Kloster Niederehe

Kloster Niederehe
Klosterkirche in Niederehe

Das Kloster Niederehe ist ein ehemaliges Prämonstratenserinnenkloster in der Eifel.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das heute noch gut erhaltene Kloster steht zentral in Niederehe, einem Ortsteil der Gemeinde Üxheim (Landkreis Vulkaneifel) in Rheinland-Pfalz. Es befindet sich auf einer Höhe von etwas über 400 Meter über NHN südlich des Niedereher Bachs, der gut 1,6 Kilometer weiter östlich in den Ahbach mündet, einem rechten Zufluss der Ahr.[1]

Geschichte

Im Jahre 1175 wurde von den Herren von Kerpen ein Kloster für adelige Jungfrauen nach der Augustinusregel im Tal des Niedereher Bachs gegründet, nachdem sie bereits 1162 von Rainald von Dassel, dem damaligen Erzbischof von Köln hierfür die grundsätzliche Erlaubnis erhalten hatten. Sie wurde von seinem Nachfolger im Amt, Philipp I. von Heinsberg, noch einmal urkundlich bestätigt. Das Stift war zunächst mit eher bescheidenen weltlichen Gütern (Grundbesitz) ausgestattet. Es wurde aufgrund eines Erlasses von Erzbischof Adolf I. nicht von einer Äbtissin, sondern von einer Magistra geführt mit der Begründung: „Damit sie nicht stolz werden“.[2] Das Kloster wurde 1225[2] oder 1226[3] vom Kölner Erzbischof Heinrich I. der Abtei Steinfeld zugeordnet und war fortan den Regeln des Prämonstratenserordens unterstellt. Innozenz IV. stellte das Kloster unter päpstlichen Schutz.[2] Im Laufe der Jahre wurden Besitztum und Vermögen des Klosters gemehrt durch (überwiegend) Schenkungen und Vermächtnisse seitens adeliger Stifter bzw. Bewohnerinnen und nicht zuletzt, da Bischof Aegidius von Jerusalem dem Kloster Einnahmen aus dem Ablasshandel bewilligte und aufgrund der Verehrung des heiligen Antonius ein reger Zustrom von Pilgern und Wallfahrern einsetzte. Im Zusammenhang mit dem wachsenden Wohlstand des Klosters wird in zeitgenössischen Quellen ein „Verfall der klösterlichen Zucht und der Sitten“ beschrieben, wobei Letzteres nicht näher ausgeführt wird.[2][4] In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts das genaue Jahr wird in den verschiedenen Quellen mit 1461,[2] 1474[4] sowie 1475[3] genannt, verwüstete ein Feuer das Klostergebäude praktisch vollständig sowie Teile der Kirche. Nach etlichen Jahren des Wiederaufbaus wurde Kloster Niederehe 1505 auf Betreiben des damaligen Landesherren Graf Diedrich IV. von Manderscheid-Schleiden mit päpstlicher Zustimmung in ein Männerkloster umgewandelt,[2] das jedoch weiterhin der Prämonstratenserabtei Steinfeld unterstellt war, somit nunmehr von Prämonstratenserchorherren bewohnt wurde und einem Prior unterstand.[3] 1567 konvertierten die Herren von Manderscheid-Schleiden zum Protestantismus. Während das Kirchenschiff nunmehr für evangelische Gottesdienste genutzt wurde, blieb der Chorraum der katholischen Gemeinde von Niederehe und dem Kloster, das nicht aufgelöst wurde, vorbehalten.[2] Nach dem Tod des Grafen Diedrich IV. von Manderscheid-Schleiden 1593 wurde die Grafschaft wieder katholisch und 1595 übertrug Philipp von der Mark die Leitung des Klosters wieder der Abtei Steinfeld. 1752[2] und 1782 wurden umfangreiche Um- und Neubauten realisiert, wie zuletzt eine Neuerrichtung des Westflügels.[3]

