Hermesdeckungen

Hermesdeckungen

Hermesdeckungen ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland. Die staatliche Exportkreditversicherung ist ein bedeutender Bestandteil der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Exportkreditgarantien schützen die deutschen Unternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner: Zahlt der ausländische Abnehmer nicht, springt der deutsche Staat ein. Die Bundesregierung hat bereits 1949 zwei private Unternehmen - die heutige Euler Hermes Kreditversicherungs-AG und die ebenfalls umfirmierte PwC AG - mandatarisch mit dem Management der Exportkreditgarantien beauftragt. Da Euler Hermes in dieser Partnerschaft federführend ist, hat sich in der Wirtschaft der Begriff "Hermesdeckungen" etabliert.

Inhaltsverzeichnis

Art und Umfang der Förderung

Für die Absicherung von Exportgeschäften sind 2010 bis zu 120 Mrd. € eingeplant.[1] Dieser so genannte Ermächtigungsrahmen ist revolvierend angelegt, d. h. es werden alle hermesgedeckten Geschäfte vom Beginn der Deckungszusage bis zum Ende der Risikolaufzeit (Enthaftung) erfasst. Im Rahmen der Hermesdeckungen hat die Bundesregierung im Jahr 2009 die Deckung für Auftragswerte in Höhe von 22,4 Mrd. € übernommen – dies entspricht rund 2,8 % des deutschen Gesamtexports. Rund 72 % der übernommenen Deckungen entfielen dabei auf Exporte in Entwicklungs- und Schwellenländer. Zu Ausgaben führen diese Bürgschaften aber nur dann, wenn der betreffende Kunde ausfällt.[2]

Über Grundsatzfragen und die Indeckungnahme der Exportgeschäfte entscheidet ein Interministerieller Ausschuss (IMA), in dem neben dem federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium der Finanzen, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vertreten sind. Dem IMA gehören außerdem Vertreter der Mandatare sowie Sachverständige an.

Wirtschaftliche Bedeutung

Hermesdeckungen schützen vor einem Zahlungsausfall aus wirtschaftlichen und politischen Gründen bei der Lieferung in schwierige und risikoreiche Märkte. Dadurch ermöglichen sie die Erschließung neuer Märkte und auch die Aufrechterhaltung von bestehenden Kundenbeziehungen. Leitlinien gewährleisten hierbei global verantwortliches Handeln. Sie sind damit ein wesentliches Element der Außenhandelsförderung der Bundesregierung. Auch das Kernziel – die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland – wird erreicht: Nach einem Gutachten der Basler Prognos AG sichern Hermesdeckungen über 200.000 Arbeitsplätze in Deutschland in allen Branchen.[3]

Nicht nur für die deutsche Exportwirtschaft, auch für die Abnehmerländer selbst spielen die Bundesdeckungen eine wichtige Rolle. Mit ihrer Hilfe erhalten auch weniger entwickelte Länder die Möglichkeit, neueste Technologie aus den Industrieländern zu importieren. Über 80 % der Einzeldeckungen betreffen die Sektoren Anlagen, Maschinen und Geräte, Schiffe und Flugzeuge. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer können zudem nur mit Hilfe der Exportkreditgarantien Infrastrukturprojekte finanzieren und durchführen und damit die Basis für ihre wirtschaftliche Entwicklung schaffen.

Die Hermesdeckungen geben Exporteuren die Möglichkeit, sich sowohl gegen wirtschaftliche (Kundenrisiken) als auch politische Risiken (Länderrisiken) abzusichern. Das Eingreifen des Staates ist notwendig, da sich insbesondere politische Risiken von Exporten in Länder außerhalb der OECD durch private Versicherungen nicht ausreichend absichern lassen. Auch Projekte mit langfristigen Zahlungszielen werden ab einer bestimmten Laufzeit nicht von privaten Versicherern übernommen.

Risikoarten

Forderungsausfälle aufgrund wirtschaftlicher Risiken:

Forderungsausfälle durch politische Risiken:

  • gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen, kriegerische Ereignisse, Aufruhr oder Revolution im Ausland (so genannter allgemeiner politischer Schadenfall)
  • Schadenfälle aus nicht durchführbarer Konvertierung und Transferierung der vom Schuldner in Landeswährung eingezahlten Beträge durch Beschränkungen des zwischenstaatlichen Zahlungsverkehrs
  • Verluste von Ansprüchen aus nicht möglicher Vertragserfüllung aus politischen Gründen
  • Verluste von Waren vor Gefahrübergang infolge politischer Umstände (Ware ist beim Käufer z.B. wegen Beschlagnahme, Zerstörung etc. nicht eingetroffen)

Produktarten

Der Bund unterscheidet allgemein zwischen Ausfuhrgarantien und -bürgschaften. Diese Unterscheidung erfolgt dabei nicht nach den zivilrechtlichen Grundlagen beider Gewährleistungsformen, sondern im Hinblick auf den Status des Importeurs. Ist der ausländische Schuldner ein in privater Rechtsform betriebenes Unternehmen, so handelt es sich um Ausfuhrgarantien. Handelt es sich jedoch beim Importeur um die Regierung, eine Regierungsbehörde oder sonstige öffentliche Stelle, ist von Ausfuhrbürgschaften die Rede[4].

Folgende konkrete Produkte werden angeboten:[5]

Sammeldeckungen

Verschiedene Angebote stehen für die einfache unkomplizierte Absicherung von mehreren Exportgeschäften zur Verfügung.

  • Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung
  • Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung-light
  • Revolvierende Lieferantenkreditdeckung
  • Revolvierende Finanzkreditdeckung
  • Rahmenkreditdeckung

Einzeldeckungen

Exportkreditgarantien sichern einzelne Geschäfte gegen einen Auszahlungsausfall ab.

  • Lieferantenkreditdeckung
  • Leistungsdeckung
  • Finanzkreditdeckung
  • Fabrikationsrisikodeckung
  • Bauleistungsdeckung
  • Airbusgarantie
  • Projektfinanzierungen
  • Schiffsfinanzierungen

Ergänzende Deckungsformen

Besondere Exportgeschäfte benötigen besondere Absicherungslösungen.

  • Akkreditivbestätigungsrisikodeckung
  • Avalgarantie
  • Beschlagnahmerisikodeckung
  • Leasingdeckung
  • Verbriefungsgarantie
  • Verbriefungsgarantie zum KfW-Refinanzierungsprogramm
  • Vertragsgarantiedeckung

Prämie

Für die Absicherung eines Exportkredits werden Entgelte erhoben. Diese gliedern sich wie folgt:

  • Gebühren (Antrags-, Verlängerungs- und Ausfertigungsgebühr. Für Fabrikationsrisikodeckungen sowie Sonder- und Nebendeckungen fallen Bearbeitungsgebühren nur an, falls nicht zugleich eine Forderungsdeckung beantragt wurde.)
  • Entgelte (Prämien)

Die Höhe der Prämie richtet sich im Wesentlichen nach der Länderkategorie, in die das Käuferland eingestuft ist. Kategorie 0 bedeutet geringstes Risiko und damit geringste Prämie, Kategorie 7 höchstes Risiko mit höchster Prämie. Weiterhin wird die Prämie durch den gedeckten Auftragswert, die Zahlungsbedingungen (Laufzeit des Geschäfts) und den Status des Käufers/Sicherheitengebers - staatlich oder privat - und ggf. die Höhe der Selbstbeteiligung (Deckungsquote), die je nach Absicherungsform im Regelfall zwischen 5 % und 15 % liegt - bestimmt. Handelt es sich um einen privaten Käufer/Sicherheitengeber (z.B. Bank), beeinflusst auch dessen Bonität die Prämienhöhe (Käufer-/Bankkategorie).

Damit werden die Kosten in Abhängigkeit von Art, Umfang und Laufzeit eines Geschäfts sowie der Bonität des ausländischen Bestellers und der Risikoeinstufung des Importlandes erhoben. Für den Schadenfall ist eine Selbstbeteiligung des Exporteurs vorgesehen.

Nachhaltigkeit

Die Bundesregierung ist bestrebt, auch auf dem Gebiet der Exportkreditgarantien durch die Förderung sozial und ökologisch nachhaltiger Projekte im Ausland zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Neben den positiven wirtschaftlichen Auswirkungen eines Exportgeschäftes für die Binnenstruktur (z. B. der Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland, der Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie der Festigung des Technologiestandortes Deutschland) finden daher als wichtige Aspekte der Förderungswürdigkeit auch die ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Auswirkungen des zur Deckung beantragten Geschäftes Berücksichtigung.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Punkten

  • Umweltprüfung des Exportgeschäftes
  • Förderung klimafreundlicher Exporte
  • Fairer Wettbewerb – Korruptionsprävention
  • Niedrigeinkommensländer - Sustainable lending

Bei der Antragsprüfung werden Umweltauswirkungen von Projekten als wichtiger Aspekt sowohl der Förderungswürdigkeit als auch der risikomäßigen Vertretbarkeit geprüft. Für das Prüfungsverfahren kommen die seit 1. Januar 2004 geltenden "Recommendation on Common Approaches on Environment and Officially Supported Export Credits" der OECD zur Anwendung. Das dort festgelegte Verfahren spiegelt die internationale Entwicklung zur Prüfung von Umweltaspekten durch Exportkreditversicherer wider.

Kritik

Hermesdeckungen können gewährt werden, wenn die Exportgeschäfte förderungswürdig sind und die Risiken vertretbar erscheinen. Die Förderungswürdigkeit kann sich aus der Sicherung von Arbeitsplätzen, strukturpolitischen Erwägungen oder außenpolitischen Zielen ergeben. In den letzten Jahren haben viele staatliche Export Credit Agencys (ECAs) unter verstärkter Beobachtung der Öffentlichkeit gestanden, da teilweise kritisch zu betrachtende Projekte gefördert wurden.

Allein zwischen Oktober 2009 - also nach der Bundestagswahl 2009 bzw. dem Regierungswechsel - und August 2010 wurden nach Angaben von Umweltschützern Garantien für Lieferungen zu zehn Atomanlagen in China, Frankreich, Japan, Südkorea, Litauen, Russland und Slowenien prinzipiell übernommen. Anfragen soll es für Exportgarantien für sechs weitere Projekte unter anderem in Südafrika und Vietnam geben.[6]

Einzelnachweise

  1. Quelle: iXPOS-Außenwirtschaftsportal des BMWI zur Förderung von Export und Außenhandel
  2. Quelle: AGA-Portal
  3. Quelle: AGA-Portal
  4. Clemens Büter, Außenhandel, 2007, S. 361
  5. Quelle: AGA-Portal
  6. maerkischeallgemeine.de vom 28. März 2011

Weblinks


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