großen Kurfürsten, Minden (enthüllt 18. Juni 1901); Zweitguss im Auftrag von Kaiser Wilhelm II. für Kiel (enthüllt in Anwesenheit des Kaisers am 20. Juni 1901)
  • 1902: Altartisch „Wem da dürstet der komme“, stand früher auf dem Altartisch und dienete als Kanzel in der Stadtkirche zu [Rheydt (Mönchengladbach)]
  • 1902: Gruppe „Barmherziger Samariter“ im Krankenhaus in Berlin-Schlachttensee
  • 1903: Marmorherme Friedrichs des Großen, Schloss Küstrin; Zweitanfertigung für das Arbeitszimmer des Kaisers, Neues Palais, Potsdam
  • 1903/04: Krupp-Denkmal im Auftrag des Kaiserlichen Yachtklubs (KYC), dessen Protektor Wilhelm II. war; Strandpromenade, Kiel
  • 1904: Zwei Fassadenfiguren („Religion“ und „Verwaltung“) für das Rathaus Charlottenburg
  • 1904: Fuchsjagd (Bronzestatue, ab 1907 Teil eines den – von Cuno von Uechtritz-Steinkirch gestalteten – Hubertusbrunnen umgebenden Ensembles am Großen Stern im Tiergarten, die anderen drei Skulpturen waren von Karl Begas, Max Baumbach und Fritz Schaper; 1938 an die Fasanerie-Allee versetzt)
  • 1905: Kaiser-Wilhelm-Denkmal (Standbild Wilhelms I.) in Elbing (enthüllt am 23. Juli 1905 in Anwesenheit von Kaiserin Auguste Viktoria)[6]
  • 1906: Ringergruppe (Bronzeplastik im Volkspark Rehberge, Afrikanische Wiese, gegossen von W. Gladenbeck)
  • 1907: Hochaltar für St. Otger, Stadtlohn
  • 1907: Kriegerdenkmal vor dem Amtsgericht in Lüdinghausen. Enthüllung am 21. Juli 1907. 1943 abgetragen und 1945 in Lünen eingeschmolzen.
  • 1907: Bronzestatue Wilhelms II. von Oranien auf der Lustgartenterrasse des Berliner Schlosses (eingeweiht von Kaiser Wilhelm II. am 19. Mai 1907 gemeinsam mit 4 Standbildern anderer Oranier von Adolf Brütt, Walter Schott, Martin Wolff und Heinrich Baucke)[7]
  • um 1909: Kreuzigungsgruppe, Friedhof der St. Sebastiansgemeinde, Berlin-Reinickendorf
  • 1909: Bronzerelief für Grabstätte Ernst, Friedhof der St.-Matthias-Gemeinde, Berlin
  • 1909: Kriegerdenkmal in Senden/Westf. (Erzengel Michael aus Bronze)
  • 1911: Plakette zur Weltausstellung in Turin mit Brustrelief von Wilhelm II.
  • 1913: Hochaltar „Familie von Nazareth“ aus Baumberger Sandstein im Martinistift in Nottuln-Appelhülsen. 1925 abgetragen, Köpfe heute im Sandsteinmuseum in Havixbeck.
  • 1914: Zwei Fassadenreliefs aus Formziegel an der Kirche St. Marien in Berlin Friedenau
  • 1914: Großes neogotisches Portal (mit sieben Figuren und dem Relief „Maria Krönung“) sowie zwei Anbetungsaltäre für die St. Laurentiuskirche in Warendorf
  • 1916: Grablegung Christi für die St-Antonius-Kirche, Münster
  • 1919: Pietá in St. Laurentius, Senden/Westf. (Teil des Kriegergedächtnisaltars)
  • 1921: Grabstein für seine 1918 verstorbene Frau auf dem Friedhof St. Laurentius in Senden/Westf. (wo auch Wilhelm Haverkamp am 19. Januar 1929 beigesetzt wurde)
  • 1922: Kriegergedächtnisaltar in der Lambertikirche, Münster
  • 1922: Kriegerdenkmal „St. Michael“ auf dem Friedhof in Münster-Albachten aus bayrischem Muschelkalk. Standort bis 1975 auf dem Kirchplatz neben der Pfarrkirche
  • 1924: neun Heiligenfiguren für St. Ann’s Home in Techny, Illinois
  • großes Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. (wahrscheinlich im Rahmen eines Wettbewerbs für Berlin; nur Entwurf)
  • 1928: überlebensgroße „Herz Jesu“ Figur aus Holz in St. Marien zu Berlin Friedenau. (Es war des Künstlers Pfarrkirche und er fühlte sich ihr sehr verbunden)

Literatur

  • Dr. Johannes Tschiedel über Wilhelm Haverkamp, Westermanns Monatshefte, 67. Jg., Band 133, 1. Teil, November 1922, S. 231–243
  • Professor Wilhelm Haverkamp. Dem Gedächtnis des Berliner Bildhauers. Westfälische Nachrichten, Münster 17. März 1950.
  • Rüdiger Bausch: Wilhelm Haverkamp - Lebenslauf und künstlerisches Schaffen. In: Kreisheimatverein Coesfeld (Hrsg.): Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld, 32. Jg. 2007

Einzelnachweise

  1. Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst. Band 5, 1902, S. 139 (GBS-US)
  2. Siehe Fürstengruft 1899 in Dessau.
  3. http://www.alt-plauen.de/src/kalender/18901899.php
  4. geschütztes Denkmal „Handwerker mit Sohn“
  5. http://www.alt-plauen.de/src/kalender/19001909.php
  6. a b http://www.aefl.de/ordld/AK%20Elbing/denkmaeler_und_sehenswuerdigkeit%2001.htm
  7. http://www.berliner-stadtschloss.de/Denkmaeler/07_08_09_12_13_14_Die_Oranier_und_General_Coligny.pdf

Weblinks

 Commons: Wilhelm Haverkamp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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