Das Ende des Klosters als geistliche Einrichtung kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch französische Revolutionstruppen während der Koalitionskriege und der Anerkennung der Annexion durch den Frieden von Lunéville 1801. 1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation unter Napoleon Bonaparte aufgelöst. Der Klosterbesitz fiel an den französischen Staat und wurde im Folgejahr versteigert, wobei die Kirche und Teile der Klostergebäude an die Pfarrei gingen.[2][4]

Beschreibung

Die Kirche ist ein spätromanischer Saalbau, dessen Hauptschiff um 1200 aus Bruchsteinen errichtet wurde. Es hat eine Länge von 33,5 Metern bei einer Breite von etwa 6,5 Metern und besitzt vier Joche mit Kreuzgewölben. Der Chor ist nach Osten hin ausgerichtet und hat einen polygonalen Grundriss. Südlich (rechts) des Hauptschiffs befindet sich das deutlich niedrigere Seitenschiff. Es ist der älteste Teil der Kirche; seine Erbauung wird auf die Zeit zwischen 1162 und 1175 datiert.[4][5] Hier befindet sich das Hochgrab des Grafen Philipp von der Mark und seiner Gemahlin Katharina von Manderscheid-Schleiden von etwa 1625 aus belgischem Marmor mit Reliefabbildungen der Verstorbenen.[3][6] Weitere kunsthistorisch bedeutende Elemente sind u.a. das Chorgestühl von 1530, ein Triumphkreuz sowie mehrere Bildwerke und Statuen. Südlich an die Kirche ist der annähernd quadratische Turm angebaut. Er besitzt vier Etagen und darüber ein steil aufragendes, polygonales Zeltdach.

An der Nordseite der Kirche schließt sich der Klosterhof an, der im Norden und Westen von den rechtwinklig aneinandergebauten ehemaligen Klostergebäuden eingefasst wird und sich nach Osten zum Ort hin öffnet. Der Nordflügel wurde um 1650 errichtet. Der Westflügel wurde in den Jahren 1776–1782 auf älteren Grundmauern fast völlig neu erbaut und schließt unmittelbar an die Kirche an. Beide Klosterflügel besitzen über dem Kellergewölbe zwei Vollgeschosse und ausgebaute Mansarddächer mit Dachgauben. Sie sind ebenso wie die Kirche aus Bruchsteinen erbaut und verputzt. Der gesamte Komplex ist heute weiß getücht, wobei die Fenster- und Türeinfassungen sowie sonstige Zierelemente wie Fensterrosetten oder Eckpilaster farblich abgesetzt sind und überwiegend einen rotbraunen Farbton aufweisen.

Orgel

König-Orgel in der Klosterkirche in Niederehe

Die Kirchenorgel ist das erste Werk des Orgelbaumeisters Balthasar König und wurde 1714/15 im Stil des Barock erbaut. Sie gilt als älteste Barockorgel bzw. älteste bespielbare Orgel in Rheinland-Pfalz. In den Jahren 1997/98 erfolgte eine umfangreiche Restaurierung und teilweise Rekonstruktion zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch die Firma Orgelbau Fasen.[7][8][9][10]

Gegenwart

Pfarrkirche St. Leodegar

Die ehemalige Klosterkirche dient heute als Pfarrkirche und ist dem heiligen Märtyrer Leodegar von Autun geweiht. Seit 1991 ist Niederehe Sitz einer Pfarreiengemeinschaft, zu der auch die Pfarreien in Üxheim, Nohn, Oberehe und Walsdorf gehören. In der heutigen Pfarrkirche finden regelmäßig Gottesdienste sowie etwa viermal jährlich Orgelkonzerte statt.[3] Die Kirche ist grundsätzlich (außer bei besonderen Veranstaltungen) tagsüber geöffnet und frei zugänglich. Führungen finden nur an bestimmten Terminen oder nach Absprache statt.[5]

In den ehemaligen Klostergebäuden befinden sich heute Einrichtungen der Pfarrgemeinde und Privatwohnungen.

