St. Blasii und Marien (Fredelsloh)

St. Blasii und Marien (Fredelsloh)
Kirche St. Blasii und Marien
Turmfront
St. Blasii und Marien, Stich von Conrad Wilhelm Hase, 1882

Die evangelisch-lutherische Kirche St. Blasii und Marien in Fredelsloh, einem Ortsteil von Moringen, ist ein bedeutendes Baudenkmal der Romanik in Niedersachsen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kirche ist der einzige Rest einer umfangreichen Klosteranlage aus dem 12. Jahrhundert. Der Mainzer Erzbischof Adalbert I. hatte 1132 das Augustiner-Chorherren-Stift mit dem Patrozinium des heiligen Blasius gegründet. Stiftskirche und Konventsgebäude entstanden in den folgenden Jahrzehnten. Die Stiftung durch den Mainzer Erzbischof war auch dadurch motiviert, dass Fredelsloh damals an der Grenze des Erzbistums Mainz lag, während fast der gesamte Solling dem Hochstift Paderborn unterstand. Mainz versuchte damit, einem eventuellen Vordringen Paderborns zuvorzukommen und stattete das neue Stift mit enormem Grundbesitz und Einkünften aus. So bestätigte 1138 Erzbischof Adalbert II. die Gründung seines Vorgängers und übertrug ihr mehrere Zehnte.[1]

Noch in der Bauphase, zwischen 1144 und 1146, wurde die Anlage um einen weiblichen Konvent zum Doppelkloster erweitert. Die Kirche erhielt eine Nonnenempore mit separatem Zugang.[2] Damals dürfte das Zweitpatrozinium der Gottesmutter hinzugekommen sein. Mit einer Urkunde von 1146 nahm Papst Eugen III. das Chorherren- und Frauenstift unter Propst Bertram in Fredelsloh in seinen Schutz und bestätigte dessen Besitzungen, vor allem die beiden 1142 übertragenen Kirchen in Stöckheim und Markoldendorf. Darüber hinaus gewährte er die freie Propstwahl.[3] Weitere aus dem 12. Jahrhundert überlieferte Urkunden bezeugen Schutzmaßnahmen, erteilt 1153 durch König Friedrich I. und 1155 von Erzbischof Arnold von Mainz. Letzterer übertrug dem Konvent zudem die Seelsorge in zwei neuangelegten Dörfern und überließ ihm den dortigen Zehnt.

Für das 13. Jahrhundert sind die Grafen von Dassel als Vögte bezeugt. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts verließen die Stiftsherren das Kloster. Ein Brand im Jahr 1290 verursachte schwere Schäden an Teilen der Klosteranlage. Die folgenden Jahrhunderte waren von wirtschaftlichem und kulturellem Niedergang geprägt.

1542 wurde im Fürstentum Calenberg die Reformation durchgeführt. Das Kloster St. Blasii und Marien wurde dem welfischen Klosterfonds (heute Klosterkammer Hannover) zugeführt und bestand als evangelisches Damenstift bis zum Dreißigjährigen Krieg. Die letzte urkundliche Bezeugung einer Stiftsdame stammt aus dem Jahr 1660.

Nach dem Ende des Stifts wurden die Konventsgebäude als Steinbruch verwendet und schließlich vollständig abgetragen. Da die kleine Dorfgemeinde kirchlich zu Moringen gehörte, nutzte man die Stiftskirche als Kornspeicher. Wohl in dieser Zeit wurde die Stützwand eingezogen, die den Westbau vom übrigen Kirchenraum trennt.[4]

Im 20. Jahrhundert wurde St. Blasii und Marien wieder in gottesdienstlichen Gebrauch genommen. Ihre heutige Gestalt erhielt die Kirche bei einer tiefgreifenden Restaurierung durch die Klosterkammer um 1970.

Kirche

Die äußere Gestalt der Kirche ist weitgehend die originale. Der dreischiffigen geosteten Basilika mit Querhaus sind im Westen zwei quadratische Türme mit Satteldach vorgesetzt. Den rechteckigen Chor schließt eine halbhohe Apsis. Zwei kleinere Apsiden befinden sich an den Ostseiten der Querhausarme in Verlängerung der Seitenschiffe. Der Bauschmuck beschränkt sich auf Bogenfriese unter den Dachtraufen und wandgliedernde Gesimse. Das Hauptportal befindet sich am nördlichen Querhausarm.[5]

Als einmalig gilt der halbe Treppenturm, der wie eine Westapsis zwischen den Türmen eingefügt ist und über eine Wendeltreppe Zugang zur Nonnenempore gibt. Der Einbau dieser teilweise verdeckten doppelläufigen Wendeltreppe wird in das 13. Jahrhundert datiert, in einen Zeitraum also, in dem regionale Landesherren wie Ludolf II. von Dassel von Kreuzzügen zurückgekommen waren. Derartige Treppen waren sonst nur im Orient verbreitet.[6][7]

Die Wirkung des Innenraums ist durch die Stützmauer des 17. Jahrhunderts beeinträchtigt. Der Westbau ist dadurch nicht zugänglich. Der regelmäßige Stützenwechsel von Säulen und Pfeilern wurde bei Reparaturarbeiten nach dem Brand von 1290 verwischt. Im Chor befinden sich zwölf Apostelreliefs aus dem 14. Jahrhundert.[8] Die Buntglasfenster stammen aus den 1970er Jahren.

Literatur

Weblinks

 Commons: St. Blasii und Marien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Peter Acht: Mainzer Urkundenbuch. Bd. 2: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200). Nr. 5, Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission, Darmstadt 1968.
  2. siehe Geschichte und Architektur sowie: Beatrix Freifrau von Wolff Metternich: Fredelsloher Stiftskirche aus der Romanik, in: Kunstführer Hildesheim Weserbergland, Hamburg 1992, S. 66
  3. Erhard Kühlhorn; Erhard Kühlhorn (Hrsg.): Historisch-Landeskundliche Exkursionskarte. Blatt Moringen am Solling. Lax, Hildesheim 1976, ISBN 3784836240, S. 176.
  4. siehe Geschichte und Architektur
  5. Horst Gramatzki: Das Stift Fredelsloh von der Gründung bis zum Erlöschen seines Konvents. Historische und baugeschichtliche Untersuchungen. 2001, S, 162f
  6. Bericht in HNA
  7. Das Bauaufmaß dieser Treppe erfolgte unter Friedrich Mielke (Arno Schelle: Fredelsloher Fundstücke und Fragmente: Texte und Töpfe, Kloster und Keramik, Fotos und Forschung, Folge 1, 2010, S. 165-170).
  8. Wolff Metternich, ebd.
51.736149.79124

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