Gegenpapst

Gegenpapst

Als Gegenpapst (pseudopapa, antipapa) wird ein Papst bezeichnet, wenn er zu Lebzeiten eines bereits kanonisch gewählten und nicht zurückgetretenen Papstes aufgestellt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zur Aufstellung von Gegenpäpsten kam es, weil sich zum Beispiel das Kardinalskollegium spaltete oder der Kaiser bzw. römische aristokratische Familien in die Papstwahl eingriffen. Wegen unterschiedlicher Zählung, verschiedener Standpunkte und der zum Teil chaotischen Papstwahlen ist die wirkliche Anzahl der Gegenpäpste schwer festzustellen. Die Angaben liegen zwischen 25 und 40. Bei einigen Päpsten ist es zudem schwierig festzustellen, ob sie rechtmäßig oder unrechtmäßig im Amt waren. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in der schwierigen Quellenlage und in den nicht mehr nachvollziehbaren Umständen während der Wahl bzw. Ernennung. Als erster Gegenpapst gilt Hippolyt von 217 bis 235. Das Papsttum in Avignon, wo die dortigen Päpste im Papstpalast residierten, dauerte von 1309 bis zum Konzil von Konstanz 1417.

Problematisch sind auch die Päpste Alexander V. und Johannes XXIII. der Obedienz von Pisa, die bis ins 19. Jahrhundert hinein als rechtmäßig angesehen wurden.

In der Zeit des Nationalsozialismus befasste sich Hitler nach Angaben in den Tagebüchern Alfred Rosenbergs mit der Ernennung von Gegenpäpsten. Durch Gegenpäpste sollte die Einheit der katholischen Kirche in besetzten Ländern gebrochen werden. Der erste Gegenpapst sollte Spanier sein und in Toledo residieren. Weitere Gegenpäpste waren für Frankreich und das Deutsche Reich vorgesehen. Zu einer Verwirklichung der Überlegungen kam es nicht.[1]

Auch der jetzige Papst Benedikt XVI. wird von Gruppierungen abgelehnt, deren Oberhäupter selbst den Anspruch erheben, der rechtmäßige Papst zu sein. Dazu gehörte Clemente Domínguez y Gómez als Gregor XVII. († 22. März 2005) und seine Nachfolger Petrus II. († Juli 2011) und Sergio Maria als Gregor XVIII, David Allen Bawden als Michael I. oder Lucian Pulvermacher als Pius XIII. Allerdings unterscheiden diese sich insofern von den historischen Gegenpäpsten, als sie keine Unterstützung in der kirchlichen Hierarchie genießen und nur einige Tausend Anhänger mit starker regionaler Begrenzung haben.

Siehe auch

Literatur

  • A. Amanieu: Antipape. In: Dictionnaire de droit canonique. Band 1: Abamita–Azzon. Letouzey, Paris 1935, S. 598–622.
  • A. P. Frutaz: Antipapa. In: Enciclopedia Cattolica. Band 1: A–Arn. Ente per l'Enciclopedia cattolica e per il libro cattolico, Citta del Vaticano 1948, S. 598–622.
  • J. N. D. Kelly: The Oxford Dictionary of Popes. Oxford University Press, Oxford u. a. 1986, ISBN 0-19-213964-9.
  • O. Engels: Gegenpapst. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Band 4: Franca bis Hermenegild. 3. völlig neu bearbeitete Auflage. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1995, ISBN 3-451-22004-0, Sp. 346.
  • H.-J. Becker: Gegenpapst. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 1: Aachen – Geistliche Bank. 2. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Schmidt, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-07912-4, Sp. 1995–1996.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ralph Giordano: Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. Die Pläne der Nazis nach dem Endsieg. 5. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, ISBN 3-462-02944-4, S. 283ff.

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