Tourismus

Mehrere markierte Wanderwege berühren das Kloster oder führen in unmittelbarer Nähe vorbei, unter anderem der Geo-Pfad Hillesheim[11] und der Eifelkrimi-Wanderweg. Hier ist der Schauplatz der Episode „Tote Forellen und röhrende Motoren“ nach der Vorlage von Jacques Berndorf.[12]

Nur wenige Meter vom Kloster entfernt verläuft im Tal des Niedereher Bachs der Kalkeifel-Radweg als „Themenroute“ und Teilabschnitt eines überregionalen Fernradwegenetzes unter teilweiser Nutzung von Abschnitten der ehemaligen Bahntrasse der zurückgebauten (oberen) Ahrtalbahn im Streckenabschnitt zwischen Dümpelfeld und Lissendorf. Es bestehen Anbindungen an den Kylltal-Radweg im Westen und den Mineralquellen-Radweg im Osten mit Weiterführung zum nördlich verlaufenden Ahrtal-Radweg.[13][14]

Denkmalschutz

Als Denkmalzone „Im Klosterhof 1–5“ ausgewiesen sind der Westflügel (Im Klosterhof 1 und 2) von 1776, der heute in Wohneinheiten aufgeteilte Nordflügel (Im Klosterhof 3, 4 und 5), die Umfassungsmauer aus Bruchsteinen sowie die heutige Pfarrkirche nebst Inventar.[15]

Einzelnachweise

  1. Topographische Daten bei TIM-online Rheinland-Pfalz
  2. a b c d e f g h i Heinz Reuter: Ein Licht in der Eifel. 625 Jahre Kloster Niederehe; Heimatjahrbucharchiv Landkreis Vulkaneifel, Jahrgang 1994, S. 198
  3. a b c d e f Ferdinand Pauly: St. Leodegar Niederehe. Pfarrei Niederehe: Das Kloster St. Leodegar in Niederehe (Eifel); aktualisiert von I. Berens. Homepage des Pfarramts Üxheim-Niederehe.
  4. a b c d Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier: Ehem. Prämonstratenserinnenkloster Niederehe, Gemeinde Üxheim Im Klosterhof; Homepage des Roscheider Hofs
  5. a b Reiseführer des Prämonstratenser-Ordens zu den heutigen und ehemaligen Klöstern im deutschen Sprachgebiet: Niederehe in Üxheim (Kreis Vulkaneifel); Prämonstratenser-Abtei Hamborn. Die Angaben sind lt. der Homepage ohne Gewähr.
  6. Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier: Ehem. Prämonstratenserinnenkloster – Hochgrab Niederehe, Gemeinde Üxheim Im Klosterhof; Homepage des Roscheider Hofs
  7. Thomas Romes: Balthasar-König-Orgel in Niederehe Kleinod barocker Orgelbaukunst; Heimatjahrbucharchiv Landkreis Vulkaneifel, Jahrgang 1995, S. 228
  8. Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier: Ehem. Prämonstratenserinnenkloster – Orgel Niederehe, Gemeinde Üxheim
  9. Christa Conrady, Hubert Fasen Orgelbau: Die Balthasar-König-Orgel in St. Leodegar in Niederehe (Eifel): Kleine Königin mit großem Klang. Disposition; auf orgel-information.de
  10. Kloster Niederehe; Urlaub in Rheinland-Pfalz / n-etwork GmbH
  11. Alfred Bauer (Hrsg.), Andreas Schüller: Vulkaneifel European Geopark
  12. Urlaubsregion Hillesheim/Vulkaneifel e.V.: Eifelkrimi-Wanderweg: Route II; Webseite über den Eifelkrimi-Wanderweg (pdf, 1 MB)
  13. Teileröffnung des „Kalkeifel-Radweges“ in der VG Hillesheim
  14. Niederehe an den rheinland-pfälzischen Radewegen.
  15. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler: Landkreis Vulkaneifel; Koblenz 2010; S. 34 (pdf, 1,28 MB)
50.3124146.7548

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