Café Felsche

Café Felsche
Das Café Français am Leipziger Augustusplatz um 1900

Das Café français bzw. ab 1914 Café Felsche war ein von 1835 bis 1943 existierendes bekanntes Leipziger Kaffeehaus der Spitzenklasse.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Café war das südliche Eckhaus an der Einmündung der Grimmaischen Straße auf den Augustusplatz. Damit hatte es eine repräsentative Lage am größten Platz der Stadt. Es stand neben der ehemaligen Paulinerkirche, wenige Meter von ihr getrennt, und hatte freie Sicht auf den Platz mit den ihn umgebenden Bauten des Neuen Theaters, des Postgebäudes und des Bildermuseums.

Geschichte

Wilhelm Felsche

Im Jahre 1821 begann der Leipziger Zuckerbäcker Wilhelm Felsche mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schokolade.[1] Das Geschäft entwickelte sich offenbar so gut, dass er das Gelände zwischen dem 1831 abgerissenen Grimmaischen Tor und der Paulinerkirche von der Universität erwerben konnte, um dort ein Kaffeehaus zu errichten. Auf dem Gelände stand noch der alte Schuldturm, dessen massive Bauweise beim Abriss so viel zu verkaufendes Baumaterial ergab, dass ein Gutteil des Grundstückkaufs davon bestritten werden konnte.[2]

Der Platz vor der Errichtung des Cafés

Am 3. Oktober 1835 eröffnete im Erdgeschoss und ersten Stock des viergeschossigen Neubaus das Café Français mit angeschlossenem Verkaufsraum. Der Name war insofern Programm, als Felsche den Leipzigern das bieten wollte, was er bei seinem Pariser Aufenthalt in Cafés an Luxus erlebt hatte. Er entwickelte das Café zu einem Kaffeehaus ersten Ranges, in dem die elegante Welt verkehrte, nicht aber Künstler und Literaten. Die beabsichtigte Auswahl des Publikums kam unter anderem auch darin zum Ausdruck, dass für die Besichtigung einer Weihnachtsausstellung 1935 vier Groschen Eintritt (als Verzehrbon) verlangt wurden. Die gewisse Abgehobenheit wurde dem Haus auch mehrfach zum Verhängnis. Im November 1848 wurde es im Zusammenhang mit der Hinrichtung Robert Blums in Wien verwüstet, am 4. Juli 1923 von hungernden Frauen und Männern gestürmt und am 18. Oktober 1925 sogar in Brand gesteckt.[3]

Bereits 1839 wurde im Haus eine Gasbeleuchtung installiert und eine überdachte Terrasse angebaut. Da die Räumlichkeiten bald für die neben der Konditorei florierende Schokoladenproduktion nicht mehr ausreichten, erwarb Felsche dafür 1845 das Nachbargrundstück in der Grimmaischen Straße (Lähnesches Haus).[4]

Nach dem Tod Felsches 1867 übernahm sein Schwiegersohn Adolph Schütte-Felsche (1832–1908) den Betrieb. Er entschloss sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem Umbau des Cafés. 1910 war dieser abgeschlossen, und das Haus wurde neu eröffnet. Die Schokoladenproduktion verlagerte er nach Gohlis.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs musste der französische Name weichen, und die Einrichtung hieß fortan „Café Felsche“. Auch unter diesem Namen gehörte es zu den ersten Adressen der Leipziger Gastronomie. Beim Luftangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurde das Café Felsche schwer getroffen, womit eine über 100-jährige Kaffeehaustradition ihr Ende fand.

Das neue „Café Felsche“ 2010

Situation heute

Nachdem der von Trümmern beräumte Platz des ehemaligen Café Felsche nach dem Zweiten Weltkrieg lange leer blieb und nur gelegentlich von Weihnachtsmärkten und anderen Veranstaltungen genutzt wurde, wurde er nach der 1968 erfolgten Sprengung der Paulinerkirche 1971 mit dem neuen Hauptgebäude der Karl-Marx-Universität zum Teil überbaut, das 2007 zugunsten eines Neubaus abgerissen wurde.

In der nach dem Entwurf von Erick van Egeraat im Bau befindlichen Front der Universität zum Augustusplatz ist der Platz des ehemaligen Café Felsche von einem nicht zur Universität gehörenden aber in das architektonische Gesamtkonzept eingebundenen privatwirtschaftlichen Bau besetzt, der im allgemeinen als Café Felsche bezeichnet wird. Das siebenstöckige, im Jahre 2009 vollendete Gebäude enthält in den Etagen 2–5 Büros und in den oberen beiden Apartments. Erdgeschoss und erste Etage sind wieder gastronomisch genutzt, allerdings nicht mehr als Café. Der Systemgastronom Vapiano eröffnete am 10. September 2009 ein der Konzeption seiner Restaurantkette nach italienisch ausgerichtetes Restaurant, dessen Interieur vom Südtiroler Architekten und Designer Matteo Thun gestaltet wurde.[5]

Einzelnachweise

  1. Schokolade in Deutschland im 19. Jahrhundert, abgerufen am 27. September 2010
  2. Petra Schug: Schokoladenfabrik und Schuldnerturm, In: Ausgrabungen in Sachsen, Band 1, Landesamt für Archäologie, Dresden 2010, ISBN 978-3-910008-87-8.
  3. Ulla Heise: Café français – Kaffeehaus Felsche – 1835–1943, In: Leipziger Blätter. Nr. 6, 1985
  4. Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A–Z. PRO LEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 978-3-936508-03-1, S. 145.
  5. Vapiano – mediterraner Lifestyle in Leipzig Leipziger Internetzeitung, abgerufen am 27. September 2010
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