Öffentliches Unternehmen

Öffentliches Unternehmen

Als öffentliche Unternehmen oder Staatsunternehmen werden im heutigen Sprachgebrauch diejenigen Wirtschaftsunternehmen verstanden, die von der öffentlichen Hand betrieben werden. Häufig nehmen sie Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr. Bei einem Staatsbetrieb handelt es sich um ein Unternehmen, welches sich im Eigentum eines Staates befindet.


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Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der Begriff wird in der Rechtssprache häufig verwendet, er findet sich jedoch in kaum einem deutschen Gesetz. Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) wird jedoch der Begriff in Artikel 106 Absatz 1 verwendet. In der daraufhin erlassenen sog. Transparenz-Richtlinie (Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000) wird der Begriff öffentliche Unternehmen sogar definiert. Danach ist ein öffentliches Unternehmen:

„jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.“

Zulässigkeit

Im Europarecht wie auch im deutschen Recht sind öffentliche Unternehmen grundsätzlich zulässig. Die Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes steht dem nicht entgegen. Allgemein wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt, dass im System der Sozialen Marktwirtschaft das private Unternehmen den Regelfall bildet, während öffentliche Unternehmen nur aus besonderen, im Einzelfall darzulegenden Rechtfertigungsgründen betrieben werden sollen. Diese Wertung zeigt sich in § 65 Bundeshaushaltsordnung. Danach soll der Bund sich an der Gründung eines Unternehmens in privater Rechtsform nur beteiligen, wenn u.a. ein wichtiges Interesse des Bundes vorliegt und sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt.

Eine Unterform der öffentlichen Unternehmen sind die kommunalen Unternehmen. Diese sind an noch strengere landesrechtliche Voraussetzungen gebunden. Auch hier wird ein „öffentlicher Zweck“ verlangt, der das Unternehmen rechtfertigt.

Rechtsform

Öffentliche Unternehmen können sowohl in Privatrechtsform als auch in öffentlicher Rechtsform bestehen. Für öffentliche Unternehmen auf Bundes- oder Landesebene wird meist die privatrechtliche Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der GmbH gewählt. Auf kommunaler Ebene finden sich für kommunale Unternehmen häufig auch die öffentlichen Rechtsformen Regiebetrieb, Eigenbetrieb und neuerdings auch die Kommunalunternehmen genannte Anstalt des öffentlichen Rechts.

Privatisierung

Viele öffentliche Unternehmen sind heute Gegenstand der Privatisierung. Da es jedoch bei Wegfall des öffentlichen Zwecks nicht ohne weiteres anerkannt ist, dass eine rechtliche Privatisierungspflicht besteht, handelt es sich bei der Entscheidung für eine Privatisierung in erster Linie um eine politische und wirtschaftliche, nicht aber rechtliche Frage. Wenn eine öffentliche Einrichtung in ein öffentliches Unternehmen umgewandelt wird, spricht man von formeller Privatisierung, wenn die öffentliche Hand ihre Anteile an einem öffentlichen Unternehmen an einen Privaten verkauft liegt auch eine echte, materielle Privatisierung vor. Wenn die öffentliche Hand zusammen mit Privaten Anteile an dem Unternehmen hält, spricht man von einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Dies ist auch eine Form des Public Private Partnership.

Rechtsstellung

Öffentliche Unternehmen genießen heutzutage kaum noch Sonderrechte, sie unterliegen mit wenigen Ausnahmen der normalen Besteuerung und werden auch im übrigen von der Wirtschaftsaufsicht mit den privaten Unternehmen gleichbehandelt. Art. 86 Abs. 1 EGV unterstellt öffentliche Unternehmen grundsätzlich auch den Wettbewerbsregeln des EGV, indem er die Mitgliedsstaaten verpflichtet, den öffentlichen Unternehmen gegenüber keine dem Vertrag oder und insbesondere dessen Art. 12 und Art. 81 bis Art. 89 EGV widersprechende Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten. Dies gilt somit auch für die Beihilfe-Regelungen der Art. 87 ff. EGV Daraus resultiert häufig ein Privatisierungsdruck.

Beispiele in der Schweiz

Siehe auch

Literatur

  • Felix Böllmann: Formalprivatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung und Transformation - Rechtsökonomische Analyse am Beispiel Russlands und Ostdeutschlands, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2007, ISBN 978-3-86583-169-9
  • Helmut Brede: Grundzüge der öffentlichen Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl., Verlag Oldenbourg, München 2005, ISBN 978-3-486-57731-0
  • Ulrich Cronauge: Kommunale Unternehmen, 4. Aufl., Berlin 2003, ISBN 3-503-06054-5
  • Volker Emmerich: Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, Bad Homburg v.d.H. [u.a.], Gehlen, 1969
  • Werner Hoppe, Michael Uechtritz (Hrsg.): Handbuch Kommunale Unternehmen, 2. Aufl., Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2007, ISBN 978-3-504-40090-3
  • Jürgen Löwe: Öffentliche Unternehmen in der Marktwirtschaft? Ein Beitrag zur Neubestimmung des Verhältnisses von Wirtschaft und Politik, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU), Jg. 2001, Bd. 24, H. 4, S. 413 ff.
  • Thomas Mann: Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld von öffentlichem Auftrag und Wettbewerb, in: Juristenzeitung (JZ) Jg. 2002, S. 819 ff.
  • Günter Püttner: Die öffentlichen Unternehmen : ein Handbuch zu Verfassungs- und Rechtsfragen der öffentlichen Wirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart [u.a.], Boorberg, 1985, ISBN 3-415-01125-9
  • Wimmer/Müller: Wirtschaftsrecht. International - Europäisch - National, 1. Auflage (2007), Springer Wien-New York ISBN 3-211-34037-8

Weblinks


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